Overboard

Im Remake zur Achtzigerjahre-Komödie „Ein Goldfisch fällt ins Wasser“ werden die Rollen getauscht. Hier ist es ein Mann, der in OVERBOARD seine Herkunft aus reichem Hause vergisst und sich plötzlich als Arbeiter und Hausmann verdingt. Das Endergebnis schaut sich zwiespältig. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Leonardo (Eugenio Derbez) ist ein egoistischer, verwöhnter, reicher Frauenheld aus Mexikos reichster Familie, Kate (Anna Faris) eine hart arbeitende alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die angeheuert wird, um Leonardos Luxus-Yacht nach einer Party sauber zu machen. Nachdem Leonardo Kate ungerechter Weise feuert und sich weigert, sie zu bezahlen, fällt Leonardo im Feierrausch von Bord und wacht ohne Erinnerungen an der Küste Oregons auf. Kate taucht im Krankenhaus auf und überzeugt Leonardo, dass sie verheiratet sind und schickt ihn aus Rache zur Arbeit – zum ersten Mal in seinem Leben. Obwohl er zu Beginn sehr überfordert und unbeholfen agiert, findet er sich in seinem neuen Leben langsam zurecht. Mit der Zeit verdient er sich den Respekt seiner „Familie“ und Kollegen. Aber kann die neue Familie Bestand haben, wenn Leonardos Milliardärs-Familie nach ihm sucht und sein Gedächtnis jederzeit zurückkehren kann? Oder wird er die Puzzleteile zusammenfügen können und für immer weggehen?
Kritik
Remakes sind immer dann besonders gut, wenn sie im Vorgleich zur Originalvorlage Entscheidendes anders machen. Und nicht einfach nur anders, sondern besser. Insofern ist der Ansatz von Regisseur Rob Greenberg („My Boys“), mit seiner Neuauflage von Garry Marshalls unterschwellig sexistischem „Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“ aus dem Jahr 1987 einfach mal die Geschlechterrollen zu tauschen, gar nicht so falsch. Hier ist es keine reiche, abgehobene Frau, die sich nach einem Unglück plötzlich in der ganz normalen Gesellschaft wiederfindet, sondern eben ein arroganter Lebemann, der sein bisheriges Leben in Luxus geschwelgt hat, ohne dafür einen Finger zu krümmen. Doch die schon damals für ihre Aneinanderreihung von Klischees und Banalitäten gerügte Komödie hat auch in der 2017er-Version von „Overboard“ sichtbar ihre Spuren hinterlassen. Das Konzept an sich bleibt schließlich dasselbe und wenn eben die absoluten Gegensätze aufeinanderprallen, dann bleibt die Verwendung von Vorurteilen nicht aus, genauso wie die Zeichnung der beiden Protagonisten oberflächlicher nicht sein könnte. Das ist aber eigentlich gar nicht so sehr das Problem, da die Macher gerade im Mittelteil viele vorhersehbare Wendungen mithilfe von Sympathie und Warmherzigkeit aufwiegen können. Bis dahin ist „Overboard“ allerdings allenfalls ein beeindruckendes Bewerbungsvideo des hierzulande noch kaum bekannten Mexikaners Eugenio Derbez („Plötzlich Vater“, das Original zu „Plötzlich Papa“).

Leonardo (Eugenio Derbez) fackelt nicht lang und schmeißt seine Putzfrau Kate (Anna Faris) über Board.
Eugenio Derbez ist nicht bloß hierzulande ein bislang weitgehend unbeschriebenes Blatt. Selbst in den USA findet der Schauspieler und Komiker erst ganz langsam zu einer Fanbase. In seinem Heimatland Mexiko ist er dafür ein Megastar und Rob Greenberg tut gut daran, seinen Hauptdarsteller seine ganz offensichtlichen Stärken vor der Kamera ausspielen zu lassen. „Overboard“ ist immer dann am stärksten, wenn Derbez volle Kanne drauflos spielen darf – und da sich in dem Film nun mal alles um ihn dreht, ist das Gott sei Dank meistens der Fall. Selbst als absoluter Vollmacho sind ihm die Sympathien des Publikums sicher, denn selbst als unausstehlicher Zeitgenosse steckt in Derbez immer noch genug Verve, um ihn nie so richtig böse erscheinen zu lassen. Selbst wenn er im ersten Drittel seine Lebensumstände gegen die weitaus bodenständiger gepolte Kate ausspielt und sich ihr gegenüber tatsächlich absolut daneben verhält, agiert er mit einem Augenzwinkern, das ihn einfach nicht hassenswert macht. Wenn er sich im Mittelteil schließlich ganz langsam zu einem echt netten Kerl entwickelt und er im Finale dann die arrogante Attitüde vom Beginn mit den neu gewonnenen Charakterzügen aus dem zweiten Drittel kombiniert, dann erkennt man auch abseits der ihn wenig fordernden Alberei, dass in Derbez darüber hinaus ein wirklich guter Schauspieler steckt.
Anna Faris („Alvin und die Chipmunks: Road Chip“) gibt ihm in der Rolle der ihm anfangs unterlegenen Kate gut Contra, als sie mit immer größerer Spielfreude die anhaltende Amnesie gegen ihren Erzfeind verwendet. Dabei kommt der emotionale Teil jedoch ein wenig zu kurz. Wie selbstverständlich sich selbst ihre Kinder mit dem vorgegaukelten Neu-Vater arrangieren, ist pure Konstruktion und hat, wie so Vieles mehr in „Overboard“, nichts mit der Realität zu tun. Immerhin sorgt das auch dafür, dass naheliegende Gags überraschenderweise gar keine Verwendung finden. Das Skript von Rob Greenberg und Bob Fisher („Wir sind die Millers“) lässt die Komik vorwiegend aus der absurden Situation heraus entstehen und macht diese dafür zur selbstverständlichsten der Welt. Kates gesamter Freundeskreis steht hinter der Idee, sodass nie die Gefahr besteht, irgendjemand könnte sich verplappern. Da das auch nie passiert, entsteht sogar eine gewisse Grundspannung, wie sich die Situation am Ende wohl auflösen wird. Umso bedauerlicher ist es, dass die Verantwortlichen genau für diesen Moment eine Idee nutzen, die mit dem schwächsten Faktor in „Overboard“ zu tun hat. Ein parallel erzählter Handlungsstrang erzählt nämlich, wie es mit Leonardos reicher Familie weitergeht, als der Sohn von heute auf morgen verschwindet. Und das ist nicht bloß unnötig, sondern auch ganz schön nervtötend.
Die gefühlte Erträglichkeitskurve von „Overboard“ geht vor allem deshalb steil nach oben, weil die Szenen, die Leonardo in seinem Umfeld aus Freunden und Familie zeigen, vollkommen überzeichnet sind. Auf der zugegebenermaßen sehr schmuck aussehenden Yacht agieren sämtliche Darsteller wie auf Speed und lassen für die folgenden knapp zwei Stunden Furchtbares erahnen. Egal ob die zum Overacting einladend gezeichneten Schwestern, die sich für Leonardo keinen Deut interessieren, sondern lediglich dafür, wer nach dem Tod des Vaters die Firma erbt, die karikaturesk anmutenden Bediensteten oder die hysterischen blonden Schönheiten, mit denen es Leonardo regelmäßig treibt: „Overboard“ beginnt als unerträgliche Freakshow, die selbst Eugenio Derbez nicht erden kann, da er lieber engagiert mit einsteigt. Erst, als Kate den verwöhnten Kerl mit in ihr heruntergekommenes Haus nimmt und ihn mit der normalen Welt vertraut macht, kommt auch der Film langsam zur Ruhe; so lange, bis die zwischendurch eingestreuten Szenen rund um Leonardos Familie im Finale erneut die Oberhand gewinnen. Dass einen das abgehobene Kitsch-Finale dann nur noch marginal stört, liegt daran, dass sich der Film zuvor kontinuierlich steigern konnte und die Verwicklungen im Schlussakt durch aus zur zuvor zelebrierten Charakterentwicklung passen. „Overboard“ ist eben einfach ein ständiges Auf und Ab.
Fazit: „Overboard“ ist ein qualitatives Auf und Ab. Die Komödie beginnt nervtötend, wird im Mittelteil richtig herzlich und endet auf einer soliden Note. In erster Linie ist der Film aber ohnehin ein beeindruckendes Bewerbungsvideo für den hierzulande noch viel zu unbekannten Eugenio Derbez.
„Overboard“ ist ab dem 14. Juni in den deutschen Kinos zu sehen.