Schlagwort-Archiv: Ben Wheatley

Das startet am 6. April 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 6. April, der vielleicht nicht zu den stärksten Startwochen des Jahres gehört, wohl aber einen der schlechtesten Filme der vergangenen Jahre bereithält. „Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott“ birgt derart furchtbare Botschaften, dass man sich fragt, ob ein solcher Film überhaupt in die Kinos kommen sollte. Zum Ausgleich gibt’s mit „Free Fire“ dafür einen kreativen Actionfilm zu sehen, der aufgrund seines Konzepts einer neunzigminütigen Schießerei vorab auch schon für ein wenig Furore gesorgt hat. Dasselbe gilt für den auf der Berlinale gefeierten „Tiger Girl“, der aber gar nicht so spektakulär ist, wie erwartet. Dafür ist der neue „Schlümpfe“-Film überraschend unterhaltsam und der neue Dany-Boon-Film erstaunlich furchtbar. Der österreichischen Fantasy-Film „Mindgamers“ wurde der Presse übrigens bislang vorenthalten. Mehr zu diesem schwer einschätzbaren Projekt gibt’s hier morgen zu lesen. 

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

FREE FIRE | Regie: Ben Wheatley | FR/UK 2016

Boston in den späten 1970ern: In einer verlassenen Lagerhalle bringt die auf heiße Ware spezialisierte Justine (Brie Larson) die beiden Iren Chris (Cillian Murphy) und Frank (Michael Smiley) mit den zwielichtigen Geschäftsmännern Ord (Armie Hammer) und Vernon (Sharlto Copley) zusammen. Eine große Ladung Waffen soll verkauft werden. Eigentlich ein simpler Deal, der jedoch dank der hitzköpfigen „Profis“ schlagartig ausartet. Die gerade verhandelten Knarren werden sogleich dem blutigen Härtetest unterzogen, sodass sich die leerstehende Halle in eine bedrohliche Kampfarena verwandelt und ein knallharter, gnadenloser Shootout um Leben und Tod beginnt, an dessen Ende es vermutlich keinen Gewinner geben kann…
4 von 5

Brutal, witzig – brutal witzig: Ben Wheatley hat mit dem von schillernden Charakteren zum Leben erweckten „Free Fire“ einen eineinhalbstündigen Shootout konzipiert, der so dreckig und realistisch daherkommt, dass wir es einem Film tatsächlich mal wieder zutrauen, in ein paar Jahren Kult zu sein.


DIE SCHLÜMPFE – DAS VERLORENE DORF | Regie: Kelly Asbury | USA 2017

Bewaffnet mit einer geheimnisvollen Landkarte begibt sich Schlumpfine (deutsche Stimme: Nora Tschirner) gemeinsam mit ihren Freunden Schlaubi (Axel Stein), Hefty (Rick Kavanian) und Clumsy (Tim Oliver Schulz) auf eine aufregende Reise in den „Verbotenen Wald“, der von vielen magischen Kreaturen bewohnt wird. In einem Wettlauf gegen die Zeit müssen sie das „verlorene Dorf“ ausfindig machen, ehe der böse Zauberer Gargamel (Christoph Maria Herbst) es entdeckt. Die Reise der Schlümpfe wird zur reinsten Achterbahnfahrt voller Action und Gefahren – und an ihrem Ende steht nichts Geringeres als die Enthüllung des größten Geheimnisses in der Schlumpf-Geschichte! 3 von 5

Gute bis sehr gute Sprecher, eine traumhaft animierte 3D-Welt und eine durchschnittliche Geschichte – „Die Schlümpfe – Das versunkene Dorf“ sticht auf solidem Niveau die misslungenen Realverfilmungen rund um die blauen Comichelden aus und liefert kurzweilige Familienunterhaltung mit einem überraschend ehrlichen Ende.


TIGER GIRL |  Regie: Jakob Lass | DE 2017

Margarethe „Maggie“ Fischer nimmt Anlauf, springt und fliegt. Durch die Polizeiprüfung. Sie wollte zur Polizei, wollte eine Aufgabe, einen Platz im Leben. Als sie heulend zurück in ihr altes Leben fährt, kostet nicht nur der Parkplatz auf einmal fünf Euro Gebühr – es ist auch keine Parklücke mehr frei. Doch die Wächterin schenkt Maggie erstens ein breites Grinsen und zweitens eine Parkmöglichkeit, indem sie einfach den Seitenspiegel eines dicken Autos abtritt. Es ist Maggies erste Begegnung mit Tiger, einem Mädchen, das als Outlaw in einem ausrangierten Bus lebt. Zur Überbrückung bis zur nächsten Aufnahmeprüfung fängt Maggie eine Ausbildung bei einem Sicherheitsdienst an. Doch Tiger kommt wieder und führt Maggie vor, dass „Leben“ auch anders geht, wenn man sich nur nimmt, was man will…
3 von 5

„Tiger Girl“ hat Power, zelebriert die Anarchie und punktet mit einer cleveren Dramaturgie. Zur Offenbarung werden in erster Linie die beiden Hauptdarstellerinnen Ella Rumpf und Maria Dragus, doch so radikal und mutig wie von vielen Seiten angekündigt, ist der Film nicht. Dafür gerät  er in zu vielen Momenten plakativer, als er müsste.


NICHTS ZU VERSCHENKEN | Regie: Fred Cavayé | FR 2016

Violinist François Gautier ist nicht nur hervorragend in seinem Fach, sondern auch ein Pfennigfuchser, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Geld zu sparen verschafft ihm Glückseligkeit – Geld auszugeben dagegen bringt ihn ins Schwitzen und verusacht Panikattacken. Er verwendet unendlich viel Energie darauf, diese Macke zu vertuschen und ein halbwegs normales Sozialleben zu führen. Als jedoch eines Tages ohne Vorwarnung die 16-jährige Laura vor seiner Tür steht und ihm offenbart, dass sie seine Tochter ist, sieht sich der Pfennigfuchser mit einer Lawine an Kosten und Problemen konfrontiert. Vor allem, als sich herausstellt, dass Laura eine Idee im Kopf hat, die ihn sehr teuer zu stehen kommen könnte. Zudem bringt die plötzliche und gänzlich unerwartete Zuneigung einer neuen Kollegin François’ Gefühlswelt durcheinander.

Ein paar nette Gags und zwei wundervoller Hauptdarstellerinnen reichen beim besten Willen nicht aus, um die ansonsten ziemlich kläglich scheiternde Komödie „Nichts zu verschenken“ irgendwie noch auf den Durchschnitt zu hieven. Manchmal ist ein grantelnder Eigenbrötler als Hauptfigur eben nicht interessant, sondern einfach nur unausstehlich.


MINDGAMERS | Regie: Andrew Goth | AT 2015

Einer Gruppe genialer Studenten gelingt nach jahrelanger Forschung der bedeutendste wissenschaftliche Durchbruch aller Zeiten: Mithilfe eines Quantencomputers entsteht ein kabelloses neuronales Netzwerk, in dem die Gehirne aller Menschen gekoppelt werden. Die Forscher merken, dass sich mit der Quantentheorie motorische Fertigkeiten von einem Gehirn zum anderen übertragen lassen: die erste Shareware für menschliche Fähigkeiten. Das Team stellt diese Technologie jedermann zur Verfügung – sie soll die Basis für eine neue Dimension der Gleichberechtigung und intellektuellen Freiheit bieten. Doch bald stellen sie fest, dass sie selbst nur Rädchen in einem viel gewaltigeren und unheimlicheren experimentellen Getriebe sind: Finstere Mächte missbrauchen die Technik zur Kontrolle der Massen und schmieden finstere Pläne… 

Wir wüssten zu gern, wer sich den fertigen Science-Fiction-Thriller „Mindgamers“ einst als aller erstes ansah und dann auf die Idee kam, dass so ein Film ein Erfolg werden könnte. Der Zuschauer versteht nichts – und zwar von der ersten, bis zur aller letzten Sekunde.


DIE HÜTTE – EIN WOCHENENDE MIT GOTT | Regie: Stuart Hazeldine | USA 2017

Seit der treue Familienvater Mackenzie „Mack“ Phillips (Sam Worthington) vor vielen Jahren seine jüngste Tochter verlor, ist er in Trauer und Schuldgefühlen versunken. Ihre letzte Spur fand man in einer Hütte im Wald – nicht weit von dem Campingplatz, auf dem die Familie damals Urlaub machte. Eines Tages kommt ein Brief mit der Post: Es ist eine Einladung in eben jene Hütte – und ihr Absender ist Gott. Mack ist schockiert und voller Angst, all die schmerzhaften Erinnerungen kommen erneut hoch. Trotzdem bricht er auf, unsicher, was er in der Hütte finden wird. Das nun folgende Wochenende soll sein Leben erneut von Grund auf verändern.

„Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott“ ist ein moralisch vollkommen fehlgeleitetes Stück Gotteskino, das sich vorwurfsvoll gegen andere Meinungen auflehnt und und mit seiner Penetranz und Symbolik gar nicht erst in die Lichtspielhäuser kommen sollte.


ES WAR EINMAL IN DEUTSCHLAND | Regie: Sam Garbarski | DE/LUX/BEL 2016

Frankfurt am Main, 1946. David Bermann (Moritz Bleibtreu) und seine jüdischen Freunde sind dem Naziregime nur knapp entkommen und träumen jetzt wie viele von der Ausreise nach Amerika. Doch wie das nötige Geld in diesen kargen Zeiten dafür aufbringen? Dem eloquenten Geschäftsmann kommt die zündende Idee: Was brauchen die Deutschen jetzt am meisten? Feinste Wäsche aller Art, hübsch verpackt in unglaubliche Geschichten. Gemeinsam ziehen die sechs begnadeten Entertainer von Haus zu Haus und preisen den Hausfrauen mit hinreißender Chuzpe ihre Ware an, so dass die geschmeichelten Damen gar keine andere Wahl haben, als bei diesem unwiderstehlichen Angebot zuzugreifen. Das Geschäft floriert, die schöne, neue Zukunft naht. Doch bald holt Bermann seine eigene Vergangenheit ein.


TU NICHTS BÖSES | Regie: Claudio Caligari | IT 2015

Die Vorstädte von Rom und Ostia, in den 90er Jahren. Die „Ragazzi di vita“, einst von Pasolini beschrieben, gehören nun zu einer Welt – der Unterwelt Italiens – , in der Geld, schnelle Autos, Nachtlokale und Kokain scheinbar leicht zu haben sind. Es ist die Welt, in der sich Vittorio (Alessandro Borghi) und Cesare (Luca Marinelli), beide 20 Jahre alt, auf der Suche nach Erfolg und Bestätigung bewegen. Das neue „dolce vita“ fordert jedoch einen sehr hohen Preis. Und irgendwann trennen sich die Wege: Vittorio verliebt sich, versucht eine Rückkehr in die bürgerliche Gesellschaft, Cesare hingegen versinkt immer tiefer in einem Sumpf aus Drogen und Dealen. Doch Vittorio gibt seinen Freund nicht auf und versucht, ihn aus der Unterwelt zu befreien. Und wenn das bedeutet, dafür sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.


Heimkinotipp WILLKOMMEN BEI DEN HARTMANNS  |  Regie: Simon Verhoeven | DE 2016

Alles beginnt, als Angelika Hartmann, frisch pensionierte Lehrerin und Mutter einer von Alltagsproblemen geplagten gutbürgerlichen Familie, eines Tages beschließt, einen Flüchtling aufzunehmen. Angelika ist einsam, seit die Kinder aus dem Haus sind. Ihr Mann, Chefarzt einer Klinik, versucht mit allen Mitteln, den Alterungsprozess aufzuhalten. Sohn Philip driftet in Businesswelten zwischen Shanghai und München, dabei bleibt die Beziehung zu seinem Sohn Basti etwas auf der Strecke, Tochter Sophie weiß mit 31 immer noch nicht, was sie will. Der ganz normale Familienwahnsinn also, in den der Nigerianer Diallo gerät – und auf seine charmantnaive Art das Leben der Hartmanns ziemlich durcheinanderwirbelt. Ein turbulenter Zustandsbericht aus einem fast normalen Land, in dem alle etwas verwirrt sind…
4 von 5

„Willkommen bei den Hartmanns“ will keine Lösungen bieten, sondern uns für zwei Stunden daran erinnern, dass wir uns eine ohnehin verwirrende Zeit nicht noch verwirrender machen müssen. Dabei besticht die sämtliche Facetten des Flüchtlingsthemas anreißende Satire mit teils ziemlich gewagtem Humor, einem herrlich aufgelegten Ensemble und einem melancholischen roten Faden, der die bisweilen ein wenig zu überhastete Handlung gut erden kann.

Free Fire

Brutal, witzig, brutal witzig – in FREE FIRE, einer Schießerei in Spielfilmlänge, ist der Name Programm. In einer Hommage an große Vorbilder wie Quentin Tarantino und Robert Rodriguez macht Regisseur Ben Wheatley keine Gefangenen. Mehr dazu in meiner Kritik.

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Das startet am 17. November 2016

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 17. November 2016, dessen größter Start der Presse bislang vorenthalten blieb. „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ wird aller Voraussicht nach den Rest ausstechen. In diesem Fall ist das allerdings auch nicht weiter schlimm, denn dass sich die anderen Verleiher kaum Hoffnungen machen, gegen das neueste Zaubererabenteuer zu bestehen, sieht man anhand der Filme, die von ihnen in die Kinosäle entlassen werden. Nicht einmal der neueste Jim-Jarmusch-Film kann vollends überzeugen und ob „Voll verkatert“ überhaupt noch erscheint, steht auch in den Sternen… 

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND | Regie: David Yates | UK/USA 2016
Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

1926: Newt Scamander (Eddie Redmayne) hat gerade eine weltweite Exkursion abgeschlossen, mit der er die außergewöhnliche Vielfalt von magischen Geschöpfen erforschen und dokumentieren will. Ein kurzer Zwischenstopp führt ihn nach New York und wäre sicherlich ereignislos verlaufen… würden nicht ein No-Maj (Amerikanisch für Muggel) namens Jacob (Dan Fogler), ein verloren gegangener magischer Koffer und einige entlaufene phantastische Tierwesen aus Newts Sammlung sowohl in der magischen Welt als auch unter den No-Majs für reichlich Schwierigkeiten sorgen. Mit diesem Film gibt J.K. Rowling ihr Debüt als Drehbuchautorin. Als Vorlage für ihr Skript diente das Hogwarts-Lehrbuch „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“, das von ihrer literarischen Figur Newt Scamander verfasst wurde.

4 von 5

„Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ entführt den Zuschauer in eine Welt, mit der man sich als „Harry Potter“-Fan sehr gern arrangiert. Optisch und akustisch schwelgt man in Nostalgie, auch das Casting der Darsteller gefällt. Lediglich die zu Beginn noch so harmlos-verspielte Geschichte muss in der zweiten Hälfte einem standardisierten Blockbuster-Konflikt weichen, wodurch viel des vorab aufgebauten Charmes verloren geht.


PATERSON | Regie: Jim Jarmusch | FR/DE/USA 2016

Paterson

Paterson (Adam Driver) ist ein Busfahrer, der genauso heißt wie der Ort, in dem er lebt. Die Kleinstadt in New Jersey und ihre eigentümlichen Bewohner sind die Inspiration für seine Gedichte, die er Tag für Tag in der Mittagspause auf der Parkbank verfasst. Doch er fühlt sich auch gefangen. In einem Alltag, der tagein, tagaus derselbe ist und aus dem er nicht ausbrechen kann. Dagegen sieht das Leben seiner geliebten Frau ganz anders aus. Die Welt von Laura (Golshifteh Farahani) dagegen befindet sich nämlich in einem ständigen Wandel. Fast täglich hat sie neue Träume, jeder einzelne von ihnen ein anderes, inspirierendes Projekt. Paterson liebt Laura und sie ihn. Er unterstützt ihre neugefundenen Ambitionen und sie bewundert seine Gabe für Poesie. Doch können diese unterschiedlichen Leben miteinander funktionieren? 3 von 5

Jim Jarmuschs „Paterson“ findet seine nicht zu leugnende Schönheit in der Entschleunigung. Auch die Darsteller spielen absolut solide auf. Gleichzeitig bleiben Geschichte und Charaktere durchgehend oberflächlich und die vom Regisseur beabsichtigte Poesie verpufft, da sie bis zum Ende nur Behauptung bleibt.


RADIO HEIMAT | Regie: Matthias Kutschmann| DE 2016

Radio Heimat

Die vier Freunde Frank, Pommes, Spüli und Mücke suchen mitten im Pott, mitten in der Pubertät und mitten in den 80er Jahren nach der ersten großen Liebe. Besonders Frank hat einen schmerzlichen Wunsch, nämlich bei Carola Rösler zu landen. Unerschrocken ziehen die vier Helden in den Kleinkrieg der Geschlechter und lecken ihre Wunden zwischen Freibad, Schrebergärten und Ommas Frikadellen. Sie absolvieren die schier unüberwindbaren Initiationsriten, welche das Ruhrgebiet jeglicher Mannwerdung entgegenhält: Pilstrinken, Pöhlen und Pommes-rot-weiß. Da hatte es Franks Vatter in den 60er Jahren wohl etwas leichter: Außer einem Kanon gesellschaftlich auferlegter Pflichtübungen wie Tanzschule, keuschem Kaffeetrinkens und echtem Erröten lief es in Sachen Liebe eigentlich wie von selbst. Und so bleibt unseren Helden nur eins: Alles selber ausprobieren!
3 von 5

Dank der tollen Darsteller und der sympathischen Figuren ist „Radio Heimat“ eine hübsche Anekdotensammlung aus dem Leben von vier Jugendlichen. Der Versuch, dem Ruhrgebiet eine Liebeserklärung zu machen, funktioniert allerdings nur bedingt, da das Skript über die Verwendung von Allgemeinplätzen nicht hinaus kommt.


JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN | Regie: Vincent Perez | UK/FR/DE 2016

Jeder stirbt für sich allein

Berlin 1940, Jablonskistraße 55. Die Hausgemeinschaft bildet einen Querschnitt der Bevölkerung der Zeit. Ein Blockwart, eine versteckte Jüdin, ein ehemaliger Richter, ein Denunziant, ein Kleinkrimineller, ein Hitlerjunge, eine Briefträgerin und das Arbeiterehepaar Anna und Otto Quangel. Angst in allen Facetten ist das bestimmende Gefühl dieser Zeit. Durch einen Schicksalsschlag getroffen, beschließt das Ehepaar Quangel, etwas zu tun. Auf der Suche nach Gerechtigkeit kämpfen sie mit klaren Botschaften auf schlichten Postkarten gegen Hitler. Kommissar Escherich kommt ihnen auf die Spur, die Gestapo drängt auf Ergebnisse. Der scheinbar aussichtslose gemeinsame Kampf gegen das Böse lässt Otto und Anna nach Jahren der Einsamkeit wieder zueinander finden und wird nicht nur deshalb am Ende nicht umsonst gewesen sein…
2 von 5

„Jeder stirbt für sich allein“ basiert zwar auf einem herausragenden Roman, dessen erschreckend aktuell wirkende Thematik nach wie vor für die Leinwand gemacht ist. Doch ausgerechnet auf das Werk von Vincent Perez trifft das nicht zu. Abgesehen von einigen nett inszenierten Einzelszenen im kühlen Stile handelsüblicher Spy-Thriller wirkt sein Film selbst für eine Fernsehproduktion viel zu lieb- und leidenschaftslos.


VOLL VERKATERT |  Regie: Barry Sonnenfeld | CN/FR 2016
Voll verkatert

Für den Familienvater und Geschäftsmann Tom Brand gibt es nichts Wichtigeres, als seinen Job als erfolgreicher Firmenleiter eines Milliardenunternehmens. Gerade ist er dabei, das höchste Gebäude der Stadt zu bauen. Da kann es schon mal passieren, dass Ehefrau Lara und Töchterchen Rebecca zu kurz kommen. Viel zu kurz. Mit seinem krankhaften Ehrgeiz treibt Tom regelmäßig seine Angestellten in den Wahnsinn, doch auch David, Sohn aus Toms erster Ehe, muss regelmäßig den Frust seines Dads über sich ergehen lassen. All das ändert sich jedoch, als sich Rebecca zu ihrem Geburtstag eine Katze wünscht. Widerwillig stimmt Tom zu und lernt in einer Tierhandlung den mysteriösen Katzenflüsterer Felix Perkins kennen. Dieser beschließt, dem nachlässigen Familienvater eine Lektion zu erteilen: Nach einem folgenschweren Unfall lebt Toms Verstand in der Gestalt eines Katers weiter. 1 von 5

„Voll verkatert“ hat eine Stärke: Die Synchronisation Kevin Spaceys durch Oliver Kalkofe. Ansonsten ist die vollkommen lieblos inszenierte, absolut unlustige Komödie langweiliger, als jedes Katzenvideo bei YouTube. Wenn der Film doch nicht mehr ins Kino kommt, würde es uns nicht wundern.


AMERIKANISCHES IDYLL | Regie: Ewan McGregor | USA 2016

Amerikanisches Idyll

Amerika in den Sechzigerjahren: Es könnte kaum besser laufen für Seymour Levov (Ewan McGregor), aufgrund seiner Statur von allen nur „der Schwede“ genannt. Einst Sportlegende einer Highschool in Newark, ist der erfolgreiche Handschuhfabrikant inzwischen mit der Ex-Schönheitskönigin Dawn (Jennifer Connelly) verheiratet und hat eine bezaubernde Tochter. Das perfekte Idyll bekommt jedoch erste Kratzer, als Merry (Dakota Fanning) zum rebellischen Teenager heranreift und sich ohne den Zuspruch ihrer Eltern den Protesten gegen den Vietnamkrieg anschließt. Als in der Kleinstadt eine Bombe hochgeht, verschwindet sie spurlos. War Merry die Attentäterin? Für die Levovs beginnt eine Zeit der qualvollen Ungewissheit. Fest entschlossen die Unschuld seiner Tochter zu beweisen, macht sich Seymour auf die Suche nach ihr…


EGON SCHIELE – TOD UND MÄDCHEN |  Regie: Dieter Berner | AT/LUX 2016

Egon Schiele

Wien, Anfang des 20. Jahrhunderts: Der junge Egon Schiele (Noah Saavreda) ist mit seinen originellen, erotisch aufgeladenen Werken einer der meist diskutierten Künstler seiner Zeit. Leidenschaftlich lebt er für seine Kunst, die inspiriert wird von schönen Frauen und dem Geist einer zu Ende gehenden Ära. Seine jüngere Schwester Gerti (Maresi Riegner) ist seine erste Muse, doch schon bald stehen zu ihrem Missfallen immer neue Mädchen für Egon Modell. Als ihm von seinem Künstlerfreund Gustav Klimt (Cornelius Obonya) die rothaarige Wally (Valerie Pachner) vorgestellt wird, verbindet die beiden bald schon mehr als die Liebe zur Kunst. Eine ebenso stürmische wie wahrhaftige Beziehung beginnt, die sich fortan durch Schieles Schaffen ziehen wird und durch sein Gemälde „Tod und Mädchen“ unsterblich geworden ist.


IM NAMEN DER TIERE |  Regie: Sabine Kückelmann | DE 2016
Im Namen der Tiere

Wir lieben Katzen, Hunde und Pferde, sie sind die besten Freunde des Menschen. Die sogenannten „Nutztiere“ werden dagegen gequält und ausgebeutet. Ein absurder Widerspruch: Dass Fleisch, Milch, Daunen oder Pelze von Tieren mit Charakter und eigenen Bedürfnissen stammen, die einzig für unsere Zwecke gezüchtet und getötet werden, verdrängen wir erfolgreich. „Im Namen der Tiere“ zeigt die grausame Realität, die durch diese Gleichgültigkeit entsteht und erhebt die Stimme für einen gerechten Umgang mit Tieren. George Bernard Shaw sagte: „Die größte Sünde gegenüber unseren Mitgeschöpfen ist nicht der Hass, sondern die Gleichgültigkeit. Das ist das Wesen der Unmenschlichkeit.“ Mit Dr. Melanie Joy (Sozialpsychologin, Autorin), Prof. Dr. Steven Best (Autor, Aktivist), Dr. Eugen Drewermann (Theologe, Psychoanalytiker) u.v.a.


DIE REISE MIT VATER | Regie: Anca Miruna Lăzărescu | DE 2016
Die Reise mit Vater

Heimkinotipp: HIGH-RISE | Regie: Ben Wheatley | UK/BEL 2015

High-Rise

1975. Zwei Meilen westlich von London bezieht Dr. Robert Laing auf der Suche nach Anonymität sein neues Appartement, nur um bald feststellen zu müssen, dass seine Mitbewohner gar nicht daran denken, ihn in Ruhe zu lassen. So ergibt er sich schließlich in sein Schicksal, freundet sich mit den neuen Nachbarn an und wird dadurch zunehmend in das komplexe soziale Gefüge hineingezogen.Während er so seine Probleme damit hat, seinen Platz inmitten dieser Gesellschaft zu finden, bekommen Laings gute Manieren und sein Verstand ebenso deutliche Risse wie das Gebäude selbst.  Die Lichter gehen aus, die Aufzüge bleiben stehen, aber die Party hört nicht auf.  Die Menschen sind das Problem. Der Alkohol die Währung. Sex ist das Allheilmittel.  Erst sehr viel später, als er auf dem Balkon sitzt und den Hund des Architekten verspeist, fühlt Laing sich zuhause.
4 von 5

Mit der Idee, den Bestseller „High Rise“ fürs Kino zu adaptieren, geht Regisseur Ben Wheatly ein großes Wagnis ein. Immerhin droht die Gefahr, unter dem visuellen Rausch den Blick für die Figuren zu verlieren. Diese Problematik vollständig zu umfahren, gelingt ihm tatsächlich nicht. Trotzdem ist „High-Rise“ ein virtuoses Kinovergnügen, das den Rausch von der Leinwand auf den Zuschauer transportiert.