Wolves at the Door

Basierend auf einem der bekanntesten Fälle rund um die Morde der Charles-Manson-Sekte versucht sich John R. Leonetti mit WOLVES AT THE DOOR an einem Home-Invasion-Horrorfilm und schafft es dabei, dass sich selbst 73 Minuten lang anfühlen. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Im Hochsommer 1969 wollen es die vier Freunde Sharon (Katie Cassidy), Abigail (Elizabeth Henstridge), Jay (Miles Fisher) und Wojciech (Adam Campbell) noch einmal richtig krachen lassen, bevor sich die Truppe anschließend in alle Winde verstreut. In einem einsamen Haus in den Hollywood Hills steht alles für ein entspanntes bereit, während es sich im Gästehaus des altehrwürdigen Anwesens die beiden Untermieter William (Spencer Daniels) und Steven (Lucas Adams) mit selbst gedrehten Joints gemütlich gemacht haben. Im Zuge der ausgelassenen Stimmung merken die Freunde zunächst nicht, dass sich Fremde Zutritt zum Haus verschafft haben. Erst, als wie von Geisterhand Elektrogeräte angehen und es immer wieder unheilvoll gegen Fenster und Türen klopft, ahnen sie, dass sie in Gefahr schweben. Sie sind ins Visier einer erbarmungslosen Killergang geraten, die selbst vor der schwangeren Sharon nicht Halt machen…
Kritik
In Hollywood ist „Based on True Events“ nicht selten eine fadenscheinige Behauptung. Oftmals basieren angebliche Nacherzählungen wahrer Ereignisse allenfalls auf dieser Thematik ähnlichen Geschehnissen; gerade im Horrorgenre wird häufig hinzugedichtet, wo es nur geht, erst recht dann, wenn sich am Ende auch noch Übernatürliches zum Geschehen hinzu gesellt. Im Falle von John R. Leonettis Home-Invasion-Schocker „Wolves at the Door“ sieht das Ganze allerdings ein wenig anders aus: Das grausame Mordverbrechen an einer Gruppe aus fünf Jugendfreunden in Los Angeles Ende der Sechzigerjahre hat sich so tatsächlich zugetragen und geht auf die Sekte des berühmt berüchtigten Serienkillers Charles Manson zurück. Das Problem: Im Grunde machen die Umstände der wahren Ereignisse den Film in seiner Gesamtbetrachtung nur noch schlimmer, denn der eigentlich im Genre routinierte John R. Leonetti („Wish Upon“) inszeniert das unheimliche Thrillerszenario als ebenso blutleeren wie austauschbaren Schlitzerplot, der weder Interesse an den Opfern, noch an den Tätern, geschweige denn an den Dimensionen dahinter weckt. So ist es kein Wunder, dass „Wolves at the Door“ mit sechs (!) Zuschauern pro Kopie aktuell zu den größten Kinoflops in Deutschland gehört und auch weltweit nichts gerissen hat.
John R. Leonetti mag sich mit seinen bisherigen Regiearbeiten wie „Wish Upon“ und „Annabelle“ nicht unbedingt bei allen Genrekennern neue Freunde gemacht haben, doch zumindest als Kameramann bei „Conjuring – Die Heimsuchung“ war er nicht unwesentlich an der fiesen Oldschool-Haunted-House-Atmosphäre beteiligt. Er weiß also, was er tun muss, um seinen Zuschauern Angst zu machen. Doch mit Ausnahme der das Geschehen auch wirklich als „wahr“ einstufenden Texttafeln zu Anfang und zum Ende des Films, ist in „Wolves at the Door“ kaum etwas wirklich gruselig. Im Rahmen der sehr übersichtlichen 73 Minuten Laufzeit spult Leonetti das Standardrepertoire sämtlicher Home-Invasion-Thriller ab, lässt im Hintergrund mal einen Fremden vorbeihuschen und sie im nächsten Moment gruselige Botschaften an die Wand malen. Darüber hinaus machen sie in unbeobachteten Momenten diverse elektronische Geräte an oder bleiben einfach mitten im Gang stehen, um ihrem zukünftigen Opfer aus sicherer Entfernung zu winken. Wären die vier Mörder in „Wolves at the Door“ von ähnlich bedrohlicher Erscheinung wie etwa ihre Kollegen aus Bryan Bertinos beklemmendem Psychodrama „The Strangers“ (von Michael Hanekes Killer-Duo aus „Funny Games“ ganz zu schweigen), wäre die betont ruhige Inszenierung sogar begrüßenswert; Leonetti setzt zu Beginn nämlich nicht auf Jumpscares oder anderweitige Effekthascherei. Doch die hier durchs Haus schleichenden Mörder wirken viel eher wie gelangweilte Drogenjunkies, was im Anbetracht ihrer Verbindung zur Manson-Sekte zwar gar nicht so weit hergeholt ist, da Leonetti aus diesem Hintergrund aber ohnehin nichts macht, sorgt die Zeichnung der Bösewichte ausschließlich für Langeweile.
Nur in den seltensten Fällen ist das Motiv eines Verbrechers rückblickend für Außenstehende nachvollziehbar. Doch selbst ein ausschließlich im Blutrausch mordender Irrer eignet sich für einen brutalen Horrorschocker immer noch besser, als die vollkommen profillos bleibenden, ohnehin ausschließlich im Dunkeln agierenden Killer in „Wolves at the Door“, die erst nach dem eigentlichen Film zu einem Gesicht finden. Wenn Leonetti am Ende Ausschnitte aus Gerichtsverhandlungen und Interviews mit den Tätern einblendet, offenbart sich die ohnehin schon vielfach in der Popkultur ausgeschlachtete Grausamkeit rund um die Manson-Sekte; die Täterinnen und Täter wollten einfach nur morden – und die Opfer waren schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Schaut man genauer hin, erkennt man hier auch jenen Grund, durch welchen „Wolves at the Door“ von vornherein zum Scheitern verurteilt war: Ein solch abscheuliches Verbrechen zur Vorlage eines reinen Killerfilms zu machen, in dem nach und nach Einer nach dem Anderen niedergemeuchelt wird, funktioniert nicht. Die wahren Ereignisse mitsamt ihrer Hintergründe sind schlicht zu grausam für banales Entertainment und um die psychologische Dimension aus der Geschichte herauszukitzeln, hätte Drehbuchautor Gary Dauberman („Es“) einen ganz anderen Ansatz wählen müssen.
Denn natürlich ist auch an den Figuren in „Wolves at the Door“ Niemand interessiert. Nicht einmal einem bestimmten Horrorfilm-Stereotyp lassen sie sich zuordnen (und scheinen jedes Mal überraschend erleichtert, wenn sie dann endlich auch den Killern zum Opfer fallen); allenfalls die in diesem Film hochschwangere Sharon besitzt aufgrund ihrer Umstände für einen Mainstream-Horrorfilm dann doch eine überraschend dramatische Fallhöhe, wenngleich sich die Macher hier lediglich an den wahren Begebenheiten orientieren. Ihre Freunde bleiben vollkommen blass und erfüllen lediglich ihren Zweck, aufgescheucht durch das verwinkelte Haus zu laufen, sich zu verstecken, oder – in ganz wenigen Ausnahmen – zurückzuschlagen; auch wenn das häufig von wenig Erfolg gekrönt ist. Als Home-Invasion-Thriller beschränkt sich auch „Wolves at the Door“ fast ausschließlich auf das Haus als Kulisse. Leider steht das während der gesamten Laufzeit vollständig im Dunkeln, sodass selbst von den alles andere als spektakulären Kills wenig bis gar nichts zu sehen ist. Nicht einmal die FSK-Freigabe ab 16 scheint irgendwie gerechtfertigt, denn so niederschmetternd-zermürbend die Geschichte drum herum, so wenig effektvoll wird sie innerhalb des Films doch dargeboten. „Wolves at the Door“ bleibt bis zuletzt ein vollkommen belangloses Nichts, das sich mit der erschütternden Grundlage des Stoffes nicht verträgt.
Fazit: Kaum zu glauben, dass diesem Film die berühmten Morde des Charles Manson zugrunde liegen: „Wolves at the Door“ ist einer der ödesten Horrorstreifen der letzten Jahre und in seiner gelangweilt-austauschbaren Machart so überflüssig wie sein Alibi-Kinostart.
„Wolves at the Door“ ist seit dem 12. Oktober auf DVD erhältlich.