Trumbo

Drehbuchautoren stehen im Schatten von Schauspielern und Regisseuren. Regisseur Jay Roach zollt diesem Beruf mit seinem Biopic TRUMBO nun seinen Tribut und wirft einen zeitgeschichtlichen Blick auf die gehässige Seite Hollywoods. Mehr dazu in meiner Kritik.Trumbo

Der Plot

In den Vierzigerjahren läuft es grandios für Dalton Trumbo (Bryan Cranston): Er ist einer der bestbezahlten Drehbuchautoren Hollywoods. „Fräulein Kitty“, „Dreißig Sekunden über Tokio“ und „Frühling des Lebens“ sind nur ein paar seiner Drehbücher, die in den Händen der Hollywood-Studios zu großen Blockbustern werden. Es ist keine Frage, dass er einen Oscar® bekommen wird, die Frage ist nur: wann? Doch mit dem Kalten Krieg und dem Aufstieg des Kommunistenhassers Senator McCarthy endet Trumbos Triumphzug. Die Kolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) macht Stimmung gegen die hoch bezahlten Verräter Hollywoods, und die Filmstars John Wayne und Ronald Reagan helfen bei der Hexenjagd. Als sich Trumbo weigert, vor dem berüchtigten Komitee für unamerikanische Umtriebe auszusagen, landet er auf der schwarzen Liste und verliert seinen Studiovertrag mit MGM. Doch Trumbo wäre nicht Trumbo, würde er sich unterkriegen lassen. Unter Pseudonymen schreibt er weiter. Dabei entstehen seine besten Bücher. Als 1953 sein Alibi-Autor für „Ein Herz und eine Krone“ mit dem Oscar® ausgezeichnet wird, schöpft Trumbo neue Hoffnung und kämpft unablässig um seine Rehabilitation. Dann präsentiert ihm Kirk Douglas seine Idee zu „Spartacus“… und die Zeit scheint reif für den Gegenangriff.

Kritik

Ohne die Drehbuchautoren würden all die Filme, die uns durch unser Leben begleiten, nicht existieren. Doch im Gegensatz zu den Schauspielern sowie in einem besonderen Fall der Popularität vielleicht auch einzelnen Regisseuren wird den Schriftstellern nur ein Bruchteil der Aufmerksamkeit zuteil. Und das, obwohl die schreibende Zunft für den Hauptbestandteil eines Films zuständig ist: den Inhalt und damit einhergehend die Kreativität und die Geschichte an sich. Ein lautstarkes Statement für den Berufszweig des Drehbuchautoren setzt dieser Tage Jay Roach mit seinem tragikomischen Biopic „Trumbo“, der sich nach der Wahlkampfposse „Die Qual der Wahl“ ein weiteres Mal an der Verbindung einer ernsten Thematik mit komischen Elementen versucht. Auf diese Weise erzählt er vom ambivalenten Schicksal des weltberühmten Schreibers Dalton Trumbo, der vor über einem halben Jahrhundert zu den angesehensten seiner Zunft gehörte. Doch das weltpolitische Geschehen forderte den Tribut des bekennenden Kommunisten, sodass die Karriere Trumbos viele Haken schlagen musste, um so in die Geschichte einzugehen, wie sie es schlussendlich tat. Doch Roach drückt nicht auf die Tränendrüse. Stattdessen wirkt „Trumbo“ wie ein Frühwerk der Coens, die lange vor ihrer diesjährigen Hollywood-Demaskierung „Hail, Caesar!“ erst einmal einen realistischen Blick auf die Traumfabrik werfen wollten. Vor allem auf deren Außenseiter.

Trumbo

Drehbuchautor John McNamara („Aquarius“) hätte es sich einfach machen und seinen Protagonisten als bemitleidenswertes Opfer des Systems zeichnen können. Doch ein Film über Autoren sollte schließlich auch selbst mit einem guten Skript ausgestattet sein. Daher wählt McNamara ebenjene unbequeme Variante aus dem gleichnamigen Roman von Bruce Cook und macht aus Dalton Trumbo einen zwiespältigen, anstrengenden, aber immer auch ehrlichen Charakter. Es fällt mitunter nicht leicht, die Handlungen, Taten und Gedanken des exzentrischen Workaholics gutzuheißen. Wenn etwa seine Tochter ihn bei der Arbeit stört, weil sie mit ihm gemeinsam ein Stück ihres Geburtstagskuchens essen will, steht die harsche Abfuhr des Vaters stellvertretend für dessen Ehrgeiz, aber auch für die verschobenen Prioritäten, die sich im Laufe seiner Karriere ergeben haben. An erster Stelle steht die Arbeit – und das bekommen Außenstehende manchmal deutlicher zu spüren, als es ihnen lieb ist. Die Kunst in „Trumbo“ ist es da, Dalton Trumbo trotzdem nie zu einem unbelehrbaren Griesgram zu machen. Das gelingt. Zwischen den Zeilen offenbart sich vielerorts, wie engagiert und liebevoll der Familienvater gern wäre, hätte sein Tag doch nur 48 anstatt 24 Stunden, die es ihm ermöglichen würde, das Engagement seiner Schreiberei auch auf den Umgang mit der Familie zu übertragen.

Neben dem emotionalen Zwiespalt zwischen Karriere und Familie thematisiert „Trumbo“ vor allem die politischen Konflikte, die sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auch auf die Traumfabrik Hollywood übertrugen. Nahmen sich Coen-Brüder mit „Hail, Caesar!“ in diesem Jahr bereits einer ähnlichen Thematik an, um die Absurditäten des Themas in Form einer exzentrisch-überstilisierten Nachdichtung zum Ausdruck zu bringen, hält sich Jay Roach in „Trumbo“ zurück, wenngleich auch er nicht das klassische Drama als Erzählform, sondern eine inszenatorische Leichtigkeit wählt, die den Film kurzweilig und mitreißend gestaltet. So gibt es zwar Längen; insbesondere die Übergangsphase von einem sehr intensiv geschriebenen Gefängnisaufenthalt bis hin zum neu gewonnenen Ehrgeiz Dalton Trumbos hätte einige Kürzungen vertragen können. Auch die immerwährenden Diskussionen des Autors mit Kollegen scheinen sich nach einer Weile zu wiederholen. Trotzdem weiß John McNamara sein Skript äußerst abwechslungsreich zu gestalten, indem er viele Themen anreißt, die den Fokus hier und da von Dalton Trumbo wegrücken, nur um seinen Werdegang in den politischen Gesamtkontext der damaligen Zeit rücken. Und McNamara geht noch weiter: Mithilfe von Trumbos Tochter sowie der Figur der Kolumnisten Hedda Hopper bringt der Film die Thematik auch all jenen Zuschauern näher, die mit dem Thema Kommunismus bisher nur wenig bis gar nicht in Berührung kamen.

Helen Mirren

„Breaking Bad“-Star Bryan Cranston wurde für seine Darbietung in „Trumbo“ für einen Oscar nominiert. Es gelingt ihm, die Ambivalenz seines Charakters ebenso einzufangen, wie es das Skript bereits fortwährend unterstreicht. Um Trumbo auch in seinen schwierigen Phasen nach wie vor zu einem sympathischen Charakter zu machen, braucht es viel Fingerspitzengefühl. Ähnlich ist es bei Helen Mirrens Performance von Hedda Hopper. Diese bringt den Stein des Anstoßes erst ins Rollen. Trotzdem macht Mirren („Die Frau in Gold“) ihre Figur nie zu einem Bösewicht. Ihre exzentrische Darbietung ist von einer Naivität durchzogen, die Hopper fast noch mehr als Trumbo zu einem vielschichtigen Charakter macht. Und dass Mirren Spaß an ihrer Rolle hat, ist der Grande Dame in jeder Sekunde anzusehen. Mit Ausnahme von John Goodman („The Gambler“) als polternder Studioboss spielen die namhaften Nebendarsteller alle Randfiguren, die in ihrer Position funktionieren, allerdings keine eigenen Akzente setzen können. So ist „Trumbo“ ein emotionaler Streifzug durch eineinhalb Jahrzehnte Hollywoodgeschichte, die Jay Roach unterhaltsam aufzubereiten weiß.

Fazit: Solche Geschichten kann nur das Leben schreiben: Die Oscar-nominierte Tragikomödie „Trumbo“ reißt viele Themen an und verzettelt sich dabei nur minimal. Bryan Cranston glänzt als kauziger Schriftsteller und Helen Mirren liebt ihre Rolle der gehässigen Journalistin. Trotz Längen im Mittelteil empfiehlt sich dieser Film all jenen, die sich auch mit der gehässigen Seite Hollywoods einmal auseinandersetzen wollen. Ein echter Geheimtipp!

„Trumbo“ ist ab dem 10. März in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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