Dread

Selten nahm ich mir nach der Sichtung eines Filmes fest vor, diesen nie wieder anzurühren. Na gut, bei einigen wirklich schlechten Streifen fällt es einem nicht schwer, das zu tun, allerdings muss man sich dies dann kaum vornehmen. Doch sich aus Respekt vor einer Story und deren filmischen Umsetzung konsequent einen Film nicht mehr anzusehen: das schaffte bislang nur ein Film – der äußerst Angst einflößende, allerdings brillante Horrorfilm DREAD. Lest im Folgenden, warum ich ihn nur mit Einschränkung empfehle, gleichzeitig aber denke, dass sich dieses Stückchen Filmgeschichte jeder, der auch nur ansatzweise etwas mit Horrorfilmen anfangen kann, ansehen sollte, da er sonst eine ganze Menge verpasst.

Der Plot

Quaid (Shaun Evans) und Stephen (Jackson Rathbone) sind Filmstudenten. Für ein Studienprojekt beschließen die beiden, eine Interview-Dokumentation zum Thema „Angst“ zu machen. An der Universität finden die beiden in Cheryl (Hanne Steen), Joshua (Jonathan Readwin) und Abby (Laura Donnelly) schnell geeignete Interview-Partner. Jeder der fünf – und somit auch die beiden Leiter des Projekts – hat sein eigenes kleines Päckchen an Angst-Erfahrung aus der Vergangenheit zu tragen. So musste Quaid in Kindertagen einst den Axt-Mord an seinen Eltern beobachten, Stephen verlor seinen Bruder bei einem Autounfall, Cheryl fürchtet sich durch das Schlachter-Dasein ihres Vaters vor Fleisch, Joshua verlor einst durch eine Kinderkrankheit für eine Weile sein Gehör und Abbys optischer „Makel“ ist ein Muttermal, welches sich nahezu über ihren ganzen Körper erstreckt und durch welchen sie es im Alltag des öfteren mehr als schwer hat.

Für vier der fünf Freunde ist dieses Angst-Projekt zwar eine Auseinandersetzung mit der eigenen Furcht, die im Alltag oft verdrängt wird, gleichzeitig aber nicht mehr als ein Studienprojekt. Für Quaid hingegen scheint hinter dieser Arbeit weit mehr zu stecken. Nicht nur, dass er sich scheinbar erst durch dieses Projekt mit seiner Angst auseinanderzusetzen scheint, vielmehr beginnt er nach und nach den Überblick über die Ausmaße dieses Projekts zu verlieren. Er konfrontiert seine Freunde berechnend mit ihren Ängsten, versucht sie, immer näher an ihre Grenzen zu führen und verliert schließlich vollends die Kontrolle über sich und sein Handeln. Eine Katastrophe scheint unumgänglich…


„Wenn du dich nicht auf machst und nach der Bestie suchst, dann kommt die Bestie irgendwann zu dir.“

Kritik

Ich erinnere mich noch genau an die Minuten nach dem Film: mit offenem Mund saß ich vor meinem Fernseher und starrte auf den Abspann. Noch nie hatte mich die Schluss-Szene eines Films gleichzeitig so schockiert, berührt, aber auch hilflos zurückgelassen, dass ich am liebsten zurückgespult hätte in der Hoffnung, dass die Handlung diesmal anders ausgeht. Stattdessen nahm ich mir vor: ein weiteres mal werde ich mir diesen Streifen nicht ansehen. Aber der Reihe nach.

„Dread“ beginnt äußerst Horrorfilm-untypisch. Es findet eine deutliche und tiefgründige Charakterisierung aller Protagonisten statt, was für den Hostel-geschädigten Torture-Porn-Zuschauer sicher langweilig rüberkommen mag, weswegen vor allem das Filmplakat und DVD-Cover des Films irreführend ist. Es wird einem eben kein Splatter-Einerlei präsentiert, sondern ein anspruchsvoller Streifen, der vor allem auf die Psyche und nicht auf den Magen schlägt. Auch im zweiten Drittel nimmt der Film nur langsam an Fahrt auf, dennoch legt Regisseur Clive Barker Wert auf eine ruhige Erzählweise. Unterstrichen wird diese Atmosphäre von einer ruhigen Musikuntermalung und einer Bildsprache, die mit wenig intensiven, fast hypnotisch lethargischen Bildern arbeitet. Dunkle Farben wechseln sich ab mit durchgehend in sepia gehaltenen Bildern.

Die Rollen sind durch die Bank sehr gut besetzt. Besonders hervorzuheben sei allerdings die Darstellung des sich immer mehr zum Antagonisten entwickelnden Quaid, gespielt von Shaun Evans. Durch äußerst kontrollierte Mimik entlockt er seinem sowieso schon markanten Gesicht jede Form von Wahnsinn. Den Zuschauer schaudert’s, hat er doch das Gefühl, einem wirklichen Irren bei seinen Gräueltaten zuzuschauen. Auch die anderen Figuren agieren hervorragend. Jeder verkörpert seine Zerbrechlichkeit, seine eigene Angst zu 100 % glaubhaft. Damit steigt neben der Sympathie für die Charaktere gleichzeitig auch das Unbehagen beim Zuschauer.

Im letzten Drittel von „Dread“ geht es schließlich richtig zur Sache. Wie bereits erwähnt gilt dies nicht für außergewöhnlich blutige Splatter-Szenen oder dergleichen. Vielmehr gipfelt die angsterfüllte Stimmung in menschliche Taten, die so in der Form noch in keinem anderen Film zu sehen waren. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes die innere Angst nach außen gekehrt. Für mich waren diese in Wort und Bild gefassten Angst-Schreie schließlich zu viel. Ich konnte nicht glaube, was ich dort sehe und war schlicht nicht auf solch einen psychischen Horror vorbereitet. Mich hat „Dread“ dementsprechend voll und ganz umgehauen und für mich war dies der bislang gruseligste und heftigste Film, den ich je gesehen habe, obwohl ich im Hinblick auf Filme beim besten Willen nicht zart besaitet bin. Ich empfehle diese Clive Barker-Regiearbeit also allen, die mit dem Genre „Horrorfilm“ dann etwas anfangen können, wenn er anspruchsvoll ist. Man sollte sich allerdings darüber bewusst sein, dass „Dread“ keine Durchschnittskost ist. Er ist etwas ganz besonderes, in jeglicher Hinsicht.

BluRay oder DVD?

Bild und Ton der DVD sind für den Hausgebrauch in Ordnung. Da es in „Dread“ aber vor allem um Intensität geht, möchte ich meinen, dass es selbstredend ist, sich die BluRay zuzulegen. Das Bild ist bombastisch, der Ton ebenfalls. Eine ganz klare BluRay-Empfehlung.

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