Das startet am 21. September 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 21. September, der so viele Neustarts bereithält, dass wir bislang nur einen Bruchteil davon besprechen konnten. Zu „Kingsman“, dem interessantesten Start der Woche, dürfen wir erst ab dem 18. September, 23:01 Uhr unsere Meinung abgeben, während die Presse „The LEGO Ninjago Movie“ erst am kommenden Montag zu sehen bekommt. Davon einmal abgesehen, gibt’s diesmal ziemlich viel Durchschnitt zu sehen und zwei Filme, von denen einer sich vollkommen verzettelt, während der andere auf einem erschreckend falschen Dampfer ist. Eine ausführliche Besprechung dazu folgt in den kommenden Tagen.

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

KINGSMAN: THE GOLDEN CIRCLE  | Regie: Matthew Vaughn | UK/USA 2017

Die in Großbritannien stationierten Kingsmen sind ein unabhängiger, internationaler Geheimdienst, der auf höchstem Level von Diskretion operiert und dessen ultimatives Ziel ist, die Welt sicher zu halten. Als der streng geheime Verband attackiert und all ihre Hauptquartiere zerstört werden, führt es Eggsy (Taron Egerton) und seinen Kollegen Merlin (Mark Strong) in die USA, wo eine verbündete US-Spionageorganisation namens Statesman (u.A. Channing Tatum, Halle Berry und Jeff Bridges) auf sie wartet, die bis in die Tage der Gründung beider Organisationen zurückreicht. In einem neuen Abenteuer, das die Stärke und den Einfallsreichtum der Agenten bis zum Äußersten fordert, verbünden sich die beiden Elite Geheimorganisationen, um einen rücksichtslosen, gemeinsamen Feind zu zerstören, der seinerseits nicht weniger vorhat, als sich die Welt zu unterjochen…

Alles beim Alten und genau deshalb so gut – „The Golden Circle“ spinnt die Absurditäten des ersten „Kingsman“-Films ebenso mühelos wie gekonnt weiter und besticht als starke Mischung aus Agentenfilmparodie, -Hommage und eigenständigem Franchise-Film, der für Fans tolle Details bereithält und allen Anderen nicht minder einen fantastischen Kinoabend beschert. Vermutlich der beste Blockbuster des Jahres!


AMELIE RENNT  | Regie: Tobias Wiemann | DE/IT 2017

Amelie (Mia Kasalo) ist 13, eine waschechte Großstadtgöre und womöglich das sturste Mädchen in ganz Berlin. Amelie lässt sich von Niemanden etwas sagen, schon gar nicht von ihren Eltern, die sie nach einem lebensbedrohlichen Asthmaanfall in eine spezielle Klinik nach Südtirol verfrachten. Genau das, was Amelie nicht will. Anstatt sich helfen zu lassen, wie es jedes vernünftige Mädchen tun würde, reißt sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus. Sie flüchtet dorthin, wo sie garantiert niemand vermutet: Bergauf. Mitten in den Alpen trifft sie auf einen geheimnisvollen 15-Jährigen mit dem sonderbaren Namen Bart (Samuel Girardi). Als der ungebetene Begleiter ihr das Leben rettet, stellt Amelie fest, dass Bart viel interessanter ist, als anfangs gedacht. Gemeinsam begeben sich die beiden auf eine abenteuerliche Reise, bei der es um hoffnungsvolle Wunder und echte Freundschaft geht. 

„Amelie rennt“ ist ein mit viel Fingerspitzengefühl inszeniertes Abenteuerdrama rund um eine junge Frau, die es sich und ihrer Umwelt beweisen will. Dabei nimmt Regisseur Tobias Wiemann nicht bloß seine Hauptfigur sowie ihr privates Umfeld zu jedem Zeitpunkt ernst, sondern macht aus kleinen Beobachtungen Momente größter Emotionen. Ein wahrhaftiger, ehrlicher und ehrlich optimistischer Film.


SCHLOSS AUS GLAS  | Regie: Destin Daniel Cretton | USA 2017

Als Kind ist das Leben für die kleine Jeannette (Brie Larson) ein großes Abenteuer. Ihr Vater Rex (Woody Harrelson) holt ihr die Sterne vom Himmel und verjagt die Dämonen, die sie nachts im Traum verfolgen. Was macht es da schon, mit leerem Magen ins Bett zu gehen, eine eigensinnige Künstlermutter (Naomi Watts) ertragen zu müssen oder in Nacht-und-Nebel-Aktionen den Wohnort zu wechseln. Sie ist ein glückliches Kind. Doch mit der Zeit können auch die hoffnungsvollen Geschichten des alkoholkranken Vaters nicht mehr von der bitteren Armut ablenken, in der Jeannette und ihre Familie leben, und das Lügengebäude der Eltern erweist sich als ebenso zerbrechlich wie das Schloss aus Glas, das Rex seiner Tochter jahrelang verspricht zu bauen…

Die große Kunst von Regisseur Daniel Cretton besteht darin, das tragische Schicksal der Wallis-Familie nicht zu überdramatisieren und auf eine leichtfüßig-flüssige Erzählung zu bauen, sodass sich die 127 nicht wie solche anfühlen. Gleichzeitig bleibt er dadurch an vielen Stellen an der Oberfläche und hätte er seinen starken Cast nicht, würde „Schloss aus Glas“ noch viel häufiger in unangenehmen Kitsch abdriften, als er es so ohnehin schon tut.


THE LEGO NINJAGO MOVIE  | Regie: Charlie Bean, Paul Fisher, Bob Logan | DK/USA 2017

Der junge Außenseiter Lloyd alias Der Grüne Ninja und seine Freunde, sind insgeheim große Krieger, die regelmäßig ihre geliebte Stadt Ninjago vor dem Bösen beschützen. Unter der Leitung des weisen Sprücheklopfers und Meisters Wu schmieden sie immer wieder neue Pläne, um den bösen Warlord Garmadon (deutsche Stimme: Klaus-Dieter Klebsch), den schlimmsten Schurken überhaupt, zu bekämpfen, der zufällig auch noch Lloyds Vater ist. So kommt es zum Duell Mech gegen Mech, aber auch Vater gegen Sohn: Im gigantischen Showdown wird sich zeigen, ob sich dieses ebenso ungestüme wie undisziplinierte Team aus modernen Ninjas bewährt. Denn sie alle müssen erst noch lernen, ihre Egos zu zügeln, um gemeinsam zu agieren und so ihre innere Kraft zu entfalten. Doch das ist schwieriger, als gedacht… 

Mit den ersten beiden LEGO-Kinofilmen kann „The LEGO Ninjago Movie“ erwartungsgemäß nicht mithalten, doch es gibt wahrlich schlimmere Zeitvertreibe, als diesen insgesamt netten, actiongeladenen und in den stärksten Momenten einmal mehr herrlich metakomischen Animationsfilm.


LEANDERS LETZTE REISE  | Regie: Nick Baker-Montey | DE 2017

Eigentlich wollte der 92-jährige Eduard Leander noch einmal allein auf eine letzte Reise gehen. Seine Frau ist gerade gestorben, zu Tochter Uli und Enkelin Adele hat er kaum Kontakt. Auch die beiden Frauen haben ein schwieriges Verhältnis zueinander. Uli übt ständig Kritik am unsteten Lebensstil ihrer Tochter, die ihr Studium geschmissen hat und als Kellnerin jobbt. Ausgerechnet Adele soll nun ihren Großvater von seiner Reise abhalten und ihn im letzten Moment aus dem Zug nach Kiew holen. Doch der störrische Alte lässt sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er hat sich in den Kopf gesetzt, seine verlorene Liebe wiederzufinden, die er als junger Wehrmachtsoffizier im Osten zurücklassen musste. Und so landet Adele wider Willen mit im Zug und muss die Reise gemeinsam mit Eduard in die von Kriegswirren geplagte Ukraine antreten, wo nicht nur der Rentner und seine Enkelin langsam zusammen finden. 

Nick Baker-Montays melancholisches Roadmovie „Leanders letzte Reise“ verläuft trotz seines interessanten erzählerischen Umfelds in weitestgehend routinierten Bahnen, punktet aber durch starke Darsteller und eine unsentimentale Aufmachung, die auch vor unangenehmen Themen nicht die Augen verschließt.


NORMAN  | Regie: Joseph Cedar | ISR/USA 2017

Am Rande der von Macht und Geld geprägten Welt New York Citys erträumt der einsame Möchtegern-Geschäftsmann Norman Oppenheimer große Finanzpläne. Mit leeren Händen dastehend, versucht Norman, sich mit jedermann anzufreunden, doch auch das unaufhörliche Kontakteknüpfen bringt ihn letztlich nicht weiter. Immer auf der Suche nach Aufmerksamkeit nimmt er eines Tages Micha Eshel ins Visier. Der charismatische israelische Politiker ist in der Stadt ebenfalls allein und am Tiefpunkt seiner Karriere angekommen. Norman wittert Eshels momentane Beeinflussbarkeit und schenkt ihm ein überaus teures Paar Schuhe – eine Geste, die den Politiker tief berührt. Als er drei Jahre später Premierminister wird, erinnert sich Eshel wieder an Norman. Und der bekommt auf einmal genau das, wovon er immer geträumt hat: Respekt, und zwar im Überfluss. 

In „Norman“ schwadroniert sich Richard Gere als Sympathieträger durch eine Geschichte, deren seichte Inszenierung den komplexen Politverwicklungen nicht gerecht wird. Fans des Schauspielstars dürften ihren Spaß haben, für alle anderen hat die zurückhaltend inszenierte Tragikomödie kaum was zu bieten.


THE BOOK OF HENRY  | Regie: Colin Trevorrow | USA 2017

Die Dinge sind nicht immer so, wie sie zu sein scheinen – vor allem nicht in dem kleinen Vorort, in dem die Familie Carpenter lebt. Susan arbeitet als Kellnerin in einem Diner, um als alleinerziehende Mutter ihre beiden Söhne versorgen zu können – den achtjährigen Peter, der die meiste Zeit mit seinen Spielsachen verbringt und den älteren, hochbegabten Henry. Henry hält das Gefüge zusammen und schafft es, auf seine eigene ganz besondere Art und Weise, für alles und jeden im Haushalt zu sorgen. Als Beschützer seines liebenswürdigen kleinen Bruders und unermüdlicher Unterstützer seiner oftmals überforderten Mutter, bewältigt er den Alltag seiner Familie quasi im Alleingang. Vermeintlich friedlich wirkt das Haus nebenan – hier lebt Henrys Schulkameradin Christina, zusammen mit ihrem Stiefvater Glenn.

„The Book of Henry“ beginnt als leichtfüßiges Familienmärchen, nimmt die Abfahrt über das herbe Drama und mündet in einen Rachethriller auf B-Movie-Niveau, der nicht bloß das Thema Kindesmissbrauch viel zu leichtfertig behandelt, sondern noch dazu Selbstjustiz gutheißt und dafür so großartige Darsteller wie Naomi Watts, Jacob Trambley und Jaeden Lieberherr verheizt.


HEREINSPAZIERT!  | Regie: Philippe de Chauveron | FR 2017

Starautor Jean Etienne Fougerole lebt mit Frau Daphné, Sohn Lionel und Personal ein privilegiertes Leben. Trotzdem oder gerade deshalb spricht er sich in seinem neuesten Werk für die bedingungslose Aufnahme von obdachlosen und hilfsbedürftigen Menschen aus. Bei einem TV Duell lässt er sich auf ein verbales Kräftemessen mit einem verhassten Konkurrenten ein, der eine gegensätzliche und vor allem populistische Haltung vertritt. Im Laufe der hitzigen Debatte stellt dieser Fougeroles Engagement provokant in Frage und ihn zur Rede. Um sein Gesicht zu wahren, gibt Jean Etienne vor laufender Kamera dem Druck des Kontrahenten nach und erklärt sich bereit, „selbstverständlich“ und zu jederzeit hilfsbedürftige Roma in seiner Nobelvilla aufzunehmen. Schon am gleichen Abend wird Jean Etienne von den Folgen seiner vermeintlich großherzigen Ankündigung eingeholt… 

„Hereinspaziert!“ ist ein Film, der Vorurteile bekräftigt, anstatt sie zu widerlegen. Darin steckt die Aussage, alle Ausländer wären wilde, sich den Gesetzen widersetzende und unbelehrbare Menschen, die sich der Fremde nicht anpassen wollen. Sollten die Macher ihren Film als Satire angelegt haben, ist diese Intention nicht erkennbar. Was bleibt, ist eine absolute Katastrophe – und ein gefundenes Fressen für Rechtspopulisten.


KÖRPER UND SEELE  | Regie: ldikó Enyedi | HUN 2017

Die autistische Ungarin Maria (Alexandra Borbély) arbeitet als Qualitätskontrolleurin in Budapest in einem Schlachthaus. Kontakt zu knüpfen, fällt ihr schwer, bis sie den sympathischen Finanzchef Endre (Géza Morcsányi) kennenlernt. Der junge Mann ist halbseitig gelähmt – in Marias Augen ein ebensolcher Außenseiter wie sie. Dass die beiden eine besondere Verbindung haben, offenbart sich schließlich bei einem psychologischen Test: Nach einem Diebstahl werden sämtliche Mitarbeiter des Betriebs eines solchen unterzogen. Hier offenbart sich Erstaunliches: Über Monate träumen Maria und Endre Nacht für Nacht dasselbe und damit auch vom jeweils Anderen. Doch was ihr Traum, in dem zwei Hirsch und ein verschneiter Wald vorkommen, zu bedeuten hat, dass wissen die beiden nicht. Doch vielleicht werden es beide gemeinsam herausfinden, wenn sie sich die Liebe zu einander endlich eingestehen?


DAS SYSTEM MILCH  | Regie: Andreas Pichler | DE/IT 2017

Milch ist Big Business. Hinter dem unschuldig anmutenden Lebensmittel verbirgt sich ein milliardenschweres Industriegeflecht. Dabei ginge es auch anders… Fast auf jeder Milchpackung sehen wir das Bild glücklicher Kühe, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Milch ist ein gefragter Rohstoff, mit dem knallhart gehandelt wird. Dieser Dokumentarfilm über die Welt der Milch wirft einen Blick hinter die Kulissen. Wir treffen Landwirte, Industrielle, Wissenschaftler und anderen Experten, um die Frage zu beantworten, welche weitreichenden Folgen das große Geschäft mit der Milch hat – auf die Tiere, auf die Umwelt und auf uns Menschen selbst. „Das System Milch“ ist eine cineastische Reise über mehrere Kontinente, die mit Vorurteilen aufräumt und Lösungen aufzeigt.  Der renommierte Südtiroler Dokumentarfilmregisseur Andreas Pichler wurde für seine Arbeiten vielfach ausgezeichnet.


Heimkinotipp: BIBI & TINA – TOHUWABOHU TOTAL  | Regie: Detlev Buck | DE 2017

Das Tohuwabohu ist perfekt: Bibi (Lina-Larissa Strahl) und Tina (Lisa-Marie Koroll) begegnen einem ruppigen Ausreißer (Lea van Acken), der sich als Mädchen entpuppt und von seiner Familie verfolgt wird. Das Familienoberhaupt ist weltfremd, engstirnig und stur, den kann man nicht überzeugen und selbst Bibi kommt mit Hexerei nicht weiter. Außerdem ist Schloss Falkenstein „under contruction“ und der Graf (Michael Maertens) völlig überfordert, während Alex (Louis Held) ein Musik-Festival auf Falkenstein plant und sich seinem Vater widersetzt. Und als wäre das nicht genug, wird Tina schließlich auch noch entführt. Bei all dem Chaos wird am Ende eines ganz klar: Wirkliche Veränderungen entstehen durch gemeinsame Aktionen und Anstrengungen, nicht durch Hexerei.

Wer nach „Bibi & Tina – Tohuwabohu total“ immer noch die Meinung vertritt, das ursprünglich mal als Familienfilmreihe angefangene Franchise sei doch nur etwas für kleine Mädchen, der glaubt auch, dass Donald Trumps Idee mit der Mauer eine gute ist. Bibi und Tina machen es vor: Die beiden weltoffenen Mädels bekommen mit diesem weltoffenen, komplexen und ungemein kreativen Film genau den Abschlussfilm, den sie verdienen.

Und was sagst Du dazu?