Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?

In ihrer Verwechslungskomödie FÜHLEN SIE SICH MANCHMAL AUSGEBRANNT UND LEER? bekommt es eine Frau mit einer plötzlich auftauchenden Doppelgängerin zu tun, doch aus dieser spannenden Grundidee macht Regisseurin Lola Randl nichts. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Luisa (Lina Beckmann) rast durch ihr Leben. Vom Job nach Hause, vom Ehemann zum Liebhaber, von den Erdnussflips zur Rohkost-Diät. Wem wird das nicht irgendwann zu viel? Als die Paartherapeutin eines Morgens aufwacht, gibt es sie plötzlich doppelt. Sie hat sich über Nacht aufgespalten in die alte Luisa und in die neue Ann (Lina Beckmann). Äußerlich sehen die beiden völlig gleich aus, ansonsten aber sind sie grundverschieden. Luisa steht ständig unter Strom und macht sich über alles Gedanken. Ann ist tiefenentspannt und stopft alles in sich hinein, worauf sie gerade Lust hat. Nach dem ersten Schock erkennt Luisa die ungeahnten Möglichkeiten, die ihr das zweite Ich eröffnet: Endlich kann sie mit ihrem Lover Leopold (Benno Fürmann) durchbrennen, während Ann sich um ihren Mann Richard (Charly Hübner) kümmert.

Kritik

Im vergangenen Jahr gab es mit Lars Montags Romanverfilmung „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ einen Film, dem es wie keinem zweiten gelang, dem verkopften, pseudointellektuellen Kunstkino aus deutschen Landen schmerzhaft den Spiegel vorzuhalten. Bedeutungsschwanger in Szene gesetzte Skulpturen, die anschließend in Super-Slow-Motion mit einem Hammer zerschlagen werden, brachte Montag ebenso willkürlich in seiner Episodenkomödie unter, wie ein vermeintlich tiefschürfendes Voice-Over, das aber in Wirklichkeit nur die Inhaltsleere betonte, die derartige Off-Kommentare normalerweise in vielen deutschen Filmen besitzen. Weshalb wir unsere Kritik zu „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ ausgerechnet mit einer der besten deutschen Produktionen des vergangenen Jahres beginnen wollen, hat einen Grund: Regisseurin Lola Randl („Die Erfindung der Liebe“) hat mit ihrer neuesten Arbeit exakt so ein Werk vorgelegt, das Montag mithilfe von „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ so wunderbar demaskiert hat. In Randls Film fehlt lediglich die das Geschehen einordnende Erzählstimme. Die um Tiefe bemühten Dialoge hauen sich die affektiert aufspielenden Hauptdarsteller dagegen selbst um die Ohren. Nahaufnahmen von skurrilen Tonfiguren und zahlreiche, schief gehende Versuche, dem sterilen Unterfangen Tiefe abzugewinnen, gibt es trotzdem in einem Film, an dem alles halb und nichts richtig funktioniert.

Richard, (Charly Hübner) und Luisa(Lina Beckmann führen eine unglückliche Ehe, in die sich schließlich auch noch Leopold (Benno Fürmann) drängt.

Auf den ersten Blick ist „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ eine klassische Verwechslungskomödie: Aus dem Nichts taucht plötzlich eine Doppelgängerin im Leben der gestressten Luise auf, womit diese sich schließlich notgedrungen arrangieren muss. Dass es der auch als Drehbuchautorin für ihren Film tätigen Lola Randl aber nicht ausschließlich um das darin steckende Komödienpotenzial geht, wird deutlich, wenn man sich einmal den Beginn ihres Films anschaut: Ihre Hauptfigur Luise ist nicht einfach bloß unglücklich (in derartigen High-Concept-Filmen ist mangelnde Zufriedenheit ja häufig ein Grund für ein unvorhergesehenes Ereignis), sondern hat – genauso wie die Personen in ihrem Umfeld – ganz gezielte Probleme mit sich selbst. Und diese formuliert Randl so explizit aus, dass man zunächst gar nicht erahnt, in was für absurde Gefilde ihr Film noch vordringt. Es geht um Depressionen, um Entfremdung in der Ehe, um Untreue und Bodyshaming; wenn Luise sich und ihrem Ehemann Richard entkräftet eingesteht, einfach völlig ausgebrannt zu sein, ließe sich hieraus auch hervorragend ein Drama spinnen. Doch weit gefehlt: Stattdessen zaubert die Autorenfilmerin schließlich die besagte Doppelgängerin für ihre Protagonistin aus dem Hut, die sie als absolutes Gegenteil zu dieser anlegt. Wüsste man es nicht ab jenem Moment besser, in dem die Ann getaufte Doppelgängerin auch von Richard wahrgenommen wird, könnte man glatt glauben, den Twist, dass diese Ann in Wirklichkeit gar nicht existiert, sofort zu erahnen. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass sich Filmfiguren eine bessere Version ihrer selbst einbilden, um sich stärker zu fühlen.

Diese Ann ist nicht zwingend besser als Luise. Vor allem ist sie eine wesentlich naivere Version ihres dauergestressten und von allem -genervten Ichs. Was folgt, sind die klassischen Motive jeder Verwechslungskomödie: Luise bittet Ann, für sie Ehefrau zu spielen, damit Luise selbst ihre Affäre zu Richards Boss Leopold ausleben kann. Die sukzessive aus dem Ruder laufenden Leinwandereignisse können zwar hier und da durch einen gewissen Absurditätsfaktor punkten, doch was fehlt, ist Jemand (oder etwas), womit sich das Geschehen erden ließe. In „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ spielen von der Theaterschauspielerin Lina Beckmann („Magical Mystery“) über Benno Führmann („Volt“) bis hin zu Rainer Egger („Jeder stirbt für sich allein“) alle derart überhöht und affektiert auf, dass sich überhaupt kein Gespür für Alltag und Normalität ergibt. Lediglich Charly Hübner („Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“) wirkt auf seinem Posten des ahnungslosen Ehemannes wie verloren, wenn er sich in diesem Potpourri an Blödelbarden um Authentizität und Natürlichkeit bemüht.

Luisa & und Doktor Lasalle (Rainer Egger) diskutieren Luises Gemütszustand.

Unter diesen Voraussetzungen kommen auch die zu Beginn eingestreuten, kritisch-dramatischen Ansätze zu den eingangs erwähnten Themen nicht zur Geltung. Für eine Kritik auf unseren Lebensstil, in dessen Zuge wir uns selbst immer mehr unter Druck setzen, funktioniert „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nicht – dafür legt Lola Randl zu schnell den alleinigen Fokus auf Luises Affäre mit Leonard. Auch für den Versuch, anhand ihres Szenarios Eheprobleme (und deren Lösung) zu ergründen, ist der Film zu sehr auf billige Pointen fixiert. Und sonderlich lustig sind letztere ohne das richtige Timing sowie die notwendige emotionale Unterfütterung auch nicht. Was Luise und Richard bislang zusammengehalten hat und wer die beiden sind, darüber schweigt sich das Skript konsequent aus; vermutlich auch, damit sich jeder Zuschauer automatisch mit den beiden identifizieren kann. So richtig abstrus wird es allerdings ganz zum Schluss, wenn sich Luise mehr schlecht als recht von ihrer unfreiwilligen Doppelgängerin befreien will. Nicht, dass wir im Anbetracht der ohnehin rein fiktiven Prämisse eine adäquate Begründung für all das erwartet hätten. Doch so wie Randl hier versucht, mit einer Art Mini-Twist auf der Zielgeraden ihr Publikum zu überraschen, mussten wir im letzten Moment dann doch noch schmunzeln – allerdings nicht so, wie sich die Regisseurin das vorgestellt haben dürfte.

Fazit: Für eine Komödie ist „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ schlicht nicht lustig genug und für eine ernstzunehmende Analyse einer kriselnden Ehe mangelt es dem Film an erzählerischem Fundament.

„Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ ist ab dem 8. März in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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