Schlagwort-Archiv: Darren Aronofsky

Das startet am 25. Januar 2018

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht es um den Starttag des 25. Januar 2018, der einen der Filme des Jahres ins Kino bringt, den man gesehen haben muss! Die Rede ist vom Oscar-Anwärter „Thee Billboards Outside Ebbing, Missouri“, über den man auch möglichst wenig wissen sollte, um seine ganze Wucht zu spüren. Diesen Film vergisst Du nicht! Auch aus Deutschland schafft es mal wieder richtig guter Stoff auf die Leinwand: „Nur Gott kann mich richten“ ruft uns das deutsche Genrekino zurück ins Gedächtnis und hat richtig was drauf. Genauso wie das koreanische Drama „On the Beach at Night Alone“. Den höchsten Neueinstieg dürfte dagegen der Film schaffen, der es am wenigsten verdient hat. Die Rede ist vom Tränenzieher „Wunder“.

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI  | Regie: Martin McDonagh | UK/USA 2017

Nachdem Monate vergangen sind, ohne dass der Mörder ihrer Tochter ermittelt wurde, greift die resolute Mildred Hayes (Frances McDormand) zu einer aufsehenerregenden Maßnahme. Sie lässt drei Reklametafeln an der Stadteinfahrt von Ebbing, dort wo ihre Tochter vergewaltigt und umgebracht wurde, mit provozierenden Sprüchen bedrucken, die an den städtischen Polizeichef, den ehrenwerten William Willoughby (Woody Harrelson), gerichtet sind, um ihn zu zwingen, sich endlich um den Fall zu kümmern. Als sich dessen rechte Hand, Polizist Dixon (Sam Rockwell), ein Muttersöhnchen mit Hang zur Gewalt, einmischt, nimmt der Konflikt zwischen Mildred und den Ordnungshütern des Städtchens schockierende Ausmaße an.

Martin McDonaghs Tragikomödie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist alles. Sie ist Liebe, sie ist Hass. Sie ist Lachen, sie ist Weinen. Sie ist Hoffnung, sie ist Resignation. Sie ist Vergebung, sie ist Rache. Vor allem aber ist sie wohl die Erkenntnis, dass das Eine manchmal nicht ohne das Andere geht.


NUR GOTT KANN MICH RICHTEN | Regie: Özgür Yildirim | DE 2017

Vor fünf Jahren hat Ricky nach einem Überfall für seinen Bruder Rafael und seinen Kumpel Latif den Kopf hingehalten. Jetzt ist er raus aus dem Knast, und Latif möchte sich erkenntlich zeigen: er hat ein scheinbar sicheres Ding in Aussicht. Ricky könnte sich mit dem Geld, das dabei herausspringt, eine neue Existenz aufbauen. Nach anfänglichem Zögern stimmt Ricky zu, aber sobald die Vorbereitungen stehen, beginnen auch schon die Komplikationen. Ricky ist gezwungen, Rafael an Bord zu holen, den er eigentlich nie mehr in Schwierigkeiten bringen wollte, und auch sonst scheint sich die Welt gegen ihn zu verschwören. Vor allem in Form von Diana, einer Polizistin in Geldnot, die plötzlich kriminelle Energie entwickelt, um die Pläne der Jungs auf ganz unvorhergesehene Weise zu durchkreuzen. 

„Nur Gott kann mich richten“ ist trotz seiner Brachialität ein eleganter Clash aus harter Milieustudie, intensivem Charakterdrama und spannendem Crimethriller, in dem Özgür Yildirim seine Darsteller brillieren lässt.


ON THE BEACH AT NIGHT ALONE  | Regie: Hong Sang-Soo | KOR/DE 2017

Die junge, aufstrebende Schauspielerin Younghee (Kim Min-Hee) hat gerade die Affäre zu einem verheirateten Mann beendet. In Hamburg, fern von ihrer Heimat Seoul, nimmt sie sich Zeit für sich selbst, um über die Liebe nachzudenken. Bei Spaziergängen in der Hafenstadt fragt sie sich, ob ihr ehemaliger Geliebter noch etwas für sie empfindet und was sie wirklich vom Leben erwartet. Zurück in Korea besucht Younghee die Küstenstadt Gangneung und trifft dort auf alte Freunde. Je weiter der Abend voranschreitet und je mehr Alkohol die Anwesenden zu sich nehmen, desto mehr wandeln sich ihre Gespräche. Anfangs sind es noch gehaltvolle Diskussionen, doch die Nichtigkeiten nehmen überhand. Younghee flüchtet an einen einsamen Strand… 

Hong Sang-Soos von wahren Ereignissen inspiriertes Drama „On the Beach at Night Alone“ ist eine ebenso minimalistische wie melancholische Sinnsuche über die Liebe in all ihre Facetten, deren Highlight Kim Min-Lees Performance ist.

WUNDER  | Regie: Stephen Chbosky | USA/HKG 2017

August „Auggie“ Pullmann (Jacob Tremblay) ist zehn Jahre alt. Er ist witzig, klug und großzügig. Er hat humorvolle Eltern (Julia Roberts und Owen Wilson) und eine phantastische große Schwester. Doch Auggie ist Außenseiter: Ein seltener Gendefekt hat sein Gesicht entstellt. „Was immer Ihr Euch vorstellt – es ist schlimmer“, notiert er in sein Tagebuch. Bisher wurde er zuhause unterrichtet und versteckte sein Gesicht am liebsten unter einem Astronautenhelm, doch nun soll er  zum ersten Mal eine reguläre Schulklasse besuchen. Nach anfänglicher Skepsis nimmt Auggie all seinen Mut zusammen und beschließt, sich den Abenteuern zu stellen, die das Leben für einen so außergewöhnlichen Jungen wie ihn bereithält. Doch das ist schwerer, als im lieb ist…

Die Geschichte „Ein unausstehlicher Junge lernt, dass sich die ganze Welt nicht nur um ihn dreht“ wird in Stephen Chboskys Tragikomödie „Wunder“ als entsetzlich gefühlsduseliges Rührstück aufbereitet, das erschreckend routiniert die Knöpfe der nah am Wasser gebauten Zuschauer zu drücken weiß, damit in regelmäßigen Abständen Tränen fließen.


LETZTE TAGE IN HAVANNA  | Regie: Fernando Pérez | CUB 2016

Diego und Miguel, beide Mitte vierzig und alte Schulfreunde, leben mitten in der malerischen Altstadt von Havanna, allerdings in einer ziemlich baufälligen Wohnung. Komfort ist hier ein Fremdwort, Lebenskunst Alltag. Miguel verdient sein Geld als Tellerwäscher in einem privat geführten Restaurant und kümmert sich gemeinsam mit Nachbarn und Familie um Diego, der krank ans Bett gefesselt ist. Miguel ist eher verschlossen, lernt Englisch und träumt davon, gemeinsam mit Diego in die USA auszuwandern. Anders Diego, der voller Witz, Optimismus und erotischer Begehrlichkeiten sich seine Lebensfreude zu erhalten versucht. Als sich Diegos Zustand verschlechtert, bringt seine temperamentvolle schwangere Nichte Yusi endlich frische Luft in die Zweier-WG. Zugleich trifft Miguels langersehntes Visum ein, und für alle stehen überraschende Entscheidungen an, die sie gemeinsam, oder alleine treffen können…


BEACH RATS  | Regie: Eliza Hittman | USA 2017

Sommer auf Coney Island. Der Teenager Frankie driftet durch sein Leben. Tagsüber hängt er mit seinen Freunden am Strand ab, geht trainieren und raucht Gras. Doch weder seine Macho-haften, latent aggressiven Kumpels noch Simone, mit der er eine Affäre beginnt, scheinen ihn wirklich zu interessieren. Der einzige Ort, an dem Frankie offen über seine Gefühle und sexuellen Wünsche sprechen kann, ist der anonyme Chatroom, in dem er nachts mit älteren schwulen Männern schreibt. Nach einigem Zögern beginnt er sich mit Leuten aus dem Netz zu treffen und wagt sich in die Cruising-Bereiche am Flussufer vor. Als seine SKumpels sein Geheimnis zu entdecken drohen, muss Frankie eine radikale Entscheidung treffen. In ihrem zweiten Spielfilm erzählt Independent-Regisseurin Eliza Hittman in düster-verträumten Bildern eine Geschichte von homosexuellem Erwachen und einer Selbstverleugnung am äußersten Rand New Yorks.


ANNE CLARK – I’LL WALK OUT INTO TOMORROW  | Regie: Claus Withopf | DE 2017

Anne Clark, Ikone der Musikgeschichte und grandiose Pionierin der Spoken Word-Kunst, steht seit mehr als 30 Jahren auf der Bühne. Sie verwandelt Sprache in einzigartige Musik. Seit Beginn der 80er Jahre sorgten New Wave Klassiker wie „Our Darkness“ und „Sleeper in Metropolis“ für einen Rausch der Begeisterung, der Generationen von Musikern inspirierte. Ihre analogen Synthesizer-Sounds machten die düstere Poetin zu einer Wegbereiterin des Techno. Nach einschneidenden Konfrontationen mit ihrer Plattenfirma verschwand sie von der musikalischen Bildfläche und erfand sich in der stillen Einsamkeit Norwegens neu.

Regisseur Claus Withopf begleitete Anne Clark fast ein Jahrzehnt lang und porträtiert eine so gesellschaftskritische wie überwältigende Ausnahmekünstlerin – eine musikalische Rebellin, die sich jenseits des kommerziellen Mainstreams auf ihrer eigenen Tonspur bewegt.


Heimkinotipp: MOTHER!  | Regie: Darren Aronofsky | USA 2017

Sie könnten so glücklich sein – und sind es erst einmal auch: Ein namenloses Pärchen (Jennifer Lawrence und Javier Bardem) hat sich in einem altehrwürdigen Anwesen ein kleines Paradies geschaffen. Lediglich die Schreibblockade des als literarischer Dichter arbeitenden Gatten bringt die Idylle hier immer mal wieder ins Wanken. Unterdessen müht sich seine Frau darin, die einst abgebrannte Villa wieder auf Vordermann zu bringen. Doch mit der Abgeschiedenheit ist es bald vorbei, denn ein Fremder steht vor der Tür: Er (Ed Harris) behauptet von sich, ein großer Fan des Autoren zu sein und bittet unter einem Vorwand um Einlass. Auch seine Ehefrau (Michelle Pfeiffer) kommt bald hinzu. Von der Situation zunächst überfordert, aufgrund seiner Schmeicheleien jedoch angetan, beschließt das Paar, den unerwarteten Gästen einen längeren Aufenthalt zu ermöglichen…

Darren Aronofskys Terrorfilm „mother!“ ist nicht mehr und nicht weniger als der abgefuckteste Film des Jahres. Jennifer Lawrence dominiert mit ihrer Tour-de-Force-Performance ein Ensemble, das sich leidenschaftlich einem durchgeknallten Erzähl- und Inszenierungsrausch hingibt, mit dem der Ausnahmeregisseur Tabus bricht – das wird (und darf) nicht jedem schmecken. Holy Shit!

2017 – Die Plätze 10 bis 1

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge werde ich mit den Top 10 meiner Lieblingsfilme 2017 nun endgültig mit dem vergangenen Jahr abschließen. Ein kurzes Abschlussfazit: Ich habe so viele Filme wie noch nie gesehen und habe mich erstmals auch ein wenig ausführlicher mit Produktionen auseinandergesetzt, die nicht regulär ins Kino gekommen sind. Dabei habe ich dann tatsächlich eine Handvoll Perlen entdeckt und ärgere mich etwas, dass ich Direct-to-DVD-Produktionen erst jetzt in meinen Jahrescharts berücksichtige. Unter allen Filmen, die ich gesehen habe, waren diesmal doch ein paar mehr Graupen dabei, als zuletzt. Wobei sich diese mitnichten bloß im Mainstreamkino ausmachen lassen. Es nervt mich, dass Big-Budget-Filme immer stärker von oben herab betrachtet werden, auch wenn sich manch ein Film nicht wundern braucht, wenn er das Image des Blockbusters nachhaltig schädigt. Trotzdem gibt es in absolut jedem Genre und jeder Produktionsgröße starke und schwache Filme. 2017 war für mich aber vor allem das Jahr des Horrorfilms. Als Genrefan freut mich das ganz besonders, genauso wie ich an dieser Stelle gern (mal wieder) eine Lanze für das deutsche Kino brechen möchte, das dieses Jahr wirklich stark aufgestellt war. Nun aber genug in der Vergangenheit geschwelgt – Zeit, für die letzten ehrenwerten Nennungen:

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Zehn Filme, die 2017 verdammt gruselig waren

Wie schon im vergangenen Jahr stelle ich anlässlich Halloween auch diesmal meine (bisher) zehn liebsten Horrorfilme 2017 vor. Ein Großteil davon ist bereits auf DVD und Blu-ray erschienen. Bei einigen habt ihr noch die Gelegenheit, sie im Kino zu sehen und wieder andere laufen erst in ein paar Wochen in den Lichtspielhäusern an. Dabei war es mir wichtig, das Genre des Horrorfilms möglichst großflächig abzudecken. Nicht jeder Film in meinem ZEHN FILME-Ranking lässt sich ausschließlich dem Gruselfilm zuordnen. Dafür sind hoffentlich auch einige Geheimtipps für Euch dabei. Gern seid Ihr unterhalb des Postings dazu aufgefordert, Eure besten Horror-Geheimtipps zu posten. Und nun viel Spaß!

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Zehn Filme, die mir das 3. Quartal 2017 versüßt haben

Zum Ende eines jeden Monats veröffentliche ich in den sozialen Netzwerken meine fünf ganz persönlichen Lieblingsfilme sowie meine Flops der vergangenen Wochen. Um diese Filme in Zukunft ein wenig mehr zu würdigen, oder zu erklären, weshalb mir Film XY eben so gar nicht gefallen hat, präsentiere ich in meiner ZEHN FILME-Rubrik nun nochmal meine zehn Lieblings- und Hassfilme inklusive Traile, in der Hoffnung, Ahnungslosen einen kleine Orientierung zu geben, was man im Kino auf keinen Fall verpassen sollte und was man getrost links liegen lassen darf. Gern seid Ihr unterhalb des Postings dazu aufgefordert, Eure Lieblings- und Hassfilme der vergangenen drei Monaten zu veröffentlichen. Viel Spaß!

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Das startet am 14. September 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 14. September, der eine überaus große Bandbreite an guten Filmen präsentiert – mit „mother!“ sogar einen der besten des Jahres. Wer von sich glaubt, nicht ganz so hartgesotten zu sein, für den gibt’s den neuesten Film von Ex-Regieaussteiger Steven Soderbergh, der mit „Logan Lucky“ ein nächstes „Ocean’s Eleven“ abliefert. „High Society“ hält indes die Flagge der deutschen Komödie hoch – und macht das gar nicht mal so schlecht. Gourmets gehen unterdessen in die melancholische Liebesgeschichte „Porto“, die in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen sein wird.

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

MOTHER!  | Regie: Darren Aronofsky | USA 2017

Sie könnten so glücklich sein – und sind es erst einmal auch: Ein namenloses Pärchen (Jennifer Lawrence und Javier Bardem) hat sich in einem altehrwürdigen Anwesen ein kleines Paradies geschaffen. Lediglich die Schreibblockade des als literarischer Dichter arbeitenden Gatten bringt die Idylle hier immer mal wieder ins Wanken. Unterdessen müht sich seine Frau darin, die einst abgebrannte Villa wieder auf Vordermann zu bringen. Doch mit der Abgeschiedenheit ist es bald vorbei, denn ein Fremder steht vor der Tür: Er (Ed Harris) behauptet von sich, ein großer Fan des Autoren zu sein und bittet unter einem Vorwand um Einlass. Auch seine Ehefrau (Michelle Pfeiffer) kommt bald hinzu. Von der Situation zunächst überfordert, aufgrund seiner Schmeicheleien jedoch angetan, beschließt das Paar, den unerwarteten Gästen einen längeren Aufenthalt zu ermöglichen. Mit fatalen Folgen… 

Darren Aronofskys Terrorfilm „mother!“ ist nicht mehr und nicht weniger als der abgefuckteste Film des Jahres. Jennifer Lawrence dominiert mit ihrer Tour-de-Force-Performance ein Ensemble, das sich leidenschaftlich einem durchgeknallten Erzähl- und Inszenierungsrausch hingibt, mit dem der Ausnahmeregisseur Tabus bricht – das wird (und darf) nicht jedem schmecken. Holy Shit!


PORTO  | Regie: Gabe Klinger | PRT/FR/USA/POL 2016

Porto, die alte portugiesische Hafenstadt mit ihrer mysteriösen, fast morbiden Atmosphäre ist der Ort, an dem der zurückhaltende Jake (Anton Yelchin) und die geheimnisvolle Mati (Lucie Lucas) aufeinandertreffen. Beide sind fremd in der Stadt, beide sind Außenseiter, und beide sind auf der Suche. Als sie sich begegnen, ist es Anziehung, ja, Liebe auf den ersten Blick. Fremd, doch zugleich vertraut, stürzen sie sich Hals über Kopf in eine Affäre. Es ist nur eine einzige Nacht, die sie miteinander verbringen. Aber die Zeit scheint still zu stehen. Mit Blicken, Gesten und Worten schaffen sie eine geheimnisvolle und doch unauflösbare Verbindung. Die Vergangenheit lässt sich nicht zurückholen, aber die glücklichen und leidvollen Erinnerungen hinterlassen bei beiden ihre Spuren. Für immer.

Hätte Kinopoet Terrence Malick Richard Linklaters „Before“-Reihe inszeniert, wäre dabei vermutlich „Porto“ bei herausgekommen. Die melancholische Geschichte über zwei Menschen, die für eine Nacht die Liebes ihres Lebens erfahren, ist nicht nur dank des pulsierenden Schauplatzes fast zu schön, um wahr zu sein, auch die beiden Hauptdarsteller Lucie Lucas und Anton Yelchin machen sich mit diesem Film – im wahrsten Sinne des Wortes – unsterblich.


MR LONG  | Regie: SABU | JPN/HKG/TWN 2017

Ein taiwanesischer Auftragskiller (Chen Chang) strandet in einer japanischen Vorstadt. Seine Mission ist missglückt und ihm bleiben fünf Tage, um Geld für die geplante Rückreise aufzutreiben. Unvermittelt erhält er dabei Hilfe: Der kleine Jun (Runyin Bai) weicht nicht von seiner Seite und ahnungslose Anwohner zeigen sich von seinen Kochkünsten so begeistert, dass sie ihm ein berufliches Standbein schaffen wollen. Eifrig organisieren sie ihrem schweigsamen „Mr. Long“, wie sie den Killer nennen, eine fahrbare Garküche, mit der er, gemeinsam mit Jun, seine chinesischen Spezialitäten unter die Leute bringen kann. Unheil droht, als Juns Mutter (Yiti Yao) von ihrem ehemaligen Dealer aufgesucht wird und dieser Mr. Longs Fährte aufnimmt. Aber auch wenn die Vergangenheit ihn einholt – es wird für Mr. Long nicht leicht zu gehen.

Das Ende bricht einem das Herz: SABUs bisweilen äußerst brutale Todesballade „Mr Long“ erzählt unaufgeregt und hochemotional von einem Auftragskiller, der sich nichts sehnlicher wünscht, als eine zweite Chance – und erkennt, dass er diese nie haben kann.


LOGAN LUCKY  | Regie: Steven Soderbergh | USA 2017

Die Brüder Jimmy und Clyde Logan werden vom Pech verfolgt. Während der impulsive Jimmy einen Job nach dem nächsten verliert, wird Barkeeper Clyde, der nur einen Arm hat, regelmäßig schikaniert. Und dann wären da noch die Geldsorgen. Aber Jimmy hat eine brillante Idee, die den beiden aus der misslichen Lage helfen soll: Ein Raubüberfall im großen Stil! Das prestigeträchtigste und legendärste NASCAR-Rennen der Welt, der Coca-Cola Cup 600, bietet scheinbar die perfekten Voraussetzungen für einen cleveren, unterirdischen Raubzug! Unterstützung erhoffen sich die Brüder vom berüchtigtsten platinblonden Safeknacker des Landes: Joe Bang – der sitzt allerdings noch im Gefängnis fest. Während der Planung des großen Coups tauchen immer neue Hindernisse auf, doch gemeinsam mit ihrer Schwester Mellie setzen die beiden Brüder alles daran, ihre lebenslange Pechsträhne endlich zu beenden… 

Im Anbetracht dieser liebenswürdigen Schmalspurganoven verzeiht man es „Logan Lucky“ gern, dass man das Konzept hinter dem Film eigentlich von Anfang an durchschaut. Die stark gespielte, rasant inszenierte und urkomische Gangsterposse hat das Herz am rechten Fleck und Feuer unterm Hintern – endlich ist Steven Soderbergh zurück!


HIGH SOCIETY  | Regie: Anika Decker | DE 2017

Anabel von Schlacht ist die wohlstandsverwahrloste Party­tochter einer schwerreichen Industriellenfamilie, die geführt wird von Mutter Trixi von Schlacht. Das dachten zumindest alle, doch ein handfester Skandal in Anabels Geburtsklinik enthüllt die Vertauschung diverser Babys und auch Anabels wahre Herkunft: Ihre leibliche Mutter Carmen Schlonz lebt mit ihren beiden anderen Kindern und einem illegalen Untermieter in einer Plattenbau­WG. Als Anabel in ihrem neuen Zuhause eintrifft, gerät sie sich direkt mit dem attraktiven Polizisten Yann in die Haare. Auch ihr weiterer Weg ist gepflastert mit skurrilen Begegnungen, familiären Konflikten und Liebesverwirrungen, führt sie jedoch zur Besinnung auf die wirklich wichtigen Werte des Lebens sowie zur Suche nach ihrer wahren Identität, dem ersten richtigen Job und zur Frage, was Familie eigentlich bedeutet. 

Zwischen Klamauk und Romantik gelingt Anika Decker mit „High Society“ eine niemals urteilende RomCom über Familie und die Unwichtigkeit von Reichtümern. Obwohl kleine Unebenheiten den Erzählrhythmus hier und da ins Stolpern bringen, reichen die vielen amüsanten Momente, treffsichere Pointen und ein leidenschaftlich aufspielender Cast locker aus, um einen Ticketkauf zu rechtfertigen.


WIE DIE MUTTER, SO DIE TOCHTER  | Regie: Noémie Saglio | FR 2017

Avril (Camille Cottin) und ihre Mutter Mado (Juliette Binoche) sind zwar ein Herz und eine Seele, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Avril, 30, ist verheiratet, angestellt und lebt ihr Leben strikt nach Plan, während ihre Mutter seit ihrer Scheidung eine zweite Pubertät durchlebt und ihrer Tochter in jeglicher Hinsicht auf der Tasche liegt. Sie hat sich sogar bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn eingenistet und denkt gar nicht daran, ihren Lebensstil aufzugeben. Mutter- und Tochterrolle sind komplett vertauscht und als sich die beiden Frauen dann auch noch zur gleichen Zeit schwanger unter einem Dach wiederfinden, ist der große Eklat unausweichlich. Denn genauso wenig wie Mado inmitten ihres Jugendwahns bereit ist, erneut Mutter oder gar Großmutter zu werden, kann Avril sich ihre eigene Mutter als späte Mutter vorstellen! 

Die zwei grandios aufspielenden Hauptdarstellerinnen Camille Cottin und Juliette Binoche sowie diverse kreative Ideen machen aus dieser kleinen Komödie ein kurzweiliges Vergnügen, das nicht bloß Herz und Seele berührt, sondern auch noch richtig Spaß macht. Eine kleine Überraschung!


DAS LÖWENMÄDCHEN  | Regie: Vibeke Idsøe | NOR 2016

In einer kleinen Provinzstadt in Norwegen kommt im Winter 1912 ein Mädchen (Aurora Lindseth-Løkka) zur Welt, dessen ganzer Körper von feinen blonden Härchen bedeckt ist. Für die damalige Wissenschaft ein kurioser, ein interessanter Fall. Evas Mutter stirbt bei der Geburt und ihr Vater, der Stationsmeister Arctander (Rolf Lassgård), will zunächst von dem „Löwenmädchen“ nichts wissen. Doch die kleine Eva wächst heran (als Jugendliche: Mathilde Thormine Storm). Abgeschottet und versteckt vor der Neugier der Außenwelt, erschafft sie sich ihre eigene Welt, bis sie eines Tages den Mut findet, der Enge ihres Lebens zu entfliehen (als junge Frau: Ida Ursin-Holm). Doch ihr Umfeld steht der Frau und ihrem aufkeimenden Selbstbewusstsein immer wieder im Wege. Wird Eva jemals ein eigenständiges Leben führen können? 

Vibeke Idsøes Familiendrama „Das Löwenmädchen“ hat den puppenhaft-warmherzigen Charme eines Weihnachtsmärchens, doch die Regisseurin holt aus der dramatischen Geschichte um ein von der Gesellschaft ausgestoßenes Mädchen nicht mehr heraus, als von Klischeefiguren vorgetragene Plattitüden. Schade – die fantastischen Hauptdarstellerinnen hätten Besseres verdient.


RADIANCE  | Regie: Naomi Kawase | FR/JPN 2017

Die schüchterne aber hingebungsvolle Misako (Ayame Misak) schreibt mit großer Leidenschaft Hörfassungen von Kinofilmen für Menschen mit Sehbehinderungen. Bei einer Vorführung begegnet sie dem zynischen Fotografen Nakamori (Masatoshi Nagase), der allmählich sein Augenlicht verliert. In seinen Bildern entdeckt sie eine seltsame Verbindung zu ihrer Vergangenheit – und gemeinsam entdecken die beiden eine strahlende Welt, die für Misakos Augen bislang unsichtbar war…

Die japanische Filmemacherin Naomi Kawase („Kirschblüten und rote Bohnen“, „Still the Water“) präsentiert mit ihrem neuesten Film „Radiance“ eine zärtliche, poetische und dabei überaus bildgewaltige Liebesgeschichte und Hommage an die integrierende Kraft des Kinos, der Anfang des Jahres beim Filmfestival von Cannes gezeigt wurde.


THE END OF MEAT  | Regie: Marc Pierschel | DE 2017
Ein Dokumentarfilm über die Vision einer Welt ohne Fleisch, der Philosoph*innen, Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Aktivist*innen vorstellt, die sich mit Alternativen des Zusammenlebens von Menschen und Tieren beschäftigen. In „The End of Meat“ wagt Filmemacher Marc Pierschel den Blick in eine Zukunft ohne Fleisch sowie deren Auswirkungen auf Umwelt, Tiere und uns selbst. Dabei begegnet er Esther, einem Hausschwein, welches das Leben von zwei Kanadiern komplett auf den Kopf stellte, spricht mit den Pionieren der veganen Revolution in Deutschland, besucht die erste vegetarische Stadt in Indien, begegnet geretteten „Nutztieren“ in Freiheit, trifft auf Wissenschaftler*innen, die am tierfreien Fleisch forschen, das den 600 Milliarden schweren, globalen Fleischmarkt revolutionieren soll und vieles mehr.

Heimkinotipp: DER HIMMEL WIRD WARTEN  | Regie: Marie-Castille Mention-Schaar | FR 2016

Sylvie lebt allein mit ihrer Tochter Mélanie. Sie verbringen viel Zeit miteinander und Sylvie ist stolz auf das enge Verhältnis, das sie zu ihrer Tochter hat. Doch irgendwann begegnet Mélanie im Internet einem Jungen, der ihr regelmäßig zu schreiben beginnt, ihr Komplimente macht und sie schließlich fragt, wie sie es hält mit der Religion. Eines Tages ist Mélanie verschwunden und Sylvie auf halbem Weg nach Syrien, um sie zu suchen. Catherine und Samir sind die stolzen Eltern der 17-jährigen Sonia. Gerade zurück aus den Sommerferien, wird ihr Haus eines Nachts von der Polizei gestürmt und Sonia unter Arrest gestellt. Um ihrer Familie einen Platz im Paradies zu sichern, hat sich Sonia dem Dschihad angeschlossen. Catherine und Sylvie sind tief erschüttert davon, wie fremd ihre Töchter ihnen so ganz im Stillen geworden sind.

„Der Himmel wird warten“ hätte gut und gern zwanzig Minuten länger sein dürfen, denn nicht alle Erzählansätze führt die französische Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar auch zu Ende. Trotzdem ist ihr Drama über die radikale Islamisierung zweier französischer Mädchen ein ebenso mitreißender wie niederschmetternder Film über ein wichtiges, brandaktuelles Thema, das nicht verallgemeinert und einen wichtigen da aufklärerischen Wert leistet.

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