Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse

Unter denkbar unglücklichen Vorzeichen startend, stellt PHANTASTISCHE TIERWESEN: DUMBLEDORES GEHEIMNISSE ausgerechnet den besten der bisher drei Teile des „Harry Potter“-Spin-Offs rund um Newt Scamander dar. Und auch diesmal ist dieser der am wenigsten interessante Aspekt der Geschichte. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Professor Albus Dumbledore (Jude Law) weiß, dass der mächtige dunkle Zauberer Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen) die Kontrolle über die magische Welt an sich reißen will. Da er ihn allein nicht aufhalten kann, schickt er den Magizoologen Newt Scamander (Eddie Redmayne) und eine unerschrockene Truppe aus Zauberern, Hexen und einem mutigen Muggel-Bäcker auf eine gefährliche Mission, bei der sie auf alte und neue fantastische Tierwesen treffen – und mit Grindelwalds wachsender Anhängerschaft aneinandergeraten. Doch wie lange kann sich Dumbledore im Hintergrund halten, wenn so viel auf dem Spiel steht?
Kritik
Wenngleich in den vergangenen Monaten so manch ein filmisches Großprojekt mit Produktionsschwierigkeiten – häufig infolge der Corona-Pandemie – zu kämpfen hatte, startete wohl kaum ein Big-Budget-Streifen unter solch düsteren Vorzeichen wie der dritte Teil der „Harry Potter“-Spin-Off-Reihe „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“. Allen voran zwei Personalien machten den Macherinnen und Machern, vor allem aber dem Filmstudio Warner Bros., im Vorfeld des „Dumbledores Geheimnisse“-Starts das Leben schwer. Da wäre zunächst einmal die „Causa Johnny Depp“. Schon seine Verpflichtung als Superschurke Gellert Grindelwald für den Vorgänger „Grindelwalds Verbrechen“ wurde aufgrund seines umstrittenen Rosenkrieges mit Schauspielkollegin Amber Heard von vielen kritisch beäugt. Für Teil drei nun wurde seine Rolle mit Mads Mikkelsen („Der Rausch“) neu besetzt. Dass auf diese Entscheidung allerdings eine noch deutlich heftigere Kontroverse folgen sollte, kristallisierte sich erst in den vergangenen Wochen und Monaten aus dem Grundrauschen der sozialen Netzwerke heraus, als „Harry Potter“-Autorin sowie „Tierwesen“-(Drehbuch-)Schreiberin und -Produzentin J.K. Rowling einmal mehr ihre transphoben Ansichten zum Besten gab. In der Autor:innenszene gilt Rowling ohnehin schon lange als „Persona non Grata“. Nach ihren erneuten Entgleisungen wurde aber mit zunehmender Reichweite nicht bloß von dieser zum Boykott des kürzlich erschienenen „Harry Potter“-Videogames sowie von „Dumbledores Geheimnisse“ aufgerufen. Dazu passt es irgendwie, dass die Boxoffice-Prognosen für den neuen „Tierwesen“-Film so finster ausfallen wie nie zuvor – und die ursprünglich mal auf fünf Teile aufgeteilte Filmreihe plötzlich auf der Kippe zu stehen scheint.

Regisseur David Yates erweckt die magische Welt rund um Harry Potter erneut zum Leben – nur eben ohne Harry Potter.
Nachdem maximal durchschnittlich aufgenommenen Vorgänger „Grindelwalds Verbrechen“, der sich vor allem wie ein Bindeglied innerhalb einer längeren Geschichte, aber längst nicht wie ein eigenständiger Film anfühlte, gibt sich der „Harry Potter“-erprobte Regisseur David Yates (inszenierte seit „Der Orden des Phoenix“ jeden Film aus dem Hogwarts-Universum) diesmal besonders viel Mühe, die unzähligen offenen Handlungsfäden zusammenzuführen, um sie anschließend energetisch über die Leinwand ziehen zu lassen. Erneut erzählt das von J.K. Rowling und Steve Kloves („The Amazing Spider-Man“) verfasste Skript „von allem ein bisschen“. Mal gibt es ein wenig was aus der Welt des Magizoologen Newt Scamander zu sehen (allein der Auftakt, in der eine ganze Reihe seiner Fantastic Beasts zum Einsatz kommen, macht der fiktiven Naturlehrbuchgrundlage alle Ehre). Dann wiederum zeigt der Film Fragmente aus den Leben diverser anderer Nebenfiguren; darunter Newts Freund und Muggel Jacob Kowalski (Dan Fogler), der titelgebende Albus Dumbledore und nicht zuletzt Gellert Grindelwald und seine Gefolgsleute. Dass dem Namen nach ja eigentlich der spätere Hogwarts-Schulleiter Albus Dumbledore im Mittelpunkt der Geschehnisse stehen sollte, es aber letztlich doch wieder vornehmlich um Grindelwalds Verbrechen geht, zeigt aber in erster Linie vor allem die Austauschbarkeit von Filmtiteln auf und lässt nur bedingt auf die inhaltlichen Qualitäten der einzelnen Filme schließen.
„Der Auftakt, in der eine ganze Reihe der Fantastic Beasts zum Einsatz kommen, macht der fiktiven Naturlehrbuchgrundlage alle Ehre.“
Genauso wenig aussagekräftig ist die Entscheidung, die „Phantastischen Tierwesen“ mit den Jahren immer weiter in den Hintergrund zu rücken. Auf dem Plakat zu „Dumbledores Geheimnisse“ muss man schon ziemlich genau hinschauen, um den Ursprung des Abenteuers zu erkennen. Nicht nur hierdurch gewinnt man den Eindruck, je weiter die „Tierwesen“-Saga – völlig losgelöst von irgendeiner schriftlichen Grundlage, das Buch selbst ist schließlich nur eine Art Lexikon – voranschreitet, desto tiefer taucht sie in den eigentlichen Hogwarts-Kosmos ein. Doch anstatt sich wie in „Harry Potter“ mit dem Alltag der Magieranwärterinnen und -Anwärter auseinanderzusetzen, geben die „Tierwesen“-Filme den Blick auf „das Dahinter“ frei. „Dumbledores Geheimnisse“ begreift den Magierkosmos als weltumspannende Einheit, die an verschiedenen Orten der Erde ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten hat, von denen die einen sich einen Krieg gegen alles Nichtmagische wünschen, während die anderen ein friedliches Zusammenleben propagieren. Auf welcher Seite Gellert Grindelwald steht, hat der Vorgänger bereits angedeutet. Im dritten Film nun offenbaren sich die (auch politischen) Dimensionen seines terroristischen Schurkendaseins, wenn seine eiskalten Allmachtsfantasien sowie seine Versuche, ebenjene durchzusetzen, erschreckende Erinnerungen an tatsächlich existierende Figuren der Geschichte wecken.
Wenngleich der Verzicht auf Johnny Depp der Kontinuität wegen schmerzt: Mit Mads Mikkelsen hätte sich kaum ein besserer Nachfolger für die Darstellung des kühl-kalkulierenden Gellert Grindelwald finden lassen. Schon Depp kam in Gänze ohne die für ihn bisweilen typische Exzentrik aus. Mikkelsens durchbohrender Blick und seine stoische Ruhe, selbst bei der Ausführung erbärmlichster Verbrechen, lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Seine Auftritte sind von einer Wucht, der die eigentlichen Hauptfiguren in „Dumbledores Geheimnisse“ kaum etwas entgegenzusetzen haben. Eddie Redmayne („The Danish Girl“) bleibt auch das dritte Mal infolge ein eher blasser Newt Scamander, der vor allem im Zusammenspiel mit seinen 3D-animierten Tierwesen aufblüht, neben seinen Kolleginnen und Kollegen aber viel zu sehr untergeht. Und dass Jude Law („The Nest“) den jüngeren Albus Dumbledore darstellen soll, lässt er zeitweise erneut in seiner warmherzig-verschmitzten Mimik aufblitzen, doch dafür, dass der Filmtitel seinen Namen trägt, bleibt seine Figur über weite Strecken allzu passiv. Als überraschender Neuzugang (überraschend, da im Vorfeld nirgendwo groß angekündigt) punktet indes Oliver Masucci („Enfant Terrible“), dem man seine Gefolgschaft des Grindelwald jederzeit abnimmt. Hier passt das Casting wie die Faust aufs Auge. Übrigens nicht der einzige Auftritt eines Landsmannes: „Toni Erdmann“-Hauptdarsteller Peter Simonischeck hat ebenfalls eine kleine Rolle als Gefängniswärter.
„Wenngleich der Verzicht auf Johnny Depp der Kontinuität wegen schmerzt: Mit Mads Mikkelsen hätte sich kaum ein besserer Nachfolger für die Darstellung des kühl-kalkulierenden Gellert Grindelwald finden lassen.“
Apropos Auge: Hierfür fährt David Yates allerhand – im wahrsten Sinne des Wortes – magisches Brimborium auf und trifft damit häufig den richtigen Ton. Während es die Postproduktion mit zunehmender Laufzeit mehr und mehr mit dem Weichzeichner übertreibt, gefallen die visuellen Tricks in ihrer Verspieltheit und Simplizität. Die altbekannten und neuen Tierwesen sind eben einfach zuckersüß. Und wenn sich Jude Law und Ezra Miller („Justice League“) als unliebsames Familienmitglied plötzlich auf offener Straße Berlins duellieren und sich daraufhin mehrmals die Perspektiven drehen und ändern, dann entsteht manch spektakuläres Panorama (Kamera: George Richmond). Überhaupt gehört es zu David Yates‘ Stärken, dem überbordenden Getümmel auf der Leinwand die Magie des „Harry Potter“-Universums einzuhauchen. Manchmal genügen dafür die altbekannten Klänge eines James Newton Howard, ein anderes Mal der legendäre Anblick der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei. Bislang fühlte sich kein „Tierwesen“-Teil so sehr wie die Rückkehr in diese Welt an. Schade ist nur, dass in Ermangelung mitreißender Figuren vieles davon kaum im Gedächtnis bleiben wird.
Fazit: „Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse“ ist der mit Abstand beste Teil der Reihe und besitzt viel der typischen „Harry Potter“-Magie, allerdings ohne vergleichbar charismatische Hauptfiguren. Vor dem Grundrauschen der niedlichen Tierwesen ist der Charakter mit dem stärksten Profil ausgerechnet der von Mads Mikkelsen gewohnt stark verkörperte Schurke Gellert Grindelwald. Immerhin: An dem kann man sich kaum sattsehen, während man von den anderen erneut zu wenig erfährt, um intensiv mit ihnen mitzufiebern. Allen voran Newt Scamander taugt nur bedingt als Anführer einer Heldentruppe.
„Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse“ ist ab dem 7. April 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.