Creed – Rocky’s Legacy

Rocky ist zurück! Mit CREED – ROCKY’S LEGACY knüpft Indie-Regisseur Ryan Coogler an die Geschichte des legendären Leinwand-Boxers an und erzählt gleichzeitig die Story eines uns bislang unbekannten Nachwuchs-Sportlers, der hofft, in Rocky Balboa, dem Erzrivalen seines Vaters, einen Trainer gefunden zu haben, der ihn bis an die Spitze bringt. Meine Kritik zum Oscar-Kandidaten lest Ihr hier.Creed - Rocky's Legacy

Der Plot

Adonis Johnson (Michael B. Jordan) hat seinen Vater, den Schwergewicht-Weltmeister Apollo Creed, nie kennengelernt, denn der starb bereits vor Adonis’ Geburt. Aber dass ihm das Boxen im Blut liegt, daran besteht kein Zweifel. Also macht sich Adonis auf nach Philadelphia, wo Apollo Creed einst seinen berühmten Kampf gegen den zähen Nachwuchsboxer namens Rocky Balboa bestritt. In der Stadt der Bruderliebe sucht Adonis Rocky (Sylvester Stallone) auf und bittet ihn, sein Trainer zu werden. Rocky lehnt das entschieden ab, weil er mit dem Kampfsport nichts mehr zu tun haben will. Er erkennt allerdings sofort, dass Adonis jene Kraft und Entschlossenheit geerbt hat, für die Apollo bekannt war – aus der erbitterten Rivalität zwischen Apollo und Rocky entstand später eine enge Freundschaft. Rocky gibt also nach und beginnt den jungen Fighter zu trainieren, obwohl er selbst derzeit einen gefährlicheren Gegner konfrontieren muss, als ihm im Ring jemals begegnet ist. Seit Adonis von Rocky betreut wird, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er eine Chance auf den Titelkampf bekommt. Doch wird es ihm gelingen, nicht nur die Dynamik, sondern auch das Herz eines echten Kämpfers zu entwickeln, bevor er in den Ring steigt?

Kritik

Kennt man einen, kennt man alle: So lautet das Credo des Boxerfilms, denn über einen reichlich konstruierten, vorhersehbaren Ablauf innerhalb einer „Noname wird Fighter-Legende“-Geschichte gehen nur die wenigsten (fiktiven) Sportler-Portraits hinaus. Wenngleich auch zuletzt immer wieder derartige Dramen den Weg in die Kinosäle fanden und Kritiker wie Publikum zumeist überzeugen konnten, ist es ausschließlich einem Franchise zu verdanken, dass derartige Genreprojekte mittlerweile auch den Mainstream erreichen. Zwar gilt der 1980 erschienene, mit insgesamt zwei Oscars ausgezeichnete sowie für weitere sechs nominierte „Wie ein wilder Stier“ zur qualitativen Speerspitze des Boxerfilms, doch es ist vor allem das Schicksal von Rocky Balboa, das 1976 von Regisseur John G. Avildsen („Karate Kid“) auf die Leinwand gebracht wurde und das zu Zeiten von Robert De Niros Triumphzug als Jake La Motta bereits eine Fortsetzung erfahren hatte. Doch auch Legenden sind nicht automatisch vor der Niederlage gefeit: 1990 löste der fünfte Teil der „Rocky“-Saga für Entsetzen bei Filmkennern, die die Reihe in Grund und Boden schrieben und fest von der Beendigung selbiger ausgingen. Doch Totgesagte leben länger: Mit „Rocky Balboa“ kämpfte sich Stallone im wahrsten Sinne des Wortes zurück in den Ring und brachte das Franchise zu einem sehenswerten Abschluss – der aufgrund von „Creed – Rocky’s Legacy“ dann allerdings wieder keiner wurde.

Zwei Dinge unterscheiden „Creed“, der Spin-Off und Sequel zu „Rocky Balboa“ in einem ist, schon auf den ersten Blick von all seinen Franchise-Vorgängern: Stallone agiert nicht mehr selbst als Kämpfer und schrieb außerdem nicht am Drehbuch mit. Gleichzeitig fangen die Macher trotz ihrer sichtbaren Verbindung zu den bisherigen Filmen bei Null an und lassen Michael B. Jordan in die Fußstapfen des frisch gekürten Golden-Globe-Gewinners treten. Dass Jordan sich rasch als Idealbesetzung für die wankelmütige Rolle des Adonis Creed erweist, der mal mit seiner optimistischen Freche und mal aufgrund seiner zurückgezogen-skeptischen Melancholie überzeugt, lässt schon der Blick auf Jordans bisherige Vita erahnen: In „Nächster Halt: Fruitvale Station“ trug er ein knallhartes Drama über rassistische Polizeigewalt auf seinen Schultern, während er sich in der unterschätzten Beziehungskomödie „Für immer Single?“ als hoffnungsloser Romantiker entpuppte. Romantisch wird es in „Creed“ zwar nur am Rande. Gleichwohl ist die erst zweite Langfilm-Regiearbeit von Ryan Coogler („Nächster Halt: Fruitvale Station“), der 2018 mit „Black Panther“ auch sein Debüt innerhalb des Marvel Cinematic Universe geben wird, trotz seines für dieses Genre charakteristischen Aufbaus kein klassischer Drama-Vertreter. Es ist allen voran der frohsinnigen Charakterzeichnung von Hauptfigur Adonis Creed zu verdanken, dass der Zuschauer hier in den Genuss eines gewissen Feel-Good-Filmes kommt, der trotzdem zu keiner Sekunde vergisst, in entscheidenden Szenen zur Ruhe zu kommen. Hier kommt Sylvester Stallone ins Spiel.

Stallone, der zuletzt mit den drei „Expendables“-Actionkrachern Aufsehen erregte, hat schon in „Rocky Balboa“ im wahrsten Sinne des Wortes das Handtuch geworfen. Da passt es, dass sich seine Figur in „Creed“ zunächst nur schwer überwinden kann, zum Boxsport, wenn auch nur als Trainer, zurückzukehren. Besonders innovativ ist diese Charakterskizzierung wahrlich nicht; dass sich Trainer und/oder Boxer auf dem Weg zum Triumpf immer wieder selbst von der Sinnhaftigkeit ihres Unterfangens überzeugen müssen, gab es bereits in Filmen wie „Million Dollar Baby“, „The Fighter“, ebenjener „Rocky“-Reihe oder erst kürzlich „Southpaw“ zu sehen. Im Zusammenhang mit Balboas bisherigem Karriereweg ist die Skepsis des ehemaligen Profiboxers allerdings nicht aus der Luft gegriffen, sondern wirkt wie eine direkte Bezugnahme auf die „Rocky“-Filme. Darüber hinaus legt nicht nur Stallone eine immer noch beeindruckende Physis an den Tag, sondern überzeugt auch als Charakterdarsteller mit kleinen Gesten und einer nuancierten Mimik; besonders intensiv wird es jedoch immer dann, wenn Jordan und er gemeinsam vor der Kamera agieren. Beide funktionieren als Duo auf beeindruckend authentische Weise und ergänzen sich unterschwellig. Als leider nur leidlich einfallsreich erweist sich das Verweben der Boxerthematik mit einer unterschwelligen Lovestory, doch „Creed“ sagt sich auch hier von seiner reinen Herkunft als Sportlerdrama los und schafft es mithilfe einer zuckersüß aufspielenden Tessa Thompson („Selma“), Cooglers Film zu noch mehr Leichtigkeit zu verhelfen, als es die Thematik ohnehin schon zulässt. Das beißt sich nicht mit der Interaktion mit Stallone: Ohne einen wichtigen Aspekt in „Creed“ schon vorab zu verraten, gelingt es dem Regisseur, einen sehr tragischen Subplot um Rocky Balboa so in die eher leichtfüßig inszenierte Story zu integrieren, dass sowohl die dramatische als auch die komische Seite von der jeweils anderen profitiert. Coogler ist weder darauf aus, die Szenerie zu beschwichtigen, gesteht ihr aber ebenso wenig eine Überdramatisierung zu, wie man es aus vielen anderen Sportlerfilmen kennt. „Creed“ ist nicht mehr und nicht weniger als das Portrait eines hoffnungsvollen Athleten, der neben seinem Sportlerdasein vor allem eines ist: Mensch.

Creed - Rocky's Legacy

Dass ein Film innerhalb des „Rocky“-Universums nicht ganz ohne seine typisch pathetischen Stimmungssequenzen auskommt, weiß auch ein Ryan Coogler, der insbesondere in den Trainingsszenen nicht davor zurückschreckt, den Score von Ludwig Göransson („Community“) theatealisch aufzudrehen und die Zeitlupe bis an ihre Schmerzgrenze auszureizen. Im direkten Kontrast dazu stehen jene Momente, in welchen die Hommage an die bisherigen „Rocky“-Filme zwar durchscheint, sich jedoch nie um der Hommage selbst willen aufdrängt. Wenn Apollo und Rocky im Laufe des Films der berühmten „Rocky-Treppe“ in Philadelphia einen Besuch abstatten und im Hintergrund eine zunächst nur schwer erkennbare Piano-Interpretation des „Rocky“-Themas erklingt, dann reichen derartige kleine Momente aus, um „Creed“ auch inszenatorisch ins Franchise zu integrieren, ohne es mehrfach zu betonen. Ohnehin erweist sich die technische Umsetzung als absolut stilsicher; neben der Musik gelingt es vor allem der Kameraarbeit von Maryse Alberti („The Visit“), den Boxsport auf verschiedene Art einzufangen. Die zwei großen Kämpfe in „Creed“ sind jeweils von ganz unterschiedlicher Ästhetik: Kommt der erste einer televisionären Boxkampf-Übertragung noch relativ nah, ist der Schlusskampf in seiner durchgehenden Unberechenbarkeit und künstlichen Inszenierung alles andere als realistisch, wohl aber überaus unterhaltsam und stilistisch äußerst leinwandtauglich.

Fazit: „Creed – Rocky’s Legacy“ kombiniert ein klassisches Boxerdrama mit optimistischen Elementen des Feelgood-Kinos und trumpft nicht bloß mit einem überzeugenden Sylvester Stallone auf, sondern erweist sich als  endgültiges Karrieresprungbrett für das Duo Coogler-Jordan.

„Creed – Rocky’s Legacy“ ist ab dem 14. Januar bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

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