Hellboy – Call of Darkness

Alles nochmal auf Anfang: Mit HELLBOY – CALL OF DARKNESS gibt’s das neuste Comic-Reboot zu sehen. Weshalb dieses allerdings eine gnadenlose Enttäuschung ist und was ihr sonst noch vom Film erwarten dürft, das verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Halbdämon Hellboy (David Harbour) kämpft seit Jahrzehnten gegen das übernatürliche Böse. Aber nun bekommt er es mit seiner schwesten Mission zu tun: Er muss die mächtige Hexe Nimue (Milla Jovovich) und das ihr ergebene Monster Gruagach stoppen, die zusammen mit einer Reihe weiterer mythischer Wesen vorhaben, Tod und Zerstörung unter die Menschen zu bringen. Aber um zu ihrem Ziel zu gelangen, bräuchten sie Hellboy. Denn seine Bestimmung war einst, selber den Weltuntergang loszutreten – bis sein Ziehvater Professor Broom (Ian McShane) ihn auf die gute Seite holte. Als Hellboy dies erfährt, sehen er und seine Mitstreiter Alice (Sasha Lane) und Ben (Daniel Dae Kim) sich also nicht nur mit einer Armee der Finsternis konfrontiert, sondern auch mit ureigenen Dämonen…
Kritik
Reboots bestehender Franchises sind eine große Chance. Nachdem der vierte Pierce-Brosnan-Bond, „Stirb an einem anderen Tag“ eine riesige Fremdschamnummer darstellte und sich das Agentengenre durch die „Bourne“-Reihe in eine rauere, dramatischere Richtung entwickelte, wurde ein figurengesteuerter, rauer, dramatischer Neustart mit Daniel Craig gewagt. Christopher Nolan unterzog der „Batman“-Reihe mit der „The Dark Knight“-Trilogie ebenfalls einen dramatischen, realistischeren Neuanstrich. „Spider-Man: Homecoming“ dagegen bewegte nach den überfrachteten „The Amazing-Spider-Man“ die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft in eine simplere, amüsiertere Tonalität. Kurzum: Reboots gestatten es Studios und Filmschaffenden, Franchises tonal anders aufzustellen – und im Idealfall darüber hinaus frühere Fehler zu vermeiden und so auch bessere Filme auf die Beine zu stellen. „Hellboy – Call of Darkness“ unterdessen führt vor, was ein Reboot alles nicht machen sollte. Denn der Neustart der „Hellboy“-Filmreihe nimmt fast alles, was Guillermo del Toros Dilogie ausgemacht hat, wirft es weg und ersetzt es durch Banalität.
Die Filme del Toros lebten von einem unfassbar detallierten, stimmungsvollen Set-, Requisiten- und Kostümdesign, sie erschufen eine staubige, glibbrige, schuppige, runzelige, eng vernetzte Welt voller Monster, Gerätschaften, Schmutz und sonderbaren Dingen – primär auf die Leinwand gebracht mittels aufwändiger Make-up-Ideen, Aufbauten, Puppen und Modelle. Verquickt mit atmosphärischer Lichtsetzung ergab sich so ein glaubhaftes, teils auch schaurig-schön-beklemmendes Filmuniversum – wenngleich es nicht immer nah an den Comics des Autoren und Zeichners Mike Mignola war. „Hellboy – Call of Darkness“ dagegen wurde darauf angelegt, näher an Mignolas Erzählungen zu rücken, ist in der Umsetzung aber weitab von Mignolas markanten Bildern. Stattdessen ist „Hellboy – Call of Darkness“ ein einziger, ermüdender Eiertanz um del Toros Revier. Nebenfiguren aus den „Hellboy“-Comics, die in del Toros Arbeiten eine prominente Rolle hatten, werden hier ebenso sehr vermieden, um den bisherigen „Hellboy“-Filmen in die Quere zu kommen, wie del Toros gotisch-verquere Weltenbildung. Neil Marshall, der sich unter anderem durch zwei „Game of Thrones“-Episoden einen Namen gemacht hat, lässt seine Neuinterpretation der „Hellboy“-Comics aussehen wie jede x-beliebige US-Krimiserie, die in den immergleichen bläulich-grünlich-gräulich farbgefilterten, flach belichteten Bildern daherkommt – nur, dass hier halt ein höllisch roter Hüne durchs Bild spaziert und wie ein bockiger Teenager aus der Wäsche guckt.
Das profane Produktionsdesign und die völlig banale Regieführung nehmen dieser „Hellboy“-Variante also die Atmosphäre und Schaueffekte der del-Toro-Version – aber was bieten sie stattdessen? Nun: Im Vorfeld wurde beharrlich darauf gepocht, dass dieser „Hellboy“ härter ist. Doch das stimmt nur teilweise. Ja, sowohl in den USA als auch in Deutschland hat „Hellboy – Call of Darkness“ eine höhere Jugendfreigabe als die del-Toro-Filme (in der Kinofassung), da massig Blut spritzt. Explizität allein bedeutet jedoch keine höhere Intensität: Das lachhaft schlecht animierte CG-Blut, das hier in fast jeder Actionsequenz in Richtung Kamera spritzt, ist nämlich eine bloße, leere Bildinformation. Die Actionszenen sind so lahm inszeniert und mit so blechern-gleichgültiger Soundabmischung bedacht, dass sie einfach so an uns vorbeiplätschern. Bei del Toro gab es im On wesentlich weniger Gewalt zu sehen, aber sie wurde mit versierter Hand umgesetzt und in einer so glaubwürdigen, ausgearbeiteten Bildsprache präsentiert, dass sie sich wesentlich härter anfühlte, sie uns in Mitleidenschaft zog, selbst wenn sie mangels unmissverständlicher Drastik Zwölfjährigen präsentiert werden konnte. Hier hingegen werden Köpfe abgebissen und wir zucken nur mit den Schultern.
Allein ein (narrativ völlig überflüssiges, mit dem Brecheisen in den Plot gehebeltes) Aufeinandertreffen mit der Sagenfigur Baba Jaga (die auch in „Ant-Man and the Wasp“ Erwähnung fand) bricht aus der lähmenden Actionchose Marshalls raus. Nebelig ausgeleuchtet und sich allein um zwei aufeinander losgehende, durch detailreiches Effekt-Make-up realisierte Figuren drehend, hat diese Sequenz ein leichtes Horror-Feeling und sticht als einzige markante Filmpassage heraus. Der Rest setzt sich aus pointenfreien Wortwechseln, bemühten Abweichungen vom eigentlichen Plot, die grundlos irgendwelche „Hellboy“-Comics referenzieren, und unmotivierten, schwafelig-zahnlos ausformulierten inneren Konflikten Hellboys zusammen. All das in einem behäbigen Pacing und frei von denkwürdiger Charakterzeichnung. Ian McShane knurrt sich was zusammen, „American Honey“-Star Sasha Lane und Daniel Dae Kim werden völlig vom Skript im Stich gelassen und David Harbour macht zwar optisch eine gute Figur als Hellboy, muss aber gegen das lästige, ungewitzte Gejammer ankämpfen, das ihm das Drehbuch in den Mund legt. Allein Milla Jovovich gefällt als dick aufgetragen lamentierende, sich selbst genießende Schurkin – schade, dass sie ein hibbelig animiertes Schweinemonster als Sidekick hat, welches dank unfertigem Shading so aussieht, als sei es einer Playstation-3-Cutscene entliehen. Gähn!
Fazit: So rebellisch und unangepasst sich Hellboy in diesem Film auch fühlen mag, „Hellboy – Call of Darkness“ ist nicht rau, nicht unkonventionell und auch nicht fetzig, sondern einfach nur unfassbar öde.
„Hellboy – Call of Darkness“ ist ab dem 11. April bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
Film eben gesehen. Großen Spass gehabt. Einziger Schwachpunkt: Milla J.