Bibi & Tina – Der Film

Ob man es glaubt oder nicht: Die Abenteuer der beiden Freundinnen Bibi und Tina aus dem Hause Kiddinx gehören seit mehr als zwanzig Jahren zu den Hörspiel-Reißern Deutschlands. Nun kommen die beiden Reiterinnen ins Kino: Detlev Buck präsentiert mit BIBI & TINA – DER FILM ein knallbuntes Mädchenabenteuer – und eine Hörspieladaption, die an der Perfektion kratzt.

Der Plot

Auf die unzertrennlichen Freundinnen Bibi (Lina Larissa Strahl) und Tina (Lisa-Marie Koroll) warten aufregende Sommerferien. Nicht nur, dass die hochnäsige Cousine von Freund Alex (Louis Held) anrückt, um auf dem Martinshof ordentlich Stunk zu machen, auch das bevorstehende Pferderennen auf Schloss Falkenstein sorgt für Wirbel: Der windige Geschäftsmann Hans Kakmann (Charly Hübner) hat es auf das niedliche Fohlen Socke abgesehen, das der Sieger als Preis erhält. So setzen Bibi und Tina alles daran, das Rennen zu gewinnen. Doch dabei wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.

Kritik

Zu den schwierigsten Unterfangen im Filmbereich zählt die möglichst originalgetreue Adaption einer bewährten Marke. Ob Buchreihe, Hörspielserie oder Zeichentrickabenteuer: Hat sich bereits eine Fangemeinschaft um ein Franchise aufgebaut, wird eine Neu-Verfilmung oder -Interpretation zumeist kritisch beäugt. Das weiß auch Detlev Buck, der für sein auf einem Kinderbuch basierendes Jugendabenteuer „Hände weg von Mississippi“ von Kritikern in den Himmel gelobt wurde; traf er mit seiner Ode an die Sommerferien doch zu jeder Zeit den richtigen Ton und schaffte es so, die Liebhaber der Romanvorlage für sich zu gewinnen. Ganz anders erging es seiner Filmversion von Daniel Kehlmanns Historienroman „Die Vermessung der Welt“, welche Buck Ende 2012 unter gleichem Namen für die Leinwand adaptierte, damit aber einen Großteil der Romanleser vor den Kopf stieß. Für sein neustes Projekt bedient sich der Filmemacher, Schauspieler und Produzent jetzt ein weiteres Mal an einem bekannten Namen, greift bei „Bibi & Tina – Der Film“ allerdings erstmalig auf eine Hörspielserie zurück, die 2004 schon einmal zum Leben erweckt wurde – damals in Form einer mittlerweile sechs Staffeln umfassenden Zeichentrickserie, die aktuell im samstäglichen Frühprogramm des ZDF läuft.

Während dies für die „Bibi und Tina“-Reihe der erste Ausflug auf die große Kinoleinwand ist, versuchte sich Hermine Huntgeburth Anfang der 2000er bereits daran, „Bibi Blocksberg“ als Realfilm zu realisieren. Die Spielfilmversion der Kiddinx-Serie, zu welcher „Bibi und Tina“ einen Ableger darstellt, entpuppte sich anfangs zwar als Publikumsmagnet, schaffte es jedoch nicht, die nostalgischen Fans auf ihre Seite zu ziehen und zog mit „Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen“ von Franziska Buch lediglich eine einzige Fortsetzung nach sich. Geschuldet war dies neben einer ungewohnt düsteren Ausrichtung vor allem der fehlerhaften und um keinerlei Authentizität bemühten Darstellerwahl sowie einem bemerkenswert ernsten, teils gruseligen Grundton. Dies hatte zur Folge, dass sich die Zuschauerzahlen von Teil eins zu Teil zwei fast halbierten. Einen dauerhaften Erfolg versprach eine „reale Bibi Blocksberg“ somit nicht.

Umso erstaunlicher, dass sich nun ausgerechnet Detlev Buck anschickt, seine Lieblingshexe – die ihm zufolge den einzig wahren Superhelden hierzulande darstellt – noch einmal ins Kino zu bringen. Und doch entpuppt sich der Strippenzieher hinter Kassenschlagern wie „Same Same but Different“ und „Rubbeldiekatz“ als wohl einzig richtige Wahl für dieses mutige Unterfangen. Während sich andere Regisseure auf Biegen und Brechen bemühen, ihrer Filmvariante einen eigenen Anstrich zu verpassen und schlussendlich daran scheitern, dass sie gleichzeitig auch der Originalvorlage treu bleiben wollen, schraubt Buck seine Ansprüche daran zurück, den Film um alles in der Welt seine DNA tragen zu lassen. Mühelos, so scheint es, pickt sich Buck die Feinheiten der kindgerechten Hörspielreihe heraus, sammelt Detail um Detail und bringt sie nahezu unverfälscht auf die große Leinwand. Von dem Aussehen der überaus talentierten Jungdarstellerinnen Lina Larissa Strahl als unbedarfte Junghexe Bibi und Lisa-Marie Koroll als bodenständiger Gegenpol Tina, über die karikaturesken Charakterisierungen sämtlicher Nebenfiguren, das altbekannte Hex-Hex-Geräusch bis hin zu den authentischen Kulissen des Schlosses sowie des Martinshofes gelingt es Buck, das Geschehen innerhalb der Serie fast 1:1 im Realfilm wiederzugeben.

Dass Detlev Buck dabei mit den Sehgewohnheiten des Durchschnitts-Kinogängers spielt, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. So scheinen die auf den ersten Blick äußerst platt wirkenden Figurenzeichnungen stets eine Spur zu gewagt: Ein schmieriger Widersacher der Kakmann (großartig: Charly Hübner) heißt und eine ebenso hochnäsige wie aufreizende Cousine namens Sophia (schön zickig: Ruby O. Fee), die sich vor allem durch ihre knappe Bekleidung in den Vordergrund zu spielen weiß, wirken zunächst lieblos und so gar nicht dem Bild einer Verfilmung gerecht, die sich auf einen über zwanzig Jahre alten Kinderhörspielkult bezieht. Doch betrachtet man die Grundlagen des Universums, in dem ein Polizeikommissar Blaulicht heißt, der örtliche Zoowärter auf den Namen Tierlieb hört und sich die rasende Reporterin Karla Kolumna in die Herzen tausender Kinder quasselte, ist der Umgang mit Stereotypen und Klischees am Rande der Karikatur unausweichlich. Dadurch erschließt sich „Bibi & Tina – Der Film“ vermutlich keinem solch breiten Publikum wie es die Verfilmungen anderer Jugendreihen tun, doch wie auch schon innerhalb der Hörspielvorlage sind einige der augenzwinkernden Popkulturanspielungen vornehmlich für ein älteres Publikum bestimmt.

Die knallig-bildstarke Verfilmung von „Bibi und Tina“ wird immer wieder von Musiknummern – geschrieben von Ex-Rosenstolz-Sänger Peter Plate – und Gesangseinlagen unterbrochen. Ein Musical ist der Streifen dadurch noch lange nicht; allzu oft käme der Film auch ganz gut ohne die einzelnen Songs aus, die den Film nicht immer vorantreiben, teilweise sogar ausbremsen.  Ab und an entpuppen sie sich dennoch als Mehrwert oder gar als echte Ohrwürmer, die sich vor allem dann in den Ablauf der Geschichte fügen, wenn unübersehbar ist, dass hier gerade selbstreferenzielle Eigenparodie betrieben wird. Dies sei als Kommentar dazu erlaubt, in welch realistischen Bereichen sich die Serie seit Jahrzehnten abspielt – nämlich ganz weit abseits davon. So entpuppt sich auch das Beklagen über eventuelle Logiklöcher rasch als sinnlos. In etwa dann, wenn man realisiert, dass die beiden Freundinnen jederzeit dasselbe Outfit tragen, die abenteuerlichsten Reiterkunststücke aus dem Effeff beherrschen und sich jederzeit alles zum Guten wendet. Detlev Buck weiß darum und sieht dennoch keinen Anlass, diese Feinheiten in seiner Leinwandaufbereitung zu verändern. Getreu dem Motto „Ganz oder gar nicht“ bannt er stur jedes noch so kleine Detail der Serie auf Film und schafft damit im Grunde die perfekte Neuinszenierung. Ganz gleich, ob sich manche Kleinigkeiten besser für einen Realfilm eignen als andere.

Lisa-Marie Koroll und Lina Larissa Strahl

Während die Geschichte das übliche Spektrum eines Pferde-Mädchen-Films umfasst – Liebe, Freundschaft und Abenteuer inklusive – ist die Inszenierung auf sämtlichen Ebenen eine überraschende Augenweide. Marc Achenbach („Rubbeldiekatz“) präsentiert stylisch eingefangene und rasant geschnittene Bilder vor beachtlicher Kulisse. Natürlich nicht ohne hier und da galoppierende Pferde in Zeitlupe zu zeigen – so viel Kitsch sei einer „Bibi und Tina“-Verfilmung vergönnt.

Fazit: Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, setzt Detlev Buck im Bereich „Hörspiel-Adaption“ neue Maßstäbe. Was bei „Bibi Blocksberg“ oder „Die drei Fragezeichen“ vollkommen misslang, gerät in „Bibi & Tina – Der Film“ zum Kinderspiel. Dass diese Form von Film schlussendlich nicht für jeden zum reinen Kinovergnügen wird, ist bei der Ausrichtung der Hörspiel-Grundlage eigentlich keine Erwähnung wert.

„Bibi & Tina – Der Film“ ist ab dem 6. März in Deutschlands Kinos zu sehen.

Erschienen bei IOFP.de