Monatsarchive: Juni 2017

Das startet am 29. Juni 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 29. Juni, der noch die Nachwehen des großen Blockbusterstarts in der vergangenen Wochen zu spüren bekommt. Ganz großes Mainstream-Kino bietet diese Woche nämlich nicht. Mit größter Kopienanzahl startet wohl „Girls‘ Night Out“, eine sympathische, aber doch eher unspektakuläre Hollywoodkomödie. „Overdrive“ richtet sich an die Adrenalinjunkies, die keine Lust mehr haben, auf den nächsten „Fast & Furious“-Film zu warten. Auch der neue Sofia-Coppola-Film steht in den Startlöchern und macht eine gute Figur. Für die größten qualitativen Ausschläge sorgt indes das deutsche Kino – „Sommerfest“ zur positiven, „Axolotl Overkill“ zur negativen Seite. 

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

SOMMERFEST  | Regie: Sönke Wortmann | DE 2017

„Woanders weißt Du, wer Du bist – hier wissen es die anderen. Das ist Heimat!“. Stefan (Lucas Gregorowicz), mäßig erfolgreicher Theaterschauspieler in München, kommt nach zehn Jahren zurück nach Bochum, um den Haushalt seines verstorbenen Vaters aufzulösen. Drei Tage, dann will er wieder zurück sein. Aber da sind sie wieder alle, Kumpel, Freunde, Omma Änne, alles Originale in der weiten Welt des Ruhrgebiets, der Welt seiner Kindheit und Jugend, der er so viel zu verdanken hat und wodurch er zu dem wurde, was er heute ist. Und – so sehr er sich auch vor einer Begegnung drücken will – da ist auch noch seine große Jugendliebe Charlie (Anna Bederke), die genau weiß, wo es im Leben langgeht – auch für Stefan.

In Sönke Wortmanns „Sommerfest“ steckt so viel Liebe, dass sich selbst die abgegriffensten Stereotypen immer noch echt anfühlen. Derweil geben Lucas Gregorowicz und Anna Bederke eines der wundervollsten Ex-Liebespaare des deutschen Kinos ab, das selbst aus den einfachsten Situationen etwas ganz Besonderes macht.


DIE VERFÜHRTEN  | Regie: Sofia Coppola | USA 2017

Während des tobenden Bürgerkriegs im Jahre 1864 bietet eine abgelegene Mädchenschule eine sichere Zuflucht vor den Schrecken der Außenwelt. Als in unmittelbarer Nähe ein verletzter Soldat namens John McBurney (Colin Farrell) entdeckt und zur Pflege in die Schule gebracht wird, gerät das geregelte Leben der Frauen, angeführt von der gestrengen Lehrerin Martha Farnsworth (Nicole Kidman), durch seine Anwesenheit aus den Fugen. Schon nach kurzer Zeit erliegen die Frauen dem Charme des Soldaten – Eifersucht und Intrigen vergiften zunehmend das Zusammenleben. Es beginnt ein erotisch aufgeladenes Spiel mit unerwarteten Wendungen, das Opfer auf beiden Seiten fordert. 

Sofia Coppolas „Die Verführten“ ist ein exzellent fotografiertes Thrillerdrama, das mit einem hervorragend aufgelegten Ensemble punktet und trotz einiger redseliger Passagen kurzweilig-spannende Kinounterhaltung bietet.


GIRLS‘ NIGHT OUT  | Regie: Lucia Aniello | USA 2017

Nach zehn langen Jahren sind die fünf alten College-Freundinnen Jess (Scarlett Johansson), Pippa (Kate McKinnon), Frankie (Ilana Glazer), Alice (Jillian Bell) und Blair (Zoë Kravitz) endlich wiedervereint: Auf einem wilden Junggesellinnenabschied in Miami lassen sie so richtig die Sau raus! Für Jess ist es schließlich das letzte Wochenende in Freiheit, bevor sie in die Ehe mit dem charmanten, aber auch ein wenig tollpatschigen Peter (Paul W. Downs) eingeht. Doch die ausgelassene Party läuft plötzlich aus dem Ruder, als die Clique aus Versehen einen Stripper um die Ecke bringt. Panik bricht aus und für die Frauen beginnt eine wahnsinnige Nacht voller skurriler Eskapaden, die sie nur überstehen werden, wenn alle zusammenhalten.

„Girls‘ Night Out“ hat einige schöne Momente und kann am meisten durch das Ensemble und den Subplot um eine aus dem Ruder laufende Rettungsmission überzeugen. Die eigentliche Handlung präsentiert sich dagegen zu austauschbar, um sich im ohnehin überlaufenden Party-Komödien-Segment ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten.


OVERDRIVE  | Regie: Antonio Negret | FR/USA 2017

Die beiden draufgängerischen, charismatischen Brüder Andrew und Garrett Foster sind als Autodiebe Meister ihres Fachs. Dabei haben sie es aber nicht auf irgendwelche Autos abgesehen, sondern lediglich auf die ganz exklusiven und hochpreisigen Sammlerstücke. Als eingespieltes Team kennt ihre Abenteuerlust und Risikobereitschaft keine Grenzen. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen an der Französischen Riviera geraten sie jedoch mit dem lokalen Gangster Jacomo Morier in Konflikt, dessen ebenso rare wie unbezahlbare Autokollektion als Beute lockt. Doch Morier entpuppt sich als unberechenbarer Gegenspieler: Die beiden Brüder sollen ihr begnadetes Talent unter Beweis stellen, indem sie ihm in kürzester Zeit ein besonderes Auto seines Erzfeindes Max Klemp organisieren. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

„Overdrive“ ist ein handwerklich gut gemachter Actionreißer, bei dem tatsächlich Dinge explodieren und Autos in die Luft fliegen dürfen – nur eben eine Nummer kleiner als bei „Fast & Furious“ und Co. Entsprechend gestaltet sich der Film dann auch nur leidlich unterhaltsam, denn trotz einer guten Chemie im Cast bleibt die Handlung auf recht austauschbarem Thriller-Niveau.


AXOLOTL OVERKILL  | Regie: Helene Hegemann | DE 2017

Mifti (Jasna Fritzi Bauer) ist 16, sieht aus wie 12, verhält sich wie Mitte 30 und lebt seit dem Tod ihrer Mutter mit ihren Halbgeschwistern in einer Berliner WG. Ihr Vater hält Terrorismus für einen zeitgemäßen Karrierezweig und interessiert sich eher für Kunst als für Menschen; zur Schule gehen macht in diesem Setting weniger Sinn als sein Leben zwischen Partys, Drogen, Affären und Küchentischpolemiken zu verbringen. Sie ist wild, traurig, vernünftig und verliebt. Die Erwachsenen, auf die sie trifft, sind dagegen nur eines: verzweifelt. Entweder, weil bald die Welt untergeht, oder weil sie nicht wissen, was sie anziehen sollen. Also muss Mifti selbst erwachsen werden, auf die eine oder andere Weise. Doch das gestaltet sich schwieriger, als gedacht.

 „Axolotl Overkill“ zeigt auf, wie schnell ein positiver Trend in Redundanz abdriften kann. Die um Provokation bemühte Tragikomödie ist so sehr auf Hipness kalkuliert, dass sie dabei vergisst, sich um die wirklich wichtigen Dinge zu scheren. Am Ende geht einem der Streifzug einer Möchtegern-Rebellin durch das ach so coole Berlin einfach nur noch auf den Geist.


WILSON – DER WELTVERBESSERER | Regie: Craig Johnson | USA 2017

Wilson (Woody Harrelson) ist ein einsamer, neurotischer und urkomisch ehrlicher Misanthrop mittleren Alters, der sich schon vor Jahren mit seiner mittlerweile getrennten Ehefrau Pippi (Laura Dern) zerstritten hat. Sie war die einzige Person, die es jemals länger als ein paar Minuten mit ihm ausgehalten hat. Doch nun bekommt er eine Chance auf Versöhnung, als er durch einen Zufall erfährt, dass er eine Tochter hat, die mittlerweile siebzehn Jahre alt ist. Er hat sie nie kennengelernt und glaubt zunächst an einen Irrtum, doch schließlich macht er sich auf, sie zu finden – und mit seiner leicht verdrehten Art eine Verbindung zu ihr aufzubauen. Doch Wilson hat längst verlernt, wie er mit fremden Menschen umgehen muss, um sie nicht sofort zu vergraulen. Also nimmt er all seinen Mut zusammen, und macht sich daran, wieder vorzeigbar für die Gesellschaft zu sein. Ein steiniger Weg, der ihn an Grenzen stoßen und neue Menschen kennenlernen lässt.


Heimkinotipp: MEIN BLIND DATE MIT DEM LEBEN | Regie: Marc Rothemund | DE 2017

Eine aufregende Karriere im Luxus-Hotel – das ist der langgehegte Traum von Saliya! Doch für jemanden, der fast blind ist, könnte nichts unwahrscheinlicher sein: Aber seinen Traum aufzugeben, kommt nicht in Frage, und so schickt Saliya eine Bewerbung an ein 5-Sterne-Hotel – ohne sein Handicap zu erwähnen. Überraschenderweise funktioniert der Bluff aber tatsächlich und er bekommt eine Stelle in einem Luxus-Hotel in München. Niemand ahnt etwas von seinem Geheimnis, nur sein Freund Max erkennt bald, was es mit Saliya auf sich hat und hilft ihm, jede noch so schwierige Lage zu bewältigen. Wenn alle anderen Feierabend machen, übt Saliya bis in die Nacht die für seine Kollegen einfachsten Handgriffe, bis er sie „blind“ beherrscht. Doch als er sich in Laura verliebt scheint alles aus den Fugen zu geraten.

3 von 5

Zugunsten eines leichtfüßigen Filmerlebnisses spart „Mein Blind Date mit dem Leben“ die dunkelsten Momente im Leben von Saliya Kahawatte aus. Wem das einer Verwässerung gleichkommt, der mag vielleicht gar nicht so falsch liegen, doch das alles in allem wirklich positiv verlaufene Schicksal eines ohnehin lebensfrohen Menschen als Feel-Good-Film zu inszenieren, ist wahrlich kein Verbrechen. Marc Rothemunds Film ist wirklich fein geworden.