Spy – Susan Cooper Undercover

Nach dem grandiosen Blockbusterspektakel „Kingsman“ folgt mit der Actionkomödie SPY – SUSAN COOPER UNDERCOVER nun schon die zweite Bond-Verneigung innerhalb weniger Monate. In den Hauptrollen der von Comedy-Experte Paul Feig inszenierten Komödie finden sich mit Melissa McCarthy und Rose Byrne echte Experten auf dem humoristischen Gebiet. Doch ausgerechnet ein Actionstar stiehlt ihnen allen die Show. Mehr zum Film in meiner Kritik.

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Der Plot

Normalerweise ist die strebsame CIA-Analystin Susan Cooper (McCarthy) nicht von ihrem Arbeitsplatz in der Zentrale des US-amerikanischen Geheimdienstes wegzubekommen. Sie liebt ihren ruhigen Bürojob und steht ihrem liebgewonnen Kollegen Bradley Fine (Jude Law) mit Rat und Tat via Telefon zur Seite, wenn dieser wieder einmal in einem Außeneinsatz den Weltfrieden sichert. Doch auf der Jagd nach der gemeingefährlichen Schurkin Raina Boyanov (Rose Byrne) geht etwas schief und Bradley muss vor den Augen von Susan Cooper den Löffel abgeben. Traurig über den Verlust steht die CIA nun mit dem Rücken zur Wand, denn Boyanov muss so schnell wie möglich dingfest gemacht werden. Es ist die Chance für Susan, auch endlich als Agentin Karriere zu machen. Aufgrund ihres unscheinbaren Äußeren wird sie von ihrer Chefin darauf angesetzt, in die Fußstapfen ihres verstorbenen Kollegen zu treten. (Fast) ganz ohne Hilfe des von sich selbst zur allzu überzeugten Vorzeige-Actionhelden John Ford (Jason Statham) reist Susan inkognito um die halbe Welt, um sich unbemerkt an Rainas Fersen zu heften. Doch mit ihrem neuen Dasein als knallharte Ermittlerin ist Susan so überfordert, dass sie sich schon sehr bald die Hilfe ihrer Kollegen herbeisehnt. Ein Glück, dass die CIA auf alles vorbereitet ist…

Kritik

Während sich Frauen in der Comedy mittlerweile voll und ganz etabliert haben, sind Actionfilme nach wie vor ausschließlich Männersache. Wenngleich es mit Filmen wie zuletzt „Mad Max: Fury Road“ durchaus Ausnahmen gibt, fristen Frauen in heroischen Hollywood-Rollen ein stilles Nischendasein. Ein Glück, dass Regisseur Paul Feig diesen Missstand früh erkannte und seither vorzugsweise Filme dreht, in denen starke Frauenfiguren im Mittelpunkt stehen. Seine für mehrere Golden Globes und Oscars nominierte Komödie „Brautalarm“, mit der Melissa McCarthy hierzulande ihren Durchbruch feierte, wurde zu einer Art „weiblichem ‚Hangover‘“, „Taffe Mädels“ zeigte uns, dass das testosterongetränkte Genre der Buddy-Komödie auch aus weiblicher Sicht funktioniert und spätestens mit „Spy – Susan Cooper Undercover“ sagt sich Feig nun endgültig vom konventionellen Gender-Denken los uns inszeniert eine Spionage-Actionkomödie frei von geschlechtsspezifischen Klischees. Im Mittelpunkt steht dabei einmal mehr Melissa McCarthy, die schon vielfach zuvor mit Feig zusammenarbeitete und auch in dessen nächstem, übrigens auch komplett weiblichen Projekt „Ghostbusters“ eine tragende Rolle spielen wird. Die reichlich konventionell anmutenden Trailer tun „Spy“ dabei Unrecht: McCarthy mimt nicht etwa erneut den Tollpatsch mit Fettnäpfchengarantie, sondern zeigt ihren männlichen Starkollegen, wo der Agenten-Hammer hängt. Aus einer harmlosen Schreibtischtäterin wird eine mutige Kampfamazone, die sich in bester James-Bond-Manier nicht scheut, der fiesen Ungarin Raina Boyanov im Alleingang das Handwerk zu legen. Wer braucht da noch das vermeintlich starke Geschlecht?

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Paul Feig weiß ganz genau, welche Knöpfe er wann zu drücken hat, um aus einer biederen Bond-Persiflage das Optimum an Alleinstellungswert herauszuholen. Feig, der im Interview mit uns mehrfach seine Liebe zum britischen Ur-Spion James Bond betonte, geht es wie schon seinem „Kingsman“-Kollegen Matthew Vaughn nicht darum, eine bloße Nachdichtung zu inszenieren, sondern eine Verneigung vor den charmanten Gentleman-Spionen zu kreieren, die der Regisseur mithilfe simpelster Mechanismen gekonnt unterläuft. Trotz Hemmungen, den knallharten Action-Haudegen Jason Statham („Crank“) eine sich selbst veralbernde Rolle in „Spy“ anzubieten, lässt Feig ein ganzes Potpourri klassischer Agentenfilmfiguren auflaufen, ohne dabei Stereotypen abzuhaken und Klischees zu bedienen. Statham, dessen vielfältige Kostümierung Feig uns gegenüber als „Highlight des Films“ beschreibt, zieht sein Image als Martial-Arts-Held einmal kreuz und quer durch den Kakao. Statham, als Komödien-Debütant selbst mit der Angst ausgestattet, neben McCarthy und Co. schlicht nicht lustig genug zu sein, nimmt sich mit Genuss selbst auf den Arm, demontiert sich beinahe selbst, verzichtet jedoch auf eine allzu lachhafte Performance. Ihm zuzuschauen bietet gerade fachkundigem Publikum viele unterschwellige Querverweise in Richtung diverser Rollenmuster, sodass sich Stathams Nebenrolle bei jedem Auftauchen als echter Szenendieb erweist.

Jude Laws („Sherlock Holmes“) aalglatter Archetyp eines geleckten Agenten bildet ein ideales Kontrastprogramm zur eher grobmotorisch veranlagten Performance Stathams, ist trotz deutlich geringerer Screentime jedoch nicht minder pointiert und pfiffig. Weniger augenzwinkernd wäre Laws Darbietung glatt ein ideales Bewerbungsvideo für den nächsten 007, doch was das Drehbuch noch mit seiner früh das Zeitliche segnenden Figur vorhat, sei an dieser Stelle nicht verraten. In erster Linie sind es nämlich die Ladys, denen in „Spy – Susan Cooper Undercover“ Aufmerksamkeit gebührt. Obwohl Melissa McCarthys Rolle der Protagonisten zunächst wie die eines typischen „Graue Maus“-Charakters anmutet, wächst Susan mit der Zeit nicht nur emotional über sich hinaus, sondern entdeckt obendrein auch ungeahnte Nahkampf-Fähigkeiten. Im Interview erzählte uns die Aktrice von den Erlebnissen am Set: Die hochanspruchsvollen Kampf-Choreographien forderten der sympathischen Schauspielerin körperlich alles ab und sind zum Großteil ohne Stuntmen inszeniert worden. Als fachkundiger Zuschauer erkennt man auch hier Referenzen auf diverse Actionfilm-Vorbilder: Ein Fight zwischen Susan Cooper und ihrer Gegnerin innerhalb einer asiatischen Küche lassen sofort Erinnerungen an die legendäre Schlusssequenz von „The Raid 2“ wach werden. Im Vergleich zu derartigen Genrebeiträgen muss „Spy“ genrebedingt allerdings Abstriche machen: Die inszenierten Kampfszenen haben zwar ein sehr ordentliches Niveau, bahnbrechende Quantensprünge sollte man von ihnen jedoch nicht erwarten. Dafür legt Feig seinen Film doch bevorzugt als Komödie an.

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Für eine solche ist Feig, der neben der Regie auch das Schreiben des Drehbuchs übernahm, jedoch sehr dran gelegen, dass nicht nur die Gagdichte hoch ist, sondern auch das Storytelling einem konsequenten Muster folgt. „Spy“ ist keine bloße Nummernrevue. Schon bei der Zeichnung der Schurkin gibt sich Feig sichtbar Mühe, keinen eindimensionalen Bösewicht zu kreieren. Rose Byrne („Das hält kein Jahr..!“) spielt ihre herablassende Antagonistenrolle der Raine so genial und selbstgenießend, dass man als Zuschauer gar nicht genug von ihrer Anwesenheit bekommt. Das Zuschauen ihrer ultimativen Superzicken-Attitüde hat einen ähnlichen Unterhaltungswert wie die Eskapaden der eigentlichen Heldin. Kurzum: In „Spy“ wird es trotz der auslandenden zwei Stunden nie langweilig. Auch deshalb, weil die Beweggründe der Bösewichtin nachvollziehbar sind und über das übliche Weltherrschafts-Gewäsch hinausgehen. Was abseits dieser pointierten Treffsicherheit innerhalb der Texte jedoch am meisten beeindruckt, ist die handwerkliche Raffinesse. Mit einer Vielzahl an Explosionen, (durchaus blutiger) Schießereien und Verfolgungsjagden steht „Spy“ dem Adrenalingehalt seiner ernstgemeinten Vorbilder in nichts nach. Paul Feig legt seine persönliche Leidenschaft für den Agentenfilm in jede einzelne Szene und liefert damit ein buntes Potpourri verschiedenster Genre-Einflüsse ab, was vielleicht nicht einmalig ist, in seiner Qualität allerdings vor Konsequenz und Passion nur so strotzt. Und das ist im modernen Hollywoodkino tatsächlich recht selten geworden.

Diese technische Geschliffenheit findet ihren runden Abschluss in der deutschen Synchronisation, für die Synchronregisseur und –Sprecher Axel Malzacher („Ted“) verantwortlich zeichnet. Im Interview mit Rick Kavanian, der in seiner Sprechrolle eines mit vielen Akzenten ausgestatteten Handlangers der Schurkin mit viel Leidenschaft zu Werke geht, kam der Comedian aus dem Schwärmen über die Arbeit mit ihm nicht heraus. Die Möglichkeiten der Improvisation merkt man den leichtfüßig und nie gestellt wirkenden Texten an, was „Spy“ auch in der deutschen Fassung zu einem echten Hörgenuss macht. Darüber hinaus sind sämtliche anderen Schauspieler mit ihren Stammsprechern gesegnet, was den Wiedererkennungseffekt erhöht und für ein einheitliches Gesamtbild sorgt.

Rose Byrne mimt die Ungarin Raina Boyanov  - eine echt fiese Superschurkin.

Rose Byrne mimt die Ungarin Raina Boyanov – eine echt fiese Superschurkin.

Fazit: Regisseur Paul Feig liefert mit „Spy – Susan Cooper Undercover“ eine der Actionkomödien des Jahres ab. Sein Film besticht mit punktgenauer Komik, niveauvoller Action und einem Cast, dem der Spaß an der Freude ins Gesicht geschrieben steht. Natürlich erfindet ein solcher Film das Genre-Rad nicht neu, doch im Rahmen der Möglichkeiten holt Feig viel Kreativität aus den teils obskuren Szenenbildern heraus und unterläuft die typischen Agentenfilm-Mechanismen mit Bravour. Das Highlight in „Spy“ bleibt jedoch Jason Statham: So viel Mut zur Selbstdemaskierung hatte in Hollywood schon lange keiner mehr.

„Spy – Susan Cooper Undercover“ ist ab dem 4. Juni bundesweit in den Kinos zu sehen.

Erschienen bei Quotenmeter.de

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