Vacation – Wir sind die Griswolds

Jahrzehnte nachdem sich „Die Schrillen Vier“ erstmals „auf Achse“ begeben haben, liefern die Regiedebütanten John Francis Daley und Jonathan M. Goldstein mit VACATION – WIR SIND DIE GRISWOLDS Sequel, Remake und Reboot zur gleichnamigen Filmreihe ab. Darin begibt sich die nächste Generation der kultigen Griswold-Family auf einen schrägen Roadtrip quer durch die USA. Das ist nicht immer ganz geschmacksneutral, aber durchaus komisch. Mehr zum Film in meiner Kritik.

Vacation - Wir sind die Griswolds

Der Plot

Die nächste Generation der Griswolds ist da! Rusty Griswold (Ed Helms) tritt in die Fußstapfen seines Vaters Clark (Chevy Chase), der sich bereits vor Jahrzehnten auf ebenjene Route gewagt hat, die nun auch seinem Sohn samt Familie bevorsteht. Damit diese wieder mehr zusammenrückt, macht sich Rusty mit seiner Frau Debbie (Christina Applegate) sowie ihren beiden Söhnen James (Skyler Gisondo) und Kevin (Steele Stebbins) auf eine Reise durch das Land zur „Walley World“, Amerikas beliebtestem Familien-Erlebnispark. Der irre Roadtrip führt die Familie durch allerhand kuriose Abenteuer, fordert (nicht nur) Menschenleben schafft es vielleicht sogar, die nicht mehr ganz so eingeschworene Grisworld-Familiy, wieder ein Stückchen näher zusammenzuführen. Eine turbulente Zeit steht ihr bevor.

Kritik

Die Wiederverwertungsmaschinerie Hollywood lässt das Neuarrangement bekannter Franchises auf ganz unterschiedlichste Art und Weise zu. Die gängigste Methode der Fortführung ist bisweilen das Sequel, also eine direkte Fortsetzung. Doch auch Prequels (die Erzählung der Vorgeschichte), Remakes (eine weitestgehend identische Neuauflage des Originals) sowie Reboots (die Grundkonstellation der Originalvorlage wird beibehalten, der Storyfokus und Details können hingegen stark abweichen) sind gern genommene Methoden um Filme mit möglichst wenig Eigenleistung neu zu kreieren. Im Falle von „Vacation – Wir sind die Griswolds“ geht das projektverantwortliche Studio Warner Bros. hingegen einen etwas originelleren Weg. Die von John Francis Daley und Jonathan M. Goldstein inszenierte Komödie ist Sequel, Reboot und Remake in einem. Erzählt der Film doch unter Zuhilfenahme derselben Ausgangslage von ebenjenen Exzessen, die in den Achtzigerjahren bereits von der älteren Griswold-Generation in „Die schrillen Vier auf Achse“ und den diversen Sequels durchlebt werden mussten, die nun wiederum auf die nächste warten. Dieses Unterfangen hält für die Macher durchaus Probleme bereit. Immerhin muss der Humor auf der einen Seite dem aktuellen Comedy-Zeitgeist angepasst werden, um nicht altbacken zu wirken. Andererseits sollte „Vacation“ der Nostalgie wegen schon in Ansätzen an das humoristische Flair der Achtziger heranreichen, um die Griswold-Fans von einst mit der Neuauflage nicht vor den Kopf zu stoßen. Tatsächlich ist den beiden Regiedebütanten dieses kleine Kunststück gelungen. Für den kompromisslosen Genuss von „Vacation – Wir sind die Griswolds“ sollte man sich als Zuschauer allerdings für eineinhalb Stunden von jedweden Geschmacksgrenzen lossagen.

Vacation - Wir sind die Griswolds

Die US-Komödie von heute hat es mit ihrer ungeheuer hohen Anzahl an Abkömmlingen schwer, etwas tatsächlich Neues auszuspucken. Jedes Szenario wurde irgendwann schon einmal quer durch den humoristischen Kakao gezogen, wurde das Opfer überbordenden Schabernacks oder anderweitig zum Opfer erfolgsorientierter Gagschreiber. Genreperlen wie etwa die „Hangover“-Trilogie kristallisieren sich lediglich alle Jubeljahre mal aus der Masse an Comedy-Einheitsbrei heraus. „Vacation“ gelingt die Abnabelung von den Konventionen nur bedingt; als Teil einer bereits bestehenden Reihe ist dieses Unterfangen ohnehin schwer auszuführen. Doch gerade in einem solchen Fall ist die Qualität der gesetzten Pointen und Gags umso entscheidender. In „Vacation“ liegt der Schwerpunkt auf eher grobschlächtigem Humor. Derbe Zoten, Political Incorrectness und eine ordentliche Portion Fremdscham dominieren das Bild dieser Roadmovie-Comedy-Mischung, die aber gerade aufgrund ihres kompromisslosen Tonfalls sehr ordentlich funktioniert. Anders als es etwa die Fließband-Sandler-Produktionen negativ vormachen, sind den Regisseuren und Autoren die Figuren nämlich nicht egal. Zwar fungiert die Zusammenführungsstory nur als rudimentär gezeichneter, roter Faden, dem jedwede Emotionen abgehen. Doch anders als Sandler halten Goldstein und Daley für ihre Charaktere nachvollziehbare Gedanken, Taten und Handlungen bereit.

„Vacation“ stapelt tief darin, eine alles umspannende Moral zu finden und setzt sich lieber kleine Ziele. An oberster Priorität steht natürlich der Spaß, der in Sketch-Manier auf das Publikum losgelassen wird. Fast schon episodenhaft reiht sich ein Handlungsort an den nächsten. Zwischendurch sorgen eingebaute Running Gags wie die absurden Funktionen des potthässlichen Griswold-Autos oder die wiederkehrende Zusammenkunft mit einem Trucker für Lacher. Zu den Highlights der verschiedenen Stationen gehört insbesondere das Aufeinandertreffen mit Rusty Griswolds gutaussehendem Strahlemann-Bruder Stone, den Teilzeit-Donnergott Chris Hemsworth mit bestechender Selbstironie verkörpert. An seiner Seite agiert selbst Leslie Mann („Immer Ärger mit 40“) weitaus gehemmter, als man es von der sympathischen Aktrice üblicherweise gewohnt ist. Im Mittelpunkt von „Vacation – Wir sind die Griswolds“ stehen aber ohnehin ganz andere. „Hangover“-Star Ed Helms erweckt den Eindruck, direkt aus ebenjenen Kater-Komödien entsprungen zu sein. Seine zwischen Manie und Tollpatschigkeit schwankende Attitüde gibt der Figur des Rusty Griswold eine stets bodenständige Ausstrahlung, sodass „Vacation“ trotz des bevorzugt oberflächlichen Gag-Feuerwerks immer auch ein wenig mitfühlend gerät. Seine Beziehung zu Filmfrau Debbie, gespielt von einer zuckersüßen Christina Applegate („Anchorman – Die Legende kehrt zurück“) ist bei aller Überzogenheit einfühlsam gezeichnet. Das Skript skizziert die Probleme innerhalb der Griswold-Family nachvollziehbar und schafft so einen glaubhaften Spagat zwischen vollkommen absurdem Klamauk und leiseren Tönen, da jene nicht auf übertriebenes Drama und handtaschenpsychologische Weisheiten setzen, sondern auf realitätsnahe Lösungsansätze.

Vacation - Wir sind die Griswolds

„Vacation – Wir sind die Griswolds“ ist überraschend stilsicher, wenn es darum geht, die sich widersprechenden Tonfälle zu verbinden. Wenngleich die Komödie nie den unterschwelligen, moralischen Mehrwert einer vielschichtigen Erzählung der Marke „Crazy, Stupid, Love“ besitzt und selbst der ähnlich gelagerte „Wir sind die Millers“ noch wie ein anspruchsvolles, großes Vorbild daherkommt, so gibt es bei der richtigen Einstellung am Ende nur Gewinner. Mit der Konzentration auf seine Stärken und dem Wissen um den künstlerischen Mehrwert von „Vacation“ – der in etwa gleich Null sein dürfte – bekommt das Publikum eineinhalb Stunden knackig-kernigen Klamauk zu sehen, der mit vielen netten Einfällen aufwarten kann und dessen Pointen trotz einiger vorhersagbarer Verläufe fast durchgehend zünden. Doch auch Abstriche gilt es zu machen: John Francis Daley und Jonathan M. Goldstein machen bei ihrer Inszenierung keine Gefangenen. Weder das menschliche, noch das tierische Leib und Wohl sind auf Dauer sicher. Die Regisseure strapazieren die Grenzen des guten Geschmacks ebenso, wie die Political Correctness. Fäkalhumor, eine derbe Wortwahl und grenzwertige Spitzen in Richtung Tabuthemen finden sich in „Vacation“ am laufenden Band wieder. Dabei gerät das alles zwar nicht annähernd so stumpfsinnig wie es die Farrelly-Brüder bisweilen in ihren „Dumm und dümmer“-Filmen treiben. Doch wer seine Geschmacksgrenzen im Kino nicht vollkommen außer Acht lassen möchte, sollte dieses absurden Familientrip doch besser meiden.

Fazit: „Vacation – Wir sind die Griswolds“ ist ein anarchischer Spaß für hartgesottenes Komödienpublikum, das gewillt ist, die Grenzen des guten Geschmacks für eineinhalb Stunden sehr weit auszudehnen. Dann steht einem extrem amüsanten Kinoerlebnis vor allem deshalb nichts im Wege, weil der Film in den rar gesäten, ruhigen Momenten überraschend lebensechte Töne anschlägt.

„Vacation – Wir sind die Griswolds“ ist ab dem 20. August bundesweit in den Kinos zu sehen.

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