The Cloverfield Paradox

Das ging schnell: Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des ersten Trailers ist der dritte Teil der „Cloverfield“-Reihe, THE CLOVERFIELD PARADOX, bei Netflix streambar. Weshalb der Film auf der Plattform ganz gut aufgehoben ist und den bisher schwächsten Teil des Universums ausmacht, das verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Die Erde in naher Zukunft: Die Energiereserven sind erschöpft, es herrschen bereits kriegsähnliche Zustände. Die Besatzung der Cloverfield ist auf Weltrettungsmission und versucht fieberhaft, eine Lösung für die Probleme zu finden. Unter der Leitung des US-Amerikaners Kiel (David Oyelowo) führt das Team, zu dem auch der deutsche Physiker Schmidt (Daniel Brühl), der Arzt Monk (John Ortiz) sowie die Astronauten Mundy (Chris O’Dowd), Tam (Ziyi Zhang), Volkov (Aksel Hennie) und Hamilton (Gugu Mbatha-Raw) gehören, diverse Experimente durch. Als eines von diesen tatsächlich gelingt und eine große Menge an Energie freigesetzt wird, scheint das Problem gelöst. Doch da taucht ein neues auf: die Erde ist verschwunden. Und das ist nicht der einzige unerklärliche Vorfall, mit dem es die Crew fortan zu tun bekommt…
Kritik
Da muss man erst einmal drauf kommen: Die ohnehin für ihre unkonventionellen Veröffentlichungsumstände bekannte „Cloverfield“-Reihe schoss im Rahmen der Halbzeitpause des diesjährigen Super Bowl den ultimativen PR-Vogel ab. Nach dem aller ersten Trailer zum ehemals „The God’s Particle“ benannten Science-Fiction-Projekt kündigte der Spot an, „The Cloverfield Paradox“ sei direkt nach dem Spiel sofort via Netflix streambar. Dass der Film den Weg ins Kino vermutlich nicht schaffen würde, war zuvor zwar bekannt, doch eigentlich war der Release auf der Streamingplattform für Ende April kommuniziert worden. Einen solche Überraschung hatte daher schlicht niemand kommen sehen und so verzeichnete „The Cloverfield Paradox“ zum Start Rekordzahlen, die selbst anhand der Erfolge seiner beiden Vorgänger nicht absehbar waren. Das Feedback zu Julius Onahs Science-Fiction-Horrorfilm ist hingegen alles andere als überragend und brachte bislang im besten Fall solide Reviews zum Vorschein. Nicht ganz zu Unrecht, denn im Vergleich zu „10 Cloverfield Lane“ stinkt der diesmal auf einer Raumstation namens Cloverfield angesiedelte Franchise-Beitrag ziemlich ab. Und auch sonst ist das namhaft besetzte Weltraum-Kammerspiel eher durchschnittlich geraten.

Das Team um Schmidt (Daniel Brühl) und Tam (Ziyi Zhang) versucht verzweifelt, eine Lösung für das Problem zu finden.
Nach einem abgefahrenen Kaiju-Trip in damals extrem angesagter Wackelkamera-Optik und einem atmosphärischen Kammerspiel unterhalb der Erde spielt sich das nächste Kapitel aus dem „Cloverfield“-Universum nun also im Weltraum ab. Dabei ist die einzige Verbindung zur Reihe lange Zeit erst einmal nur auf den Namen der Raumstation zurückzuführen, die passenderweise Cloverfield heißt. Doch spätestens ab der zweiten Hälfte sowie dank einer hübschen Schlusspointe weiß der Zuschauer endgültig, wie sich die Ereignisse in „The Cloverfield Paradox“ zu jenen bisheriger Filme verhalten. Was genau dahinter steckt, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Nur so viel: Ein bisschen konstruiert wirkt all das schon; da war „10 Cloverfield Lane“ in seiner Weltenbildung um Einiges subtiler, auch wenn aus diesem Grunde viele Zuschauer bemängelten, gar nicht so recht zu wissen, was dieser Film nun eigentlich mit dem Auftakt aus 2008 zu tun hat. Doch betrachten wir „The Cloverfield Paradox“ einmal völlig für sich allein stehend. Und unter diesen Voraussetzungen lässt sich schnell erahnen, weshalb die Produktionsfirma mit der Idee, den Film nicht in die Kinos, sondern direkt bei einem Streamingportal unterzubringen, ganz gut gefahren ist: In seiner unausgegorenen Mischung aus klassischem Horrorfilm und Sci-Fi-Dystopie präsentiert sich die Geschichte nämlich lange Zeit ziemlich unentschlossen und kann dabei weder auf der einen, noch auf der anderen Seite so richtig punkten.
Gegen die halbgaren physikalischen Einschübe in „The Cloverfield Paradox“ wirkt Christopher Nolans „Interstellar“, der sich thematisch mit ähnlichen Dingen befasst, wie ein Lehrfilm; hier dienen die vielen wissenschaftlichen Theorien und Fachbegriffe lediglich dazu, die Prämisse für den Zuschauer greifbar zu machen. Dass die hier angestrebten Ziele in ihrer anschließend getätigten Ausführung so tatsächlich möglich wären, daran lassen einen die vielen Logiklöcher und Widersprüche häufig zweifeln. Trotzdem wird im Großen und Ganzen deutlich, worum genau es der Crew der Cloverfield überhaupt geht. Auch die Grundidee der verschwundenen Erde ist per se spannend; mit welcher Gelassenheit die Gruppe auf diese und diverse weitere Entdeckungen reagiert (Stichwort: Arm), trägt dann allerdings nicht unbedingt dazu bei, ein Gefühl für die allgegenwertige Anspannung auf der Raumstation zu erhalten – auch, weil das Skript immer mal wieder einige unpassende One-Liner für die Figuren bereit hält. Doch auch die Darsteller sind nicht ganz unschuldig an der fehlenden Atmosphärendichte. Während man von den meisten von ihnen ohnehin kaum Persönliches erfährt, spielen selbst große Stars wie Daniel Brühl („The First Avenger: Civil War“), Elizabeth Debicki („Codename U.N.C.L.E.“) und insbesondere Chris O’Dowd („Die Insel der besonderen Kinder“) nur leidlich engagiert auf.
Trotzdem hat „The Cloverfield Paradox“ auch einige Szenen, an denen vor allem Liebhaber kreativer Effekte ihren Spaß haben werden. Wenn die Magnetfelder verrückt spielen oder das Raumschiff einem der Crew-Mitglieder den Arm abbeißt (!), dann ist das in dem Moment nett anzusehen. Doch während solche Momente dem Film kurzzeitig zu einem Alleinstellungsmerkmal und ordentlich Drive verhelfen, bremst ein parallel erzählter Handlungsstrang auf der Erde das Geschehen immer genau dann aus, wenn es eigentlich gerade so richtig spannend wird. Auch das Finale wird als herkömmlicher Shootout der spannenden Grundidee nicht gerecht. Zumal Filme wie besagter „Interstellar“ oder der Indie-Geheimtipp „Coherence“ schon auf deutlich smartere Weise mit derselben umgegangen sind. Technisch kann sich „The Cloverfield Paradox“ immerhin sehen lassen. Während die digitalen Effekte ambivalent zwischen richtig stark und B-Movie-Qualität daherkommen, gefällt das detailgetreu-hochwertige Design der Raumstation sowie die Darstellung, wie sich diese im Weltraum fortbewegt. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass der bereits angekündigte vierte Film sich wieder mehr auf das besinnt, womit die beiden ersten „Cloverfield“-Filme punkten konnten: einer unberechenbaren Atmosphäre.
Fazit: „The Cloverfield Paradox“ ist der bislang schwächste Teil aus dem „Cloverfield“-Universum und wäre ohne gewisse Brechstangen-Verweise auch gar nicht zwingend als Teil davon erkennbar. Die Darsteller spielen überraschend lustlos auf und von der Grundidee sowie einigen kreativen Einfällen einmal abgesehen, haben wir es hier nur mit einem weiteren austauschbaren Weltraum-Horrorfilm zu tun.
„The Cloverfield Paradox“ ist ab sofort bei Netflix streambar.