Voyagers

Neil Burger, der Regisseur hinter „Ohne Limit“ und „Die Bestimmung – Divergent“, zeigt in seinem neuen Sci-Fi-Film VOYAGERS eine ambitionierte Raummission, die brutal schiefgeht. Ob der Film wiederum gelungen ist, verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Die Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel: Die Wissenschaft erkennt, dass die Erde schon in naher Zukunft unbewohnbar sein wird. Zum Glück entdeckt sie einen Planeten, dessen Daten suggerieren, dass er von Menschen bewohnt werden könnte. Jedoch ist dieser Planet so weit entfernt, dass er mit den aktuellen Mitteln der Raumfahrt unmöglich innerhalb eines Menschenlebens erreicht werden könnte: Die Kolonisierung des Planeten wäre ein Drei-Generationen-Unterfangen. Also wird eine Gruppe von Männern und Frauen gezüchtet, bei denen hohe Aussichten auf große Intelligenz und treuen Gehorsam bestehen. Darüber hinaus wird diese erste Generation (unter anderem Tye Sheridan, Isaac Hempstead Wright, Lily-Rose Depp und Fionn Whitehead) so erzogen, dass sie das Leben in der Natur nicht vermissen wird, wohl aber alles Wissen ansammelt, das die Missionsleitung als unerlässlich für diese Operation erachtet. Der Wissenschaftler Richard Alling (Colin Farrell) begleitet die Mission anfangs als einziger nicht speziell für sie gezüchteter Mensch, um die erste Generation an Rekrut:innen anzuleiten und zu unterstützen. Allerdings läuft dieses Vorhaben schon kurze Zeit nach dem Aufbruch ins All schief …
Kritik
Der Science-Fiction-Film „Voyagers“ eröffnet durchaus vielversprechend. Nur wenige Minuten nach Filmbeginn zeigt Regisseur Neil Burger („Ohne Limit“) in einem beeindruckenden Zeitraffereffekt, wie in Folge einer künstlichen Befruchtung eine Eizelle in einer künstlichen Gebärmutter zu einem Embryo entwickelt, und dieser sukzessive heranwächst. Ab dann geht es allerdings abwärts für „Voyagers“: Die Gruppe künstlich erzeugter Kinder wird von der Außenwelt abgeschottet und speziell für ihre Mission gedrillt, über die sie aber nur ungenau informiert werden. Es zeichnet sich schon sehr früh in „Voyagers“ ab, dass die Drei-Generationen-Weltraummission zum Scheitern verurteilt ist – und zwar aufgrund der zahlreichen eigenwilligen bis amoralischen und/oder fatal-behämmerten Entscheidungen der Verantwortlichen.

Ein hochkarätiges Ensemble: Neben diversen Newcomern (hier: Tye Sheridan) ist auch Colin Farrell mit an Bord.
Jedoch eröffnet Regisseur und Autor Burger seinen Film nicht als die Art Thriller, die dadurch Spannung gewinnt, dass über den Figuren ein Damoklesschwert schwebt. Die Exposition von „Voyagers“ wird in der Ästhetik und im Duktus eines spekulativen Sci-Fi-Films abgehalten, der erörtern möchte, ob die im Film geschilderten Versuche, die Menschheit durch gewagte Pläne zu retten, aufgehen würden und moralisch vertretbar wären. Angesichts dessen, wie himmelschreiend schlecht und undurchdacht der Plan ist, den die Wissenschaftsgruppe rund um Colin Farrells Richard Alling ist, ist die Antwort auf diese Fragen allerdings bereits klar, bevor die Mission überhaupt beginnt. Und wäre das nicht schon frustrierend genug, sind dieser undurchdachte thematische Überbau und die gesamte Vorarbeit für das zeitliche und örtliche Setting letztlich null und nichtig: Ab dem zweiten Akt wandelt sich „Voyagers“ von einem Film über einen seltsamen Drei-Generationen-Plan über die Rettung der Menschheit zu einem tumben „Herr der Fliegen … IN SPACE!“, der ohne die gesamte Exposition besser dran wäre. Denn schlussendlich will Burger nur einen Thriller über eine pubertierende Raumschiffbesatzung erzählen, die ohne Aufsicht dasteht und aufgrund ihres hormonellen Antriebs durchdreht.
„Ab dem zweiten Akt wandelt sich „Voyagers“ von einem Film über einen seltsamen Drei-Generationen-Plan über die Rettung der Menschheit zu einem tumben „Herr der Fliegen … IN SPACE!“, der ohne die gesamte Exposition besser dran wäre.“
Dieser „Spontane, individuelle Entscheidungen versus gesellschaftliche Normen setzen, behutsam und gemeinsam entscheiden“-Zwist lässt Spannung sowie Anspruch missen – was beides darauf zurückzuführen ist, wie platt und austauschbar die Figuren geschrieben sind. Da sie ohne nennenswerte Persönlichkeitsmerkmale ausgestattet sind, lassen sie sich stets so verbiegen, wie es Burger beliebt, um den Plot in Bewegung zu halten. Es gibt (je nach Figur) kaum bis gar keine Orientierungspunkte, was Charaktere korrumpiert oder alternativ besonnen hält. Allen Figuren ist aufgrund der seichten Charakterisierung gleichermaßen alles wie nichts zuzutrauen (hätte er die Exposition anders genutzt, hätte Burger dies vermeiden können), und so kann „Voyagers“ weder Suspense erzeugen noch profunde Aussagen über die menschliche Natur und gesellschaftliche Einflüsse treffen.
Es dürfte also nicht überraschen, dass die Dialoge in „Voyagers“ oftmals haarsträubend tumb sind („Verminderte Lustempfänglichkeit.“ -“Verminderte Lustempfänglichkeit? Ich will erhöhte Lustempfänglichkeit!“) und der Cast angesichts dieses Skripts unmöglich auftrumpfen kann. Sämtliche Darsteller:innen spielen ihre Rollen völlig blass, als wären sie sediert – und das lässt sich zwar bis zu einem gewissen Zeitpunkt inhaltlich begründen, dennoch gibt es einen Unterschied zwischen „langweilig gespielt“ und „gelangweilt gespielt“. Während beispielsweise Ewan McGregor und Scarlett Johansson in Michael Bays „Die Insel“ ihre gedrosselt agierenden Figuren trotzdem ansprechend spielen, agiert der „Voyagers“-Cast langweilend gelangweilt – sogar dann noch, wenn alle durchgedreht sind: Die Figuren handeln schlagartig selbstsüchtig und irrational, blicken dabei aber weiterhin wie Schaufensterpuppen aus der Wäsche. Dass „Voyagers“ immerhin ein solides Produktionsdesign auf seiner Seite hat (das Innere des Raumschiffs ist glaubwürdig funktional gestaltet, wenngleich auch kein bisschen originell) hilft diesem ernüchternden Film kein Bisschen. Schade, dass der „The Illusionist“-Regisseur nach „Die Bestimmung – Divergent“ im Sci-Fi-Genre doch noch tiefer sinken kann.
„Sämtliche Darsteller:innen spielen ihre Rollen völlig blass, als wären sie sediert – und das lässt sich zwar bis zu einem gewissen Zeitpunkt inhaltlich begründen, dennoch gibt es einen Unterschied zwischen „langweilig gespielt“ und „gelangweilt gespielt“.“
Fazit: „Voyagers“ ist eine flache „Herr der Fliegen“-Variante im Weltall, der Suspense und Anspruch ebenso fehlen wie interessante Figuren oder Antworten auf ihre anfänglich gestellten Fragen.
„Voyagers“ ist ab sofort bei Amazon Prime abrufbar.