The Gambler

Die Zutaten für ein stimmiges Charakterdrama sind alle da und trotzdem macht Regisseur Rupert Wyatt aus seinem Remake des gleichnamigen Zockerportraits THE GAMBLER nicht mehr als den x-beliebigen Versuch eines Hollywoodstars, sich auch endlich einmal als Charakterdarsteller zu beweisen. Den größten Schaden hat dabei wohl Mark Wahlberg, denn der muss sich hier aufgrund des schwachen Skripts zwangsläufig weit unter Wert verkaufen. Mehr zum Film in meiner Kritik.The Gambler

Der Plot

Literaturprofessor Jim Bennett (Mark Wahlberg) scheut kein Risiko: Beim illegalen Glücksspiel setzt er alles auf eine Karte. So schuldet er mittlerweile nicht mehr nur seiner Mutter (Jessica Lange), die ihn längst abgeschrieben hat, eine Unmenge Geld – auch das Schwarzgeld des skrupellosen Gangsters Neville (Michael Kenneth Williams) hat Jim komplett verzockt. Den Gegnern immer einen Schritt voraus, spielt er nun den aufgebrachten Gläubiger gegen Mister Lee (Alvin Ing), den Betreiber des illegalen Glücksspielrings, sowie den berüchtigten Kredithai Frank (John Goodman) aus. Der risikoliebende und selbstgefällige Literaturprofessor gerät immer tiefer in die gefährliche und gnadenlose Untergrundwelt von Los Angeles. Es bleibt ihm nur noch eine Wahl: Er setzt sein eigenes Leben als Pfand ein. Ist es das Spiel um sein Leben?

Kritik

Ein ausgemergelter Mark Wahlberg – weit und breit keine Explosion in Sicht, kein cooler Spruch auf den Lippen; diese Kombination hat Seltenheitswert. Seit seiner Rolle des Pornostars Dirk Diggier im umstrittenen Porno-Biopic „Boogie Nights“ konzentrierten sich die Engagements des ehemaligen Rappers und heutigen Hollywoodstars vornehmlich auf das Genre des inhaltlich wenig gehaltvollen Krawummfilms. Erst kürzlich beerbte er gar Shia LaBeouf als Weltenretter in Michael Bays Vorzeige-Materialschlacht „Transformers 4 – Ära des Untergangs“. Doch wie das mit den schnuckeligen Actionstars der Traumfabrik nun mal so ist, hat auch Wahlberg in diesem Jahr den versteckten Charaktermimen in sich entdeckt und präsentiert sich im gleichnamigen Hollywoodremake des 1974 entstandenen Zockerportraits „The Gambler“ nun als glücksspielsüchtiger Literaturprofessor. Regisseur Rupert Wyatt, der zuletzt den Auftakt zur Prequel-Reihe „Planet der Affen“ inszenierte, versucht sich in seinem neuesten Streifen an der Verschmelzung aus Nischenfilm und Massentauglichkeit. Die Thematik sowie deren behäbige Inszenierung stammen dabei direkt aus dem Repertoire moderner Arthouse-Filmer, während die Besetzung wohl als Zugeständnis an das junge Zielpublikum angesehen werden kann. Ein solcher Spagat gelingt nicht jedem. Zu groß ist die Gefahr, weder den einen, noch den anderen Ansatz zur Genüge zu verfolgen. Nun ereilt auch „The Gambler“ dieses Schicksal, denn wenngleich es Wyatt hervorragend gelingt, eine fiebrige Atmosphäre auf die Leinwand zu bannen, ist es der Umgang mit der Hauptfigur selbst, der das Thrillerdrama von der Beliebigkeit in pure Langeweile abdriften lässt.

Mark Wahlberg

Mark Wahlberg spielt den spielsüchtigen Professor Jim Bennett.

Die Zutaten sind alle da: Mit dem zwielichtigen Antihelden Jim Bennett, der den spielsüchtigen Zocker und den kalkulierenden Literaturprofessor in sich vereint, steht in „The Gambler“ eine äußerst ambivalente und damit durchaus interessante Figur im Mittelpunkt. Ein Konflikt ist klar definiert, die Besetzungsliste ist hochkarätig und mit dem inszenatorischen Kniff, den Zeitraum der sich abspielenden Geschichte in Form von Einblendungen exakt vorzugeben, sorgt man ganz bewusst für das zusätzliche Anziehen der Spannungsschraube. Doch all diese lobenswerten Ansätze bleiben auf der Strecke, wenn man sich einmal ansieht, wie mangelhaft und wenig durchdacht die Umsetzung von „The Gambler schlussendlich geworden ist. Beginnend beim Hauptakteur, einem nicht intuitiv sondern vielmehr aufgesetzt und bemüht unnahbar agierenden Mark Wahlberg, dem unübersehbar „Nominiert mich für den Oscar!“ auf der Stirn geschrieben steht, hat Wyatts Streifen keine Hauptfigur, an der das Publikum ehrliches Interesse entwickelt. Der Hollywoodstar scheint in „The Gambler“ lediglich einen zwischen Langeweile und Traktieren schwankenden Gesichtsausdruck zu kennen. Mit dieser Ausstrahlung gibt Bennett einerseits seine fachlich fragwürdigen Uni-Kurse, spielt jedoch andererseits Abend für Abend um sein gesamtes Vermögen. Dass das Zocken für Bennett zu einer krankhaften Passion geworden ist, registriert das Publikum allenfalls durch das stringente Skript, das sich zu weiten Teilen daran aufhält, dem Zuschauer immer wieder einzutrichtern, dass zwanghaftes Glückspiel eine echte Krankheit ist. Eine sehr oberflächliche Aussage für einen Film, der eigentlich so viel mehr sein möchte. Und was Bennett an dem Spiel so reizt, dass er sich fast selbst aufgibt, wird auch nicht klar, da sich seine lethargische Ausstrahlung über die knapp zweistündige Laufzeit zu keinem Zeitpunkt verändert.

111 Minuten sind in der heutigen Filmproduktionslandschaft bei weitem keine ausladende Laufzeit mehr. Man denke nur an Martin Scorseses „The Wolf of Wall Street“ oder ebenjenen Teil der „Transformers“-Reihe, in dem auch Wahlberg zuletzt mitwirkte. Mit seinen nicht einmal zwei Stunden gehört „The Gambler“ fast noch zu den kürzeren Vertretern seiner Zunft, doch Wyatt schafft es, sein Zockerepos so behäbig zu inszenieren, dass sich das Filmerlebnis anfühlt, als hätte man gerade ein Triple-Feature von „Der Hobbit“ hinter sich gebracht. Mit seiner in tristem Grau-in-Grau gehaltenen Bildsprache, die ob ihrer konsequenten Verfolgung immerhin für so etwas wie Atmosphäre sorgt, gestaltet sich „The Gambler“ alsbald eintönig und aufgrund seiner ziellosen Story, die sich auf bedeutungsschwangere Dialoge beschränkt, die ohnehin immer in die Richtung steuern, dass am Ende die ewig gleiche Message steht, kommt der Zuschauer nicht umher, sich mehrmals bewusst daran zu erinnern, dass man ebenjene Szene nicht vor einer Viertelstunde schon einmal gesehen hat. Wyatt bemüht sich sichtlich, die Anspannung der Szenerie aus dem Entertainmentfaktor seines Protagonisten zu ziehen. Doch immer wieder machen sowohl das Skript, als auch Mark Wahlberg selbst dem Regisseur einen Strich durch die Rechnung. Wahlberg agiert wie auf Autopilot und das Drehbuch bietet allenfalls Stoff für einen Kurzfilm, nicht aber für ein abendfüllendes Charakterdrama.

Mark Wahlberg

Alles verloren…

Akteure wie Jonah Hill („Moneyball“, „The Wolf of Wall Street“), Adam Sandler („#Zeitgeist“) oder zuletzt Steve Carell („Foxcatcher“) machen es vor: Der Sprung vom Schauspielpopstar zum Charakterdarsteller ist zwar schwer, aber möglich. Im Falle von Hill und Carell wink(t)en sogar Oscars und auf diese Pfade begibt sich nun auch Hollywoodbeau Mark Wahlberg, dem eigenen Angaben zufolge so viel an der Umsetzung von „The Gambler“ lag, dass er zugleich als Hauptdarsteller und Produzent auftritt. So lässt es sich nur schwer beurteilen, wie viel der missglückten Umsetzung auf die Kosten von Regisseur Wyatt und Drehbuchautor William Monahan („Departed – Unter Feinden“) geht. Insbesondere eine Szene, in welcher Protagonist Jim im Dämmerungslicht ziellos durch die Straßen läuft, ist ein solch dreister Wink in Richtung Arthouse-Publikum, dass diese Szene mit der bemüht tiefsinnigen Musikuntermalung fast schon ein wenig lächerlich wirkt; Dabei wird man das Gefühl nicht los, Wahlberg hätte sich ebenjene Szene schlicht selbst auf den Leib geschrieben, um ebenjenen einprägsamen Schlussmoment zu erhalten, mit welchem er sich umgehend in die Herzen der weltweiten Award-Jurys zu spielen versucht. Im Grunde fasst dies auch die allgegenwärtigen Probleme von „The Gambler“ zusammen: Der Streifen ist so penibel auf auszeichnungswürdig getrimmt, dass jedwede Entwicklung ehrlicher Emotionen auf der Strecke bleibt. Selbst der spätere Einbezug von Brie Larson („21 Jump Street“) ist nicht mehr als der Nährboden für eine berechenbare Aneinanderreihung von Klischees und selbst John Goodman („Flight“) scheint aufgrund seiner ewig gleichen Besetzung desselben Typus langsam aber sicher gelangweilt zu sein.

Fazit: An diesem Film stimmt gar nichts. „The Gambler“ wäre gern philosophisch und tiefsinnig, ist aber nicht mehr als der halbgare Versuch, Kunst- und Mainstreamkino zu verbinden. Dabei begnügen sich die Macher mit Handtaschenpsychologie und oberflächlichen Dialogen. Und Mark Wahlberg? Der kommt überhaupt nicht dazu, hier sein wirkliches Können auszuspielen.

„The Gambler“ ist ab dem 15. Januar in ausgewählten Kinos Deutschlands zu sehen!

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