Die Pinguine aus Madagascar

Die vier Publikumslieblinge aus den „Madagascar“-Filmen haben es immerhin bereits zu einer eigenen TV-Serie gebracht. Nun drehen die Frackträger das ganz große Ding – auf der Leinwand. Meine Kritik zum höchst amüsanten Animationsfilm DIE PINGUINE AUS MADAGASCAR, der nur in kleinen Ansätzen einige Schwächen aufweist.
Der Plot
Skipper, Kowalski, Rico und Private sind wohl das erste und einzige Team aus Pinguinen, das der wilden Natur der Antarktis abgeschworen und sich stattdessen für ein Leben als Superagenten-Team entschieden hat. In einer geheimen Mission müssen sich die vier watschelnden Freunde, die Oberelite der Elite, mit dem coolen Undercover-Interspezial-Sonderkommando „Nordwind“ verbünden. Angeführt wird dieses von dem gutaussehenden, bärenstarken Agenten Geheimsache (wir könnten seinen Namen zwar verraten, aber dann… du weißt schon…). Gemeinsam versuchen sie den durchtriebenen Bösewicht Dr. Octavius Brine daran zu hindern, die Welt zu zerstören, der, von persönlichen Rachegelüsten getrieben, einen finsteren Plan verfolgt und infolgedessen Jagd auf alles macht, was niedlich ist. Ihre Abenteuer führen sie rund um den Globus – in die Antarktis, nach Venedig, in die Wüste, nach Shanghai, New York und schließlich auch nach…Kentucky. Noch kein Pinguin vor ihnen hat so eine ruhmreiche Abenteuerreise erlebt, sie engagieren sich in geheimsten Geheimdienstoperationen, durchkreuzen die niederträchtigen Pläne eines bösen Wissenschaftlers/Oktopus – und verschlingen Käsesnacks.
Kritik
Anfang des neuen Jahrtausends setzte die kalifornische Trickschmiede DreamWorks Animation mit den ersten beiden Filmen der überaus erfolgreichen „Shrek“-Reihe ein erstes Ausrufezeichen hinter ihre Daseinsberechtigung im enorm umkämpften Animationsfilmsegment. Der auf moderne CGI-Unterhaltung spezialisierte Konzern der beiden Medienmogule Steven Spielberg und Jeffrey Katzenberg konzentrierte sich mit seinen spaßigen 3D-Abenteuern weniger auf die gängigen Moralbotschaften bisheriger Familienfilme der Marke Disney oder Pixar. Stattdessen sollten hier überdeutlich die Kurzweil und das spektakuläre Erlebnis im Vordergrund stehen. Viel Slapstick und Popkulturanspielungen inklusive. Zwar würde man sich später, insbesondere mit den bislang zwei Filmen der „Drachenzähmen leicht gemacht“-Reihe, wieder näher an die Sehgewohnheiten von friedliebenden Familien heranwagen. Bis dato stellten jedoch vorzugsweise Filme wie „Bee Movie – Das Honigkomplott“, „Ab durch die Hecke“ und Co. das Repertoire der aufstrebenden Studios. Mit dem 2005 ins Leben gerufenen Franchise „Madagascar“ traf DreamWorks Animation mehr denn je einen (knallbunten) Nerv: Alle drei Teile spielten weltweit zusammen über eine Milliarde Dollar ein und ein Ende ist nicht abzusehen. Erst recht nicht, weil nun ausgerechnet die von den Fans zum Highlight auserkorenen Pinguine ein Spin-Off spendiert bekommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass beliebte Sidekicks einer erfolgreichen Filmreihe ihren eigenen Leinwandableger erhalten. Bei Timon und Pumbaa aus „Der König der Löwen“ reichte es immerhin für die kultige Direct-to-DVD-Produktion „König der Löwen 3“. Im kommenden Jahr beschert uns Universal Pictures darüber hinaus „Minions – Der Film“, einen Emporkömmling der beliebten „Ich – Einfach und verbesserlich“-Reihe, in welcher die kleinen gelben Wesen ohnehin bislang jedem die Show stahlen. Selbiges galt bis heute auch für Skipper, Kowalski, Private und Rico, die in „Madagascar 1-3“ vornehmlich sporadisch auftauchten und dort allenfalls als Stichwortgeber für wüste Slapstickeinlagen fungierten. In „Die Pinguine aus Madagascar“ erinnert nun einzig und allein der Filmtitel an die Herkunft der vier Frackträger. Die eigentlichen Hauptfiguren der bisherigen Zoogeschichten erscheinen nur noch in einer einzigen Szene als Wandschatten; dann nämlich, wenn nach einem herrlich selbstironischen und nahezu kurzfilmtauglichen Prolog die eigentliche Handlung zeitlich direkt nach dem Ende von „Madagascar 3: Flucht durch Europa“ einsetzt. Von nun an begleitet der Zuschauer die vier Vogel-Freunde bei einer irren Tour einmal rund um den ansehnlich in 3D animierten Erdball und macht dabei Halt an den unterschiedlichsten Ecken der Welt. Die Story selbst, die von den finsteren Racheplänen des bösen Oktopus Dave (im Deutschen von einem blendend aufgelegten Ilja Richter gesprochen) erzählt, gerät da in den allermeisten Fällen fast zur Nebensache.
Das Autorenteam um Brandon Sawyer, der auch für diverse Serienableger von DreamWorks-Filmen verantwortlich zeichnet, gibt ein nahezu schwindelig machendes Tempo vor, das zum konventionellen Erzählen eigentlich gar nicht geeignet ist. So hangelt sich „Die Pinguine aus Madagascar“ von einer Sketchszene zur nächsten, während der Rote Faden immerhin für eine leicht zu verfolgende Chronologie der Ereignisse sorgt. Zusammengehalten wird das schwankende Storykonstrukt durch die immens hohe Gagdichte, die sowohl in der deutschen, als auch in der englischen Synchronfassung diverse Kalauer und Running Gags zu bieten hat. Darüber hinaus verleihen die perfekt gecasteten Sprecher (dazu zählen im Englischen unter anderem Benedict Cumberbatch und John Malkovich, im Deutschen die Fantastischen Vier sowie eine ein hervorragendes Debüt gebende Conchita Wurst) dem Film an notwendigem Charisma, das dafür sorgt, dass sich der Leinwandausflug der Pinguine auch wie ein ebensolcher anfühlt und nicht wie eine überlange Folge der gleichnamigen TV-Serie.
Neben einem hohen Maße an Wortwitz spielen die Regisseure Eric Darnell („Madagascar 1-3“) und Simon J. Smith („Bee Movie – Das Honigkomplott“) sämtliche Möglichkeiten des visuellen Animationshumors aus. Gerade Dave, der sich selbst als obskures Mischwesen aus Kraken und Wissenschaftler präsentiert, sowie seine Gefolgsleute – ein ganzes Rudel an strohdummen, achtarmigen Meerestieren – werden zum experimentellen Spielball der Animatoren, die mit den possierlichen Tierchen allerhand anstellen dürfen. Wenn die Macher schließlich das kuriose Erscheinungsbild der Tiere mit bayerischem Traditionstanz verbinden, werden solche Szenen zu den anarchischen Gagspitzen von „Die Pinguine aus Madagascar“, dessen titelgebende Helden bei so viel Albernheit fast ein wenig in den Hintergrund rücken. Doch an dieser Stelle schalten sich rasch die Fantastischen Vier ein, die dank einer hörenswerten Gruppendynamik immer wieder den Fokus auf ihre Protagonisten richten.
Die Pinguine selbst, sowie sämtliche Mitglieder des Spezialkommandos „Nordwind“, haben für einen Animationsfilm dieses Kalibers das genau richtige Maß an Profil, um sich einerseits klar erkennbar von den anderen abzusetzen. Andererseits bleibt genügend Raum für die Identifikation mit eigenen Stärken und Schwächen. Bei einem auf die ganze Familie als Publikum abzielenden Film kein unerheblicher Erfolgsfaktor. Immerhin sollen so schon die Kleinsten den ganz persönlichen Helden in sich entdecken. Passend hierzu schreitet auch die Story weitestgehend überraschungsarm und vorhersagbar voran. Ausnahmsweise markiert dieser Umstand jedoch nicht zwangsläufig das Todesurteil für den Unterhaltungswert eines Filmes. „Die Pinguine aus Madagascar“ vereint die hohe Humordichte darüber hinaus mit einer herrlichen Kurzweil und hervorragenden Ideen in den Details, was auch darüber hinwegtröstet, dass der Schlussakt ein bisschen zu sehr an das Finale von „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ erinnert.
Fazit: Hier findet jedes Contra sein Pro: Was der Film an Temposchwächen hat, gleicht er durch die hohe Gagdichte wieder aus. Die herausragenden Sprecher greifen ihren teils blass bleibenden Figuren unter die Arme und letzten Endes ist hier – so sehr es auch nach einer Floskel klingen mag – für wirklich jeden Geschmack etwas dabei. Einzig der Titelsong von Pitbull kommt nicht annähernd an die Coolness der schwarz-weißen Geheimagenten heran.
„Die Pinguine aus Madagascar“ ist ab dem 27. November bundesweit in den Kinos zu sehen – auch in 3D!
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