Killer’s Bodyguard

Auch wenn es das Marketing anders versprochen hat, hat die Actionkomödie KILLER’S BODYGUARD nichts mit der Neunzigerjahre-Romanze „Bodyguard“ mit Whitney Houston zu tun. Ob der Kultfaktor trotzdem ähnlich hoch ist, das verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Michael Bryce (Ryan Reynolds) ist der weltbeste Sicherheitsagent und Personenschützer und wird als solcher ausgerechnet dafür engagiert, den berühmt-berüchtigten Auftragskiller Darius Kincaid (Samuel L. Jackson) zu beschützen, mit dem er bereits mehr als einmal beruflich zu tun hatte. Kincaid soll vor einem internationalen Gerichtshof gegen den verbrecherischen, osteuropäischen Diktator Vladislav Dukhovich (Gary Oldman) aussagen. Doch dazu muss er rechtzeitig und unversehrt dort eintreffen, was Dukhovich natürlich mit allen Mitteln verhindern will. Die beiden Männer waren zwar jahrelang Feinde und haben unzählige Male versucht, sich gegenseitig zu töten, aber jetzt müssen sie wohl oder übel zusammenarbeiten, um innerhalb von 24 Stunden zu der Gerichtsverhandlung zu kommen. Der Beginn eines haarsträubenden Abenteuers…
Kritik
Mick Jacksons zweifach oscarnominierte Romanze „Bodyguard“ ist ein unverwüstlicher Klassiker, der der 2012 verstorbenen RnB-Sängerin Whitney Houston (mehr dazu auch in der Dokumentation „Whitney – Can I Be Me“) ihren ganz großen Leinwand-Durchbruch bescherte. Nun erscheint mit „Killer’s Bodyguard“ – der Film wurde hierzulande von „Hitman’s Bodyguard“ umbenannt, da man sich von Seiten des Verleihs nicht sicher sein konnte, dass die Zuschauer wissen, dass „Hitman“ Auftragskiller bedeutet – ein Film, der vom Titel her ähnlich anmutet und weshalb man sich zumindest im Marketing dazu entschloss, auf prägnante Elemente der 90s-Schmonzette zu bauen. Als Trailersong ertönte Houstons Powerballade „I Will Always Love You“, das erste Filmplakat orientierte sich am Design des ersten „Bodyguard“-Plakats, doch am Ende sollte sich alles als Mogelpackung herausstellen; Inhaltlich wie inszenatorisch hat der letzte große Sommerblockbuster dieser Saison nämlich gar nichts mit der vermeintlichen Vorlage zu tun. Stattdessen liefern Regisseur Patrick Hughes („The Expendables 3“) und Drehbuchautor Tom O’Connor („Fire with Fire“) „nur“ eine etwas andere Buddy-Cop-Comedy ab, in der sich das Hauptdarstellerduo aus einem Personenschützer und einem gemeingefährlichen Auftragskiller zusammensetzt. Darstellerisch mag man auf eine Mischung aus „Kingsman“ (hier spielte Samuel L. Jackson den Bösewicht) und „Deadpool“ (Ryan Reynolds mimt den Titelgebenden Antihelden) hoffen, doch abgesehen von der für einen Mainstream-Popcorn-Film überraschend dominanten Brutalität ist „Killer’s Bodyguard“ zwar ein guter, aber doch weitestgehend konventioneller Genrefilm geworden, der mit mehr Tempo und Witz eine ernst zunehmende Konkurrenz für die beiden Filme hätte darstellen können.

Eigentlich können sich Michael (Ryan Reynolds) und Darius Kincaid (Samuel L. Jackson) auf den Tod nicht ausstehen…
Schon herkömmliche Buddykomödien, in denen beide Hauptfiguren die Position des Cops innehaben, reizen die Gegensätze des Gespannes bis zur Schmerzgrenze aus. Innerhalb eines Protagonistenduos direkt Gut und Böse zu vereinen, setzt da nicht nur formal einen drauf, sondern ist tatsächlich mal eine richtig frische Idee. Natürlich bleibt dieser Eindruck nur so lange aufrecht erhalten, bis deutlich wird, dass dieser vermeintliche Schurke Darius Kincaid in Wirklichkeit gar kein allzu fieser Bösewicht ist. So mag er gewiss für Geld (ohnehin zwielichtige) Menschen umgebracht haben, doch immerhin büßt er schon seit einer ganzen Weile die gerechte Strafe dafür ab. Damit kann sich Tom O’Connor dann auch guten Gewissens um den exzentrischen Charakter seiner Figur kümmern, denn sein Darius Kincaid hat im Gefängnis nichts an Schlagfertigkeit und Coolness eingebüßt. Ganz so schillernd wie in „Kingsman“ spielt Samuel L. Jackson hier zwar nicht auf, doch sein überbordendes Selbstbewusstsein bildet den perfekten Kontrast zu Ryan Reynolds, dessen Figur durch die Suspendierung jeglichen Kampfgeist und Optimismus verloren hat. Patrick Hughes lässt aus diesen charakterlichen Kontrasten nicht bloß eine rasante Dynamik entstehen, die er auch bei der Inszenierung der Actionszenen für sich arbeiten lässt. Sie bilden gleichsam einen perfekten Nährboden für einige dramatische Einschübe. Michael entdeckt durch das unbedarfte Auftreten seines Schützlings die Freude am Risiko wieder, während Darius Kincaid glaubhaft seine zwielichtige Killerkarriere überdenkt. Das mag nicht besonders subtil sein, doch nicht nur die Darsteller bringen diesen Wandel glaubhaft rüber; durch diese ruhigen Momente kommen die rasant-überdrehten Actioneinlagen, in denen Hughes mit Blut nicht geizt, nochmal eine ganze Spur besser zur Geltung.
Während „Killer’s Bodyguard“ nicht bloß zu Beginn schwer in die Gänge kommt, sondern auch die persönlichen Scharmützel zwischen Bryce und Kincaid zwischendurch in eine redundante Beliebigkeit abrutschen, da sie einfach immer nach demselben Prinzip funktionieren, trumpft Patrick Hughes bei der Inszenierung der Actionszenen so richtig auf. Das Herzstück seines Films ist eine rasante Verfolgungsjagd durch die Kanäle von Amsterdam, in der Kincaid mittels Schnellboot und Bryce auf einem Motorrad vor den schusssicheren Angreifern fliehen, die wiederum in einem PS-starken Sportwagen unterwegs sind. Ryan Reynolds liefert sich obendrein eine mitreißend choreografierte Martial-Arts-Performance auf dem engen Raum eines Heimwerkergeschäfts (das ihm gleichsam als riesiges, herrlich unkonventionelles Waffenarsenal dient) und das abschließende Manöver, das die beiden mit einem mehr kaputten denn heilen Auto absolvieren, ist so auf den Punkt inszeniert, gefilmt und geschnitten, dass sich „Killer’s Bodyguard“ vor dem diesen Sommer als Maß aller Actiondinge fungierenden „Baby Driver“ nicht zu verstecken braucht. Die ganz große Überraschung bleibt indes durch die inhaltliche Beliebigkeit aus, der auch die Nebendarsteller zum Opfer fallen. Gary Oldman („RoboCop“) kann aus seiner Rolle nicht mehr rausholen, als den russischen Vorzeigebösewicht, während Selma Hayek („Das Märchen der Märchen“) die anstrengende Karikatur einer heißblütigen Latina zum Besten gibt, die selbst im Gefängnis alle Umstehenden nach ihrer Pfeife tanzen lässt.
Doch so virtuos, souverän und haptisch die Actionszenen auch inszeniert sind (Stuntcoordinator Greg Powell war bereits für Filme wie die „Harry Potter“-Saga oder „James Bond 007: Skyfall“ verantwortlich), so sehr verwundert der ansonsten alles andere als haptische Look. Die Explosionen und Verfolgungsjagden sehen stets echt aus (so echt, dass eine Aufnahme der Dreharbeiten zu kurzer Berühmtheit fand), doch die Bilder von „Killer’s Bodyguard“ werden von einem merkwürdigen Grauschleier dominiert, der aus viel zu viel Weichzeichner resultiert. Kommt doch einmal Computertrick zum Einsatz, sehen die Effekte auch direkt weitaus weniger wertig aus, als die handgemachten Stunts, weshalb die qualitative Spannbreite auf optischer Ebene überraschend weit auseinander geht. Das ist irritierend und mindert gerade zum Finale hin immer öfter den Sehgenuss; als besonders negatives Beispiel erwähnen wir an dieser Stelle eine Szene, in welcher sich Ryan Reynolds und Samuel L. Jackson auf dem Dach eines Hochhauses gegenüber stehen, und man die Verwendung von Greenscreen schon von Weitem erkennt. So wenig Fingerfertigkeit beißt sich mit der Arbeitseinstellung von Regisseur Patrick Hughes, der vorab immer wieder betonte, in seinen Film möglichst wenig auf technische Hilfsmittel zu setzen. Für eine Sache braucht er diese dann allerdings tatsächlich nicht: Die Chemie zwischen den beiden auch privat befreundeten Hauptdarstellern ist so beispielhaft, dass man sich endlich mal wieder auf ein Sequel freut, sobald sich dieses bei Erfolg dieses Films denn aller Voraussicht nach ankündigen wird.
Fazit: Die Idee hinter „Killer’s Bodyguard“ ist clever, die beiden perfekt aufeinander eingespielten Hauptdarsteller machen Spaß und die Action punktet größtenteils mit Kreativität und Einfallsreichtum. Inhaltlich bietet die Actionkomödie jedoch nicht allzu viel Neues, während die hier und da hervorstechenden Mängel in der technischen Ausfertigung schon stark irritieren.
„Killer’s Bodyguard“ ist ab dem 31. August bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.