Die zwei Gesichter des Januars

Neun Jahre nach „Der talentierte Mr. Ripley“ veröffentlichte die Bestsellerautorin DIE ZWEI GESICHTER DES JANUARS, ein Verwirrspiel um ein High-Society-Paar, das einen griechischen Fremdenführer in ihre unheimlichen Machenschaften miteinbezieht. Inszeniert wird diese auf dem Papier spannend klingende Erzählung von dem Mann, dessen Skript wir „Drive“ zu verdanken haben. Ein vermeintlicher Kassenknüller ward geboren. Oder etwa nicht? Die Kritik zum Film verrät es.
Der Plot
Wir schreiben das Jahr 1962. Der Amerikaner Rydal (Oscar Isaac), der sich in Athen als Stadtführer über Wasser hält, trifft eines Tages auf das Touristenpärchen Colette und Chester MacFarland (Kirsten Dunst und Viggo Mortensen). Er ist sofort fasziniert von den beiden, von ihrer kultivierten Art und der scheinbaren Leichtigkeit ihres Lebens. Doch der Eindruck trügt. Als Rydal die MacFarlands in ihrem Luxushotel besucht, bedrängt ihn Chester, einen offenbar bewusstlosen Mann mit ihm fortzuschaffen. Rydal stimmt zu und begibt sich damit in ein dunkles Netz aus Mord, Eifersucht und Intrigen.
Kritik
Mit seinem lethargischen Thrillerdrama „Die zwei Gesichter des Januars“ liefert der gefeierte Drehbuchautor Hossein Amini, dem wir Arthouse-Perlen wie „Drive“, aber auch das weniger denkwürdige Fantasymärchen „Snow White and the Huntsman“ zu verdanken haben, sein lang erwartetes Debüt als Langfilmregisseur. Nachdem das letzte, auf einem seiner Drehbücher basierende Projekt – Carl Rinschs Asien-Actioner „47 Ronin“ – kläglich an den weltweiten Kinokassen scheiterte, nimmt Amini in seinem neusten Projekt sämtliche inszenatorische Zügel selbst in die Hand und fungiert als Autor und Regisseur zugleich. Dabei herausgekommen ist ein anstrengender Independentfilm ganz im Stile klassischer Thrillerduelle, der zwar ein hochkarätiges Ensemble vorweisen kann, sich an seinem schwer verfilmbaren Skript jedoch mehr als einmal die Zähne ausbeißt. Der auf dem gleichnamigen Roman von Patricia Highsmith basierende „Die zwei Gesichter des Januars“ zeigt sich von vornherein als Liebhaberstück für Fans bedächtig erzählter Charakterstudien. Der Gelegenheitskinogänger dürfte mit dem Streifen dagegen seine Schwierigkeiten haben.
Zu den wohl bekanntesten Verfilmungen der Highsmith-Romane gehört zweifelsfrei Anthony Minghellas Oscar-nominierter Thriller „Der talentierte Mr. Ripley“. Der Film, der Matt Damon eine beispiellose Hollywood-Karriere ebnete, gehört bis heute zu den eindringlichsten Verwirrspielen der Kinogeschichte und zeigt: In den Romanen der 1995 verstorbenen Bestsellerautorin dominieren Lug und Betrug. Dieselbe Handschrift trägt auch die Story, die uns Hossein Animi in „Die zwei Gesichter des Januars“ präsentiert. Benannt nach dem sprichwörtlich doppelköpfigen, römischen Gott Janus, dem der erste Monat im Jahr seinen Namen zu verdanken hat, spiegelt bereits der Titel des Films die innere Zerrissenheit der Figuren wieder. Doch was sich nach einer spannenden Ausgangslage anhört, versagt auf inszenatorischer Ebene kläglich, wenn sich nämlich herausstellt, dass ein spannend geschriebener Thriller nicht zwingend einen zweistündigen Spielfilm trägt. Ist die Ausgangslage nach rund einer halben Stunde bekannt, Gut und Böse klar definiert und die charakterlichen Merkmale sämtlicher Figuren herausgearbeitet, zieht sich „Die zwei Gesichter des Januars“ bis zum Schlussakt unaufhörlich in die Länge. Darüber vermögen auch ästhetische Bilder vor bildschöner Kulisse sowie ein betörender Score nicht hinwegzutäuschen.

Chester (Viggo Mortensen) und Colette (Kirsten Dunst) verbringen ihre freien Tage in der griechischen Hauptstadt Athen.
Das toll besetzte Darsteller-Trio trägt hieran die geringste Schuld. Kirsten Dunst („Melancholia“), Viggo Mortensen („On the Road – Unterwegs“) und „Inside Llewyn Davis“-Star Oscar Isaac agieren zwar durchgehend solide, ihre permanente Unterforderung ist jedoch allgegenwertig. Am stärksten entwickelt sich schließlich das Spiel zwischen Mortensen und Isaac, das merklich mit den entgegengesetzten Charakteristika der Figuren hantiert und nach und nach eine beeindruckende Intensität aufweist. Auch Kirsten Dunst steht die Rolle der geheimnisvollen High-Society-Lady gut; wie sie Oscar Isaac charmant um den Finger wickelt, ist extrem anschaulich. Kameramann Marcel Zyskind („28 Days Later“) liefert toll fotografierte Eindrücke und besinnt sich bei der Atmosphäre ganz auf den Charme der Landschaft Kretas und Athens. Alberto Iglesias, Stammkomponist von Pedro Almodóvar, lässt in seinen Instrumentalkomposition merklich griechisches Liedgut einfließen und verhilft „Die zwei Gesichter des Januars“ dadurch zu noch mehr Authentizität – mal auf bedrohliche, mal auf beschwingte Weise.
Die Story kommt mit fortschreitender Spieldauer dann allerdings immer mühseliger voran. Während des Kennenlernens zwischen den MacFarlands und Rydal schafft es „Die zwei Gesichter des Januars“ noch, einen Schleier des Mystischen über die Szenerie zu legen, woran auch die von einem hypnotischen Sepiaton untermalte, dadurch leicht fiebrige Bildsprache nicht ganz unschuldig ist. Bis zur Hälfte des Streifens steigert sich die Atmosphäre schließlich merklich in eine Suspense-lastige Thriller-Richtung, die stellenweise sogar Erinnerungen an Alfred Hitchcock wach werden lässt. Doch ist der Plot-Knoten erst einmal geplatzt, passiert auf der Leinwand nahezu nichts mehr. Erst recht, als Mortensen und Isaac die zweite Filmhälfte gänzlich allein bestreiten müssen, hält sich Hossein Animi vermehrt an langen Dialogen auf und besinnt sich zu lang und zu oft auf das Element der Stimmungssequenz. Gepaart mit einer über allem liegenden Schwermut, die den Film philosophischer und wichtiger machen soll, als er ist und als der Roman es auch sein will, gelingt „Die zwei Gesichter des Januars“ nicht der angestrebte Spagat zwischen Thriller und Drama. Erst als sich der Streifen in den letzten zwanzig Minuten noch einmal aufrafft und die Melancholie hinter sich lässt, gelingt dem Debütfilmer ein ansehnlicher Showdown.
Fazit: „Die zwei Gesichter des Januars“ kann sich erst nicht für ein Genre entscheiden und als sich das Publikum schließlich auf die unkonventionell anmutende Mischung aus Thriller und Drama einzulassen versucht, geht dem Streifen die Puste aus. Erst das Finale verleiht dem Streifen so etwas wie Eigenständigkeit – an die Qualitäten des Romans reicht diese Verfilmung jedoch bei weitem nicht heran. Beispiellos gelungen sind hingegen sämtliche technischen Aspekte. „Die zwei Gesichter des Januars“ sieht über weite Strecken einfach unfassbar elegant aus.
„Die zwei Gesichter des Januars“ startet am 29. Mai in ausgewählten deutschen Kinos.