Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, der ersten seit dem 29. Oktober 2020. Seither ist viel passiert – unter anderem der zweite Lockdown und damit verbunden die erneute deutschlandweite Schließung der Kinos. Doch nun ist es endlich wieder soweit: Die Lichtspielhäuser öffnen wieder ihre Tore. Spätestens ab dem 1. Juli, wenn auch die letzten großen Multiplexketten mit eingestimmt sind, dürfen auch wir Deutsche das Kinoprogramm uneingeschränkt genießen. Und da die Verleiher in den kommenden Wochen ein Highlight nach dem anderen rausballern, war eine entsprechende Filmübersicht selten wichtiger als dieser Tage. Und die sollt ihr auch bekommen, in dieser brandneuen Ausgabe von „Wessels‘ Weekly“. Viel Spaß dabei!
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
CHAOS WALKING | Regie: Doug Liman | USA/CAN/HKG/LUX 2021
In einer nahen Zukunft findet Todd Hewitt (Tom Holland) die mysteriöse Viola (Daisy Ridley), die nach einer Bruchlandung auf dem fernen Planeten „New World“ gestrandet ist. In Todds Heimatstadt Prentisstown sind seit vielen Jahren alle Frauen verschwunden, seit diese von einer feindlichen Alienrasse eliminiert wurden. Die männlichen Bewohner stehen derweil unter dem Einfluss des rätselhaften „Lärm“ – eine seltsame Kraft, die alle Gedanken für jeden und jederzeit hörbar werden lässt. In dieser gefährlichen und feindlichen Welt ist Violas Leben von Anfang an in Gefahr, doch Todd setzt alles daran, sie sicher zu ihrem Raumschiff zurückzubringen. Gemeinsam begeben sich die beiden durch die dichten Wälder ihres Dorfes, immer auf der Flucht vor dem Anführer von Prentisstown (Mads Mikkelsen) und seinen Männern. Dabei kommen die beiden einer unglaublichen, dunklen Wahrheit auf die Spur und müssen schon bald um ihr Leben rennen… 
Die schwierigen Produktionsbedingungen sind der neuesten Regiearbeit von Doug Liman nicht anzumerken. Auch wenn seine Adaption des dystopischen Romans „Chaos Walking“ gefühlt ein wenig zu spät kommt, da der Young-Adult-Hype längst abgeflaut ist, und daher auch der Cliffhanger unklug wirkt, überzeugt das Sci-Fi-Abenteuer mit einem starken Hauptdarsteller:innenduo, einer faszinierenden Welt und einem fiesen Bösewicht.
STILLSTEHEN | Regie: Elisa Mishto | DE 2019
Julie (Natalia Belitski) lebt nur nach ihrem eigenen Grundsatz: Nichts tun. Und mit Nichts meint sie Nichts: Sie studiert nicht, arbeitet nicht, sie hat keine Freunde. Sie will einfach nur stillstehen. Um sich dem „normalen“ Leben zu entziehen, lässt sich Julie regelmäßig in ihre psychiatrische Wunschklinik einweisen. Hier kennt man sie, hier weiß man, wie sie tickt. Dass Julie ohne Gummihandschuhe nicht aus dem Haus geht, oder notfalls auch mal ein Lama aus dem Zoo auf einen Rave entführt, wundert niemanden mehr. Man lässt sie in Ruhe. Das ändert sich schlagartig, als sie erfährt, dass ihr Erbe aufgebraucht ist und Agnes (Luisa-Céline Gaffron) in ihr Leben tritt: eine vermeintlich naive Krankenschwester und ihre neue Betreuerin, die stets bemüht ist, alles richtig zu machen. Julie erkennt schnell, dass ihr bisheriges perfektes Nichtstun auf der Kippe steht. Sie fasst einen folgenschweren Entschluss: Um weiterhin stillstehen zu können, muss sie sich bewegen. 
Ein ambivalentes Psychogramm einer ambivalenten Figur: So und nicht anders gelingt ein allumfassender Blick auf kaum greifbare, psychische Erkrankungen. Natalia Belitski ist eine absolute Entdeckung und die Regisseurin und Drehbuchautorin Elisa Mishto empfiehlt sich mit „Stillstehen“ ebenfalls für weitere Projekte.
WONDER WOMAN 1984 | Regie: Patty Jenkins | USA/UK/ESP 2020

Es sind die pulsierenden mondänen 1980er-Jahre, in denen wir uns befinden. Es ist eine Ära des Exzesses, in der nichts wichtiger scheint als Besitz. Diana Prince alias Wonder Woman (Gal Gadot) lebt friedlich unter den Sterblichen und hat sich an ihr neues Leben im Verborgenen gewöhnt. Nur ab und an tritt sie noch inkognito als ihr Alter Ego Wonder Woman auf und gibt den Menschen Halt und Hoffnung. In ihrem unauffälligen, zurückgezogenen Leben hütet alte Artefakte. Doch schon bald muss Diana direkt ins Rampenlicht treten und all ihre Weisheit, Kraft und ihren Mut aufbringen, um die Menschheit vor einer Bedrohung zu bewahren, die sie selbst geschaffen hat. Gleichzeitig wird sie mit der Rückkehr ihres ehemaligen Geliebten Steve Travor (Chris Pine) konfrontiert, von dem sie eigentlich dachte, er sei tot. Doch als dieser plötzlich quicklebendig vor ihr steht, überschlagen sich die Ereignisse…

In „Wonder Woman 1984“ kollidieren drei verschiedene Filme. Einer davon funktioniert sehr gut, einer immerhin zur Hälfte und der dritte – ausgerechnet der wichtigste rund um die Titelheldin – kaum. Dieses Aufeinanderprallen drei grundverschiedener Tonfälle hat seinen Reiz, ist aber auch anstrengend. Hinzu kommt, dass Actionfans mit dem Film kaum auf ihre Kosten kommen werden. Alles in allem sind die Veröffentlichungsumstände und ihre Folgen für die Filmbranche spannender als der insgesamt noch solide Film, der damit immer noch deutlich besser ist als Teil eins.
MALASAÑA 32 – HAUS DES BÖSEN | Regie: Albert Pintó | ESP/FR 2020

Im Jahr 1976 zieht es die Familie Olmedo, bestehend aus dem dementen Großvater Fermin (José Luis De Madariaga), dem Jüngsten Rafael (Iván Renedo), Familienoberhaupt Manolo (Iván Marcos) und seine Frau Candela (Bea Segura), dem ältesten Sohn Pepe (Sergio Castellanos) und seine Schwester Amparo (Begoña Vargas) von ihrem Heimatdorf in die spanische Hauptstadt Madrid. Dort, so ihre Hoffnung, sind die Chancen auf ihr privates und berufliches Glück größer. Sie kaufen von all ihrem Ersparten ein traumhaftes, großzügiges Apartment in der begehrten Calle de Manuela Malasaña, 32. Auch wenn sie wissen, dass sie ihr Leben lang Schulden abzahlen müssen. Doch schon bald muss die Familie feststellen, dass ihnen vor dem Kauf etwas verheimlicht wurde: Sie sind nicht allein. Merkwürdiges geht in der Wohnung vor sich und das pure Böse bahnt sich einen Weg in ihre Mitte… 
Der spanische „Malasaña 32 – Haus des Bösen“ beginnt als guter Haunted-House-Horrorfilm in einem ansprechenden Setting, der mit einem weitestgehend plausiblen Drehbuch, beklemmender Atmosphäre und seinem Ensemble punktet. Nur die Auflösung fällt im Vergleich dazu stark ab.
THEY WANT ME DEAD | Regie: Taylor Sheridan | CAN/USA 2021

Hannah (Angelina Jolie) gehört einer auf Waldbrände spezialisierten Feuerwehreinheit an. Sie leidet noch immer unter dem Verlust dreier Menschenleben, die sie vor einiger Zeit nicht aus einem Feuer retten konnte. Eine Art Trost im Schmerz findet sie in der sich selbst auferlegten Isolation ihres Wachturms, hoch über der Wildnis von Montana. Als jedoch Connor (Finn Little) – ein scheuer Junge, der blutverschmiert und anscheinend traumatisiert zu sein scheint – in ihrem Gebiet auftaucht, müssen sie sich gemeinsam auf den Weg machen, um die kilometerlangen dichten Wälder zu durchqueren. Sie trotzen tödlichen Gewitterstürmen, die selbst Hannah mit ihren ausgefeilten Überlebensfähigkeiten an ihre Grenze bringen, und sind sich dabei der wirklichen Gefahren nicht bewusst: zwei erbarmungslose Killer (Aiden Gillen und Nicholas Hoult), die Connor aus einer Richtung jagen, während ein gewaltiges Feuer direkt auf sie zukommt. Wird Hannah sich und Connor retten?

„They Want Me Dead“ fühlt sich an, als hätten hier zwei verschiedene Filme und ihre Stile auf Biegen und Brechen zu einem werden sollen. Es ist spannend, dabei zuzusehen, wie Taylor Sheridan diesen Spagat holprig aber nicht völlig reizlos gewuppt bekommt. Die von Angelina Jolie verkörperte Protagonistin hätte die Geschichte zusätzlich zusammenhalten können. Doch leider ist ihre Person ein klassisches Beispiel für eine Fehlbesetzung. Schlussendlich lässt einen der Film nie gelangweilt zurück, aber seine Schwächen sind allzu offensichtlich.
MORTAL KOMBAT | Regie: Simon McQuoid | USA 2021

MMA-Kämpfer Cole Young (Lewis Tan) verdient seinen Lebensunterhalt damit, harte Prügel einzustecken. Weshalb Shang Tsung (Chin Han), der Herrscher von Outworld, mit dem finsteren Cryomancer Sub-Zero (Joe Taslim) seinen besten Krieger schickt, um Cole zur Strecke zu bringen, bleibt diesem zunächst ein Rätsel. Aus Sorge um die Sicherheit seiner Familie begibt sich Cole auf die Suche nach Sonya Blade (Jessica McNamee). Auf deren Spur setzt ihn Special Forces Major Jax (Mehcad Brooks) an, der dasselbe mysteriöse Drachenmal trägt wie Cole selbst. Bald findet sich Cole im Tempel von Lord Raiden (Tadatobu Asano) wieder, einem Elder God und Beschützer von Earthrealm, der den Trägern des Mals Zuflucht gewährt. Hier bereitet sich Cole mit den erfahrenen Kriegern Liu Kang (Ludi Lin), Kung Lao (Max Huang) und dem abtrünnigen Söldner Kano (Josh Lawson) darauf vor, gemeinsam mit den größten Champions der Erde einen alles entscheidenden Kampf um das Universum auszutragen. 
Die „Mortal Kombat“-Verfilmung aus dem Jahr 2021 hätte mit seiner angedeuteten Weltenbildung genug Potenzial, eine Filmreihe nach sich zu ziehen aber auch genau so viele Argumente dafür, weshalb sich abseits der überzeugenden Hypergewalt kaum einer für die Figuren interessieren sollte. Eine zwiespältige Angelegenheit.
THE UNHOLY | Regie: Evan Spiliotopoulos | USA 2021

Alice (Cricket Brown) – ein junges schwerhöriges Mädchen – kann, nachdem ihr angeblich die Jungfrau Maria erschienen ist, auf unerklärliche Weise wieder hören, sprechen und sogar Kranke heilen. Als sich diese Nachricht verbreitet und Menschen von überall herbeiströmen, um die Wunder, die sie vollbringt, mit eigenen Augen zu sehen, besucht ein in Ungnade gefallener Journalist (Jeffrey Dean Morgan) die Kleinstadt New England in der Hoffnung, mit seinen Nachforschungen über Alice seiner Karriere einen neuen Schub zu geben. Er ahnt: Irgendetwas muss an dieser Geschichte faul sein. Nicht nur, weil er alles andere als gottgläubig ist, sondern auch, weil seit dem Ereignis Unheimliches in dem Dorf vorgeht. Als die beängstigenden Ereignisse um ihn herum schlimmer werden, fragt er sich, ob die Phänomene das Werk der Jungfrau Maria sind oder etwas Teuflisches dahintersteckt. 
„The Unholy“ macht wenig aus seiner interessanten Idee, und nähert sich einem „Was wäre, wenn eine junge Frau ungewollt von der Jungfrau Maria heimgesucht wird?“-Plot auf dieselbe Weise wie zahlreiche Besessenheitsfilme vor ihm. Immerhin vereinzelt blitzt auf, dass Regiedebütant Evan Spiliotopoulos in Zukunft vielleicht Besseres auf die Leinwand bringen könnte.
BUDDY GAMES | Regie: Josh Duhamel | USA 2019
Fünf Freunde, eine Tradition und jede Menge Chaos: Jedes Jahr veranstalten die fünf Jugendfreunde Bob (Josh Duhamel), Shelly (Dan Bakkedahl), Doc (Kevin Dillon), Durf (Dax Shepard) und Bender (Nick Swardson) einen eigenen, internen Wettbewerb – die sogenannten „Buddy Games“. Hier geht es in erster Linie darum, sich selbst zu beweisen, dass man noch nicht zum alten Eisen gehört. Also liefern sich die Jungs ein Kräftemessen in allerlei pubertären Disziplinen, was prompt in einen schmerzhaften Unfall mündet. Shelly verliert beim Paintball einen Hoden und die Tradition steht auf der Kippe. Erst fünf Jahre später kommt es zu einem Wiedersehen der Freunde, als Shellys Mutter bei Bob anruft, und ihn bittet die Buddy Games wieder zu veranstalten, um ihren depressiven Sohn aus der Reserve zu locken. Also rufen die Männer die letzten Buddy Games ihres Lebens aus – und haben sich wieder jede Menge skurriler Aufgaben überlegt. Beginnend bei einer Abführmitteleskalation…
Heimkinotipp: RAYA UND DER LETZTE DRACHE | Regie: Don Hall, Carlos López Estrada | USA 2021
Vor langer, langer Zeit lebten in der magischen Welt von Kumandra Menschen und Drachen Seite an Seite in Harmonie zusammen. Doch als eine böse Macht das Land bedrohte, opferten sich die Drachen selbstlos für die Menschen. Seither hat sich Kumandra alles verändert. Die Menschen untereinander sind feindselig. Und heute, ganze 500 Jahre später, kehrt das Böse schließlich zurück, um die Menschheit endgültig auszulöschen. Um dies zu verhindern, reist die einsame Kriegerin Raya (deutsche Stimme: Christina Ann Zalamea) nach einem schweren Verlust mutig durch das zerbrochene Land, auf der Suche nach dem legendären letzten Drachen Sisu. Denn nur mit seiner Hilfe kann wieder Frieden in Kumandra einkehren. An Rayas Seite: ihr bester Freund Tuk Tuk – und viele neue Bekanntschaften, die Raya auf ihrem Feldzug zur Seite stehen.

„Raya und der letzte Drache“ ist ein gewohnt hochwertig produziertes Animationsfilmabenteuer aus dem Hause Disney, das mit überraschend viel Action daherkommt und gewohnt viel Herz besticht. Gleichzeitig bleibt am Ende des Films das Gefühl zurück, längst noch nicht alles von der Welt gesehen zu haben. So wirkt der Film vor allem wie ein Auftakt für noch viele Abenteuer mehr. Als alleinstehendes Abenteuer funktioniert er erwartungsgemäß routiniert.