Alfons Zitterbacke: Das Chaos ist zurück

Kann so kurz nach dem sensationell gelungenen „Rocca verändert die Welt“ aktuell überhaupt ein guter, vielleicht sogar besserer Kinder- und Jugendfilm aus Deutschland kommen? Der thematisch gelegentlich nicht unähnliche ALFONS ZITTERBACKE: DAS CHAOS IST ZURÜCK wäre zumindest ein Kandidat. Ob es letztlich dazu reicht, verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Wenn Alfons (Tilman Döbler) erst einmal erwachsen ist, wird er ESA-Astronaut – so wie sein großes Vorbild Alexander Gerst. Das ist für den Elfjährigen sternenklar. Eifrig bastelt er deshalb mit seinem besten Freund Benni (Leopold Ferdinand Schill) an einer Miniaturrakete für den Fluggeräte-Wettbewerb ihrer Schule. Dabei gerät Alfons jedoch ein ums andere Mal in kleine bis größere Schwierigkeiten – sei es durch Schusseligkeit, Übereifer oder aufgrund von Sabotage durch seinen fiesen Mitschüler Nico (Ron Antony Renzenbrink), einen Konkurrenten um die Gunst des süßen Nachbarmädchens Emilia (Lisa Moell). Der Lehrkörper seines Gymnasiums (Katharina Thalbach, Thorsten Mertens) ist deshalb alles andere als begeistert und will den Jungen disqualifizieren. Schafft Alfons es mit Hilfe seiner Freunde und der liebevollen, mit ihrem quirligen Sohn aber gelegentlich etwas überforderten Eltern (Devid Striesow, Alexandra Maria Lara) dennoch zu gewinnen? Schließlich winkt als Hauptpreis ein Besuch im Raumfahrer-Ausbildungszentrum…
Kritik
Alles beginnt mit einem Traum des hochintelligenten, einfallsreichen, dabei leider etwas tollpatschigen Titelhelden. In dem ist der Elfjährige Mitglied einer Raumfahrtmission, bei der allerdings einiges schief geht. Diese Eröffnungssequenz gibt gleich auf turbulente Weise den Spirit und Stil des restlichen, durchgehend positiven und lustigen Werks vor. „Alfons Zitterbacke: Das Chaos ist zurück“ ist eine Slapstick-Komödie für Kids, die ebenso Erwachsenen Spaß macht, die kein Problem mit ausufernden Wackelpeter-Schlachten, explodierenden Schullaboren oder umstürzenden Waren-Pyramiden in Baumärkten haben.
Das Ganze basiert auf den sowohl zu DDR-Zeiten als auch heute noch speziell in den fünf neuen Bundesländern populären Kinderbüchern von Gerhard Holtz-Baumert. Mit Tilman Döbler („Ballon“) hat diese geschickt in unsere Gegenwart transferierte, streckenweise an „Michel aus Lönneberga“ erinnernde Lausbuben-Geschichte einen unverbrauchten, sympathisch unbekümmert aufspielenden Hauptdarsteller. Dazu kommt ein hochkarätiger Erwachsenen-Cast, welcher von den wie üblich sehr zuverlässig agierenden Alexandra Maria Lara („Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“) und Devid Striesow („Ich bin dann mal weg“) als Mama und Papa Zitterbacke angeführt wird. Unterstützt werden die Beiden ferner von Veteranen wie Katharina Thalbach („Wuff“), Thorsten Merten („Gundermann“) und Wolfgang Stumph („100 Dinge“), die sichtlich Freude an ihren überhöht geschriebenen Figuren haben. Manch Eltern- oder gar Großelternteil dürfte sich zudem über ein Wiedersehen mit Bürger Lars Dietrich freuen. Der immer amüsante Potsdamer war in den 1990ern mit augenzwinkernden, teilweise von Stefan Raab produzierten Hits wie „Mädchenmillionär“, „Was hat man denn vom Leben?“ und „Sexy Eis“ einer der ersten gesamtdeutschen Rap-Stars. Dietrich mimt Alexander Gersts (fiktiven!) russischen Astronautenkollegen Sergej Krumov, der dem kleinen Nachwuchsmann meist im Traum erscheint und ihn mit wertvollen Denkanstößen unterstützt.
Natürlich muss sich „Alfons Zitterbacke“ den Vergleich mit „Rocca verändert die Welt“ gefallen lassen. Nicht nur sind beide nahezu zeitgleich im Kino, sie weisen darüber hinaus eine geistige Verwandtschaft mit Astrid Lindgrens Buch- und Film-Klassiker „Pippi Langstrumpf“ auf. Noch dazu ist das Raumfahrtprogramm der ESA (European Space Agency) jeweils ein wichtiger Teil der Story. Was nicht verwundern dürfte, hat die Europäische Weltraumorganisation doch dank des deutschen Astronauten Alexander Gerst und des gigantischen Medienechos auf sein Kommando über die Internationale Raumstation (ISS) aktuell enorm hohe Popularität – vor allem bei wissenschaftlich interessierten Kids im Unterstufenalter. Gerst spielt sich hier sogar in einigen, bemerkenswert ausführlichen Szenen selbst. Trotzdem kann der Film im direkten Wettbewerb nicht ganz mithalten. Wobei „Rocca verändert die Welt“ schon ein herausragend gelungenes Exemplar des hiesigen Jugend-Sujets ist, das Kinder nicht nur bestens unterhalten, sondern neben dem Mitfiebern und Lachen, zum Nachdenken, vielleicht sogar zum Handeln bringen soll und kann. „Alfons Zitterbacke“ ist hingegen vor allem eines: Ein großer, bunter und witziger Spaß. Was völlig okay ist.

Lehrer Flickendorf (Thorsten Merten), Direktorin Dr. Girzig (Katharina Thalbach), Sportlehrer Greife (Louis Held)
Bei der Drehbuch-Umsetzung gaben sich Regisseur Mark Schlichter („Cowgirl“) und sein Team offensichtlich viel Mühe, den leicht satirischen Charakter der Vorlagen beizubehalten; was größtenteils gelingt. Aber die Anhäufung von Situationen, in denen diverse Figuren (u. a. Alfons‘ Eltern) regelmäßig nicht unbeträchtliche Mengen Alkohol konsumieren, ist für einen Kinderstreifen etwas zweifelhaft. Erfrischend positiv fällt hingegen auf, dass Halle an der Saale endlich einmal nicht als sozialer Brennpunkt beziehungsweise als Brutstätte neo-brauner Dumpfbacken porträtiert wird. „Alfons Zitterbacke“ zeigt die grün bewachsene, lebens- und liebenswerte Seite der einwohnerstärksten Stadt Sachsen-Anhalts. Als Drehort kann diese hier in Sachen Attraktivität durchaus mit den im Jugend-Genre sonst meist verwendeten Hamburg, Berlin und München mithalten. Für das Fortschreiten der Handlung vielleicht nicht immer unbedingt nötig, doch durch die Bank gelungen sind zudem die diversen Cameos. So sind neben Gerst die Zwillinge Rosa und Laila Meinecke („Hanni & Nanni – Mehr als beste Freunde“), der Komiker Olaf Schubert („Schubert In Love“) sowie Tobias „Checker Tobi“ Krell mit kleinen, für Lacher und Schmunzeln sorgenden Gastauftritten zu sehen. Der gerade für (N)Ostalgie-Fans schönste der Momente ist allerdings wohl Alfons‘ Begegnung mit dem einen Würstchenverkäufer gebenden Helmut Rossmann – er verkörperte einst die Titelrolle in der ersten, 1966 von der DEFA realisierten Verfilmung.
Fazit: Spaß wird in diesem turbulenten, mit herzhaften Slapstick-Einlagen und einigen schönen Cameo-Auftritten bestückten Jugendabenteuer ganz groß geschrieben. Mit einer simplen, aber wirkungsvoll umgesetzten Story um Freundschaft, Neugierde, Fantasie und Mut werden Kids sowie im Geiste jung gebliebene Erwachsene hier jede Menge davon haben.
„Alfons Zitterbacke: Das Chaos ist zurück“ ist ab dem 11. April in den deutschen Kinos zu sehen.
Hallo Antje, der halbe Absatz über den Drehort Halle/Saale ist interessant.
Gut das du das erwähnst. Kinderfilme kucke ich eigentlich nicht mehr, aber schön das zu hören.