Trouble

Streitkomödien erfreuen sich seit einigen Jahren immer größerer Beliebtheit und wer auch nur halbwegs die Dynamik innerhalb eines solchen Films verinnerlicht hat, kann hier erst einmal nur bedingt etwas falsch machen. Doch Regisseurin Theresa Rebeck beweist mit TROUBLE, dass es sehrwohl geht. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Sie sind schon jenseits der 60, und doch benehmen sie sich wie Kindergartenkinder: Die Geschwister Maggie (Anjelica Huston) und Ben (Bill Pullman) befinden sich in einer ständigen, hitzigen Fehde miteinander, die eines Morgens eine neue Höhe erreicht: Mit einem kleinen Bagger gräbt er ungefragt Maggies Anwesen um, was die Einzelgängerin auf die Palme bringt. Als sie die Polizei einschaltet, lässt sich Ben von ihr jedoch nicht einschüchtern, denn er ist felsenfest davon überzeugt, ein Anrecht auf das Gelände zu haben. Kurzerhand greift Maggie zu härteren Mitteln, um ihren Bruder zu verjagen. Doch so sorgt sie nur für noch mehr Trubel …

Kritik

Es gibt Filme, deren Genre so offensichtlich ist, dass es keiner Erklärung bedarf. „Stirb langsam“ ist selbstredend ein Actionfilm, „12 Uhr mittags“ ist natürlich ein Western und wohl niemand würde „Der Exorzist“ seinen Status als Horrorfilm aberkennen wollen. Andere Filme sind schwerer einzuordnen, da sie in mehrere Schubladen passen. Ist „The Sixth Sense“ ein Horrorfilm oder ein übernatürliches Drama? Und ist „Inception“ eher Science-Fiction, ein Thriller oder ein Heist Movie? Wieder andere Filme zeigen die Grenzen des Genredenkens auf, nicht etwa, indem sie zu komplex oder variantenreich sind für übliche Schubladen, sondern indem sie die Wirkung ihres Genres missen lassen. „Slender Man“ etwa sieht aus wie ein Horrorfilm, klingt wie ein Horrorfilm, ist jedoch derart lasch und frei von Schrecken, dass diese Genrebezeichnung an reines Wunschdenken der Filmschaffenden grenzt. Ähnlich verhält es sich mit Theresa Rebecks „Trouble“: Zwar verfolgt der Film den Duktus einer Komödie und darüber hinaus mutet die aufgekratzte Figurenzeichnung dieses Kleinstadt-Geschwisterzanks so an, als würde man sich einen Trittbrettfahrerstreifen anschauen, der bei den Coen-Brüdern abschaut. Jedoch zünden derart wenige Pointen, dass das korrekte Etikett für diesen Film „Schlaftablette“ lauten müsste. Unter anderem bremst die Erzählweis den Spaßfaktor in „Trouble“ – und dieses Problem äußert sich bereits in den allerersten Filmminuten:

Rachel (Julia Stiles) sucht das Gespräch mit Ben (Bill Pullman).

Wir sehen Maggie zu Beginn dieser von Esprit befreiten Komödie wütend auf einen Mann im Bagger zustürmen, den sie beschimpft. Dann geht sie zur Polizei, erklärt, dass der Kerl„für ein Arschloch ganz gut aussieht“, dann spricht der Polizist entspannt mit dem Störenfried und erst dann erfahren wir, dass es sich bei ihm um Maggies Bruder Ben handelt. So sorgt Rebeck nicht etwa für Lacher, die aus einer skurrilen Situation entwachsen, sondern dafür, dass wir mit Fragezeichen über unserem Kopf im Kino sitzen und uns fragen, ob wir etwas versäumt zu haben. Dabei bleibt es aber nicht. Solche verheddert aufgezogenen Augenblicke häufen sich in „Trouble“ und ersticken mehrmals potentielle Pointen im Keim. Eines der wichtigsten Elemente in der Comedy ist nicht umsonst die Überraschung, doch dadurch, dass Theresa Rebeck Pointe und Hinleitung wirr verstrickt, verpufft dieser Kunstgriff völlig. In einer gewieften Dekonstruktion des Komödiengenres kann dies seinen eigenen Witz haben, aber für solche Ambitionen ist „Trouble“ viel zu simpel. Und wenn ungefähr zur Hälfte des Films eine dramatische Enthüllung über Maggies und Bens Familie erfolgt, zündet diese ebenso wenig, da sie genauso beiläufig-verworrenen vermittelt wird wie die anfängliche Klärung der Figurenkonstellation. Auch die Charakterzeichnung ist unklar: Alle handlungstragenden Figuren sind in ihrem Handeln so schwach definiert, dass sie einen partout nicht überraschen können, da sie überhaupt keine Erwartungen wecken, die sich brechen ließen.

Das liegt zum einen Teil am schlaftrunkenen Spiel der meisten Ensemblemitglieder, die mit starrem Gesicht ihre Textzeilen runter murmeln oder (im Falle Bill Pullmanns) auch mal mit steinerner Miene raus brüllen. Zudem lassen sowohl das Spiel als auch die Schnittarbeit immer wieder „tote Momente“ entstehen, Augenblicke, in denen sich die Figuren mitten im Gespräch anschweigen, so, als würde Rebeck Pausen lassen, damit im Kinosaal das tosende Gelächter abklingen kann, ehe es im Text weiter geht. Doch das konfuse Drehbuch, das Haken von Steuerschulden und Abholzungsrechten hin zu Mordgedanken und zurück zu kindischen Raufereien schlägt, trägt ebenso einen massiven Teil zum lähmenden Bild ein, das Rebeck von ihrer Provinzclique zeichnet. Wenn also weder die Erzählweise gewitzt ist, noch fähig eine Fallhöhe konstruiert wird, die Theresa Rebeck zu unterwandern wüsste – worüber dann sollen wir in „Trouble“ schmunzeln, geschweige denn lachen? Slapstick ist es jedenfalls nicht, denn wann immer Bill Pullman („The Equalizer 2“) über die Leinwand stolpert und holpert, zwängt Rebeck das in so spröde Bilder, dass jegliches Timing dieser körperlichen Komik verloren geht. Rebeck versucht es darüber hinaus gelegentlich mit Absurdität – so greift Maggie schon sehr früh im Zwist mit ihrem Bruder auf Waffengewalt zurück, was allerdings ebenfalls aufgrund der behäbigen Inszenierung nicht einmal halb so spritzig ist, wie es sein müsste.

Maggie (Anjelica Houston) weiß weder ein noch aus.

Was hingegen funktioniert, ist das, was darauf folgt: Der grundgemütliche Dorfpolizist Logan (Brian d’Arcy James, „Aufbruch zum Mond“) verhaftet Maggie, schlurft aber schon kurz danach zu ihrer Zelle und fragt sie im Waschlappen-Tonfall, ob sie noch einmal auf jemanden schießen wird. Das entlockt Maggie ein bulliges „Wieso sollte ich?“, das Angelica Houston so knochentrocken von sich gibt, dass es der überwältigen Ödnis dieses Films zum Trotz zündet. Auch eine weitere, kleine Handvoll solcher spröden Kommentare schafft es, „Trouble“ aufzulockern – bezeichnend, dass diese Sprüche aber nur von tertiären Figuren stammen. Ansonsten ist es Julia Stiles, die in ihren gerade einmal drei Szenen diesem Rohrkrepierer von einer Komödie Leben einhaucht: Die „Jason Bourne“-Nebendarstellerin lässt den restlichen Cast alt aussehen und spielt mit voller Inbrunst die gutherzige Liebelei des tumben und aggressiven Curt (Jim Parrack, „Suicide Squad“). Aufgrund ihres Freundes, der gemeinsame Sache mit Maggies Bruder Ben macht, soll sie ihren Job beim Landverwaltungsamt ausnutzen und Maggie über’s Ohr hauen, jedoch ist sie eine denkbar schlechte Lügnerin, was Stiles herausragend zur Schau stellt: Ihre Nase pulsiert, ihre Augenlider zittern und ihre Mundwinkel zucken, während sie windend versucht, noch immer souverän zu wirken. In anderen Szenen hadert sie auf ähnliche Weise mit ihrer Sympathie für Logan, die sie sich nicht anmerken lassen will, obwohl sie ihr überdeutlich ins Gesicht geschrieben steht. Das macht ihre Rolle zur einzigen sympathischen Figur im ganzen Film – und darüber hinaus heißt es an dieser Stelle: Ein Gesicht, das sich bewegt, statt wie eingefroren den immer gleichen Ausdruck von sich zu geben? Jubel, Trubel, Heiterkeit! Das gibt’s in „Trouble“ sonst nur für einen winzigen Moment, wenn Maggie einmal kurz mit Tränen im Gesicht ihr Handeln überdenkt, und im massiv vorhersehbaren Finale.

Fazit: Ein steif gefilmter, verkrampft geskripteter Rohrkrepierer von einer Komödie: „Trouble“ ist trotz Starpower einer der schlechtesten Filme des Jahres.

„Trouble“ ist ab dem 20. Dezember 2018 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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