Hannibal

Nachdem sich 1991 „Das Schweigen der Lämmer“ zu einem zeitlosen Klassiker der internationalen Filmgeschichte mauserte, dauerte es ein Jahrzehnt, bis der zweite, der insgesamt vier Teile der Saga über den kultivierten Kannibalen und Psychiater Dr. Hannibal Lecter in die Kinos kam. Ebenfalls von Thomas Harris geschrieben und nach wie vor mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle, erzählt HANNIBAL, wie es zehn Jahre nach der Flucht des Psychopathen weitergeht, wie es Agent Clarice Starling beim FBI ergangen ist und lässt die Wege der beiden unweigerlich wieder zusammenführen. Ob „Hannibal“ ein gelungenes Sequel ist, oder ob man hier auf eine Fortsetzung hätte verzichten können, lest Ihr in meiner heutigen Kritik zum Wochenbeginn.

Der Plot

Agent Clarice Starling (Julianne Moore) ist zehn Jahre nach dem Zusammentreffen mit dem psychopathischen Serienkiller Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) der Durchbruch beim FBI immer noch nicht gelungen. Bei einer Schießerei im Drogenmilieu entsteht durch einen Fehler ihrerseits ein Blutbad und die letzte Chance auf eine große Karriere scheint somit dahin. Umso aufmerksamer verfolgt sie daher weiterhin jede Spur, die auf den aktuellen Aufenthaltsort von Dr. Hannibal Lecter hindeuten könnte; ihrem Erzfeind, vor dem sie nach wie vor gleichermaßen Angst hat, wie auch fasziniert ist. Sie hört von Mason Verger (Gary Oldman), einem schwer entstellten, aber millionenschweren ehemaligen Opfer von Dr. Lecter. Bei einem Treffen der bekennenden Sadomasochisten hatte Dr. Lecter Mr. Verger einst unter Drogen gesetzt und ihn im Rausch dazu bringen können, sich mit einer Glasscherbe sein Gesicht abzuschälen, um es an die Hunde zu verfüttern. Mr. Verger ist der Einzige, der die sadistischen Ausführungen des Hannibal Lector überlebte. Hasserfüllt und voller Rachegelüste setzte es sich Verger so zum Ziel, Dr. Lecter von seinen Komplizen schnappen zu lassen und ihn den Qualen auszusetzen, die er einst durchleben musste. Doch nicht nur Verger ist hinter Hannibal her. Auch der italienische Kommissar Rinaldo Pazzi (Giancarlo Giannini), der auf die Belohnung aus ist, die ihm bei der Ergreifung Hannibals zusteht, ist auf der Suche nach dem gefährlichen Verbrecher. Doch Dr. Hannibal Lecter ist gewiefter als gedacht und seine Brutalität erreicht Ausmaße, wie sie in der Form noch kein Mensch zu erleben vermochte.


„Ich muß Ihnen gestehen, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, ihre Frau zu verspeisen!“ 

Kritik

„Hannibal“ ist vom Erscheinungsdatum her der zweite, chronologisch gesehen jedoch der vierte und somit letzte Teil der Reihe von Thomas Harris, aus der 1991 „Das Schweigen der Lämmer“ hervorging und Weltruhm erlangte. In der direkten Fortsetzung zum Klassiker gibt es ein Wiedersehen mit Anthony Hopkins („Das Schweigen der Lämmer“, „Ich sehe den Mann deiner Träume“), der für diesen zweiten Part wieder verpflichtet werden konnte. Nach wie vor geht er in seiner Rolle des Psychopathen Dr. Hannibal Lecter voll und ganz auf und besticht durch ausgefeilte Mimik und ein unheimliches Erscheinungsbild. Gleichzeitig versteht er sich als kultivierter und hochintelligenter Killer, der gerade durch dieses Paradoxon zusätzlich an Gefährlichkeit gewinnt. Für diese intensive Darstellung eines Serienkillers wurde Anthony Hopkins für mehrere Preise nominiert, konnte jedoch keinen für sich verbuchen. Selbiges gilt für Julianne Moore („Crazy Stupid Love“, „The Kids are all Right”), die Jody Foster, welche Clarice Starling im ersten Teil spielen durfte, beerbt, jedoch von Beginn an als Erstbesetzung gehandelt wurde und somit keinesfalls eine Art „Notlösung“ ist. Entgegen vieler Kritikermeinungen spielt Julianne Moore die Rolle der Clarice ebenso gekonnt wie ihre Vorgängerin und die Rolle büßt zu keinem Zeitpunkt an Glaubwürdigkeit oder Intensität ein. Zudem ist eine leichte Ähnlichkeit der beiden nicht zu leugnen und durch das wesentlich weiblichere Auftreten der Julianne Moore gewinnt die Rolle der Clarice Starling nicht unwesentlich an Glaubwürdigkeit. Der entstellte Mason Verger wird von Gary Oldman („Red Riding Hood“„The Dark Knight Rises“) gespielt, der durch die furiose Arbeit der Make Up-Artists zu keinem Zeitpunkt als Oldman zu erkennen ist und mit seiner angsteinflößenden Fratze zum Fürchten aussieht. Dennoch bekommt die eigentlich bemitleidenswerte Figur des verstümmelten Mason Verger durch das intensive Spiel eine Boshaftigkeit, die der des Dr. Lecter in nichts nachsteht. Drei derart charakterstarke Rollen in einem Film aufeinandertreffen zu lassen, ergibt ein Feuerwerk der schauspielerischen Glanzleistungen und ist damit schon ein würdiger Nachfolger von „Das Schweigen der Lämmer“. Auch die Nebendarsteller spielen ihre Rollen gut, werden allerdings von den Hauptdarstellern durchgehend gegen die Wand gespielt, wenn man auch darüber streiten könnte, ob Gary Oldman nun ein Neben- oder Hauptdarsteller ist.

Die dichte Atmosphäre, die in keiner Situation Spaß macht oder den Zuschauer beim Ansehen erfreut, scheint eins zu eins aus „Das Schweigen der Lämmer“ übernommen zu sein. Gilt dieser Streifen hauptsächlich bei Fans als unvergleichlich in seiner atmosphärischen Intensität, die vor allem durch die knallharten, wie auch eindringlichen Gespräche der Hauptdarsteller entsteht, so baut „Hannibal“ weniger auf Dialoge, als auf Bildsprache. Zusammen mit der unvergleichlichen Musik bietet der Film bislang in der Form ungesehene Bilder, die an Eindringlichkeit und Terror kaum zu übertrumpfen sind. Letzterer entsteht nicht durch möglichst viel Blutvergießen, sondern durch Szenarien, die an Gewalt- und Brutalitätsgrad eine neue Reichweite erlangen. Zu Opernklängen und klassischer Musik, die die Kultiviertheit von Dr. Lecter unterstreichen, wird Gewaltfantasien freien Lauf gelassen, die zwar von jüngsten Torture-Porn-Movies bereits weit überboten wurden, jedoch gerade durch ihre Ruhe und als „normal“ verkauften Abläufe weit über bereits Gesehenes hinausgehen. Gerade für Freunde des absurden Horrorkinos, die allerdings Wert auf eine stimmige Handlung legen und durchaus kulturinteressiert sind, ist „Hannibal“ wie gemacht. Zwar hat „Hannibal“ keine Chance, einen vergleichbaren Kultstatus zu erreichen, wie „Das Schweigen der Lämmer“, vor allem liegt dieser Umstand allerdings daran, dass der Faktor „Fortsetzung“ wie ein Schatten über dem Film liegt und er nicht in der Lage ist, aus diesem, wie auch aus dem Schatten des ersten Teils hervorzutreten. Dennoch ist „Hannibal“ eine mehr als würdige Fortsetzung. Angereichert mit einer Spur mehr Gewalt, verfeinert mit rasanten Kamerafahrten, schnellen Schnitten und einem gleichzeitig unheimlichen, wie furiosen Soundtrack. Schauspielerische Glanzleistungen und ein mehr als überraschender Twist am Ende des Films runden dieses von Fans stiefmütterlich behandelte Meisterwerk ab. Starke Nerven sind allerdings von Nöten, um in den Nächten nach dem Anschauen des Films nicht von Dr. Hannibal Lecter zu träumen.

BluRay oder DVD?

Die DVD-Qualität bietet ein sehr gutes Bild und ebenso guten Ton. Aktuell bietet es sich an, bei Angeboten zuzugreifen, die die Vervollständigung der Reihe von Thomas Harris sowohl günstiger, als auch einfacher zu gestalten. Daher gebe ich eine DVD-Empfehlung ab und weise gleichzeitig auf die „Doppelschocker“-Variante hin, die neben „Hannibal“ auch „Hannibal Rising“, den ersten Teil der vierteiligen Reihe bietet.

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