The Tomorrow War

Erst inszenierte er das Soloabenteuer des LEGO-Batman, nun Chris Pratt, der in die Zukunft geschickt wird, um einen Kampf zu führen, dem die Menschen der Zukunft nicht gewachsen sind. Ob THE TOMORROW WAR unterhält, verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
2022: Die Welt schaut gespannt das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft, als sich wahrlich sonderbare Ereignisse abspielen. Seltsame Lichterscheinungen tauchen auf dem Spielfeld auf, die Elektrizität spielt verrückt und aus dem Nichts spaziert ein Militärtrupp auf den Rasen und verkündet, aus dem Jahr 2051 zu stammen, wo die Menschheit vergeblich einen Krieg gegen mächtige Aliens führt, weshalb sie nun Menschen aus dem Heute für den Krieg von Morgen rekrutieren muss. 2023: Die Taktik erweist sich als wenig ergiebig, die meisten Menschen aus der Gegenwart sterben beim Kampf in der Zukunft, und die, die zurückkehren, können nur von einem vergeblichen Kampf gegen einen Feind berichten, der den Menschen über ist. Als Ex-Soldat und Lehrer Dan Forester (Chris Pratt) einberufen wird, sieht er sich gezwungen, die Bande zu seinem entfremdeten Vater Slade (J.K. Simmons) neu zu knüpfen. Kurz darauf wird Dan gemeinsam mit einer aus der Zukunft stammenden Wissenschaftlerin (Yvonne Strahovski) auf eine Sondermission geschickt…
Kritik
Im Jahr 2022 bekommt die Menschheit mahnenden Besuch aus dem Jahr 2051: Die Menschheit wird zugrunde gehen, wenn sich nicht die gegenwärtige Bevölkerung dem Kampf gegen eine in der Zukunft wütende, zerstörerische Bedrohung anschließt. Im weiteren Verlauf des Films wird wiederholt betont, dass es möglich ist, über Jahre im Voraus den Ausgang des Kampfes Mensch vs. massive Bedrohung vorherzusagen, stets angepasst an die momentan angewandte Taktik. Oder kürzer gesagt: In „The Tomorrow War“ kann die Menschheit über Jahrzehnte hinweg akkurat vorhersagen, ob die Erde, ihr einziger Lebensraum, in einigen Jahrzehnten für sie unbewohnbar wird. Kommt einem bekannt vor, oder? Schließlich lässt sich basierend auf den aktuellen Klimaschutzmaßnahmen (bzw. deren derzeitigen Mangel) und Jahrhunderten an Erfahrungswerten vorhersagen, wie groß der Schaden in naher und ferner Zukunft sein wird… Das Elend von Morgen lässt sich schon heute bezwingen – was sich wie eine Anspielung an den Klimawandel liest, bleibt in „The Tomorrow War“ auch nur genau das: Eine Anspielung. Größere thematische Ambitionen verfolgt der über 130 Minuten lange Big-Budget-Sci-Fi-Film, den Paramount Pictures ursprünglich für das Kino geplant hat, aufgrund der Corona-Pandemie (einer weiteren Katastrophe, die sich hätte eindämmen lassen, hätten die Warnungen führender Wissenschaftler:innen mehr Gehör gefunden) aber an Amazon verschachert wurde, nämlich nicht.
Das ist erst einmal nicht weiter schlimm – reine Unterhaltung darf gern auch ein paar Körner mahnender Wahrheit enthalten, und es darauf belassen, wenn sie denn ihren selbstgewählten, zentralen Zweck erfüllt. Also die Unterhaltung. Doch leider holpert’s bei „The Tomorrow War“ auch dahingehend. Unter anderem, weil das Drehbuch Zach Dean in sich zusammenfällt, sobald man auch nur eine Minute zu lang das zuvor Geschehene in Erinnerung behält. Niemand Vernünftiges würde einen Sci-Fi-Actionfilm über einen Alienkrieg, bei dem Menschen aus der Vergangenheit für den Kampf an der Front rekrutiert werden, auf Realismus abklopfen. Doch innere Plausibilität ist entscheidend, das eint Filme von „Armageddon“ bis „Z for Zachariah“. Und in „The Tomorrow War“ werden die inneren Regeln am laufenden Band umgeschrieben (z. B.: erst sind die Zeitreisegesetze extrem starr und lassen keinen Raum für Improvisation, nicht einmal eine Filmminute später improvisiert das Militär und startet sieben Tage früher als geplant die nächste Reise), so dass keine Spannung aufkommen kann: In einem Film, in dem nie klar ist, was geht und was nicht geht, lässt sich auch nicht befürchten, dass als nächstes dies oder jenes passieren muss. Dass Chris McKay („The LEGO Batman Movie“) zudem die Actionszenen zu reinem Lärm- und Effektgewitter verkommen lässt, ohne nennenswerte innere Dramaturgie, hemmt das Vergnügen weiter. Oftmals stehen die Computereffekte allein im Mittelpunkt – und die arten in Massenszenen und Bildtotalen zu reinem Staubpartikel-Nebel-Funken-Matsch aus.
„In einem Film, in dem nie klar ist, was geht und was nicht geht, lässt sich auch nicht befürchten, dass als nächstes dies oder jenes passieren muss.“
Die Passagen, in denen die visuell unoriginell gestalteten, doch solide in das reale Geschehen integrierten Aliens zur Geltung kommen und die Helden mit Mut, Taktik und reiner Feuerkraft gegen sie bestehen müssen, sind nur spärlich gesät. Immerhin haben die Außerirdischen ein innovatives Sounddesign zu bieten, was etwas Abwechslung in diesen sonst so generisch gearteten Film bringt. Die matschig-blaugraue Farbästhetik der Bilder von Kameramann Larry Fong („Kong: Skull Island“) tut dem Werk ebenfalls keinen Gefallen. Eklatanter als in den Actionszenen, in denen diese Farbwelt die Übersicht des Ganzen gefährdet, ist dies in Dialogszenen, da die mitunter sehr unschmeichelhaften Schatten sogleich mehrere der Nebenfiguren verschlucken – nur Pratt, Simmons und Strahovski wird es vergönnt, konstant so ausgeleuchtet zu werden, dass man ihre Mimik ausreichend zu Gesicht bekommt. Was „The Tomorrow War“ davor bewahrt, ein künstlerischer Totalflop zu werden, sind Chris Pratts Ausstrahlung in den komödiantischen Szenen (die aber nicht übertönt, wie verkrampft er in den ernsten Augenblicken spielt), eine engagierte Yvonne Strahovski, der es gelingt, auch den abstrusesten Momenten eine authentische Emotionalität mitzugeben, sowie der Finalakt. Dessen Logik ist zwar weiterhin so löchrig wie ein Schweizer Käse, jedoch unterhält Zach Deans Skript in den letzten Zügen mit sehr vielen Payoffs: Zahlreiche längst vom Film vergessen geglaubte Setups werden wieder aufgegriffen und mit schmissigem Popcornkinopathos umgesetzt. Das hebt die Laune zwar viel zu spät – aber es hebt die Laune wenigstens.
Fazit: „The Tomorrow War“ reiht sich in die nicht gerade kurze Liste schwacher Filme ein, die für’s Kino gedacht und dann vom verantwortlichen Verleih an einen Streamingdienst verscherbelt wurden. Ein „Cloverfield Paradox“ ist dieser Sci-Fi-Film zwar nicht, doch die Vorfreude auf den potentiellen zweiten Teil hält sich enorm in Grenzen.
„The Tomorrow War“ ist ab sofort bei Amazon Prime Video streambar.
Der liegt schon in der Watchlist.