Unknown User

Mit dem Vormarsch der sozialen Medien ändert sich nicht nur das Freizeitverhalten der Jugendlichen, sondern nun auch die Art des Filmemachens. UNKNOWN USER könnte dem Horrorgenre eine neue Richtung vorgeben. Die knackig kurze Schauergeschichte erzählt von einem sechs Freunden, die im Skype-Gespräch von einer finsteren Macht heimgesucht werden. Da kann die innovative Machart schon mal für weite Teile der insgesamt mauen Story entschädigen. Mehr zum Film in meiner Kritik.

Unknown User

Der Plot

Ein Jahr ist es her, seit sich High-School-Schönheit Laura (Heather Sossaman) auf der Party eines Mitschülers bis auf die Knochen blamierte. Ein Jahr, seit das Video ihres peinlichen Fehltrittes ins Internet gestellt wurde und Lauras Ruf auf einen Schlag ruinierte. Ein Jahr, seit sich Laura  auf tragische Weise das Leben genommen hat. Heute Nacht versammeln sich sechs ihrer Mitschüler auf Skype, um über Lauras Tod zu reden. Bis sich eine unbekannte siebte Person mit Lauras Konto einloggt und alle Anwesenden warnt: Wer versucht, den Chat zu verlassen – stirbt. Wer sich weigert, zu reden – stirbt. Wer die Wahrheit über die Ereignisse im vergangenen Jahr verschweigt – stirbt. Ist Lauras Geist zurückkehrt, um Rache zu nehmen? Oder spielt jemand den sechs Freunden einen grausamen Streich?

Kritik

Aktuellen Studien zufolge sollen sich spätestens im Jahr 2060 mehr tote als lebendige User im sozialen Netzwerk Facebook tummeln. Schon heute gehören über 30 Millionen Accounts solchen, die das Zeitliche längst gesegnet haben. Und bedenkt man einmal, wie viel Zeit gerade die jüngere Generation heutzutage vor den Bildschirmen von Computer, Laptop oder Smartphone verbringt, so wundert es kaum noch, dass jene Social-Media-Aktivitäten auch über das Ableben der Nutzer hinaus noch Bestand haben werden. Dieser gruseligen Konfrontation aus Tod und Internet widmet sich Regisseur Levan Gabriadze („Lucky Trouble“) dieser Tage mit seinem durch und durch aktuellen Spukstück „Unknown User“, das sich ähnlich des Fantasy-Filmfest-Beitrags „Open Windows“ (2014) vollends aus der Perspektive eines Internetnutzers abspielt. Auf der Leinwand ist während der knackigen Laufzeit von gut 80 Minuten lediglich ein Computerbildschirm zu sehen. Interaktionen sowie menschliche Gesichter finden sich allenfalls in Chat-Fenstern oder über Skype. Dem immensen Organisationsaufwand ist es geschuldet, dass „Unknown User“ im Gegensatz zu „Open Windows“ weitestgehend auf logische Grundsätze baut, anstatt diese mit Anlauf zu sprengen. Doch gerade die somit zum Großteil gewahrte Authentizität erweist sich auch als Hindernis. Immerhin: Gabriadze macht es sich hervorragend zunutze, dass er weiß, wie die Jugend von heute tickt.

Unknown User

Die Geschichte um diese Gruppe Teens, die via Skype von einem Dämon zu blutigen Spielen aufgefordert wird, ist papierdünn. Die Leistungen der allesamt unbekannten Schauspieler sind es ebenfalls. Doch bei „Unknown User“ herrscht das Prinzip „Style over Substance“, denn die Machart des Skype-Horrorfilms ist in ihrer Simplizität ziemlich genial. Durch die einzige Perspektive eines Computerbildschirms entsteigt der Story rasch eine clevere Meta-Ebene. Wenngleich sich die Proportionen des Screens auf der Leinwand und denen des eigenen Computers zuhause von der Größe her arg unterscheiden, so erhält man als Zuschauer nach und nach den Eindruck, selbst am Computer zu sitzen. Regisseur Levan Gabriadze hat die Surfgewohnheiten seiner anvisierten Zielgruppe sehr genau im Blick und spielt nicht bloß mit den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook, sondern bezieht so ziemlich jedes beliebte Computerprogramm der Moderne mit ein. Ob sein „Dämon“ nun einen thematisch passenden – und dadurch äußerst bedrohlichen – Song bei iTunes anklingen lässt, oder YouTube außer Kontrolle gerät: Der Schrecken in „Unknown User“ fühlt sich vor allem deshalb so greifbar an, weil die Prämisse trotz aller Obskurität bodenständig bleibt. Das hat allerdings auch Nachteile. Durch den Versuch, größtmögliche Authentizität zu wahren, ergeben sich selbst für den genrekennenden Zuschauer waschechte Geduldsproben.

Da sich der Großteil der Konversation über den Telefondienst Skype abspielt, ist eine mangelhafte Soundqualität – Nutzer werden es kennen – schon fast obligatorisch. Einerseits ist es lobenswert, dass Gabriadze nicht den Fehler begeht, unglaubwürdig zu werden und den Sound auf Leinwandqualität aufzumotzen. Doch spätestens, wenn gen Ende des Films Schreie und Gezeter dominieren, zerrt die anstrengende Tonspur doch gewaltig an den Nerven des gutwilligen Publikums. Selbiges gilt auch für die Botschaft, denn obgleich man es „Unknown User“ sowie den Machern nicht zutrauen möchte: Der Film hat tatsächlich so etwas wie eine Message. Zwar kommt diese nicht über die pauschalisierte (und dabei natürlich vollkommen korrekte!) Aussage „Mobbing ist böse!“ hinaus, doch vollkommen substanzlos lassen die Macher ihre Zuschauer immerhin nicht zurück. Was man von der FSK hingegen nicht behaupten kann. Obwohl es gerade im Schlussakt tatsächlich blutig wird (Stichwort: Mixer), hat diese den Film in den vergangenen Tagen mit einer Freigabe ab 12 durchgewunken. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass „Unknown User“ klassischer Horrorstoff ist, den man auch erst mit einer gewissen geistigen Reife zu Gemüte führen sollte.

Womit haben es die Freunde hier bloß zu tun?

Womit haben es die Freunde hier bloß zu tun?

Fazit: In „Unknown User“ steht keine tiefschürfende Charakterstudie im Mittelpunkt, sondern ein hipper Jugendspaß, der mit einer Holzhammermessage daherkommt, die es gerade in dem anvisierten Zielgruppen-Alter aber durchaus mal braucht, um zu begreifen, dass Mobbing absolut nichts Cooles ist. Darüber hinaus besticht der Film durch eine innovative Machart, die man im Mainstream-Kino bislang noch nicht zu sehen bekam. Vielleicht ist Levan Gabriadze damit der Wegbereiter eines neuen Subgenres der Marke Horror 2.0!?

„Unknown User“ ist ab dem 16. Juli bundesweit im Kino zu sehen.

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