Die Unglaublichen 2

Nach 14 Jahren legt Regisseur Brad Bird mit DIE UNGLAUBLICHEN 2 ein lang erwartetes Animationsfilmsequel vor und hat damit zumindest aus Box-Office-Sicht alles richtig gemacht. Wie der Film selbst geworden ist, das verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Syndrome ist zerstört, das Haus der Parrs liegt in Schutt und Asche, doch die Superheldenfamilie ist so eng zusammengewachsen wie noch nie zuvor. In einem mit modernster Technik ausgestatteten Luxus-Haus kehrt bei Vater Bob (deutsche Stimme: Markus Maria Profitlich), Mutter Helen sowie ihren Kindern Violet (Emilia Schüle), Dash und dem Baby Jack-Jack endlich wieder Normalität ein. Da wird Helen eines Tages für die Politik rekrutiert, als die Geschäftsleute Winston und Evelyn Deavor ihr ein unschlagbares Angebot machen: Sie soll sich für die Rechte von Superhelden einsetzen und dafür wieder in den Anzug ihres Alter Egos Elastigirl schlüpfen, während Papa Bob zuhause auf die Kinder aufpasst. Das klingt zunächst wie ein totsicheres Ding und tatsächlich sorgt Elastigirl mit ihren halsbrecherischen Manövern für die erhoffte Publicity. Doch als plötzlich der sogenannte Screenslaver auftaucht, der über die Bildschirme versucht, die Menschheit zu unterjochen, muss Elastigirl alles geben, um dem Superschurken den Garaus zu machen…
Kritik
Ganze vierzehn Jahre ist es her, seit die Superhelden-Persiflage „Die Unglaublichen“ erstmals über die Leinwände flimmerte. Nach dem überragenden Erfolg des „Findet Nemo“-Sequels „Findet Dorie“, das vor zwei Jahren unter Beweis stellte, dass auch die Fortsetzung zu lange zurückliegenden Produktionen ein Erfolg sein können, wagte sich Regisseur und Drehbuchautor Brad Bird („Ratatouille“) nun also daran, die Abenteuer der 3D-animierten Superheldenfamilie Parr weiterzuerzählen. Seither hat sich viel getan. Vor allem das Superhero-Genre selbst hat seither eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht und ist seit vielen Jahren in aller Munde. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass „Die Unglaublichen 2“ in den USA eingeschlagen ist, wie eine Bombe; in Kombination mit der Liebe zu den Figuren, die nach so einer langen Zeit endlich ihr nächstes Abenteuer erleben. Birds nunmehr sechste Langfilm-Regiearbeit wurde binnen kürzester Zeit zum in den USA erfolgreichsten Animationsfilm aller Zeiten und knackte als erster CGI-Film der Geschichte die 500-Millionen-Dollar-Marke. Zum jetzigen Zeitpunkt zählt „Die Unglaublichen 2“ über 600 Millionen Dollar Einspiel und muss sich bei den Jahrescharts nur von der hauseigenen Konkurrenz „Black Panther“ und „Avengers: Infinity War“ geschlagen geben. Auch die Kritikerstimmen deuten an, dass der Hype real ist. Dabei bleiben die Story sowie die im Hause Pixar zum Standard gehörende Wahnsinns-Optik eher auf Durchschnittsniveau, während ein akustisches Element ganz besonders in den Vordergrund rückt: die überragende Musik.

Elastigirl soll sich für die Legalisierung der Superhelden einsetzen und steht dabei ganz ihre Frau!
Während „Die Unglaublichen 2“ den Oscar für den besten animierten Film mit großer Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal zu Pixar holen dürfte, qualifiziert sich Michael Giacchino („Planet der Affen: Survival“) mit seinem spektakulären Superhelden- und Agentenfilm-Score-Best-Of gleichzeitig für den Goldjungen als bester Komponist. Was hier in knapp zwei Stunden („Die Unglaublichen 2“ ist mit 118 Minuten nicht nur der bislang längste animierte Film aus dem Hause Pixar, sondern der längste animierte Spielfilm überhaupt) alles an akustischen Hommagen und musikalischen Verbeugungen auf das ganz große „James Bond“– und „Mission Impossible“-Portfolio aufgefahren wird, ist ganz großes Kino, das Giacchino mit unverwechselbaren, eigenen Melodien anreichert, um daraus einen Klangteppich zu machen, der im Kino dieses Jahr seinesgleichen sucht. Die Macher machen nicht nur damit unmissverständlich deutlich: „Die Unglaublichen 2“ ist ein Film der heutigen (Kino-)Zeit, in dem Geschichten über unverwundbare Heroen an der Tagesordnung liegen. Und so ist Brad Birds Werk keine weitere Nachdichtung, wie sie Marvel und Co. mittlerweile sogar schon selbst regelmäßig in die Hand nehmen, sondern ein ernstzunehmendes, mit herausragenden Stuntchoreographien versehenes Actionfeuerwerk, in dem sowohl der Schurke, als auch der Weg bis zu dessen Ergreifung genauso gut in einem Realfilm zum Thema gemacht werden könnten.
Doch wie schon in Teil eins steht auch in Teil zwei nicht bloß das Abenteuer im Mittelpunkt, auch wenn es hier ab etwa der zweiten Hälfte den meisten Platz einnimmt. „Die Unglaublichen 2“ ist einmal mehr eine rührende Familiengeschichte, in der die Verantwortlichen erneut Themen aufgreifen, die ganz dem Zeitgeist entsprechen. Dass es beispielsweise Bob ist, der anstatt seiner Frau fortan den Haushalt hütet und auf die Kinder aufpasst, ist ein netter, wenn auch erzählerisch konventioneller Verweis in Richtung Gleichberechtigung und Emanzipation, der sich im Anbetracht der sich auf dieser Handlungsebene abspielenden Ereignisse aber ohnehin nur eine untergeordnete Rolle spielt. Während Elastigirls abwechslungsreiche Superheldeneskapaden für kurzweiligen Actionspaß sorgen, gibt es sogar noch mehr zu lachen, wann immer „Die Unglaublichen 2“ Bobs mehr schlechte als rechte Versuche einfängt, ein Hausmann zu sein. So scheitert er nicht bloß an modernen Rechenmethoden und Violets pubertären Stimmungsschwankungen. Vor allem das plötzlich selbst übernatürliche Kräfte entwickelnde Baby Jack-Jack dürfte sich für viele als echter Szenendieb erweisen. Wenn das Baby sich einen abgedrehten Kampf mit einem neugierigen Waschbären liefert, dann sitzt der Slapstick und die Kreativität der Macher, was sie mit dem unberechenbaren Windelträger noch alles anstellen können – vom Teleportieren übers Unsichtbar machen bis hin zum Laser aus den Augen feuern ist alles dabei – scheint keine Grenzen zu kennen. In vielen Szenen dürften Eltern sich, ihre Kinder und die Probleme zweifelsfrei wiedererkennen.
Vor allem die Nebenschauplätze von „Die Unglaublichen 2“ mitsamt der vielen exzentrischen Nebenfiguren erweisen sich als kreativ und sind unterhaltsam inszeniert. Was hingegen den eigentlichen Konflikt rund um den Superschurken Screenslaver angeht, greift Brad Bird in erster Linie auf Altbekanntes zurück. Zwar stellt sich uns die Frage, weshalb bislang noch kein anderer Superschurke auf die Idee gekommen ist, die digitale Welt für sein Vorhaben zu missbrauchen, und auch der Mini-Skandal rund um einige epileptische Anfälle provozierende Filmszenen, in denen Stroboskoplichter zum Einsatz kommen, ist durchaus nachvollziehbar (die entsprechenden Szenen sind zwar kurz, haben es aber tatsächlich in sich!). Aber das Skript holt nicht einmal im Ansatz so viel aus seinem Bösewicht heraus, wie es möglich wäre; und wer hier mit wem unter einer Decke steckt, ein falsches Spiel spielt und nur Teil einer Verschwörung ist, erweist sich ebenfalls als äußerst durchsichtig. Der Überraschungseffekt in „Die Unglaublichen 2“ hält sich daher in Grenzen. Wer hingegen schon immer mal wissen wollte, wie ein Superheldenfilm im Jahre 2018 aussieht, wenn er in Gänze aus dem Computer stammt, der bekommt von Brad Bird die Antwort serviert: Die Actionszenen, vor allem die finale Schlacht, sehen einfach nur verdammt gut aus und brauchen sich in Sachen Übersicht, Dynamik und Kreativität nicht vor dem zu verstecken, was Mavel und Co. seit vielen Jahren als Standard abliefern.
Fazit: „Die Unglaublichen 2“ ist ein durchweg sympathisches Sequel zum beliebten Superhelden-Blockbuster von 2004, doch erzählerische Innovation sucht man hier vergeblich. Dafür präsentiert Michael Giacchino einen der besten Scores des aktuellen Kinojahres und in Baby Jack-Jack werden sich vermutlich viele Zuschauer verknallen.
„Die Unglaublichen 2“ ist ab dem 27. September bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen – auch in 3D!