Findet Dorie

Es ist der Film, auf den Generationen von Kinogängern warten. Nun kommt endlich die lang erwartete Fortsetzung des Disney-Klassikers „Findet Nemo“ in die Kinos. Ob FINDET DORIE mit seinem Vorgänger mithalten kann, das verrate ich in meiner Kritik.Findet Dorie

Der Plot

Die blaue Paletten-Doktorfisch-Dame Dorie lebt inzwischen glücklich und zufrieden mit Nemo und Marlin im Korallenriff, als sie einen Geistesblitz hat: Irgendwo da draußen müsste doch ihre Familie sein, die vielleicht längst nach ihr sucht. Und so startet Dorie mit Marlin und Nemo in das größte Abenteuer ihres Lebens, das sie durch den Ozean bis zum berühmten Meeresbiologischen Institut in Kalifornien mit seinem Aquarium und seiner Rettungsstation für Meerestiere führt. Bei der Suche nach ihren Eltern bekommt Dorie Unterstützung von den schillerndsten Persönlichkeiten des Instituts: Da ist der mürrische Oktopus Hank, der nur noch sieben Tentakel hat, den Wärtern aber dennoch regelmäßig durchs Netz geht. Beluga Bailey glaubt, dass sein Echolot kaputt ist und Walhai Destiny ist extrem kurzsichtig. Trotz gewisser Handicaps wachsen Dorie und ihre Freunde bei ihren geschickten Manövern durch das komplizierte Innenleben des Instituts über sich hinaus und entdecken die magische Kraft von Freundschaft und Familie.

Kritik

Erste Überlegungen zu einem „Findet Nemo“-Sequel gab es bereits 2012. Bis allerdings konkrete Infos zu Konzept und Kinostart an die Öffentlichkeit drangen, mussten noch einmal zwei Jahre vergehen. Damals hieß es noch, „Findet Dorie“ würde einen beträchtlichen Teil seiner Laufzeit in einem Aquazoo spielen. Und ob Gerücht oder nicht: Die Tatsache, dass sich die Macher später dazu entschlossen, eben keine dieser zu Recht umstrittenen Meerestieranlagen zum Schauplatz ihres Films zu machen, verpasst dem neuesten Abenteuer aus der Disney/Pixar-Schmiede den ersten von vielen Pluspunkten. Mehr noch: Die Verantwortlichen des Mäusekonzerns sind sich ihrer Verantwortung gegenüber den jüngeren Zuschauern mittlerweile so bewusst, dass sie mit dem Kinostart von „Findet Dorie“ hierzulande nicht bloß eine umfangreiche Schwimmlern-Aktion unter der Schirmherrschaft von Franziska van Almsick (ist in einer kleinen Nebenrolle auch in „Findet Dorie“ zu hören) ins Leben riefen. Gleichzeitig reißen sie schon im Film selbst Themen an, mit denen sie die heranwachsende Generation für den Umweltschutz und artgerechte Tierhaltung sensibilisieren. So ist „Findet Dorie“ wie schon sein Vorgänger zum einen eine zuckersüße Geschichte um Freundschaft, Familie und artenübergreifenden Zusammenhalt. Zum anderen ist er aber auch eine subtile Veranschaulichung dessen, was passiert, wenn uns unser ökologischer Fußabdruck immer egaler wird.

Findet Dorie

Wer glaubt, schon der Filmtitel würde darauf hindeuten, dass wir es bei „Findet Dorie“ lediglich mit einem müden Aufguss des ersten Teils zu tun haben, der irrt gewaltig. Denn obwohl man es dem Zuschauer anders suggeriert, geht Dorie, die in „Findet Nemo“ zu einem der beliebtesten Sidekicks der Disneyfilm-Historie avancierte und hier nun zur Protagonistin auserkoren wird, eigentlich gar nicht verloren. Die Titelauswahl sorgt lediglich für eine gewisse Kontinuität im Franchise. Anders, als bei den anderen Filmen, die 2016 nach mehrjähriger Pause fortgesetzt werden („Independence Day“, „Bridget Jones“, „Blair Witch Project“…), sind darüber hinaus nicht ebenso viele Jahre vergangen, wie es sich zwischen der Inszenierung von „Findet Nemo“ und „Findet Dorie“ tatsächlich zugetragen hat. Kurzum: Die Pause zwischen den feuchtfröhlichen Eskapaden um Nemos Abhandenkommen im Jahr 2003 und Dories Aufbrechen in Richtung Meeresbiologisches Institut beträgt im Film selbst gerade einmal ein Jahr. Umso erstaunlicher ist es da, dass den Synchronsprechern dieser lange Zeitraum sowohl in der englischen, als auch in der deutschen Fassung (Anke Engelke und Christian Tramitz sind in den Hauptrollen als Dorie und Marlin natürlich wieder mit an Bord) nicht anzumerken ist. In beiden Versionen versorgen die Sprecher den Film mit jener frischen Energie, durch die sich schon „Findet Nemo“ auszeichnete. Gleichzeitig fügen sich auch die neuen Stimmen gut in den Kontext ein. Allen voran Roland Hemmo (unter anderem Stammsprecher von Brendan Gleeson und James Gandolfini) als grummelig-exzentrischer Oktopus Hank bildet einen schönen Kontrast zur optimisch-quirligen Engelke, wodurch auch stimmlich die charakterlichen Unterschiede dieses Duos hervorgehoben werden. Einzig die Idee, gleich mehrere verschiedene Randfiguren mit einem süddeutschen Akzent auszustatten, zeugt nicht von der Kreativität, die man vom Disney-Konzern in Sachen Synchronisation eigentlich gewohnt ist.

Inhaltlich gestaltet sich „Findet Dorie“ um einiges komplexer als noch der erste Teil. Denn obwohl man sich zunächst tatsächlich in einer fast identischen Neuauflage von „Findet Nemo“ wähnt, entpuppen sich die ein weiteres Mal aufgegriffenen Stationen bei den Schildkröten, in einem finsteren Tiefseegraben oder in Nemos Schule, die gemeinsam mit dem Lehrer-Rochen einen Ausflug macht, lediglich als kurze aber prägnante Hommage an den Animationshit von 2003, die zudem recht schnell beendet ist, als der eigentliche Konflikt des Sequels zum Tragen kommt. Hat Dorie das Ziel ihrer Reise nämlich erst einmal erreicht, lassen die Macher das weite Meer als Handlungsort außer Acht und konzentrieren sich ganz auf die Abläufe im Meeresbiologischen Institut. Einerseits herrscht hier ein hoher Slapstick-Gehalt vor, wodurch „Findet Dorie“ auf den ersten Blick fast kindgerechter wirkt als sein Nemo-Vorgänger. Gleichzeitig wohnt den ruhigen Momenten eine Tragik inne, die den Film so dramatisch unterfüttert wie es zuletzt wohl nur bei „Wall-E“ zu sehen war. Wenn der blaue Doktorfisch auf seiner Mission immer wieder durch seinen permanenten Gedächtnisverlust am Machen von Fortschritten gehindert wird, nutzen die Drehbuchautoren Andrew Stanton („Findet Nemo“) und Victoria Strouse („New Best Friend“) ebenjenen Running Gag, um die Dramatik in Dories Handicap anschließend umso herber an den Zuschauer heranzutragen. Und auch, wenn „Findet Dorie“ Disneyfilm-typisch mit einem scheinbaren Happy End gesegnet ist, fällt einem bei näherer Betrachtung doch auf, dass ein Fisch wie Dorie eigentlich gar nicht überleben könnte, wenn der Überlebensinstinkt den Blackouts immer wieder unterworfen wäre.

Findet Dorie

Dieser zunächst recht unrunde Erzählrhythmus, bei dem sich ruhig-melancholische und sehr herzliche, amüsante Momente abwechseln, erweist sich schon bald als direkt auf die Protagonistin zugeschnittene Inszenierung. So sprunghaft Dorie, so ambivalent zeigt sich ihr Abenteuer. Ihre Aufeinandertreffen mit den allesamt mit einer Behinderung versehenen Sidekicks (ein kurzsichtiger Walhei, ein Beluga mit einem defekten Echolot-System und ein Oktopus, dem ein Arm fehlt) sind von einer hohen Gagdichte, während „Findet Dorie“ in den emotionalen Momenten so sehr zu Herzen geht, dass es Pixar ein weiteres Mal gelingt, die Zuschauerschaft im Gesamten abzuholen. Auch die eingangs schon angerissene ökologische Botschaft lassen die Regisseure Andrew Stanton und Angus MacLane („Toy Story of Terror“) nicht mit der Brechstange auf den Zuschauer los. Subtile (und unkommentierte!) Momente, in denen etwa zu sehen ist, wie Dorie sich in einem Plastikreifen verfängt, regen die Kleinen dazu an, bei den Eltern nachzufragen und im besten Fall zu lernen, dass Müll nicht in die Meere gehört. Bleibt nur noch die Frage, ob „Findet Dorie“ ähnliche Klassikeranleihen besitzt, wie „Findet Nemo“ vor 13 Jahren. Tatsächlich herrscht auch in „Findet Dorie“ eine Zeitlosigkeit vor, durch welche auch dieser neueste Pixar-Hit die kommenden Jahrzehnte überdauern kann. Den innovativen Eindruck, den einst „Findet Nemo“ machte, macht die Fortsetzung natürlich nicht mehr, wenngleich es sich die Macher nicht einmal nehmen ließen, sämtliche Figuren – und daher eben auch solche, für die die Animationsvorlagen bereits existierten – ein weiteres Mal an den aktuellen Animationsstandard anzupassen. „Findet Dorie“ wirkt technisch so hochmodern, wie es schon „Findet Nemo“ zu seiner Zeit tat. Und auch die Geschichte kann neben den Anleihen an Teil eins genügend eigene Akzente setzen, um den Zuschauer emotional im vollen Umfang abzuholen. Daher würde es absolut nicht verwundern, wenn sich noch Generationen von Filmliebhabern an diesen beiden Filmen erfreuen werden.

Fazit: „Findet Dorie“ ist eine starke, eigenständige Fortsetzung des Pixar-Klassikers von 2003, der mit hohen technischen Standards und einer erstaunlich komplexen Geschichte erzählt. Lediglich der innovative Eindruck des Vorgängers greift hier nicht mehr; dafür war „Findet Nemo“ damals einfach zu außergewöhnlich.

„Findet Dorie“ ist ab dem 29. September in den deutschen Kinos zu sehen – auch in ordentlichem 3D!

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