Wessels‘ Weihnachts-Countdown: Beste Kamera

Endlich ist es wieder soweit! Die Zeit der Besinnlichkeit, der Ruhe und Rückbesinnung auf zwölf aufregende Monate eines viel zu schnell vorbeiziehenden Jahres hat begonnen: der Dezember, und damit verbunden die Zeit, in der wir für gewöhnlich jeden Tag ein Türchen an unserem Adventskalender öffnen dürfen. Egal ob Ihr aus Eurem Schokolade, Gummibärchen oder ganz etwas anderes zieht: all das kann ich Euch nicht bieten! Dafür präsentiere ich Euch an dieser Stelle bis zum 24. Dezember jeden Tag ein ganz besonderes Top-Ranking, mit dem ich mein Filmjahr 2018 Revue passieren lassen möchte. Diesmal geht es um die beste Kamera!

Bruno Delbonnel für THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS

Ich möchte mit einer Western-Anthologie beginnen, die hierzulande leider nicht den Weg in die Kinos gefunden hat, sondern einzig und allein bei Netflix ausgewertet wurde. Dabei hätten es die spektakulären Bilder von Bruno Delbonnel verdient gehabt, dort gezeigt zu werden, denn „The Ballad of Buster Scruggs“ besitzt zwar nicht die aufwändigsten Kulissen und auch die Kamerafahrten sind nicht besonders spektakulär. Aber Delbonnel hat einfach ein so verdammt gutes Auge dafür, jede einzelne seiner Szenen wie ein Gemälde aussehen zu lassen.

Jasper Spanning für THE GUILTY

Im Gegensatz zu Bruno Delbonnel musste Jasper Spanning eine ganz andere Herausforderung wuppen, denn sein dänischer Kammerspiel-Thriller „The Guilty“ spielt sich lediglich in den beengten Räumen einer Polizeiwache ab und fokussiert ausnahmslos die am Telefon hängende Hauptfigur, während sich der Rest der Handlung im Kopf des Zuschauers abspielt. Das hätte schnell monoton werden können, doch Spanning weiß die reduzierten Möglichkeiten des Settings voll auszunutzen und macht die ohnehin beklemmende Szenerie noch ein Stück weit beklemmender.

Alfonso Cuarón für ROMA

Ich muss bei meiner Vorstellung von Alfonso Cuaróns „Roma“ Pech mit dem Projektor gehabt haben, der mich in den hell ausgeleuchteten Szenen fast nichts erkennen können außer einer verwaschenen Ansammlung verschiedener Grautöne. Dabei ist das, was Cuarón hier macht, eigentlich verdammt faszinierend: Seine Bilder umfassen ganze Welten, weil nicht bloß das Vordergründige spannend ist, sondern sich im Hintergrund noch viele weitere Geschichten abspielen. „Roma“ ist auf visueller Ebene ein üppiger Film, dem man anmerkt, wie viel er zu erzählen hat. Schade, dass ich die wirkliche Qualität dessen nur erahnen konnte.

Barry Peterson für GAME NIGHT

Kontrastprogramm mit „Game Night“, der wohl bestfotografierten US-Komödie seit Ewigkeiten. Barry Peterson hat sich für seine Arbeit ganz auf das Thema Spieleabend eingelassen. Mal verfolgt die Kamera den Protagonisten wie bei einem Third-Person-Shooter, dann wiederum sorgt die bewährte Tilt-Shift-Technik dafür, dass die Landschaften und Siedlungen aussehen wie auf einem Spielfeld. Und dank der insgesamt sehr düsteren Bildsprache sieht das alles auch noch ziemlich elegant aus.

Benoît Debie für CLIMAX

Für Gaspar Noé und Benoît Debie ist „Climax“ zwar nicht die erste, aber definitiv erneut eine herausragende Zusammenarbeit, die wohl nur in dieser Kombination entstehen kann. Der Regisseur verlangt nach Raserei, Eskalation und Eskapismus und Benoît Debie liefert sie. Seine Kamera tanzt mit den Figuren, schwebt über ihnen, stellt die Welt auf den Kopf und tänzelt zwischen den sich verbiegenden Körpern hin und her, während sich die Atmosphäre langsam gen Wahnsinn bewegt. Und trotzdem verliert man bei all dem nie den Überblick. Das ist ganz große Kamerakunst!

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