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Das startet am 27. April 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 27. April, der uns die lang erwartete Marvel-Fortsetzung „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ bringt, die dann vermutlich auch an den Kinokassen krachend einschlagen wird. Doch erstmals nach einer Reihe starker Comicverfilmungen kommt mit dieser leider „nur“ ein solider Film um die Ecke. Ein Run auf die Tickets ist dennoch vorprogrammiert. So richtig begeistern können dagegen andere Filme. Allen voran das französische Drama „Die Schlösser aus Sand“ punktet mit Wahrhaftigkeit und grenzenloser Emotionalität. Der Rest wird wohl kaum der Rede wert sein, auch wenn die deutsche Tragikomödie „Happy Burnout“ dank eines einprägsamen Titels und Starbesetzung vielleicht bei all jenen punkten könnte, die ab Donnerstag keine Lust auf Star-Lord, Rocket und Co. haben.

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

DIE SCHLÖSSER AUS SAND  | Regie: Olivier Nahan | FR 2015

Bretagne, Côtes d’Armor, Éléonore ist mit ihrem Ex-Freund Samuel in das Haus ihres Vaters am Meer zurückgekehrt, in dem sie und Samuel viele glückliche Sommer verbracht haben, als sie noch ein Paar waren. Nach dem Tod ihres Vaters muss Éléonore das Haus verkaufen und Samuel hat ihr angeboten ihr zu helfen es für die potentiellen Käufer herzurichten. Eigentlich wissen beide, dass sie noch viel für einander empfinden, aber dazu gemeinsam in schönen Erinnerungen zu schwelgen kommen sie nicht, denn die Immobilienmaklerin Claire führt einen potentiellen Käufer nach dem anderen durch das Haus und eine Nachbarin die das ganze aus der Ferne beobachtet, scheint ihre ganz eigenen Erinnerungen an das Haus und Éléonores Vater zu haben.

Dieses auf den ersten Blick so unscheinbare, französische Meisterwerk erzählt unter Zuhilfenahme wahrhaftiger Charaktere von den herzzerreißenden Stationen einer bitteren Liebe und findet mit der Zeit zu einer Leichtigkeit, die im romantischen Kino immer öfter ihresgleichen sucht.


 GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 2  | Regie: James Gunn | USA 2017

Peter Quill alias Star-Lord (Chris Pratt) und seine Bande exzentrischer Helden, von Baby Groot (Vin Diesel) über Rocket (Bradley Cooper/Fahri Yardim) bis hin zu Gamora (Zoe Saldana) haben gerade den Planeten Xandar und seine Bewohner gerettet und sind dadurch zu Popularität und Ruhm gelangt. Nun fliegen die Guardians als Söldner durchs All, um das Universum zu beschützen. Doch von einem Tag auf den anderen muss das Team darum kämpfen, die neu gefundene Familieneinheit zusammenzuhalten, als sie auf Peters Vater Ego (Kurt Russell) treffen. Aus alten Gegnern werden neue Verbündete und einmal mehr steht das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel. Den Guardians of the Galaxy stehen aufregende Zeiten bevor.

Mit „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ setzt Regiseur James Gunn dort an, wo er beim ersten Teil aufgehört hat und hält sich an das ungeschriebene Sequel-Grundgesetz, alles immer noch eine Spur bombastischer zu gestalten. Das Ergebnis ist ein cooler Fantasy-Actionfilm mit viel Krawumm, lustigen One-Linern aber nur allzu wenigen Charaktermomenten. An den Vorgänger kommt die Fortsetzung nicht heran.


SIEBZEHN | Regie: Monja Art | AT 2017

Die letzten Wochen vor den Sommerferien, irgendwo in Niederösterreich. Die 17-jährige Internatsschülerin Paula (Elisabeth Wabitsch) ist heimlich in ihre Freundin Charlotte (Anaelle Dézsy) verliebt. Doch die ist mit Michael  (Leo Plankensteiner) zusammen. Um sich von ihrem Liebeskummer abzulenken, lässt sich Paula auf ihren Schulfreund Tim (Alexander Wychodil) ein, der selbst echte Gefühle für sie hat. Paula ahnt dabei nicht, wie oft auch Charlotte in Wahrheit an sie denkt. Und plötzlich kommt auch noch Lilli (Alexandra Schmidt) ins Spiel, die sich danach sehnt, begehrt zu werden, und selbst als wilde Verführerin auftritt. Paula muss sich entscheiden, ob sie ihren eigenen Gefühlen folgt oder denen der anderen.

Regisseurin Monja Art gelingt mit „Siebzehn“ ein stark gespielter, authentischer Film über die verirrten Gefühlswelten moderner Teenager. Dabei verliert sie jedoch ab und an den Fokus und lässt Nebenhandlungsstränge so plötzlich auf- und wieder abtauchen, dass man als Zuschauer Mühe hat, das Interesse konsequent aufrecht zu erhalten.


HAPPY BURNOUT | Regie: André Erkau | DE 2017

Alt-Punk Fussel ist Frauenheld, Lebenskünstler und Systemverweigerer aus Überzeugung. Er lässt es lieber ruhig angehen, hat immer einen Spruch parat und wickelt mit seinem jungenhaft-sympathischen Charme die Bekanntschaft vom Supermarkt genauso um den Finger wie Frau Linde, seine Sachbearbeiterin im Arbeitsamt. Sie ist ihm verfallen und unterstützt seine Zurückhaltung bei der Arbeitssuche – bis eine interne Prüfung sie zwingt, aktiv zu werden. Zu einem Job lässt Fussel sich nicht überreden, daher vermittelt sie ihm etwas anderes: ein Arbeitsunfähigkeits-Attest, Diagnose Burnout, samt Therapie in einer stationären Klinik. So findet sich Chaot Fussel plötzlich zwischen echten Burnout-Patienten wieder, den Gestrandeten einer Gesellschaft im Effizienzwahn. Mit seiner unorthodoxen Art mischt er den Klinikalltag gehörig auf. 

„Happy Burnout“ ist eine solide Tragikomödie mit starken Hauptdarstellern und einprägsamen Charaktermomenten. Gäbe es von letzteren mehr, hätte dieser Film jedoch noch viel, viel stärker sein können.


UNFORGETTABLE: TÖDLICHE LIEBE | Regie: Denise Di Novi | USA 2017

Tessa Connover (Katherine Heigl) leidet immer noch darunter, dass ihre Ehe gescheitert ist, als ihr Ex-Mann David (Geoff Stults) sein neues Glück findet und sich mit Julia Banks (Rosario Dawson) verlobt. Damit zieht Julia nicht nur in das Haus, das Tessa und David gemeinsam bewohnt haben, sondern sie mischt sich auch ins Leben ihrer gemeinsamen Tochter Lilly (Isabella Rice) ein. Obwohl es für Julia gar nicht so leicht ist, ihre neue Rolle als Ehefrau und Stiefmutter zu definieren, ist sie dennoch davon überzeugt, den Mann ihrer Träume gefunden zu haben, weil er ihr helfen wird, ihre eigene traumatische Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch Tessas Eifersucht steigert sich bald zur Besessenheit: Sie schreckt vor nichts zurück, um Julias Traum in den ultimativen Albtraum zu verwandeln.

„Unforgettable“ ist inszenatorisch ein generischer Stalkingthriller, der dank einer routiniert-guten Rosario Dawson eine plausible und sympathische Hauptfigur zu bieten hat. Die zuletzt so häufig enttäuschende Katherine Heigl gibt im Ivanka-Trump-Look eine eisig-fiese Performance ab, aber das hastige Finale setzt zu sehr darauf, dass das Publikum das Geschehen nicht zu sehr hinterfragt – somit bleibt der Film Genre-Durchschnittsware.


MAIKÄFER, FLIEG! |  Regie: Mirjam Unger | AT 2016

Wien 1945: Das Ende des Zweiten Weltkrieges, gesehen mit Kinderaugen. Die neunjährige Christl weiß vom Frieden genauso wenig, wie die Kinder heute vom Krieg wissen. Ausgebombt und vollkommen mittellos flüchtet sie mit ihrer Familie in eine noble Villa in Neuwaldegg. Nach der Kapitulation der Nazis quartieren sich Soldaten der Roten Armee im Haus ein. Alle fürchten sich vor den als unberechenbar geltenden Russen. Nur Christl nicht. Für sie ist die allgemeine Anarchie vor allem ein großes Abenteuer und in Cohn, dem russischen Koch, findet sie sogar einen richtigen Freund. Doch das Schicksal schlägt untermüdlich zu…

„Maikäfer, flieg!“ nimmt ganz die Perspektive der kleinen Heldin ein. So muss Krieg gewesen sein, so lapidar im Alltag, so stechend im Bauch, so lustig, weil man an einem Wundertag den Teller ablecken durfte, ohne geschimpft zu werden.


 GIMME DANGER | Regie: Jim Jarmusch | USA 2016

Pünktlich zum siebzigsten Geburtstag: Jim Jarmuschs Musik-Doku über Rock-Ikone Iggy Pop.

Mitten in den 60er Jahren schlugen The Stooges mit ihrem gewaltigen und energischen Stil wie eine Bombe in die Musiklandschaft ein. Mit ihrem Mix aus Rock, Blues, R&B und Free Jazz hat die Band aus Ann Arbor, Michigan das Musikpublikum quasi überfallen und damit den Grundstein für das gelegt, was später gemeinhin als Punk und Alternative Rock bekannt wurde. Jim Jarmuschs „Gimme Danger“ ist die Chronik der Geschichte von The Stooges – eine der größten Geschichten des Rock’n’Roll. Die Dokumentation wirft einen einzigartigen Blick auf die Erfolge und Misserfolge der Band und erzählt von Inspiration, dem harten Weg zu kommerziellem Erfolg und dem musikalischen Vermächtnis einer Band, die nicht nur musikalisch eine der wichtigsten ihrer Zeit war.


Heimkinotipp NOCTURNAL ANIMALS  |  Regie: Tom Ford | USA 2016

Die Kunsthändlerin Susan Morrow führt in Los Angeles ein privilegiertes, aber unerfülltes Leben. Als dieser erneut zu einer seiner zahlreichen Geschäftsreisen aufbricht, erhält sie ein Manuskript mit dem Titel „Nocturnal Animals“, geschrieben von ihrem Ex-Mann Edward Sheffield, mit dem sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. In der beigefügten Notiz fordert Edward sie auf, das Buch zu lesen. Der Roman ist Susan gewidmet, doch sein Inhalt ist brutal und niederschmetternd. Tief bewegt von Edwards Worten erinnert sich Susan an die intimsten Momente ihrer eigenen Liebesbeziehung zu ihm. Der Roman zwingt sie dazu, ihre selbst getroffenen Lebensentscheidungen in einem ganz neuen Licht zu sehen. Je weiter die Erzählung in „Nocturnal Animals“ auf eine Abrechnung zuläuft, desto dramatischere Auswirkungen hat sie… 

In „Nocturnal Animals“ steckt ein fieser Rachethriller alter Schule, doch Tom Ford verwässert ihn zusehends, indem er eine Erzählebene nach der anderen um ihn herum baut und am Ende ein verkopftes Psychospiel inszeniert, für das sich nach so viel berechnender Irreführung kaum noch Jemand interessiert.