The Unholy

Produziert von Sam Raimi schlägt in THE UNHOLY das Böse in Form der Jungfrau Maria zu. Trotz interessanter Ansätze und einigen gelungenen Blicken auf reißerische Medien überzeugt der Film nur in wenigen Momenten. Insbesondere das Ende enttäuscht. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Alice (Cricket Brown) – ein junges schwerhöriges Mädchen – kann, nachdem ihr angeblich die Jungfrau Maria erschienen ist, auf unerklärliche Weise wieder hören, sprechen und sogar Kranke heilen. Als sich diese Nachricht verbreitet und Menschen von überall herbeiströmen, um die Wunder, die sie vollbringt, mit eigenen Augen zu sehen, besucht ein in Ungnade gefallener Journalist (Jeffrey Dean Morgan) die Kleinstadt New England in der Hoffnung, mit seinen Nachforschungen über Alice seiner Karriere einen neuen Schub zu geben. Als beängstigende Ereignisse um ihn herum geschehen, fragt er sich, ob die Phänomene das Werk der Jungfrau Maria sind oder etwas Teuflisches dahintersteckt.
Kritik
Um den Filmemacher Sam Raimi ist es in den letzten Jahren scheinbar still geworden. Der unter anderem für die „Spider-Man“-Filme mit Tobey Maguire und Horror-Kabinettstückchen wie „Drag me to Hell“ bekannte Autor und Regisseur hat seit 2013 keinen Film mehr als Regisseur („Die fantastische Welt von Oz“) und Drehbuchautor („Evil Dead“) verantwortet. Untätig war der gebürtig aus Michigan stammende Filmer allerdings auch nicht. Seit 2013 gehen zwölf verschiedene Film- und Serienprojekte (darunter „Spartacus: Blood and Sand“, „Ash vs. Evil Dead“ und der noch in diesem Jahr fortgesetzte Horrorthriller-Hit „Don’t Breathe“) auf sein Konto, denn als bevorzugt im Genrebereich tätiger Filmproduzent hat Raimi immer noch alle Hände voll zu tun. Kein Wunder also, dass man als Filmstudio mit so einem großen Namen gerne wirbt. Auch im Trailer zu „The Unholy“ von Regiedebütant Evan Spiliotopoulos wird Sam Raimi explizit genannt. Der inszenatorische Parallelen zu Filmen wie „Der Exorzismus von Emily Rose“ aufweisende Horrorfilm über ein junges Mädchen, das nach der mutmaßlichen Erscheinung der Jungfrau Maria plötzlich heilende Kräfte hat, lässt keinerlei Bezüge zu Sam Raimis Arbeiten erkennen. Dafür hat dieser als Mitbegründer der Filmproduktionsfirma Ghost House Pictures auch einfach viel zu wenig mit der inhaltlichen Ausrichtung jener Filme zu tun, für die er in erster Linie Geld und weniger handwerkliches Know-How springen lässt.
Dass Evan Spiliotopoulos für seinen ersten, als Regisseur beaufsichtigten Spielfilm einen (auch von ihm verfassten) Horrorstoff auswählt, wundert bei einem Blick auf dessen bisherige Vita. In seiner Anfangszeit als Drehbuchautor war Spiliotopoulos nämlich für zahlreiche der zweitklassigen Direct-to-DVD-Projekte aus der Disney-Trickfilmschmiede verantwortlich. Darunter „Das Dschungelbuch 2“, „Tarzan II“ und „Arielle, die Meerjungfrau – Wie alles begann“. Mit der Zeit wendete sich der Filmemacher erwachseneren Projekten zu, blieb dem Disneykonzern aber treu. So stammt beispielsweise das Realfilmremake von „Die Schöne und das Biest“ ebenfalls aus seiner Feder. Mit „The Unholy“ scheint sich der Filmemacher nun so dermaßen von seinen bisherigen Arbeiten lossagen zu wollen, dass ihm ein weitestgehend am Reißbrett entworfenes Horrorfilmszenario auszureichen schien, um sein Ziel zu erfüllen. Denn so viel sei vorab verraten: „The Unholy“ besitzt trotz seiner interessanten Storyansätze einfach viel zu wenig Eigenständigkeit. Das beginnt bereits bei der Prämisse: Dass eine junge Frau aufgrund einer Erscheinung der Jungfrau Maria plötzlich wieder sprechen kann und Kranke und Schwache heilt, klingt zwar erst einmal nach einer interessanten Idee. Erst recht die zu Beginn angedeutete Erzählparallele zu „Der Exorzismus von Emily Rose“ könnte dahingehend überzeugen, dass eine betont bodenständige Erzählung mitsamt Einbezug moderner Medien sowie der Beobachtung, wie die Welt eine solche Nachricht aufnimmt, Potenzial offenbart. Doch leider macht der Autor Evan Spiliotopoulos nicht mehr aus diesem Szenario als eine klassische Heimsuchungshandlung.
„Mit „The Unholy“ scheint sich der Regisseur so dermaßen von seinen bisherigen Arbeiten lossagen zu wollen, dass ihm ein weitestgehend am Reißbrett entworfenes Horrorfilmszenario auszureichen schien, um sein Ziel zu erfüllen. „The Unholy“ besitzt trotz seiner interessanten Storyansätze einfach viel zu wenig Eigenständigkeit.“
Während „The Unholy“ vordergründig von einem zweifelhaften Gottesbeweis und dem Umgang der Dorfgemeinschaft damit erzählt, widmet sich der Haupterzählstrang dem von Jeffrey Dean Morgan („Rampage – Big Meets Bigger“) gespielten, in Ungnade gefallenen Journalisten Gerry Fenn, der den Ereignissen auf den Grund zu gehen versucht. Leider verlaufen dessen Recherchen nicht bloß arg formelhaft (inklusive der Fenn irgendwann heimsuchenden Horrorvisionen, die die Jumpscare-Schlagzahl massiv nach oben schrauben), sie unterscheiden sich zudem nur marginal von diversen anderen Besessenheits- und Exorzismusfilmen, in denen sich ebenfalls eine Person auf die Suche nach der Lösung dafür macht, die Seele eines, normalerweise von einer bösen Macht wie etwa einem Dämon besessenen Menschen zu retten. Und da sich die vermeintliche Heilsbringerin Maria schon sehr bald als jemand (oder etwas) ganz Anderes entpuppt, verpufft der Ansatz, ausnahmsweise mal nicht etwas Bösem nachzujagen; am Ende geht es auch in „The Unholy“ nur um den Stoff, aus dem zahlreiche Horrorfilme gestrickt sind.
Das trifft nicht bloß auf Jeffrey Dean Morgans Performance zu, der seine Darstellung eines investigativen Journalisten, der sich durch die eigenständige Wahl eines neuen Auftrags versucht, zurück in die Wahrnehmung zu kämpfen, solide, aber unaufgeregt herunterspielt. Auch die Inszenierung von „The Unholy“ setzt sich aus altbewährten Horrorfilmmotiven zusammen. Dabei wäre der Film direkt ein ganzes Stück besser, würden die vorhersehbaren Jumpscares nicht ständig die Tonspur in die Höhe schnellen lassen. Der schnelle Schock rangiert für den Regisseur klar über dem subtilen Aufbau einer Schaueratmosphäre, sodass selbst wirklich gelungene Szenen wie etwa die nicht minder unheimliche Anbetung der „Heilerin“ Alice rar gesät sind. Auch Fenns Gespräche mit Geistlichen und deren fast schon radikale Überzeugung, die Ereignisse seien allesamt gottgewollt, verhelfen „The Unholy“ zeitweise zu Substanz, während das klare Highlight des Films direkt zu Beginn zu vernehmen ist, wenn aus der Egoperspektive eine Hexenverbrennung gezeigt wird, die wohl nicht umsonst an den Auftakt von Sam Raimis „Evil Dead“-Remake erinnert. Doch das Problem der unzähligen Jumpscares ist nicht bloß ihre uninspirierte Ausführung, sondern vor allem die damit einhergehenden, minderwertigen Computereffekte, mit denen sogar der Trailer nicht geizt. Ausgerechnet „das Böse“ ist in „The Unholy“ das, was am wenigsten Angst macht. Da hilft es auch nicht, dass sich der Kameramann Craig Wrobleski („Akte X: Die unheimlichen Fälle des FBI“) alle Mühe gibt, diesem nichtssagenden Film mehr Ausdruck zu verleihen.
„Die Inszenierung von „The Unholy“ setzt sich aus altbewährten Horrorfilmmotiven zusammen. Dabei wäre der Film direkt ein ganzes Stück besser, würden die vorhersehbaren Jumpscares nicht ständig die Tonspur in die Höhe schnellen lassen.“
Fazit: „The Unholy“ macht wenig aus seiner interessanten Idee, und nähert sich einem „Was wäre, wenn eine junge Frau ungewollt von der Jungfrau Maria heimgesucht wird?“-Plot auf dieselbe Weise wie zahlreiche Besessenheitsfilme vor ihm. Immerhin vereinzelt blitzt auf, dass Regiedebütant Evan Spiliotopoulos in Zukunft vielleicht Besseres auf die Leinwand bringen könnte.
„The Unholy“ ist ab dem 17. Juni in den deutschen Kinos zu sehen.