Ender’s Game – Das große Spiel

Der Roman ENDER’S GAME – DAS GROSSE SPIEL und die dazugehörige Verfilmung sind derzeit in aller Munde. Aktivisten riefen zum Boykott des Filmes auf. Immerhin stammt das Buch aus der Feder eines bekennenden Schwulenhassers. Doch da dieser an den Einnahmen des Filmes gar nicht beteiligt wird, ein Teil von ihnen gar an Schwulen- und Lesbenvereinigungen geht und der Film zusätzlich auch noch ganz gut geraten ist, ist ein Blick auf ihn allemal lohnenswert. Warum, das lest Ihr in meiner heutigen Kritik.

Der Plot

Irgendwann in der Zukunft. Schon einmal wurde die Menschheit von einer außerirdischen Spezies, die insektenähnlichen Formics, angegriffen. Nur durch das riskante Flugmanöver eines Ausnahmekriegers konnte die Zerstörung der menschlichen Zivilisation verhindert werden. Da niemand ahnt, wie lange die Menschheit noch vor den vermeintlichen Angreifern sicher ist, werden in einem geheimen Programm jugendliche Rekruten ausgebildet, die den Formics im Kriegsfall gegenübertreten sollen. Einer von ihnen ist Ender Wiggins (Asa Butterfield). Der schon im Kindesalter herausragende Stratege wird vom Chef der Militärschule (Harrisson Ford) mit auf die in der Erdumlaufbahn befindliche Kampfschule gebracht und unterzieht sich dort einer harten Ausbildung. Schnell steigt Ender auf und schon bald wird klar: Auf ihm ruhen alle Hoffnungen.

Kritik

Hollywood hat ein Problem. Die kalifornische Filmschmiede benötigt dringend ein verfilmbares (und erfolgreiches!) Jugendbuchfranchise. Nach Beendigung der „Harry Potter“-Serie und den „Twilight“-Schmachtfetzen bleiben die Versuche, ähnlich gelagerte Kost auf die Leinwand zu bringen, nahezu erfolglos. So schlug sich die Romanreihe um die „Chroniken der Unterwelt“ mehr schlecht als recht an den Kinokassen und sowohl die „Narnia“-Buchverfilmungen als auch „Eragon“ kamen nicht in den Genuss, im Kino vollständig auserzählt zu werden. Auch deutsche Versuche wie die Adaption der Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier gingen trotz einer soliden Umsetzung unter – gleichwohl sowohl „Chroniken der Unterwelt“ als auch „Rubinrot“ demnächst eine Fortsetzung vergönnt ist. Ein Zeichen dafür, dass man auf die heranwachsende Zielgruppe als besonders konsumfreudige auf keinen Fall verzichten möchte. Und mit dem in Kürze im Kino startenden zweiten Teil von „Die Tribute von Panem“ hat man durchaus noch eine vielversprechende Filmreihe in petto. Dennoch scheint der Buchmarkt langsam ausgeschöpft und so wagte sich Regisseur Gavin Hood („X-Men Origins: Wolverine“) mit seiner Verfilmung von „Ender’s Game – Das große Spiel“ an einen Roman, der in den USA zur schulischen Pflichtlektüre und damit sogar fast schon zum Kulturgut gehört.

Dass der Science-Fiction-Roman des umstrittenen da offensiv schwulenfeindlichen Autors Orsin Scott Card derart populär wurde, verwundert angesichts der ausbalancierten Mischung aus düsterer Zukunftsfantasie, Coming-of-Age-Drama und Kriegssatire nicht. Die Kunst des Fantasy-Spezialisten Hood ist es nun, diese drei Thematiken so in einem Film zusammenzufassen, dass keine von ihnen hinter der anderen zurückbleibt, der Schwerpunkt richtig gesetzt wird und der Balanceakt insofern gelingt, als dass der ganze Streifen schließlich wie aus einem Guss daherkommt. Mit einem der wohl talentiertesten Jungdarsteller Asa Butterfield („Hugo Cabret“) sowie den Hollywoodgrößen Harrison Ford („Indiana Jones 1-4“) und Ben Kingsley („Iron Man 3“) kann Hood schließlich auch auf eine, dem Stoff durch und durch gewachsene Riege an Darstellern zurückgreifen. Die Mission „Ender’s-Game-Verfilmung“ ist also geglückt und ebnet mit der ersten Filmadaption der insgesamt fünf Teile umfassenden Reihe den Weg für eine Jugenfilm-Reihe, die ähnlich der herausragenden „Tribute von Panem“-Saga mit einem gewissen Anspruch an ihr Publikum überzeugt.

Getragen wird „Ender’s Game“ dabei durch und durch von ebenjenem Asa Butterfield. Dem kleinen Charmebolzen kommt mit der Hauptrolle des jungen Ender Wiggins die am ausgefeiltesten geschriebene Figur zugute. In dieser gelingt es Butterfield voll und ganz, sich zu profilieren. So überzeugt er sowohl in den durchchoreographierten Actionsequenzen als auch in den ruhigen Momenten, in denen seine Rolle immer wieder ins Grübeln gerät und sich von einem Gewissenskonflikt in den nächsten manövriert. Vor allem letztere sind die Szenen, in welchen der durch Martin Scorseses 3D-Märchen „Hugo Cabret“ bekannt gewordene Schauspieler zur Hochform aufläuft. Die Ausdrucksstärke seiner Augen ist beachtenswert und sein Mimikspiel ist dem eines Ben Kingsley („Gandhi“) nicht nur ebenbürtig, sondern überragt es im Falle von „Ender’s Game“ sogar. Denn ausgerechnet der gefeierte Charakterdarsteller Kingsley ist es, der in der modernen Sci-Fi-Geschichte reichlich fehl am Platz wirkt. Nicht nur, dass es seine Rolle dramaturgisch nicht gebraucht hätte; auch in den wenigen Momenten seines Auftretens wirkt seine Figur unscheinbar und einzig ein auffälliges Gesichtstattoo verleiht ihm einen Hauch von Wiedererkennungswert. Da ist Han Solo Harrisson Ford schon besser dran, der seiner eindimensional geschriebenen Hauptfigur das Optimum an Eigenständigkeit verleiht. Zu seinem emotionalen Gegenstück wird Viola Davis („The Help“), deren Rolle das komplette Gegenteil zu Ford bildet und auch hier das Maximum an der konturlos bleibenden Figur herauszuholen weiß.

Den oberflächlichen Erwachsenen-Figuren, die in der hier dargebrachten Ausarbeitung jedoch nicht allzu sehr negativ ins Gewicht fallen, stehen sehr gut geschriebene Jugendcharaktere, von starken Jungakteuren verkörpert, gegenüber. Durch den Fokus der Handlung, die merklich auf den Heranwachsenden liegt, fällt die schwache Figurenkonstellation unter den älteren Darstellern wenig auf. Die Stars dieses Weltraumabenteuers sind zweifelsfrei Asa Butterfield und seine, zum Teil Oscar-nominierten, jugendlichen Kollegen. Mit Abigail Bresling („The Call – Leg nicht auf!“) und Hailee Seinfeld („True Grit“) besitzt man zwei toughe, heranwachsende Frauenfiguren, die beide – in ihrem jeweiligen Umfeld Erde oder Weltraum – ähnlich gestrickt sind, durch die nuancierten Spielweisen der Darstellerinnen jedoch Eigenständigkeit besitzen. Auch ihre männlichen Kollegen erhalten im Laufe der Spielzeit ganz eigene, feine Charakterzüge. Vor allem Moises Arias („The Kids of Summer“) profiliert sich in den Wortgefechten mit Butterfield und lässt in passenden Szenen gekonnt seine Muskeln spielen.

Die Story gibt schon eingangs ein hohes Grundtempo vor und behält dieses dankenswerterweise über die gesamte Laufzeit bei. So sehr, dass es fast unmöglich scheint, dass Regisseur und Drehbuchautor Gavin Hood in der Lage war, den knapp 500 Seiten starken Roman auf eine Spielfilmhandlung von etwa zwei Stunden herunterzubrechen. Doch selbst wenn er Details auslässt, umgeht er das Problem, nicht alle Einzelheiten erfassen zu können gekonnt, indem er viele der Stationen innerhalb der Kampfschule nur anreißt und in Form von Szenenmontagen wiedergibt. Hierbei spielt der Regisseur sein ganzes Können aus und lässt die imposanten Bilder sowie den epochalen Orchesterscore von Steve Jablonsky für sich sprechen. Das funktioniert auch, denn Hood nimmt sich jedes Mal ausschließlich die optisch für sich selbst am besten sprechenden Phasen in der Ausbildung vor. Ausgeprägtere, tiefgehende und für die Charakterentwicklung von entscheidender Bedeutung seiende Szenerien führt der Regisseur schließlich wieder ausführlich aus. Vor allem an Gesellschaftskritik scheint er hierbei nicht sparen zu wollen. Gerade die um Kontroverse bemühten Passagen, die den Drill und die Gewalt innerhalb der Weltraumstation verdeutlichen, kostet Hood bis zum letzten Tropfen aus. Dass er sich an der einen oder anderen Szene, eben vor allem denjenigen mit Ben Kingsley, zu lang aufhält, möchte man dem Regisseur da gern verzeihen.

Hollywoods Nachwuchs: Asa Butterfield

Doch vor allem auf den technischen Ebenen ist „Ender’s Game“ gelungen. Gerade die schwindelerregenden Kamerafahrten, eingefangen von Donald McAlpine („Moulin Rouge“), wissen zu gefallen. Hat die stellenweise fast schon hypnotische Bildsprache doch eine enorme Sogwirkung. Untermalt mit einem eingängigen Instrumentalscore von Steve Jablonsky („Pain & Gain“), der sich hier überdeutlich an Hans Zimmers Stil zu versuchen scheint, entfaltet die Atmosphäre schließlich ihre ganze Kraft. Und das sowohl in den schnell geschnittenen und bisweilen hektischen Bildmontagen, als auch den schwelgerischen Beobachtungen der Szenerien. Die sich harmonisch und unaufdringlich in die spektakulären Kulissen eingliedernden CGI-Effekte runden den sehr guten Eindruck der ansprechenden Optik ab.

Fazit: Trotz kleiner Schwächen hat „Ender’s Game“ das Potential, ein großes Kinofranchise zu werden. Sofern man sich nicht von der Tatsache abschrecken lässt, dass Jugendblockbuster auch einen gewissen Anspruch mitsamt Gesellschaftskritik besitzen können.

„Ender’s Game – Das große Spiel“ ist jetzt im Kino zu sehen.