Miss Bodyguard

Das Konzept ist nicht neu, doch dank ihrer beiden Hauptdarstellerin Reese Witherspoon und Sofia Vergara kann Regisseurin Anne Fletcher mit MISS BODYGUARD eine sympathische Roadmovie-Komödie vorweisen. Große Quantensprünge im Comedy-Segment sollte der anspruchsvolle Zuschauer allerdings nicht erwarten. Mehr zum Film in meiner Kritik.
Der Plot
Die ehrgeizige Cop-Anwärterin Cooper (Reese Witherspoon) machte bislang hauptsächlich durch misslungene Festnahme-Aktionen von sich reden. Nun könnte ihr neuer Auftrag ein erster, großer Schritt auf der Karriereleiter sein. Um die in einem schweren Kriminallfall so wichtige Zeugin, das Luxusgirlie Danielle (Sofia Vergara), zum alles entscheidenden Prozess zu eskortieren, begleitet Cooper ihren toughen Kollegen Jackson (Richard T. Jones) zu dem großen Anwesen, von wo aus der Konvoy in Richtung Gericht starten soll. Doch alles geht schief: Es kommt zu einer blutigen Schießerei, in der nicht nur Coopers Kollege, sondern auch Danielles Ehemann getötet werden. Als wäre dies nicht genug, haben es die Gangster von nun an auf Danielle selbst abgesehen, die in einer Hals-über-Kopf-Aktion Seite an Seite mit Cooper flüchtet. Für die beiden ganz unterschiedlichen Grazien, die zu keiner Sekunde einen Hehl daraus machen, einander nicht zu mögen, beginnt eine halsbrecherische Jagd über die Highways, bei der aus den giftigen Ladys nicht nur so etwas wie Freundinnen werden, sondern auch Komplizen, denn schon bald müssen die beiden nicht nur vor den Ganoven, sondern auch vor der Polizei flüchten…
Kritik
Regisseur Paul Feig macht es mit „Spy – Susan Cooper Undercover“ gerade vor: Der Trend geht zur Lady-Comedy. Ob „Brautalarm“, „Taffe Mädels“ oder auch nur der sukzessive Ausbau von Marvel-Superheldin Black Widow innerhalb des „Avengers“-Kosmos: Hollywood traut sich nach und nach immer mehr, Filme zu drehen, in denen starke Frauenfiguren im Mittelpunkt stehen. Dieser Wandel kommt zwar viel zu spät zwar, aber immerhin: sie ist da, die Richtung entgegen des typischen Gender-Denkens von Seiten der Studiobosse. Regisseurin Anne Fletcher („27 Dresses“) greift diese Entwicklung nun ebenfalls auf. In ihrem Mix aus Roadmovie und Krimikomödie, „Miss Bodyguard“, stehen mit Sofia Vergara („Kiss the Cook“) und Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon („Der große Trip – Wild“) zwei toughe Grazien im Mittelpunkt, die es im Laufe ihrer eineinhalbstündigen Flucht-Eskapaden mit allerhand (männlichen!) Widersachern zu tun bekommen. Das Skript von David Feeney („New Girl“) und John Quaintance („Ben and Kate“) greift dabei zwar lediglich auf die handelsüblichen Bestandteile eines klassisch-komischen Roadmovies zurück, doch dank der stimmigen Chemie unter den beiden Hauptfiguren gestalten sich diese immerhin kurzweilig. Dabei bleibt jedoch auch festzuhalten: Ohne Witherspoon und Vergara wäre „Miss Bodyguard“ ganz schön aufgeschmissen.
Mit dem Filmkonzept gewinnt Anne Fletcher keinen Blumentopf und aufgrund der nur allzu aufgewärmten Prämisse zweier Partner wider Willen, die sich trotz Antipathien über kurz oder lang doch anfreunden, würde ein hohes „Miss Bodyguard“-Aufkommen bei der nächsten Vergabe des Schmachpreises Goldene Himbeere nicht wundern. Schließlich ist es auch noch gar nicht so lange her, dass sich Jason Bateman und Melissa McCarthy in der Komödie „Voll abgezockt“ in einem fast identischen Szenario miteinander arrangieren mussten; bekanntermaßen gehörte auch jener Film nicht unbedingt zu den Kritikerlieblingen des Jahres 2013. Nun haben wir es also mit Sofia Vergara sowie Reese Witherspoon zu tun. Die Eine, eine leicht naive Femme Fatale und die Andere, eine raubeinige Polizistin – für mehr Charakterzeichnung ist in dieser krawalligen Tour-de-Force kein Platz. Im Grunde ist dieser Umstand genregeschuldet. Nur in den wenigsten Fällen kann eine auf den schnellen Gag ausgelegte Produktion mit tiefgründigen Charakteren auftrumpfen. Auch in „Miss Bodyguard“ wird dieser Missstand zum Großteil von der Performance der beiden Protagonistinnen ausgeglichen, denn sowohl Vergara, als auch Witherspoon legen eine sehenswerte Passion an den Tag. Ihrer ungezwungenen Interaktion zuzusehen macht Spaß und versprüht viel Kurzweil, wenngleich nicht jede Pointe zu ihrem offensichtlich angestrebten Höhepunkt findet. Trotzdem bannt Anne Fletcher in geordneter Regelmäßigkeit kleine humoristische Highlights ein, die es vermögen, über mancherlei Langatmigkeit hinwegzutrösten (Stichwort: Hirsch).
Es gibt sie also, die Gagspitzen, mit denen jede Komödie steht und fällt. Doch auch diese können nicht verschleiern, dass der Film inhaltlich kaum von Relevanz ist. Über die vollkommen gegensätzliche Charakterzeichnung „hart gegen zart“ kommt die im Original „Hot Pursuit“ titulierte Komödie nicht hinaus. Auch einen dramaturgischen Unterbau sucht man vergebens. Die Figuren handeln, wie es die Situation gerade von ihnen erwartet. Etwaige, charakterliche Entwicklungen oder gar tiefgründige Erkenntnisse sind hier fehl am Platz. Das bedeutet allerdings auch, dass „Miss Bodyguard“ einen entscheidenden Fehler nicht macht, mit dem Komödienregisseure ihrem Film normalerweise noch zusätzlichen Tiefgang zu verleihen versuchen. Die Rede ist von der obligatorischen Moral, von dem Versuch, dem Gezeigten auf den letzten Metern doch noch ein Fünkchen Wichtigkeit einzuverleiben. Dass dieses Vorhaben in den meisten Fällen schiefgeht, liegt an den dabei genutzten Brechstangenweisheiten. Auf diese verzichtet Anne Fletcher wohlweislich. Für sie steht sichtbar das schnell-substanzlose Filmvergnügen im Mittelpunkt. Auswirkungen auf ein flottes Seherlebnis mit einer prozentual recht hohen Lachgarantie hat dieser Verzicht auf jedwede Ernsthaftigkeit erwartungsgemäß nicht – Liebhaber anspruchsvoll-innovativen Kinos sollten „Miss Bodyguard“ dann aber doch meiden.
Fazit: „Miss Bodyguard“ setzt sich zwar aus den üblichen Versatzstücken gängiger Comedy-Roadtrips zusammen, ist dank der spritzigen Hauptdarsteller-Paarung jedoch über weite Strecken amüsant und kurzweilig.
„Miss Bodyguard“ ist ab dem 11. Juni bundesweit in den Kinos zu sehen.