Gänsehaut 2: Gruseliges Halloween

Nach dem selbstironischen „Gänsehaut“-Kinofilm aus dem Jahr 2015 kommt mit GÄNSEHAUT 2: GRUSELIGES HALLOWEEN nun eine Quasi-Fortsetzung auf die große Leinwand. Ob sie mit geringerem Budget ähnlich viel Spaß macht, das verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Sarah Quinn (Madison Iseman) lebt im beschaulichen Wardenclyffe, New York und träumt davon, bald zur angesehenen Columbia University zu gehen – jedoch hat sie keinerlei Eingebung, wie sie ihr Bewerbungsessay zum Thema Angst aufziehen soll.  Ihr jüngerer Bruder Sonny (Jeremy Ray Taylor) wiederum startet gemeinsam mit seinem besten Freund Sam Carter (Caleel Harris) einen Müllentsorgungsdienst. Einer ihrer ersten Aufträge führt die Jungs in ein leerstehendes, verfallenes Haus, wo sie eine Truhe finden, in der sich ein verschlossenes Buch sowie ein Schlüssel befinden. Die zwei Freunde öffnen das Buch – und kurz darauf erscheint eine Bauchrednerpuppe neben ihnen. Wie sich bald zeigt, nennt sich diese Slappy und ist ein magisches, lebendiges Wesen, das seine Fähigkeiten benutzt, um sich einen sehnlichen Wunsch zu erfüllen: Er will endlich eine richtige Familie haben. Ein Wunsch, der übernatürliches, gefährliches Chaos nach sich zieht…

Kritik

2015 brachte Sony Pictures mit „Gänsehaut“ einen Film auf Basis der gleichnamigen Kinder- und Jugend-Schauerromane auf die große Leinwand. Die „Gänsehaut“-Werke von R. L. Stine beeinflussten seit 1992 eine ganze Generation an Gruselfans – und auch zahllose Nicht-Leseratten kamen mit Stines Erfindungen in Berührung, immerhin inspirierten sie eine beliebte Fernsehserie. Der von Rob Letterman („Gullivers Reisen – Da kommt was Großes auf uns zu“) inszenierte Kinofilm verneigte sich mit einem verschmitzten Lächeln vor Stines Schaffen: Der Familienfilm ist gespickt mit Referenzen an populäre „Gänsehaut“-Geschichten und macht sogar Autor R. L. Stine zu einer der zentralen Figuren – verkörpert durch einen bestens aufgelegten Jack Black, der in einem launigen Tonfall auch ironische Seitenhiebe auf das eine oder andere Manko der „Gänsehaut“-Erzählungen verteilt. Begleitet von soliden bis guten Kritiken, krebste sich der Film bei einem Budget von 84 Millionen Dollar zu einem weltweiten Einspielergebnis von 150,2 Millionen Dollar. Eine wirtschaftliche Grauzone: Zu wenig um weiterzumachen, zu viel um aufzuhören. Sony entschied sich in diesem Fall, im Zweifel für den Angeklagten zu stimmen und hielt an den bereits vor dem „Gänsehaut“-Kinostart kommunizierten Sequelplänen fest.

Sarah (Madison Iseman), Sonny (Caleel Harris) und Sam (Jeremy Ray Taylor) sind beste Freunde.

Quasi. Denn „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ lässt den Cliffhanger des Vorgängers hinter sich, genauso wie die menschlichen Hauptfiguren und den Schauplatz. Ein Reboot ist „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ jedoch nicht: Das von Rob Lieber verfasste Drehbuch beinhaltet beiläufige Anspielungen auf den ersten Teil – er ist also Kanon, jedoch für den neuen Film so unwichtig, dass man sich die Fortsetzung vollkommen problemlos ansehen kann, ohne den Vorläufer zu kennen. Wer aber bereits den Kinofilm aus dem Jahr 2015 gesehen hat, wird das eine oder andere Déjà-vu erleben, denn die Fortsetzung ist praktisch ein kleinerer Neuaufguss des ersten Films: In beiden Teilen ist die Bauchrednerpuppe Slappy der große Schurke und in beiden Filmen wird eine ländliche US-Kleinstadt von Monstern heimgesucht, die auf magische Weise erscheinen. Letztes Mal erwachten Figuren aus „Gänsehaut“-Romane zum Leben, dieses Mal Halloween-Deko (inklusive einer guten Handvoll „Gänsehaut“-Merchandise). Originell ist das auf keinen Fall – wobei es nicht so wäre, als hätte R. L. Stine in seinen über 230 „Gänsehaut“-Büchern ein ums andere Mal das Rad neu erfunden. Immerhin scheinen die Filmschaffenden zu wissen, dass sie sich nicht mit Kreativität bekleckern.

Mehrmals weisen kurze, perplexe Ausrufe und Aussagen der in das Gruselchaos gestürzten Figuren darauf hin, wie ausgetreten die Pfade sind, auf denen diese Handlung wandelt. Das setzt den selbstironischen Tonfall des ersten Films konsequent fort und ist dank des beiläufig-flockigen Tonfalls, mit dem Regisseur Ari Sandel („DUFF – Hast du keine, bist du eine“) sein Ensemble diese Bemerkungen machen lässt, sehr charmant: Die Selbstironie wird nicht als Totschlagargument genutzt, sondern halb entschuldigend, halb als Möglichkeit, weitere Schmunzler zu generieren. Generell ist „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ eine Familien-Gruselkomödie, die sich mit dem Adjektiv „charmant“ zutreffend beschreiben lässt. Oder noch besser mit: „Niedlich“. Filmfreunde, die das abwertend finden, wären mit der ambitionslosen 35-Millionen-Dollar-Produktion sowieso falsch bedient. Wer aber (nicht nur) im Oktober Lust auf einen übernatürlichen, mit kinderfreundlichen Schauerelementen arbeitenden Filmspaß hat, der einfach nur für gute Stimmung sorgen will, sollte „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ eine Chance geben. Die Jungdarsteller tummeln sich vergnügt durch die turbulente Handlung und haben durchweg gutes, komödiantisches Timing. Und so wenig ruhigeren Stoff ihnen das Skript auch an die Hand geben mag (zwischenmenschliche Konflikte sind hier entweder von der Intensität einer winzigen Meinungsverschiedenheit oder schnell passé), so gehen die Jungdarsteller die gelegentlichen, charaktergesteuerten Momente unaffektiert an.

Die Jungs entdecken die gruselige Puppe Slappy.

Dadurch bleibt die Gangart des Films konsequent – und das mag seichter sein, ist aber auch kurzweiliger als die forcierte, moralinsaure Dramatik, die solche Familienkomödien wie „The LEGO Ninjago Movie“ in ihren restlichen Pointenreigen zwängen. Von Kameramann Barry Peterson („Game Night“) routiniert-herbstlich gefilmt und von David Rennie & Keith Brachmann mit der Zügigkeit einer „Gänsehaut“-Fernsehfolge geschnitten, bietet „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ darüber hinaus einen soliden Mix aus CG und praktischen Effekten – insbesondere für einen Film, der gerade einmal 35 Millionen Dollar gekostet hat, was in Hollywood bald nur noch Wechselgeld ist. Ein bestens aufgelegter Cameo gibt dem dritten Akt nochmal zusätzliches Tempo und für die Allerkleinsten ist dies zudem ein sympathischer Einsteigerfilm ins Gruselgenre – Slappy ist ein witziger Schurke, der aber auch zu zeigen weiß, wie gefährlich er ist. Wenn Slappy etwa einen Mitschüler Sarahs, der auf einer Leiter steht, bedroht und er mittels seiner Magie die Schrauben der Leiter lockert, inszeniert Sandel dies mit sanfter Suspense: Wohl niemand jenseits der Grundschule wird von dieser Szene Angst bekommen, doch junge, sanfte Gemüter dürfen gerne angespannt sein, wenn sich langsam die Schrauben raus drehen und Slappys Opfer immer wackliger auf der Leiter steht. Nachhaltig geängstigt werden die lieben Kleinen dadurch aber noch immer nicht. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie sich dadurch anfixen lassen…

Fazit: „Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ erzählt nichts Neues und führt nicht einmal den offenen Handlungsstrang des Vorgängers fort. Doch mit einer feinen Prise Selbstironie, familienfreundlichem Gruselchaos und lockerer Situationskomik ist es eine durch und durch niedliche Halloween-Produktion für alle, die sich „richtigen“ Grusel noch nicht zutrauen oder zwischen drei Psychoterrorfilmen und vier blutigen Slashern mal was thematisch passendes, aber locker-fluffiges sehen wollen.

„Gänsehaut – Gruseliges Halloween“ ist ab dem 25. Oktober 2018 in einigen deutschen Kinos zu sehen.

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