26. August 2021: Die deutschen Kinostarts

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY. Diese Woche geht es um den 26. August 2021, an dem mit „Candyman“ ein Film startet, über den wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht Näheres verraten dürfen. Doch schon in wenigen Stunden erfahrt ihr mehr über einen der wichtigsten Filme des Jahres. Trösten wir uns bis dahin mit ein paar netten Worten zu „Reminiscence“, einem starken Science-Fiction-Film-Noir, oder damit, dass endlich das oscarprämierte Anthony-Hopkins-Vehikel „The Father“ in die deutschen Kinos kommt. Und der Rest? Der geht vielleicht in das sehr vergnügliche Animationsabenteuer „Bigfoot Junior 2“!?
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Übrigens: Das erste Mal in „Wessels‘ Weekly“-Zeiten gibt es diese Woche keinen Heimkinotipp. Es startet einfach nichts… Ich wünsche Euch natürlich trotzdem viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
CANDYMAN | Regie: Nia DaCosta | CAN/USA 2021
„Candyman, Candyman, Candyman“ – eine uralte Legende besagt, dass der, der diese Worte in einen Spiegel spricht, eine düstere Gestalt heraufbeschwört. Einen Mann in auffälligem Fellmantel, mit einem Haken anstatt seiner rechten Hand und umgeben von Bienenschwärmen, der durch Spiegelungen in Fenstern und anderen Glasflächen in der Lage ist, seine Opfer qualvoll zu ermorden. Auch der aufstrebende Künstler Anthony erfährt von dieser Legende, als er gemeinsam mit seiner Freundin Brianna in jene Gegend zieht, die den Candyman einst hervorbrachte. Mittlerweile hat die Gentrifizierung die einstige Sozialwohnungssiedlung Cabrini Green zu einem Hotspot für Besserverdiener und aufstrebende Millennials gemacht doch der Schatten seiner Vergangenheit lastet bis heute auf ihm. Der alteingesessene Bewohner William erzählt Anthony von den grausamen Hintergründen der Candyman-Legende und inspiriert ihn dadurch zu seinen neuesten Werken…
In seiner stilistisch herausragenden Mischung aus abgebrühtem Killerfilm, Rassismusanklage und Psychodrama um einen von seiner Muse vereinnahmten Künstler ist „Candyman“ einer der besten Filme des Jahres und mit Sicherheit der Startschuss für eine spannende Karriere der Regisseurin Nia DaCosta.
REMINISCENCE: DIE VERGANGENHEIT STIRBT NIE | Regie: Lisa Joy | USA 2021
Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Nick Bannister (Hugh Jackman) lebt an der durch den steigenden Meeresspiegel überfluteten Küste von Miami. Das Spezialgebiet des Privatdetektivs ist der menschliche Verstand: Seinen Auftraggeberinnen und Auftraggebern hilft er mit einer geheimnisvollen Apparatur dabei, in die dunkelsten Winkel ihres eigenen Geistes vorzudringen und dort Zugang zu verschütteten Erinnerungen zu finden. Bannisters Leben verändert sich radikal, als mit Mae (Rebecca Ferguson) eine neue Klientin auftaucht. Er verliebt sich in sie, doch von heute auf morgen ist die schöne Frau wie vom Erdboden verschwunden. Aus einem einfachen Auftrag entwickelt sich eine gefährliche Besessenheit. Während er versucht, die Wahrheit über Maes Verschwinden herauszufinden, deckt Bannister eine brutale Verschwörung auf.
Hätte Christopher Nolan Filme wie „Blade Runner“, „Total Recall“ und sein eigenes Werk „Inception“ genommen, durch einen Mixer gedreht und anschließend als Film Noir neu aufgelegt, wäre dabei wahrscheinlich ein derart berauschendes Kinoerlebnis wie „Reminiscence“ herausgekommen.
THE FATHER | Regie: Florian Zeller | UK/FR 2020
Anne ist in großer Sorge um ihren Vater Anthony. Als lebenserfahrener stolzer Mann, lehnt er trotz seines hohen Alters jede Unterstützung durch eine Pflegekraft ab und weigert sich standhaft, seine komfortable Londoner Wohnung zu verlassen. Obwohl ihn sein Gedächtnis immer häufiger im Stich lässt, ist er davon überzeugt, auch weiterhin allein zurechtzukommen. Doch als Anne ihm plötzlich eröffnet, dass sie zu ihrem neuen Freund nach Paris ziehen wird, ist er verwirrt. Wer ist dann dieser Fremde in seinem Wohnzimmer, der vorgibt, mit Anne verheiratet zu sein? Und warum behauptet dieser Mann, dass Anthony als Gast in ihrer Wohnung lebt und gar nicht in seinem eigenen Apartment? Anthony versucht, die sich permanent verändernden Umstände zu begreifen und beginnt mehr und mehr zu zweifeln: an seinen Liebsten, an seinem Verstand und an seiner eigenen Wahrnehmung.
Florian Zeller gelingt mit „The Father“ das rührende Porträt einer Vater-Tochter-Beziehung, das von der Demenzerkrankung des Vaters intensiv durchgerüttelt wird. Anthony Hopkins und Olivia Colman meistern ihre Rollen hervorragend und helfen dem Film im Gesamten über kleine und größere Holprigkeiten hinweg.
BIGFOOT JUNIOR | Regie: Jeremy Degruson, Ben Stassen | BEL/FR 2020
Adam (Lukas Rieger) weiß längst, dass sein Vater (Tom Beck) der legendäre Bigfoot ist. Nachdem dieser sich jahrelang in einem Wald versteckt hatte, um einem Konzern zu entkommen, der sein Fell für Haarwuchsmittel nutzen wollte, lebt er mittlerweile mit seiner Frau und seinem Sohn – sowie zahlreichen Tieren – in einem hübschen Häuschen am Stadtrand. Doch seit sich der Bigfoot-Papa dazu entschlossen hat, aus dem Schatten der Anonymität heraus in die Öffentlichkeit zu treten, ist er für seinen Sprössling kaum noch ansprechbar. Adam fühlt sich von seinem Dad vernachlässigt, der jedoch große Pläne hat: Auf eigene Faust will er einem kriminellen Ölkonzern das Handwerk legen, der mit seinem Erdöl droht, ein ganzes Waldgebiet zu zerstören. Adam, fest entschlossen, seinem Vater zu helfen und so vielleicht auch wieder näher an ihn heranzukommen, packt Waschbär und Braunbär in einen Van und fährt ihm gemeinsam mit seiner Mama hinterher. Dieses Abenteuer benötigt eine ganze Familie!
Eine wasch(bären)echte Überraschung: War der Vorgänger „Bigfoot Junior“ schon ein grundsolides Animationsabenteuer mit hübscher Pubertätsparabel, hinterlässt die gleichermaßen rasante als auch amüsante Fortsetzung richtig Eindruck, macht Spaß und ist obendrein sogar richtig lehrreich. Vor allem aber sieht sie, gemessen, an den weitaus geringeren Budgets, den europäischen Animationsfilmern zur Verfügung stehen als US-Produktionen, auch noch richtig stark aus.
KILLER’S BODYGUARD 2 | Regie: Patrick Hughes | USA/UK 2021
Sie sind wie Hund und Katze, Himmel und Hölle, Whitney und Britney: Bodyguard Michael Bryce (Ryan Reynolds) und Auftragskiller Darius Kincaid (Samuel L. Jackson)! Das seltsamste tödliche Paar der Welt ist zurück und begibt sich erneut auf eine lebensgefährliche Mission. Dabei hatte Michael eigentlich mit dem Job als Bodyguard abgeschlossen. Immer noch ohne Lizenz und gerade in einem absolut notwendigen Sabbatical – wird er von Kincaids noch unberechenbarerer Ehefrau, der international gesuchten Verbrecherin Sonia (Salma Hayek), zurück in den Dienst gezwungen. In kürzester Zeit treiben ihn seine hochgefährlichen Schützlinge einmal mehr in den Wahnsinn und darüber hinaus findet sich das Trio plötzlich in einen globalen Konflikt verwickelt: Europa gegen einen rachsüchtigen und gefährlichen Irren (Antonio Banderas) – Bryce und die Kincaids mittendrin!
Alles größer, alles lauter, alles verrückter – aber immerhin auch alles noch weniger ernst. „Killer’s Bodyguard 2“ ist ein typisches Sequel, das dem gängigen „Höher, schneller, weiter“-Schema folgt. Da der augenzwinkernde Tonfall des Vorgängers hier nochmal zur Geltung kommt, ist das nicht grundsätzlich negativ. Doch vor allem Samuel L. Jackson und Salma Hayek gehen diesmal ziemlich auf den Keks.
TIDES | Regie: Tim Fehlbaum | DE/CH 2021
Als die Erde für den Menschen unbewohnbar wurde, besiedelte die herrschende Elite den Planeten Kepler 209. Doch seine Atmosphäre macht die neuen Bewohner unfruchtbar. Zwei Generationen später soll ein Programm feststellen, ob Leben auf der Erde wieder möglich ist: Mission Ulysses II soll Gewissheit bringen. Die Raumkapsel gerät beim Eintritt in die Erdatmosphäre außer Kontrolle. Die Astronautin Blake (Nora Arnezedar) überlebt die Landung als Einzige – doch sie muss feststellen, dass sie auf der Erde nicht alleine ist. Ein Überlebenskampf beginnt, und Blake muss Entscheidungen treffen, die das Schicksal der ganzen Menschheit bestimmen werden.
Mit einem packenden Science-Fiction-Thriller auf internationalem Niveau meldet sich Regisseur Tim Fehlbaum zurück. Nach seinem Erfolgsdebüt „Hell“ stellt er erneut unter Beweis, dass er zu den visionären Genre-Regisseuren Deutschlands zählt.
Es sind die pulsierenden mondänen 1980er-Jahre, in denen wir uns befinden. Es ist eine Ära des Exzesses, in der nichts wichtiger scheint als Besitz. Diana Prince alias Wonder Woman (Gal Gadot) lebt friedlich unter den Sterblichen und hat sich an ihr neues Leben im Verborgenen gewöhnt. Nur ab und an tritt sie noch inkognito als ihr Alter Ego Wonder Woman auf und gibt den Menschen Halt und Hoffnung. In ihrem unauffälligen, zurückgezogenen Leben hütet alte Artefakte. Doch schon bald muss Diana direkt ins Rampenlicht treten und all ihre Weisheit, Kraft und ihren Mut aufbringen, um die Menschheit vor einer Bedrohung zu bewahren, die sie selbst geschaffen hat. Gleichzeitig wird sie mit der Rückkehr ihres ehemaligen Geliebten Steve Travor (Chris Pine) konfrontiert, von dem sie eigentlich dachte, er sei tot. Doch als dieser plötzlich quicklebendig vor ihr steht, überschlagen sich die Ereignisse…
In „Wonder Woman 1984“ kollidieren drei verschiedene Filme. Einer davon funktioniert sehr gut, einer immerhin zur Hälfte und der dritte – ausgerechnet der wichtigste rund um die Titelheldin – kaum. Dieses Aufeinanderprallen drei grundverschiedener Tonfälle hat seinen Reiz, ist aber auch anstrengend. Hinzu kommt, dass Actionfans mit dem Film kaum auf ihre Kosten kommen werden. Alles in allem sind die Veröffentlichungsumstände und ihre Folgen für die Filmbranche spannender als der insgesamt noch solide Film, der damit immer noch deutlich besser ist als Teil eins.