The Purge: Anarchy

Beeindruckend sind dagegen die Stimmungssequenzen, die der auch schon für „The Purge – Die Säuberung“ zuständige Kameramann Jacques Jouffret einfängt. Entgegen seines geleckten Hollywoodlooks, der Teil eins in seiner Perfektion nicht immer gut zu Gesicht stand, gelingt es ihm in  „Anarchy“ verstärkt, die dreckige Prämisse des Ereignisses einzufangen. Auch wenn man sich gerade zu Beginn gern einmal an Michael Bays Sonnenuntergangsorgien erinnert fühlt, sind die Einstellungen der leeren Straßen und die Close Ups auf die Purger durchgehend angsteinflößend. Stellvertretend hierfür steht eine Sequenz auf einer Autobahnbrücke, die, von den nahenden Ereignissen leergefegt, von mehreren Säuberern betreten wird: Diese erspähen am anderen Ende der Brücke zwei der Hauptfiguren, die der Purge-Night schutzlos ausgeliefert sind. Schweren Schrittes, in bedrohlicher Zeitlupe und ironisch vor der Schönheit der untergehenden Sonne kreiert Jouffret ein Kriegsszenario, das in seiner Banalität beklemmender kaum sein könnte. Auch mitten im Getümmel gelingen dem Filmer in ihrer Simplizität tolle Bilder, welche die Gefahr nicht immer fokussieren, sondern diese sich gern auch beiläufig im Hintergrund abspielen lassen. Passend dazu verzichtet Komponist Nathan Whitehead auf einen eingängigen Score sondern beschränkt sich lieber auf eine bedrohliche Soundmasse, die er immer wieder auf das Publikum loslässt. Geordnete Tonfolgen, gar Melodien, hätten dem Streifen nicht gut getan.

Entgegen des ersten Teils verlässt sich „The Purge: Anarchy“ weniger auf Schockeffekte. Ließ sich der Franchise-Auftakt noch ganz deutlich dem Horrorgenre zuordnen, verlässt sich sein Nachfolger vermehrt auf ein Actionszenario und weniger auf Suspense oder Grusel und schließt nebenbei einige Logiklöcher des ersten Teils (endlich wird die Frage beantwortet, weshalb munter gemordet, nicht aber geplündert wird). Abgesehen von einigen sehr brutalen Schießereien geht es dabei recht unblutig zu. Stattdessen zeigt sich vor allem das Finale äußerst sozialkritisch. Bereits innerhalb des ersten Films wurden seitens der Figuren Töne laut, die Reichen würden sich ausschließlich mithilfe des Geldes vor den One-Night-Murderern schützen und aus der Purge gar Profit schlagen. In „Anarchy“ treibt James DeMonaco derlei gesellschaftskritische Töne noch auf die Spitze und lässt seinen Streifen in einem provokanten Schlusstwist enden. Dies lässt „The Purge: Anarchy“ über seine gesamte Laufzeit immer stärker werden, hat jedoch den Nachteil, dass die Drehbuchschwächen der ersten Hälfte stärker hervortreten.

Die fünfköpfige Gruppe schlägt sich des Nachts durch die unterirdischen Gänge der Stadt.

Fazit: James DeMonacos zweite Säuberung ist zwar noch lange nicht perfekt, zeigt jedoch die Möglichkeiten, welche die Reihe hat und macht Lust, auf einen dritten Teil. Heutzutage ist ein derartiges Fazit fast schon ein Ritterschlag.

 „The Purge: Anarchy“ erscheint ab dem 31. Juli in den deutschen Kinos.

Erschienen bei Quotenmeter.de