Girls Trip

In den USA hat sich die starbesetzte Partykomödie GIRLS TRIP respektabel geschlagen. Doch beim Versuch, auch ernste Thematiken im Film unterzubringen, bricht sich die Comedy fast das Genick. Und der Mädelsclique glaubt man ihre enge Freundschaft auch nicht so recht. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Zwischen beruflichen Ambitionen, Familienplanung und Beziehungskrisen haben sich die vier besten Freundinnen Ryan (Regina Hall), Sasha (Queen Latifah), Lisa (Jada Pinkett Smith) und Dina (Tiffany Haddish) einfach aus den Augen verloren. Fünf lange Jahre ist es her, dass die Mädels das letzte Mal zusammen feiern waren – viel zu lang für die Partyqueens, die sie eigentlich sind. Ein längst überfälliger Girls Trip zum Essence Festival in New Orleans soll die „Flossy Posse“ nach Jahren endlich wiedervereinen.
Kritik
Als Resultat eines jahrzehntelangen Kampfes gegen den Rassismus laufen in den USA derzeit so viele Filme von und mit afroamerikanischen Regisseuren und Schauspielern an, wie noch nie. Anfang dieses Jahres gewann mit „Moonlight“ die Geschichte über einen homosexuellen Schwarzen den Oscar in der Königskategorie „Bester Film“, für die unter Anderem auch Theodore Melfis „Hidden Figures“ und Denzel Washingtons „Fences“ nominiert waren. Auch in diversen anderen Kategorien gleicht sich der Anteil schwarzer und weißer Darsteller langsam an; sicher mit eine Entwicklung der ausgiebigen, unter Anderem von Jada Pinkett Smith‘ unterstützten Aufschrei-Kampagne „Oscars so White“. Doch selbst abseits prestigeträchtiger Award-Anwärter erlebt das „Black Cinema“ eine Renaissance, die mit dazu führt, dass afroamerikanische Schauspielerinnen und Schauspieler nicht mehr bloß als Kriminelle oder Sidekicks der weißen Hauptdarsteller besetzt werden: Komödien wie „Ride Along“, „Denk wir ein Mann“, „About Last Night“ und die „Barbershop“-Reihe besitzen einen fast ausschließlich afroamerikanischen Cast und funktionieren zumindest an den US-amerikanischen Kinokassen ziemlich ordentlich. In diese Aufzählung reiht sich nun Malcolm D. Lees („Scary Movie 5“) überdeutlich an Vorbilder wie „Brautalarm“ und „Girl’s Night Out“ angelehnte Mädelssause „Girls Trip“ ein, die allerdings nie die schwungvolle Absurdität des ersten Beispiels erreicht und sich stattdessen eher wie ein lahmer Aufguss des zweiten anfühlt.
Eine Handvoll altbekannter Freunde trifft sich nach langer Auszeit wieder, um noch einmal die guten alten Zeiten aufleben zu lassen – das ist zugegebenermaßen nicht die kreativste aller Prämissen (uns würden nach „Kindsköpfe“, „Hangover“ und „Hot Tub Time Machine“ noch ein gutes Dutzend weiterer Vertreter dieser Sparte einfallen), doch wie das gerade bei Komödien oft so ist, steht und fällt in diesem Genre ohnehin das Meiste mit der Chemie unter den Darstellern. Dass diese im Falle von „Girls Trip“ gar nicht mal so überzeugend gerät, lässt die mit 122 Minuten äußerst üppig ausfallende Komödie direkt ein paar Sympathiepunkte einbüßen, denn Ryan, Sasha, Lisa und Dina bleiben im Rahmen ihrer sich lediglich auf ein bis zwei Charaktermerkmale beschränkenden Klischeefiguren nicht bloß über weite Strecken eindimensional, mit Ausnahme des seichten Schlussakts ist zwischen den Darstellerinnen auch eine emotionale Distanz spürbar. Dass sich zwischen den namhaften Darstellerinnen Regina Hall („Scary Movie 4“), Queen Latifa („Himmelskind“), Jada Pinkett Smith („Bad Moms“) und Tiffany Haddish („Keanu“) keine freundschaftliche Nähe aufbaut, liegt allerdings nicht an den Schauspielerinnen, sondern vornehmlich am Skript (Kenya Barns und Tracy Oliver, „Barbershop: The Next Cut“): Werden die persönlichen und familiären Hintergründe zu den einzelnen Frauen nur angerissen, hangeln sich die Autoren lieber von einem halbgaren Gag zum nächsten. Diese dürfen dann auch durchaus schlüpfriger sein und gehen schon mal weit unter die Gürtellinie, etwa wenn die überdrehte Dina ihren Mädels neueste Fellatio-Techniken präsentiert oder eine ihrer Freundinnen von einer Art Seilbahn aus über die feierwütige Meute in New Orleans pinkelt.
Gerade bei derberen Comedys sind derartige Zoten oftmals Geschmackssache. Leider versucht sich „Girls Trip“ abseits dieses Klamauks daran, im Finale auf Biegen und Brechen Emotionen freizusetzen, wenn durch einen ungeahnten Zwischenfall plötzlich die Loyalität der Mädels untereinander infrage gestellt wird. Die erzählerische Idee dahinter ist überzeugend, doch ohne persönlichen Background entsteht keine Fallhöhe. Plötzlich soll sich der Zuschauer für die vorab so oberflächlich gezeichneten, permanent hysterisch kreischenden Partygirls interessieren – doch so sehr die Macher mithilfe einer schmalzigen Dankesrede auch versuchen, den Zusammenhalt der Mädels zu betonen, am Ende kommt „Girls Trip“ nicht über den Unterhaltungswert einer lauwarmen Partycomedy hinaus. Auf dieser Ebene hat der Film dann allerdings zwei Dinge, mit denen er auftrumpfen kann: Da ist zum Einen das flirrende Setting der Jazz-Metropole New Orleans, das mit seiner ausgelassenen Stimmung, der feurigen Musik und den knalligen Farben dazu einlädt, sofort mitfeiern zu wollen. Zum Anderen ist „Girls Trip“ ein regelrechtes Schaulaufen bekannter Rap- und R’n‘B-Künstler; so geben sich unter Anderem Rapper Sean Cumbs, ehemals „Puff Daddy“, Soulqueen Mariah Carey und Estelle die Ehre größerer und kleinerer Gastauftritte.
In den USA kam „Girls Trip“ nicht nur bei den Kinobesuchern gut an (mit einem Einspiel von 115 Millionen Dollar bei Produktionskosten von gerade einmal 19 ist der Film nicht bloß ein absoluter Kassenschlager, sondern auch erfolgreicher als etwa „Fifty Shades of Grey: Gefährliche Liebe“), auch die Kritiker konnten dem derben Spaß etwas abgewinnen: Auf den Plattformen Metacritic und Rotten Tomatoes verbucht die Komödie aktuell Werte von jeweils 71 und sogar 89 Prozent. Im Anbetracht der eher schalen Besprechungen von etwa „Girl’s Night Out“ ist diese Diskrepanz doch arg verwunderlich, denn auch, wenn ebenjenes Beispiel sich keinerlei Mühe gab, auch nur einen Hauch von Anspruch innerhalb der Handlung unterzubringen, lief er doch gleichermaßen nicht Gefahr, sich an einem überambitioniert-sentimentalen Subplot festzuhalten. Genauso geschieht es nun bei „Girls Trip“, der viel besser funktionieren würde, hätten die Macher sich auf die Stärken ihrer Story konzentriert. Manchmal ist ein Zuviel an Handlung eben doch nicht die beste Idee für das Endergebnis. Inszenatorisch ist die Produktion indes Durchschnitt. Sämtliche technischen Aspekte entsprechen dem, was man von einer Hollywood-Comedy erwarten darf. Auch wenn sich dieser Vertreter hier in einer Sache deutlich von anderen unterscheidet: Den Trend dazu, die Hauptfiguren nicht mehr bloß nach einem möglichst spektakulärem Aussehen zu casten, setzt Malcolm D. Lee – wie schon in seinen bisherigen Projekten – konsequent fort.
Fazit: „Girls Trip“ ist eine Partycomedy von der Stange, in der sich die vier Hauptdarstellerinnen alle Mühe geben, gegen die oberflächliche Geschichte anzuspielen, doch die Freundschaft der Mädels bleibt nur Behauptung. Dafür überzeugen das Setting sowie ein gutes Dutzend Cameoauftritte namhafter Musiker.
„Girls Trip“ ist ab dem 30. November in den deutschen Kinos zu sehen.