Bloodshot

Das Vin-Diesel-Actionvehikel startete kurz vor der Corona-Pandemie, lief im Kino hart auf Grund und wurde dann sehr zügig als Video on Demand angeboten. Ob BLOODSHOT eine unterhaltsame Investition ist, verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Elite-Soldat Ray Garrison (Vin Diesel) führt das perfekte Leben: Er hat eine liebende, ihm treu ergebene Ehefrau, ein wunderschönes Domizil und er hat es im Einsatz einfach drauf. Doch dann kommt es zu einem fatalen Vorfall in einem italienischen Küstenort: Der boshafte Martin Axe (Toby Kebbell) entführt Ray und seine Frau, um dem Spitzenkämpfer unter Verschluss befindliche, brenzlige Informationen zu entlocken. Da Ray nicht spurt, tötet Axe Rays unschuldige Gattin – und kurz danach erschießt er auch Ray, damit er sich niemals an ihm rächen kann. Doch Axe hat die Rechnung ohne den massiven Fortschritt der Technik gemacht: Der ehrgeizige Militärwissenschaftler Dr. Emil Harting (Guy Pearce) holt Ray von den Toten zurück. Und zwar optimiert. Eigentlich soll Ray zusammen mit einem Team weiterer technisch optimierter Kämpfer gefährliche Missionen erledigen – doch er kennt nur einen Gedanken: Blutrache.

Kritik

Produzent Neal H. Moritz kam im Mai 2019 in die Branchenschlagzeilen, weil er sich hinter den Kulissen derart mit Universal Pictures verkrachte, dass das Studio beschloss, ihn aus der von ihm bis dahin mitgetragenen, äußerst erfolgreichen „Fast & Furious“-Reihe zu schmeißen. Mit „Fast & Furious“-Star Vin Diesel scheint sich Moritz dagegen bestens zu verstehen: Die Beiden haben mit „Bloodshot“ nämlich nicht einfach nur ein neues Diesel-Starvehikel produziert, sondern wollten damit auch den Grundstein für ein neues Filmuniversum legen – das „VCU“. Und, nein: Das steht nicht für „Vin’s Cinematic Universe“, selbst wenn solch ein Vorhaben dem nuschelnden Glatzenträger zuzutrauen wäre. Mit „VCU“ ist das „Valiant Cinematic Universe“ gemeint, ein Filmuniversum rund um Figuren des Comiclabels Valiant, das neben Bloodshot auch Figuren wie den Eternal Warrior, Ninjak und den aus Dinojagd-Videospielen bekannten Turok erschaffen hat.

Elite-Soldat Ray Garrison (Vin Diesel) sinnt auf Blutrache.

Da „Bloodshot“, bevor die Kinos in fast allen Ländern der Welt schließen mussten, bei einem Budget von 45 Millionen Dollar bloß rund 29 Millionen Dollar generierte, stehen die VCU-Zukunftspläne erst einmal auf wackligen Beinen. Aber das tut dem „Bloodshot“-Sehgenuss zum Glück keinen Abbruch, da der Film keine nennenswerten Verweise auf andere Valiant-Schöpfungen aufweist und sich sogar einen sonst heutzutage im Action-Genre nahezu unvermeidlichen, deutlichen Sequel-Hook verkneift. Stattdessen haben die Autoren Jeff Wadlow („Fantasy Island“) und Eric Heisserer („Arrival“ und „Final Destination 5“, das muss man erst einmal hinbekommen!) einen Einzelfilm erschaffen, der inhaltlich für sich steht, aber doch von intertextuellen Verknüpfungen lebt. Insofern vereint „Bloodshot“ die zwei wichtigsten Stützpfeiler in Moritz‘ Schaffen als Produzent – Vin-Diesel-Ego-Gestreichel auf der einen Seite, gewitzt mit Genre-Maßstäben spielende Werke wie die „Jump Street“-Filme oder die „Gänsehaut“-Kinoreihe auf der anderen Seite. Das Ergebnis ist eine seltsame, nicht ganz durchgegarte, aber immens kurzweilige Mischung aus hohler Macho-Action im Stile der späten 1990er-Jahre und der 2000er sowie origineller, wenngleich thematisch hinter den Möglichkeiten bleibender Abwandlung ihrer Mechanismen.

Denn sobald es in „Bloodshot“ zu einem tonalen und konzeptuellen Bruch kommt (dessen Hintergründe wir hier nicht verraten wollen), bleiben die Unterschiede zwischen dem „Davor“ und dem „Danach“ geringer als sie sein sollten, wäre dieser Film daran interessiert, seine Prämisse auf stilistischer Ebene, geschweige denn intellektuell auszuloten. Stattdessen bleibt es bei einem launigen und gut vorbereiteten Twist, der einige Elemente in Perspektive rückt, aber weitaus weniger Konsequenzen hat, als auf dem Papier möglich wäre. Zu großem Maße ist das Ex-Effekt-Supervisor und Langfilm-Regiedebütant Davie Wilsons („Avengers: Age of Ultron“) zuzuschreiben, der „Bloodshot“ anfangs wie ein Michael-Bay-Möchtegern inszeniert und später zu einem etwas raueren Vorgehen wechselt, aber weiterhin primär auf stylische Musikvideo-Bildfolgen setzt, statt größere Gräben zwischen den zwei Seelen zu graben, die in der Brust seines Films schlagen. Dennoch: Wilson und Kameramann Jacques Jouffret liefern auf der bildästhetischen Ebene ab und erzeugen einen dynamisch gefilmten Actionreigen, in dem sich etwa eine Attacke auf ein Auto-Convoi in einem Tunnel abspielt, der nach einem Unfall von gigantischen Mehlwolken erfüllt wird, die wiederum aufgrund glühend roter Fackeln höllisch-martialisch ausgeleuchtet werden. Hinzu kommt ein rockig-elektronisch-wabernder Score von Steve Jablonsky („Transformers: Ära des Untergangs“) und ein zügiger, nicht aber in kopflose Hektik ausartender Schnitt (Jim May, „Non-Stop“).

„Bloodshot“ besticht vor allem durch auffällige Trickeffekte.

Das alles sorgt im Zusammenspiel für ein knackiges Actionvergnügen, dem allerdings im Finale die Puste ausgeht, wenn die Figuren immer fähiger, die Computereffekte immer auffälliger und die innere Dramaturgie der Auseinandersetzungen immer nebensächlicher wird. Dafür wird der dritte Akt von „Bloodshot“ um pointierte, selbstironische Sprüche von Lamorne Morris („New Girls“) bereichert, was zwar streng genommen durch diesen komödiantischen Anstrich das eigentliche narrative Konzept hinter dem Film verwässert – aber rein auf dem Entertainment-Level insofern willkommen ist, weil es die wuselige, keine Fallhöhe mehr aufweisende Action aufwiegt. Vin Diesel wiederum stapft im „xXx – Die Rückkehr des Xander Cage“-Modus durch den Film, womit es mal wieder im Auge des Betrachters liegt, ob er weiß, wie absurd das Geschehen um ihn herum ist, und der Rest des Casts ist nicht mehr als eine Gruppe von Stichwortgebern. weifelsohne hätte „Bloodshot“ mehr sein können – aber auch deutlich weniger. Den aufgegebenen Anspruch fangen eine kernige Inszenierung, ein selbst im verwässerten Zustand originelles Konzept und eine zügige Erzählweise auf. Unterm Strich bleibt somit ein Film, der als Heimkino-Vergnügen an einem launigen Abend sündig viel Spaß macht, obwohl der Gehalt gering ist. Quasi Film-Fast-Food mit außergewöhnlicher Würzmischung, bei dem man sich beim Schlemmen denkt: Hey, aus dem Geschmack hätte man mehr rausholen können.

Fazit: „Bloodshot“ ist ein flotter, anspruchsarmer Actionfilm, der klischeehafte-hohle Rache-Actionfilme kommentiert und zudem um ein Sci-Fi-Superheldenelement bereichert. Hätte smart sein können, ist stattdessen kurios, knackig, tumb.

„Bloodshot“ ist als Stream bei Anbietern wie Amazon Prime und iTunes abrufbar.

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