Blutzbrüdaz

Ein Rapfilm aus deutschen Landen – das ging bereits mit „Zeiten ändern Dich“ von Rüpelrapper und Bambi-Gewinner Bushido mächtig in die Hose. Seinem Image nützte er nichts und seine „Schauspieler“-Leistung wurde von Kritikern zerrissen. Höchste Zeit also, dass sich auch sein Konkurrent und Mitstreiter Paul Würdig alias Sido an die Hauptrolle eines Hip-Hop-Movies wagt. Doch anstatt seinen Film ein semidramatisches Biopic werden zu lassen, wurde aus BLUTZBRÜDAZ eine lockere Komödie, die sich nicht so ernst nimmt und damit auch weniger rapinteressierte Zuschauer unterhalten kann. Womit, das lest ihr in meiner heutigen Kritik. 

Der Plot

Otis (Sido) und Eddie (B-Tight) sind beste Freunde. Schon immer. Und beide haben einen großen Traum: sie wollen Rapper werden. Doch so richtig mag es mit der großen Karriere nicht klappen. Bis beide eines Tages auf Fusco treffen, der den beiden dazu verhilft, ein Demotape aufzunehmen. Nachdem sich dieses anschließend sehr gut in seinem Plattenladen verkauft, wittern die beiden ihre große Chance und treten ab sofort unter dem Namen „Blutzbrüdaz“ auf. Plattenboss Facher sieht das Talent, das in den beiden steckt und bietet den Blutsbrüdern einen Vertrag an. Nachdem die sie diesen unterzeichnen, stürzen sie sich in die Arbeit. Zu spät bemerken sie, dass Facher das Duo auseinanderzureißen droht. Denn der hat vor allem Eddie im Sinn und sieht Otis eher im Backround. Die Freundschaft der Rapper droht am Erfolg zu zerbrechen.

„Hol‘ doch die Polizei!“

Kritik

Aus der Idee hinter „Blutzbrüdaz“ hätte man einiges machen können. Das klassische Biopic – diesmal nicht von Bushido, sondern eben von Rapkollege Sido. Einen knallharten Gangsterfilm „von der Straße“ – oder einfach das, was es geworden ist.

Zunächst einmal muss gesagt sein, dass das Team hinter dem Hip Hop-Film immer wieder betonte, mit dem Streifen nicht das wirkliche Leben der Protagonisten Sido und B-Tight verfilmt zu haben. Vielmehr handele es sich bei dem Plot um eine gänzlich fiktive Geschichte. Dass man die Hauptrollen an hauptberufliche Musiker vergab, anstatt sie mit professionellen Schauspielern zu besetzen, hätte nicht Not getan, gibt „Blutzbrüdaz“ allerdings Charakter und verleiht ihm eine ordentliche Portion Authentizität. Ganz im Gegensatz zu „Zeiten ändern dich“, der auf Celluloid gebannten Lebensgeschichte von Anis Mohamed Youssef Ferchichi alias Bushido, machen Paul Würdig (Sido) und Robert Davis (B-Tight) ihre Sache gar nicht mal so schlecht – und um Längen besser als deren tunesischer Kollege. Selbstredend sind deren Schauspielleistungen nicht Oscar-verdächtig, zudem hätte ein Herauskürzen des Wortes „Digga“ auf ein Minimum dem Drehbuch gut getan, doch da „Blutzbrüdaz“ nicht den Anspruch hat, selbst besonders anspruchsvoll zu sein, sondern lieber knappe 90 Minuten auf Basis fetter Hip Hop-Beats zu unterhalten, mindern kleine Schwächen im schauspielerischen Bereich der beiden Hauptdarsteller kaum das Sehvergnügen. Dafür können die Nebendarsteller punkten. Besonders überzeugt Alwara Höfels („Keinohrhasen“, „Einer wie Bruno“) als kesses, blondes Dummchen und Freundin von Otis. Durch ihre gleichermaßen rotzfreche wie charmante Art, untermalt von einer authentischen Kleiderwahl, sorgt sie absolut gewollt für den einen oder anderen Lacher. Genauso wie die Dialoge. Diese setzen neben dem typischen Berliner Ghettoslang vor allem auf (teilweise) intelligente Pointen – wenngleich sich ab und an ein „Haudrauf-Gag“ dazwischen mogelt. Am Ende präsentieren sich die Dialoge als wenig anspruchsvoll, jedoch bei weitem nicht so primitiv wie vorab erwartet und oftmals mit Garantie zum Schmunzeln.

Allerdings muss „Blutzbrüdaz“ einige weitere, wenn auch kleinere Abstriche in Sachen Qualität machen. Die Parodie des korrupten Plattenmilieus reiht bereits totgelaufene Klischees aneinander: vom verschwenderischen Boss über die berechnende Assistentin (die natürlich Gewissensbisse bekommt), bis hin zur sektenähnlichen Firmengemeinde. Hier kann der Streifen nicht mit Innovation auftrumpfen und langweilt bisweilen sogar. Hier zeigt sich allerdings auch, welch glückliches Händchen Regisseur Özgür Yildirim („Chiko“) bei der Wahl der Darsteller bewiesen hat. Dank derer, u.A. Milton Welsh („Antikörper“, „Der Ghostwriter“) als Plattenboss und vor allem den authentischen (da auch im wahren Leben) Rapkollegen behalten die Szenen immerhin eine gewisse Glaubwürdigkeit und Wiedererkennungswert. Was ebenso Wiedererkennungswert hat – allerdings eher im negativen Sinn – ist wohl das Ende von „Blutzbrüdaz“. Denn dieses dürfte als das offenste der Geschichte eingehen und dementsprechend Hoffnung auf einen zweiten Teil machen, wenngleich in der Hinsicht aktuell nichts bekannt ist.

Fazit: „Blutzbrüdaz“ ist eine Komödie, die im Rapmilieu spielt und selbiges dabei entwaffnet. Der Film nimmt sich nicht ernst, hat neben guten Hauptdarstellern zum Großteil sehr gute Nebendarsteller und einen versteckten Auftritt von Comedy-Star Mario Barth zu bieten. Letzterer verdeutlicht noch einmal die Ernsthaftigkeit, die hinter „Blutzbrüdaz“ wirklich steckt – nämlich gar keine. Der Soundtrack dürfte selbstverständlich vor allem Hip Hop-Fans ansprechen. Für weniger Rap-affine Zuschauer spielt sich dieser glücklicherweise aber wenig in den Vordergrund, sondern untermalt und unterstreicht. Negativ ankreiden möchte die Verfasserin dieser Zeilen dem Film vor allem sein viel zu abruptes Ende. Auch wenn die letzten zehn Minuten überzeugen, so ist es dennoch mehr als offen. Außerdem dauert es eine Weile, bis man sich an den (mehr oder weniger originalgetreuen) Slang gewöhnt hat. Abgesehen von diesen Punkten unterhält „Blutzbrüdaz“ auf angenehm leichte Weise. Kein Meilenstein, aber eine originelle Komödie für zwischendurch.

 BluRay oder DVD?

Meine Wahl fällt heute ziemlich deutlich auf die Blu-ray-disc. Nicht, weil die Qualität selbiger so deutlich besser ist, als die der DVD; geschweige denn, dass man „Blutzbrüdaz“ nun unbedingt in High Definition zuhause stehen haben muss. Es ist vielmehr das Bonusmaterial, dass mich zu dem Schluss kommen lässt, dass man unbedingt die Blu-ray braucht, wenn man diesen Film unbedingt haben muss. Denn das Making Of ist unglaublich spaßig. Außerdem überzeugen Interviews, Outtakes und vieles mehr.