Sausage Party

Es kann nur zu einem derben Gegenentwurf zu Disney, Pixar und Co. werden, wenn Hollywood-Schmutzfink Seth Rogen die Aufsicht über einen Animationsfilm mit R-Rating übernimmt. Wie gut sein Foodporn SAUSAGE PARTY nun aber tatsächlich geworden ist, das verrate ich in meiner Kritik.Sausage Party

Der Plot

Würstchen Frank und seine Kumpels leben ein zufriedenes Leben in einem ganz gewöhnlichen Supermarkt. All die hier wohnenden Lebensmittel haben nur ein Ziel: von einem Menschen gekauft und im Jenseits mit Glück und Freude überhäuft zu werden. Gemeinsam mit seiner Angebeteten Brenda, einem prallen Hot-Dog-Brötchen, teilt er diesen Traum. Erstmal raus aus der Verpackung, will das Pärchen es im Paradies so richtig sinnlich angehen lassen. Doch als eines Tages der süße Senf davon berichtet, wie es bei den „Göttern“ zuhause tatsächlich zugeht, wollen Frank und seine Kumpanen den ganzen Supermarkt davon in Kenntnis setzen. Von wegen Liebe, Lust und Heiterkeit. Doch um die Lebensmittel aller Regale davon zu überzeugen, dass sie nur überleben können, wenn sie den Kampf mit den Menschen aufnehmen, muss Frank seinen Mann stehen.  Ob es ihm gelingt, die sabbernden Zweibeiner für immer auszuknocken?

Kritik

Für allzu tiefsinnigen Humor ist Seth Rogen nicht unbedingt bekannt, doch wer mit den zotenlastigen Gagparaden etwas anfangen kann, ist mit Filmen wie „Das ist das Ende“, „Die highligen drei Könige“ oder auch den „Bad Neighbors“-Produktionen vor allem deshalb gut bedient, weil ihnen doch immer glaubhaft auch ein wenig Herz inne wohnt. Der Schwerpunkt derartiger Rogen-Comedys liegt zwar auf platten Kalauern, die mal mehr, mal weniger weit unterhalb der Gürtellinie zu finden sind. Doch die Themen, die von dem Schauspieler und seinen Stammschreibern abgefrühstückt werden, sind immer kreativ und darüber hinaus auch mit Überraschungen bestückt. So besaß „Bad Neighbors 2“ eine starke emanzipatorische Message und der Weihnachtsblödelei der „Highligen drei Könige“ nahm man die harmonisch-romantische Pointe zum Schluss mehr ab, als so manch kitschigem Festtagsreigen der öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten. Wenn Rogens Crew erneut zum humoristischen Rundumschlag ausholt, sollte man entsprechend auf alles vorbereitet sein. Auch die hierzulande ab 16 (!) freigegebene Animationskomödie „Sausage Party“ lässt hier und da erkennen, dass den Machern nicht ausschließlich an der Provokation gelegen ist, die spätestens das Lebensmittel-Porno-Spektakel der letzten fünf Minuten hervorrufen wird. Es geht auch im interkulturellen Austausch, um die Akzeptanz des Fremden und um das Finden zu sich selbst. Doch leider sorgt dieser Wille, mehr abzuliefern als reines Comedy-Kino, in diesem Fall dafür, dass „Sausage Party“ nur in Einzelszenen wirklich lustig ist und ansonsten mit etwas zu kämpfen hat, das wir uns angesichts der Trailer so nicht vorstellen konnten: zu viel Handlung.

Sausage Party

Lange lassen die Regisseure Greg Tiernan („Thomas und seine Freunde“) und Conrad Vernon („Madagascar 3“) ihr Publikum nicht darüber im Unklaren, welche Art von Humor hier ab sofort für eineinhalb Stunden vorherrscht. Der Film beginnt mit einer perfekt an die hiesigen Gefilde angepassten Reminiszenz an typische Disney-Gute-Laune-Lieder, als der Mais zur Einstimmung in den Tag ein Liedchen trällert, das sich zunächst tatsächlich als harmlose Guten-Morgen-Musik, später jedoch nur noch als feuchtfröhliche Bums-Fantasie der Lebensmittel verstehen lässt. Angesichts dessen, wie oft alleine in diesem Song das berüchtigte F-Wort fällt, würde selbst ein „Wolf of Wall Street“ vor Scham erröten. Dabei gab es von der eigentlichen Handlung bis dahin noch gar nichts zu sehen, geschweige denn zu hören. Diese setzt in Gang, nachdem wir uns mehrmals vergewissern durften, dass es auch den Bewohnern von Supermarktregalen nur um das eine geht: Sex. In der Fantasie der Lebensmittel wartet dieser im buchstäblichen Paradies auf sie. In Wirklichkeit erwartet Würstchen, Brötchen und Co. die Hölle, wenn die automatische Schiebetür des Kaufhauses erst einmal hinter ihnen zugegangen ist. Der im Trailer groß angekündigte Food-Splatter beschränkt sich dann leider auf eine einzige Szene, die „Sausage Party“ nutzt, um einen vom-Außenseiter-zum-Helden-Plot um das verkrüppelte Würstchen Barry in den Film zu integrieren. Schon hierdurch wird die Animationskomödie inhaltlich wesentlich austauschbarer, als es die amüsante Prämisse andeutet, denn nicht nur die Verwandlung vom Noname zum Retter der Welt (oder in diesem Fall: der Lebensmittel) ist gängiger Stoff in Unterhaltungsfilmen, auch die restlichen Figuren fügen sich eindeutig in gängige Genre-Schemata.

Natürlich definiert sich ein Film wie „Sausage Party“ über die Idee dahinter und den daraus generierten Humor. Und tatsächlich: Eine Geschichte darüber, was unsere Lebensmittel machen, wenn wir nicht hinsehen als erwachsenen Gegenentwurf zu „Toy Story“ zu inszenieren, offenbart viele Möglichkeiten, die von den Machern vor allem deshalb ausgeschöpft werden können, weil man in den USA von Anfang an ein R-Rating anvisiert hatte. Eine bessere Ausgangslage für eine politisch unkorrekte, derbe, schlüpfrige und eben alles andere als kinderfreundliche Komödie gibt es eigentlich gar nicht. Leider verhält es sich mit „Sausage Party“ ähnlich wie mit dem Überraschungshit „Ted“ aus dem Jahr 2012. Bei den breiten Möglichkeiten der Erwachsenenbespaßung bedient sich das Autorenteam um Seth Rogen und Evan Goldberg („Bad Neighbors“) ausschließlich an einem möglichst derben Wortschatz. Permanente Diskussionen und Debatten über alle möglichen Sexpraktiken, die in einer ausladenden Abschlusssequenz schließlich auch visuell an den Zuschauer herangetragen werden, mögen im Kontrast zu den niedlich dreinschauenden Würstchen, Brötchen oder den verschiedenen Obst- und Gemüsemännchen skurril wirken, doch ausgedehnt auf knappe eineinhalb Stunden ermüdet der ewig gleiche Gagablauf rasch. Hervorstechende Ideen wie eine als Nazis aufgezogene Sauerkraut-Armee (das ultimative Highlight des Films!) oder Barrys Aufeinandertreffen mit diversen benutzten Haushaltsgegenständen durchbrechen das vorhersehbare Pointen-Schema wenigstens punktuell, doch man merkt schnell, dass das „Sausage Party“-Konzept nicht für einen Langfilm taugt.

Es ist bemerkenswert, was sich die Schöpfer des Films alles ausgedacht haben, um Szene für Szene tatsächlich immer noch einen draufzusetzen, um das Finale schließlich als ganz und gar nicht jugendfreie Lebensmittel-Porno-Party zu inszenieren. Leider verzetteln sich die Macher auf dem Weg dorthin mehrfach so sehr, dass auch die nicht zu leugnende, äußerst hohe Gagdichte nicht davor schützen kann, dass man sich mitunter dabei erwischt, erstaunlich lange gar nicht wirklich herzhaft lachen zu können. Die Idee, eine sprechende Vaginaldusche (im Film – natürlich – einfach nur als „die Muschidusche“ bekannt) zum Comicschurken-gleichen Antagonisten zu machen, ist zwar im wahrsten Sinne des Wortes einzigartig, doch gerade hier zeigt sich, dass es den Machern scheinbar wichtiger war, noch weiter unter die Gürtellinie zu gehen, anstatt mit dem vorhandenen Material seine derben Späße zu treiben. Außer der Vaginaldusche spielt nämlich kein Nicht-Nahrungsmittel eine wichtige Rolle, sodass man immer wieder den Eindruck erhält, dass das Konzept bis zuletzt nicht so ausgereift ist, dass es die Handlung trägt. „Sausage Party“ wirkt wie ein Schnellschuss, in den sich auch die belehrenden Versuche, politische Statements zu setzen, nicht reibungslos fügen wollen. Die Frage, ob unterschiedliche Lebensmittelrassen nicht einfach friedlich nebeneinander existieren können, beantwortet die Tortilla zwar so trocken mit einem „Nein“, dass Parallelen zur menschlichen Idiotie nicht besser auf die Spitze getrieben werden könnten. Doch wenn sich im nächsten Moment eine lesbische Tortilla in das sexy Hot-Dog-Brötchen verguckt und ihr plumpe zweideutige Avancen macht, dann darf man die Macher zwar zur selbstverständlichen Berücksichtigungen verschiedener Sexualformen beglückwünschen, doch am Ende steht ja nun mal nicht mehr als eine zugegebenermaßen keinen Stein auf dem anderen lassende Orgie.

Fazit: Man kann den Machern von „Sausage Party“ nicht vorwerfen, mit ihrem Animationsfilm für Erwachsene kein Wagnis einzugehen. Leider sieht jenes Wagnis so aus, dass eine handelsübliche CGI-Komödie mit möglichst vielen Frivolitäten versehen wird. Am Ende stehen sich das austauschbare Abenteuer und die kreative Ausgangsidee im Weg und es fällt schwer, über all das so richtig herzhaft zu lachen.

„Sausage Party“ ist ab dem 6. Oktober bundesweit in den Kinos zu sehen.

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