The Sun is Also a Star

Mit ihrer zauberhaften Liebesgeschichte THE SUN IS ALSO A STAR erinnert Regisseurin Ry Russo-Young an Richard Linklater und seine „Before“-Trilogie, nur dass die auf einem Roman basierende Liebesgeschichte hier eher für ein jüngeres Publikum geeignet ist. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

„Ich wette, ich kann dich dazu bringen, dich in mich zu verlieben …“ Der angehende Student und Vollblutromantiker Daniel Bae (Charles Melton) trifft auf die Pragmatikerin mit jamaikanischen Wurzeln Natasha Kingsley (Yara Shahidi) – und auch Amors Pfeil trifft beide – an einem magischen Tag mitten im Trubel und der Hektik von New York City. Die Funken fliegen zwischen den beiden Fremden, die vielleicht das Schicksal zusammengebracht hat. Aber kann das Schicksal sich für die beiden Teenager wirklich wenden? In wenigen Stunden wird dies der letzte Tag in den USA für Natasha sein, die sowohl mit ihren aufblühenden Gefühlen für David kämpft, der sie für sich gewinnen möchte, als auch gegen die Abschiebung ihrer Familie.

Kritik

Unter Cineasten hat sich Richard Linklater („Boyhood“) hat sich mit seiner (bislang) dreiteiligen „Before“-Reihe einen ordentlichen Kultstatus aufgebaut. In den drei unabhängig voneinander und im Abstand von jeweils neun Jahren produzierten Filmen ließ er den Amerikaner Jesse und die Französin Celine aufeinandertreffen und einen einzigen Tag miteinander verbringen. Ein ganz ähnliches, wenngleich (bislang) nicht als Reihe angelegtes Konzept legt nun auch Nicola Yoon vor: Die „Du neben mir“-Autorin lässt in ihrem Bestseller „The Sun is Also a Star“ zwei Teenager sich kennenlernen und zunächst nur eine Stunde, später jedoch einen ganzen Tag Seite an Seite erleben; getreu der deutschen Tagline „Ein einziger Tag für die Liebe“. Die mit Jugendstoff bestens vertraute Regisseurin Ry Russo-Young („Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“) hat den Roman jetzt als nicht ganz so philosophische, nicht so lebensweise, dafür umso verspieltere Variante der „Before“-Filme für die Leinwand adaptiert und streift dabei Themen wie Abschiebung, soziale Ungerechtigkeit und familiäre Konflikte. Das Ergebnis ist ganz einfach schön geworden – wenn auch gen Ende hin einen kleinen Tick zu optimistisch.

Natasha (Yara Shahadi) und Daniel (Charles Melton) fühlen sich von der ersten Sekunde an zum jeweils anderen hingezogen.

Im sprichwörtlichen Sinne versteht man unter dem Begriff „Deus Ex Machina“ eine durch plötzliche Ereignisse oder Personen bewirkte Lösung eines Konflikts. In großen Lettern steht dieser Ausdruck auf dem Rücken von Natashas Jacke – und da es schon eine sehr aufdringliche Symbolik wäre, sie einfach nur damit herumlaufen zu lassen, wird der ohnehin an Fügung glaubende Daniel auch genau durch diesen Schriftzug auf seine zukünftige Traumfrau aufmerksam. Auch sonst zieht sich die Frage nach Zufall oder Schicksal wie ein roter Faden durch den Film. Zur besseren Veranschaulichung wie alles im Leben irgendwie zusammenhängt, unterbricht Drehbuchautorin Tracy Oliver („Girls Trip“) die eigentliche Handlung immer wieder, um lehrfilmartige Ausschnitte über Astronomie, die Zeit oder die Urknalltheorie einzufügen. Im Off verknüpft die durch und durch rationale, nicht einmal an so etwas wie Liebe glaubende Natasha die wissenschaftlichen Fakten schließlich mit ihrer persönlichen Geschichte. Eine charmante Idee, um der Lovestory zwischen ihr und Daniel zu regelrecht kosmischen Ausmaßen zu verhelfen. Und viel wichtiger: Um die in der zweiten Hälfte bisweilen etwas konstruiert wirkenden Entwicklungen zu erden. Denn wenn sowieso die ganze Zeit schon über so etwas wie Schicksal referiert wird, kann man sich auch schon mal darauf berufen, wenn man erzählerisch an einer Stelle gerade nicht recht weiterkommt.

Zum astronomischen Überbau passt auch, dass Natasha und Daniel auf ihrem Streifzug durch New York ein Planetarium aufsuchen. Genauso gehören ein Haarpflegestore in Harlem und eine Karaokebar in Chinatown zu den Anlaufstellen der beiden. Immer wieder durchzogen von Bildern der leuchtenden Skyline bei Nacht oder den sonnendurchfluteten Häuserschluchten im Abendrot wird „The Sun is also a Star“ dadurch ganz nebenbei auch zu einer Liebeserklärung an den Schmelztiegel New York. Was abgegriffen klingt, ergibt hier absolut Sinn: Die kurz vor ihrer Abschiebung stehende Natasha liebt die Stadt und begreift sie als ihr Zuhause. Kamerafrau Autumn Durald („Teen Spirit“) gelingt es hervorragend, den Big Apple in all seiner Schönheit und Diversität einzufangen; ganz so wie ihn Natasha wahrnimmt. Ein wenig aufdringlich geraten ist dagegen der Soundtrack. Zwar verzichten die Macher auf allzu bekannten Radiopop. Dafür bringen sie derart viele verschiedene RnB- und Soulklänge im Film unter, dass abseits der Dialogszenen kaum ein Moment ohne fette Beats auskommt. Im Kontrast zur ansonsten so minimalistischen Geschichte wirkt das unstimmig.

Natasha bleibt in New York nicht mehr viel Zeit…

Über diesen kleinen Schönheitsfehler lässt sich sonst aber gut und vor allem gerne hinwegsehen, denn die Chemie zwischen den beiden Leinwand-Newcomern Yara Shahadi („Grown-ish“) und Charles Melton („Riverdale“) ist einfach so hervorragend, dass man den beiden ihr gemeinsames Glück von ganzem Herzen gönnt. Die trotz ihrer prekären Lage immer noch eine immense Herzenswärme ausstrahlende Natasha und der offene, etwas forsche aber ungeheuer charmante Daniel ergänzen sich bravourös. Und obwohl sich die beiden erst sehr spät im Film auch körperlich nahekommen und der Reiz aus ihrer Interaktion vor allem aus gegensätzlichen Ansichten über das Leben besteht, steht nie zur Debatte, dass es zwischen den beiden gerade mächtig knistert. Doch auch unabhängig voneinander funktionieren die beiden Darsteller gut. Vor allem Shahadis verzweifelte Versuche, ihre Eltern davon zu überzeugen, für eine weitere Aufenthaltsgenehmigung in den Vereinigten Staaten zu kämpfen, lassen die 19-jährige stark aussehen. Charles Melton trägt seine Konflikte dagegen vorwiegend mit sich selbst aus, wenn sein Daniel sich fragen muss, ob der Wunsch, Arzt zu werden, wirklich seiner war, oder der seiner Eltern. Bei der Zeichnung von Daniels und Natashas Umfeld hätte Ry-Russo Young gern noch ein wenig näher ins Detail gehen können. So erleben wir Natashas und Daniels Familie nur für eine Handvoll stichwortgebende Momente. Doch auch so rührt das melancholische Ende, das je nach Auslegung und Gemütslage sowohl als Happy, als auch als Sad End interpretiert werden kann, zu Tränen. Lediglich den abschließenden „5 Jahre später“-Epilog, der einem die Antwort auf diese Frage fast schon wieder abnimmt, hätte es nun wirklich nicht gebraucht.

Fazit: Die „Before“-Trilogie für Jugendliche – „The Sun is also a Star“ ist eine ambitioniert gefilmte, toll gespielte und reduziert erzählte Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Menschen, ganz ohne den Einbezug schwerer Krankheiten oder Fantasywesen.

„The Sun is Also a Star“ ist ab dem 16. Mai in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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