Das startet am 6. Dezember 2018

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, unserer wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht es um den Starttag des 6. Dezember, an dem mit „Climax“, „Anna und die Apokalypse“ und „Under The Silver Lake“ drei Filme des Fantasy Filmfests einen regulären Kinostart bekommen. Doch auch das Mainstream-Kino hat endlich mal wieder gut Lachen, denn „100 Dinge“ überrascht als charmantes Großstadtmärchen mit zwei toll aufgelegten Hauptdarstellern. Weniger gelungen ist dagegen das „Unknown User“-Sequel „Dark Web“, auch wenn es in Ermangelung an Genrekonkurrenz und vor dem Hintergrund des Vorgängererfolges gute Zahlen schreiben dürfte. „Widows“ krebst derweil irgendwo dazwischen herum: Für einen großen Erfolg fehlt die PR, für einen Geheimtipp dagegen fehlt der letzte Funken Brillanz.
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
CLIMAX | Regie: Gaspar Noé | FR/BEL/USA 2018
Eine aus Männern und Frauen verschiedener Nationen und sexueller Ausrichtungen bestehende Tanzgruppe quartiert sich 1996 für Proben in einem abgelegenen Übungszentrum ein. Hier gibt es neben einer großen Tanzfläche auch noch viele kleine Zimmer und einen langen Gang, der in dieser Nacht Zeuge von etwas Ungeheuerlichem sein wird. Bei der Abschlussparty mischt ein Unbekannter nämlich Drogen in die Sangría und verursacht damit einen kollektiven Höllentrip. Aus Angst werden Paranoia, aus unterschwelliger Aggression wird offene Gewalt, aus Zuneigung unkontrollierte Begierde. Die energetische Choreographie löst sich schnell in Chaos auf, die Tänzer taumeln, stolpern und tanzen weiter in höchster Ekstase bis zum Morgengrauen als die Polizei eintrifft und das ganze Ausmaß entdeckt.
Gaspar Noé ist es mit „Climax“ wieder einmal gelungen, einen Film zu drehen, den es so kein zweites Mal gibt. Sein Tanzpsychodrama ist die pure Raserei, den man erst einmal überstehen muss, um ihn anschließend zu lieben, oder zu hassen. Wir entscheiden uns für Ersteres!
ANNA UND DIE APOKALYPSE | Regie: John McPhail | UK 2017
Anna (Ella Hunt) sehnt ihren Schulabschluss herbei, um endlich die Kleinstadt Little Haven verlassen und die Welt bereisen zu können, während ihr Vater (Mark Benton) andere Pläne für sie hat und ihr bester Freund John (Malcolm Cumming) nicht weiß, wie er ihr seine Liebe gestehen soll. Und als ob dies in der Vorweihnachtszeit nicht schon genug wäre, erheben sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern und überschlurfen die Stadt. Um ihre Familie und Freunde zu retten, muss sich Anna singend, tanzend und kämpfend ihren Weg durch eine rasant wachsende Horde von Untoten bahnen und sich der entscheidenden Frage des Lebens stellen: High School, Zombies oder Weihnachtskonzerte – was ist das größere Übel?
Eine vergnügliche Zombiefilm-Hommage, ein gewitzter sowie packender Weihnachtsfilm, eine schottische High-School-Komödie mit aufrichtig pochendem Herzen und das mit Abstand beste Musical des Filmjahres: „Anna und die Apokalypse“ ist ein außergewöhnliches, mitreißendes Genregemisch voller Ohrwürmer.
UNDER THE SILVER LAKE | Regie: David Robert Mitchell | USA 2018
Hollywood, Los Angeles. Obwohl die Miete für sein Apartment überfällig ist, hegt Sam (Andrew Garfield) keinerlei Ambitionen, einen Job zu finden. Womit er früher einmal Geld verdient hat, weiß er vermutlich selbst nicht einmal mehr so genau. Lieber hängt er auf seinem Balkon herum, liest Comics und beobachtet die knapp bekleideten Nachbarinnen durchs Fernglas. Als ihn die umwerfend schöne Sarah (Riley Keough) eines Abends zu sich einlädt, kann er sein Glück kaum fassen. Doch nach einer gemeinsamen Nacht ist sie am nächsten Morgen spurlos verschwunden. Sam wittert eine globale Verschwörung, die Millionäre, Celebrities, Hundemörder und urbane Mythen involviert und begibt sich auf eine Schnitzeljagd quer durch L.A. Seine Suche nach Sarah mutiert zur rauschhaften Odyssee durch den undurchsichtigen Dschungel der Großstadt.
In „Under The Silver Lake“ begibt sich Andrew Garfield auf die Spuren von David Lynchs „Mullholland Drive“. David Robert Mitchells Schnitzeljagd durch Los Angeles präsentiert sich als Sammelsurium aller möglichen Verschwörungstheorien, die der „It Follows“-Regisseur gar nicht unbedingt hätte auflösen müssen. Sein packend inszeniertes Mysteryabenteuer weiß auch so ziemlich gut zu unterhalten.
100 DINGE | Regie: Florian David Fitz |DE 2018
Toni liebt seine Espressomaschine. Paul liebt sein Handy. Toni kann nicht ohne Haarpillen, Paul nicht ohne seine heiligen Sneakers. Aber vor allem kann Paul nicht ohne Toni und Toni nicht ohne Paul. Aber das wissen sie nicht. Immer geht es darum, wer besser oder cooler ist, und das haben sie nun davon: Jetzt sitzen sie da, ohne Möbel, ohne Kleidung, nackt und verfroren. Und das ist erst Tag eins! 100 Tage, haben sie gewettet, müssen sie auf alles verzichten. Jeden Tag kommt nur ein Gegenstand zurück. Und schon verheddern sie sich in Fragen, die ihnen vorher nie gekommen sind: Was braucht man wirklich? Besitzen wir unsere Dinge oder unsere Dinge uns? Gibt es den freien Willen überhaupt, und wie oft kann man eine Unterhose wenden, bevor sie auf den Sondermüll muss?
Machen wir es kurz: Florian David Fitz‘ Buddykomödie „100 Dinge“ ist die erste gute deutsche Mainstream-Komödie seit vielen Jahren! Und das vor allem, weil Florian David Fitz ganz genau weiß, was für einen Film er da eigentlich gedreht hat.
WIDOWS – TÖDLICHE WITWEN | Regie: Steve McQueen | UK/USA 2017
Im heutigen Chicago und in einer Zeit des Aufruhrs kommt es zu wachsenden Spannungen, als Veronica (Viola Davis), Alice (Elizabeth Debicki), Linda (Michelle Rodriguez) und Belle (Cynthia Erivo) ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Ihre tödlich verunglückten Ehemänner haben ihnen eine Schuld hinterlassen: zwei Millionen Dollar, die sie auftreiben müssen, um genau diese Schuld zu begleichen. Sonst geraten sie in die Fänge der Unterwelt von Chicago, aus der es kein Entkommen gibt. Sie schmieden einen Komplott, um sich eine Zukunft ganz nach ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen zu erschaffen. Dazu gehört auch ein Überfall, bei dem sie sich viel Geld unter den Nagel reißen wollen. Doch dabei haben sie die Rechnung ohne die Menschen gemacht, die so lange nicht warten wollen und den Frauen immer wieder auflauern…
Mit seinem unkonventionellen Thriller „Widows – Tödliche Witwen“ lädt sich Regisseur Steve McQueen eine große Bürde auf. In seinem Film kommen Milieustudie, Heistmovie und Charakterdrama zusammen. Die Serienvorlage brachte dafür sechs Folgen auf. Das merkt man dem Film an, der hier und da oberflächlich bleibt und nicht alle Ambitionen unter einen Hut bekommt.
UNKNOWN USER 2: DARK WEB | Regie: Stephen Susco | FR/USA/BEL/SGP/IND 2018
Als der 20-Jährige Matias (Colin Woodell) einen Laptop in einem Café mitgehen lässt, muss er schnell feststellen, dass etwas mit diesem Gerät nicht stimmt. Denn während eines Skype-Spieleabends mit seinen Freunden entdeckt er versteckte Dateien im Zwischenspeicher und stellt diese wieder her – ein Fehler, den er schon bald bereut. Unwissentlich werden die Freunde in die Tiefen des Darknet gezogen und grausame Videos mit erschreckend realen Aufnahmen tauchen auf ihren Bildschirmen auf. Als sich plötzlich ein anonymer User einhackt, wird der Abend zum reinsten Horror. Die Freunde werden untereinander ausgespielt, all ihre Bewegungen beobachtet und die Spielregeln des Abends ganz neu definiert. Wie weit wird der Hacker gehen, um die Geheimnisse des Darknet zu schützen und seinen Computer zurückzubekommen?
„Unknown User 2: Dark Web“ setzt zwar nicht mehr auf die inszenatorische Monotonie wie der erste Teil, gleichzeitig bleibt das Sequel dem Jumpscare-Party-Charakter des Vorgängers treu und interessiert sich dabei weder für seine Figuren, noch für eine innere Logik. Alles ordnet sich dem schnellen Adrenalinkick unter. Und das ist mit der Zeit ganz schön lame.
ASTRID | Regie: Pernille Fischer Christensen | DK/SWE 2018
Bereits in jungen Jahren widerfährt Astrid Lindgren (Alba August) etwas, das sich für sie gleichermaßen als Schicksalsschlag und Wunder herausstellen und ihr Leben für immer verändern wird: Sie verliebt sich in einen verheirateten Mann ihres Dorfes, wird schwanger und muss das Kind in einer dänischen Großstadt zur Welt bringen, um ihre Familie und den Vater des Kindes nicht in Verruf zu bringen. Dieser Abschnitt in Astrids Leben sollte aus ihr eine der inspirierendsten Frauen unserer Zeit sowie eine der angesehensten Geschichtenerzählerinnen der Welt machen. Dies ist die Geschichte, wie eine junge Astrid, entgegen aller Erwartungen ihres Umfelds und ihrer religiösen Erziehung, beschloss, sich von den Normen unserer Gesellschaft zu lösen und ihrem Herzen zu folgen.
Mit Ausnahme einer erzählerischen Klammer, in der eine gealterte Astrid Lindgren konstruiert wirkende Danksagungen einer Schulklasse liest und hört, erinnert nichts in diesem gefällig inszenierten Drama daran, dass man es hier mit Astrid Lindgren zu tun hat. Die Geschichte der jungen Astrid rührt durchaus, aber als Biopic funktioniert der Film zu keiner Sekunde.
TABALUGA – DER FILM | Regie: Sven Unterwaldt Jr. | DE 2018
Der kleine Drache Tabaluga (Wincent Weiss) lebt mit seinem besten Freund, dem Glückskäfer Bully (Michael Bully Herbig), und seinem Ziehvater, dem Raben Kolk (Rufus Beck), im idyllischen Grünland. Es könnte alles so schön sein, doch Tabaluga will es nicht gelingen, sein Feuer zu entfachen, ohne das er sich nicht als richtiger Drache fühlt. Auf der Suche nach seinem Feuer macht er sich zusammen mit Bully auf den Weg nach Eisland. Dabei lernt er den Eisbären Limbo (Rick Kavanian) und die schöne Eisprinzessin Lilli (Yvonne Catterfeld) kennen. Durch sie entdeckt Tabaluga die Macht der Liebe, die endlich auch sein Feuer zu entzünden vermag. Dank Lilli ist er nun stark genug, sich dem bösen Schneemann Arktos (Heinz Hoenig) zu stellen…
Mit „Tabaluga – Der Film“ gelingt dem kleinen grünen Drachen aus der Feder von Peter Maffay der Sprung auf die große Kinoleinwand, doch abseits der bekannten Songs und einer hübschen Animation hat der Film aufgrund der sehr lieblosen Geschichte kaum was zu bieten.
Heimkinotipp: DESTINATION WEDDING | Regie: Victor Levin | USA 2018
72 Stunden im Paradies wären wunderbar – wenn diese Hochzeit nicht wäre, auf der zwei grundverschiedene Zeitgenossen eingeladen sind. Dort treffen Frank (Keanu Reeves) und Lindsay (Winona Ryder) erstmals aufeinander. Sie haben vieles gemeinsam: Beide hassen die Braut, auch den Bräutigam, die Hochzeit, sich selber und – was bald klar wird – vor allem den jeweils anderen. Das unerbittlich harmonische Unterhaltungsprogramm des mehrtägigen Festes lässt sie immer wieder aufeinanderprallen. Doch unweigerlich steigt mit jedem Streit die gegenseitige Sympathie, die Anziehung zwischen den beiden ist nur schwer zu ignorieren, denn mit ihrer Antipathie haben die beiden wiederum viel gemeinsam. Und so müssen Frank und Lindsay eine Entscheidung treffen: für die aufkeimende Liebe – oder den gesunden Menschenverstand.
In der antiromantischen Komödie „Destination Wedding“ brillieren Winona Ryder und Keanu Reeves als streitsüchtiges Pärchen wider Willen. Die hervorragenden Dialoge und ein herausragendes Gespür für Timing erledigen den Rest – der Geheimtipp des Sommers!