Professor Love

Zwei Jahre hatte der Verleih PROFESSOR LOVE im Giftschrank versteckt, obwohl die Romanze um einen alternden Casanova mit Stars nicht geizt. Trotzdem hätte man diesen Film lieber dort gelassen, wo er war – hier wird schon in wenigen Wochen kein Hahn mehr nach krähen. Warum, das verrate ich in meiner Kritik.

Professor Love

Der Plot

Seelenverwandtschaft und ewige Liebe existieren für Richard (Pierce Brosnan) nur in der Theorie: Der Professor für Romantische Literatur an der renommierten Cambridge-Universität ist privat ein notorischer Single und Womanizer. Doch dann wird sein aktueller Flirt Kate (Jessica Alba) schwanger und plötzlich führt „Professor Love“ mit seiner viel jüngeren Frau und Sohn ein beschauliches Familienleben, an das er sich nur schwer gewöhnt. Nach ein paar Jahren ist es aber ausgerechnet Kate, die sich in einen jüngeren Mann verliebt und auszieht. Doch ihren Sohn will sie nicht in Richards unkundigen Händen wissen und quartiert kurzerhand ihre ältere Stiefschwester Olivia (Salma Hayek) bei Richard ein. Die temperamentvolle Schwägerin übernimmt schon bald das Regiment und versucht nicht nur den Sohn in den Griff zu bekommen.

Kritik

Filmbewertungsportale im Internet werden vor dem Kinobesuch immer häufiger als Indikator herangezogen. Während sich bei IMDb die Punktebewertung aus Zuschauerreaktionen von Profis und Filmfreunden zusammensetzt, blicken Internetseiten wie Rotten Tomatoes oder Metascore primär auf die Meinungen der Fachleute, woraus sich eine finale Punktzahl, ein Prozentsatz oder die Bewertung „rotten“ beziehungsweise „fresh“ ergibt. Infolge dessen ist der Wert auf einem gemischten Portal wie IMDb zumeist ein wenig wohlwollender, als jener auf der als sehr streng geltenden Kritikerseite Metascore, auf dem eine volle Punktzahl von 100 Prozent so gut wie unmöglich ist (selbst ein Meisterwerk wie „Toy Story 3“ kommt dort nur auf eine Bewertung von 92 Prozent). Gleichzeitig ist Metascore aber gerade dadurch ein ziemlich kompromissloses Stimmungsbarometer. Die starbesetzte Romantikkomödie „Professor Love“ von „Love Vegas“-Regisseur Tom Vaughan kommt hier auf einen katastrophalen Wert von gerade einmal 11 Prozent. Die bereits 2014 abgedrehte, im Original „How To Make Love Like An Englishman“ betitelte Produktion fiel bei den weltweiten Kritikern zu Recht gnadenlos durch. Dass der Film auf IMDb hingegen auf einen akzeptablen Wert von 5,8 kommt, ist hingegen ebenso nachvollziehbar: Die Geschichte um einen alternden Playboy (Pierce Brosnan), der im höheren Alter noch einmal Vater und anschließend von seiner blutjungen Frau (Jessica Alba) sitzen gelassen wird, mag sich gerade für die ältere Generation als gesittet-unterhaltsames Wochenend-Kinoerlebnis bewähren. Abseits von seichtem Entertainment auf „Rosamunde Pilcher“-Niveau hat „Professor Love“ allerdings erschreckend wenig Substanz.

Professor Love

Die mit 99 Minuten kurz und knackig geratene Liebeskomödie beginnt zunächst in einem überraschend trostlosen Setting: Die von Pierce „James Bond“ Brosnan erwartungsgemäß recht charmant verkörperte Hauptfigur Richard sitzt im Verhörraum eines Gefängnisses und erzählt einem kleinen Jungen von den Ereignissen der letzten Monate und Jahre. Richard, ein charismatischer Literaturprofessor, ist ein echter Womanizer und launischen Flirts mit attraktiven Frauen auch in einer festen Beziehung nicht abgeneigt. Als ihm seine Freundin Kate unterbreitet, schwanger zu sein, ziehen er und seine spätere Frau von Cambridge ins sonnige Kalifornien, wo das Paar seinen Sohn Jake (Duncan Joiner) großzieht. Als Kate einen anderen, wesentlich jüngeren Mann datet und ihrem Gatten den Wunsch nach der Scheidung unterbreitet, bandelt Richard mit seiner attraktiven, merkwürdiger Weise mit einem stark ausgeprägten, spanischen Akzent gesegnete Schwägerin Olivia, auf der er sowieso schon immer ein Auge geworfen hatte. Aus dieser kuriosen Dreiecksgeschichte holt Matthew Newman („Young Blades“) hier und da tatsächlich ein paar nette Gags heraus; wenn der kleine Jake im Lokal seine fremd flirtende Mama entdeckt und Richard das Wort „Mama“ als „Hummer“ fehlinterpretiert, da sein Nebenbuhler einen riesigen, gelben Geländewagen dieser Marke fährt, dann darf an dieser Stelle kurz geschmunzelt werden. Unweit amüsanter wird es dann aber nicht. Die kuriosen Fahrkünste Olivias und Richards ständig fehlschlagende Versuche, seinen Sohn von jedweden Schimpftiraden fernzuhalten, sind Comedybusiness as usual und damit weder überraschend, noch frech oder auf sonst eine Art und Weise besonders interessant.

Richtig ärgerlich wird es allerdings erst in der zweiten Hälfte, wenn sich Regisseur Tom Vaughan auf halber Strecke dazu entschließt, die von der sonnigen Küstenkulisse profitierende Leichtigkeit ins Dramatische umschlagen zu lassen. Als sich nach zwei Dritteln des Films der erzählerische Bogen im Gefängnis schließt, wird deutlich: Als reine Komödie hat der Autor seine Geschichte offenbar von Anfang an gar nicht angelegt. Vollkommen beiläufig erwähnte Thematiken wie Richards Alkoholsucht, seine nahende Abschiebung, der giftige Scheidungskrieg zwischen den beiden Ehegatten und der tief sitzende Konflikt zwischen Richard und seinem Vater (Malcolm McDowell) sind gar nicht so irrelevant, wie es der Film seinem Publikum bis dahin verkauft hat. Aufgrund der mangelnden Intensität innerhalb der Inszenierung entfalten sie einfach nur nicht jene Schwere, die von diesen Thematiken ausgehen müsste. Erst wenn Richard und sein Sohn in einer äußerst dramatischen Szene voneinander getrennt werden, ändert sich die Atmosphäre in „Professor Love“ schlagartig. Das Problem: Die nun mit aller Gewalt in den Zuschauer eingetrichterten Emotionen, untermalt von einem dramatischen Score (Stephen Endelmann) und bestehend aus vermeintlich bedeutungsschwangeren Dialogen auf dem Niveau von Abreißkalendersprüchen, sind so platt und kalkuliert, dass sie nicht nur unglaubwürdig wirken, sondern auch das bis dahin noch immerhin erträgliche Erscheinungsbild des Filmes zunichte, und die Message unglaubwürdig machen. Da hilft auch Richards pathetischer Monolog am Ende des Films nichts, mithilfe dessen er seine bis dahin vollkommen desinteressierten Studenten aus heiterem Himmel zur Mitarbeit animieren kann.

Professor Love

Womit „Professor Love“ trotz dieses sehr zwiegespaltenen Erscheinungsbild immerhin durchgehend überzeugt, sind die Schauspielleistungen. Pierce Brosnan schafft es beständig, seiner chauvinistische Klischees bedienenden Rolle so viel Charme wie möglich abzugewinnen und sieht man einmal davon ab, dass es vollkommen unlogisch ist, dass von zwei miteinander aufgewachsenen Schwestern die eine mit einem spanischen Akzent daherkommt und die andere nicht (und das sowohl in der Original-, als auch in der deutschen Synchronfassung), dann lässt sich auch der Interaktion zwischen Jessica Alba („Sin City“) und Salma Hayek  („Das Märchen der Märchen“) einiges an Sympathie abgewinnen. Malcolm McDowell („The Mentalist“) gibt sich Mühe, der klischeebeladenen Figur des dauernörgelnden Großvaters interessante Facetten abzugewinnen und sogar Ben McKenzie („Gotham“) gefällt in der undankbaren Rolle von Richards Nebenbuhler. Alles in allem ist „Professor Love“ auf der schauspielerischen Ebene gelungen. Für das ärgerliche Skript können die Darsteller und Darstellerinnen schließlich nichts.

Fazit: Ein bisschen Romantik, ein bisschen Komödie, ein bisschen Drama und viel, viel Kitsch: „Professor Love“ ist vieles, aber nichts davon richtig. Trotz eines netten Ensembles und ansprechender Kulisse hätte dieser Film gern noch viele weitere Jahre im Giftschrank des Studios verweilen dürfen.

„Professor Love“ ist ab dem 9. Juni in den deutschen Kinos zu sehen.

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