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Das startet am 18. Januar 2018

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht es um den Starttag des 18. Januar 2018, der einen ganzen Schwung awardrelevanter Filme bereithält. Alexander Paynes „Downsizing“ hat allerdings nicht umsonst einen Backlash erlitten, während das Churchill-Portrait „Die dunkelste Stunde“ auch neben der Performance von Gary Oldman Einiges zu bieten hat. Nach seiner Aufführung auf dem Fantasy Filmfest ist der Thriller „It Comes at Night“ auch endlich regulär in den Kinos zu sehen, während die Actionkomödie „Hot Dog“ bislang nicht der Presse gezeigt wurde. Mehr zu diesem Film gibt’s allerdings schon morgen an dieser Stelle.

Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!

DIE DUNKELSTE STUNDE  | Regie: Joe Wright | UK 2017

Mai 1940: Das anfängliche Kriegsglück der Nazis stürzt die britische Regierung in eine existenzielle Krise, Premierminister Chamberlain tritt zurück. Nur dem reichlich unpopulären Winston Churchill traut man zu, die scheinbar ausweglose Lage in den Griff zu bekommen. Er übernimmt das Amt, sieht sich aber bald von Öffentlichkeit und Regierungsmitgliedern bedrängt, mit den scheinbar unaufhaltsamen Nazis über einen Friedensvertrag zu verhandeln. Doch durch seine außerordentliche Weitsicht und Integrität gelingt es Churchill dennoch, an seiner Überzeugung festzuhalten und für die Freiheit seiner Nation zu kämpfen. Als die Luftschlacht um England entbrennt und die deutsche Invasion droht, wenden sich das überrumpelte britische Volk, der skeptische König und sogar seine eigene Partei von Churchill ab. Wie soll es ihm so gelingen, den Lauf der Weltgeschichte zu ändern? 

Der Oscar als Bester Hauptdarsteller wird Gary Oldman für seine spektakuläre Performance in „Die dunkelste Stunde“ nicht mehr zu nehmen sein. Doch auch davon einmal abgesehen, ist der überraschend leichtfüßig inszenierte Film eine Sternstunde des modernen Politkinos auf einem hohen technischen Niveau.


IT COMES AT NIGHT | Regie: Trey Edward Shults | USA 2017

Das Ende der Welt. Eine tödliche Infektionskrankheit hat fast alles Leben auf der Erde ausgelöscht. Der siebzehnjährige Travis und seine Eltern Paul und Sarah gehören zu den letzten Überlebenden. Schwer bewaffnet leben sie in einem einsamen Haus im Wald. Getrieben von Angst und Paranoia versucht die Familie, mit ihren spärlichen Vorräten zu überleben, als ein verzweifeltes junges Paar mit seinem kleinen Sohn bei ihnen Schutz sucht. Trotz ihrer guten Absichten, sich gegenseitig zu helfen, rücken die Schrecken der Außenwelt immer näher. Sie haben tiefe Spuren in den Seelen der Menschen hinterlassen, so dass bald Panik und Misstrauen zwischen den beiden Fa-milien regieren. Denn jeder kann die Krankheit in sich tragen und zur tödlichen Bedro-hung werden. Wie weit wird Paul gehen, um Frau und Sohn zu schützen? 

Der nobel besetzte Genrefilm „It Comes at Night“ ist kein Horrorschocker klassischer Aufmachung und punktet nicht über reißerische Jumpscares, sondern vor allem über eine beklemmende Kammerspielatmosphäre, die sich mühelos zuspitzen kann, ohne dass „es“ tatsächlich nachts kommt.


DIE ANFÄNGERIN  | Regie: Alexandra Sell | DE 2017

Mit 58 Jahren ist Annebärbel Buschhaus in ihrem Leben erstarrt wie ein Eisblock. Als Ärztin zeigt sie wenig Mitgefühl, als Ehefrau wenig Liebe. In ihrer freudloser Welt zählt nur eins: Die Meinung ihrer perfektionistischen Mutter Irene, die mit Kritik an Annebärbels Fähigkeiten als Ärztin, Tochter und Ehefrau nicht hinter dem Berg hält. Nichts was sie tut, ist gut genug für Irene. Erst recht nicht, seit sie ihre Arztpraxis übernommen hat. Als Annebärbel auch noch kurz vor Weihnachten von ihrem Mann Rolf verlassen wird, bricht ihr sorgsam errichtetes Kartenhaus zusammen. Sie flüchtet sich während der Weihnachtsfeiertage in die Arbeit. Beim nächtlichen Bereitschaftsdienst an der Eishalle des Olympiastützpunktes Berlin offenbart sich der Ärztin eine Welt voller Eleganz, Leichtigkeit und Freiheit, die sie bereits als Kind begeisterte und von der sie nun aufs Neue magisch angezogen wird.  

Alexandra Sells Tragikomödie „Die Anfängerin“ ist eine technisch unauffällige, dafür emotional breit aufgestellte Studie über das Scheitern, die mit der fantastisch aufgelegten Ulrike Krumbiegel eine perfekte Hauptdarstellerin gefunden hat.

MARLINA – DIE MÖRDERIN IN VIER AKTEN  | Regie: Mouly Surya | IDN 2017

Indonesien. Ein Mann auf einem Motorrad erreicht eine abgelegene Hütte. Er verkündet der dort allein lebenden, jungen Frau Marlina (Marshy Timothy), dass schon bald sechs seiner Freunde hier eintreffen werden, um ihr Geld und all ihr Vieh zu stehlen und – wenn Zeit bleibt – sie im Anschluss zu vergewaltigen. Schließlich habe Marlina Schulden bei den Männern. Zunächst einmal hätte er aber gerne Hühnersuppe zum Abendessen. Marlina macht sich auf den Weg in die Küche. Hühnersuppe wird es geben, wie von ihr verlangt wurde. Gleichzeitig könnte in diesem Rezept ihr Weg in die Freiheit liegen. Und etwas besonders Scharfes zum Nachtisch gibt es obendrein, was sie auf einen beschwerlichen Weg in Richtung Selbstbestimmung führt. 

„Marlina – Die Mörder in vier Akten“ ist ein blutiger Western über eine junge Frau, die sich stellvertretend für ihre Geschlechtsgenossinnen von der jahrelangen Unterdrückung freispricht und dabei einen Weg geht, wie ihn zuletzt Quentin Tarantinos Braut in „Kill Bill“ angetreten hat.


DER ANDERE LIEBHABER  | Regie: François Ozon | FR/BEL 2017

Als sich die attraktive Chloé (Marine Vacth) in ihren Psychotherapeuten Paul (Jérémie Renier) verliebt, scheinen all ihre Probleme gelöst. Sie zieht mit ihm zusammen, schmiedet Zukunftspläne und denkt sogar an Kinder und Hochzeit. Doch schon bald merkt sie, dass er ihr etwas verheimlicht. Durch Zufall entdeckt Chloé, dass Paul einen Zwillingsbruder hat, der ebenfalls Therapeut ist. Weshalb ihr Freund ihr das bislang verheimlich hat, dazu schweigt er beharrlich. Von Neugier getrieben begibt sie sich bei ihm in Behandlung und ist geschockt: Obwohl er ihm äußerlich aufs Haar gleicht, ist Louis (ebenfalls Jérémie Renier) das völlige Gegenteil seines Bruders – arrogant, zynisch und besitzergreifend. Trotzdem fühlt sich Chloé von ihm angezogen und gerät in ein gefährliches Geflecht aus Begierde und Täuschung. 

François Ozons Erotikthriller „Der andere Liebhaber“ ist ein leidenschaftliches Verwirrspiel, das am besten funktioniert, wenn man in die symbolisch aufgeladene Szenerie möglichst wenig hineininterpretiert und erst recht nicht auf Logik besteht.


DOWNSIZING  | Regie: Alexander Payne | USA 2017

Downsizing

Die Ressourcen der Erde neigen sich dem Ende zu und der Planet platzt aus allen Nähten. Um das Problem der Überbevölkerung zu lösen, haben norwegische Wissenschaftler eine Methode entwickelt, mit der sie Menschen schrumpfen und somit ihre Bedürfnisse und ihren Konsum enorm verringern können. Ein zwölf Zentimeter kleiner Mensch verbraucht schließlich weniger Wasser, Luft und Nahrung als ein großer. In der Hoffnung auf ein glücklicheres und finanziell abgesichertes Leben in einer besseren Welt entscheiden sich Durchschnittsbürger Paul Safranek (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig), ihr stressiges Leben in Omaha hinter sich zu lassen und ihr großes Glück in einer neuen „geschrumpften“ Gemeinde zu suchen. Eine Entscheidung, die ein lebensveränderndes Abenteuer bereithält… 

Alexander Paynes Tragikomödie „Downsizing“ beginnt vielversprechend und hat vor allem optisch Einiges zu bieten. Erzählerisch geht dem Film allerdings in der zweiten Hälfte merklich die Luft aus und bietet letztlich nicht mehr als Bekanntes in neuer Aufmachung.


HOT DOG  | Regie: Torsten Künstler | DE 2018

Luke (Til Schweiger) ist ein knallharter GSG-10-Ermittler. Theo (Matthias Schweighöfer) ist ein schüchterner Nerd mit einem fotografischen Gedächtnis, der mehr sein möchte als nur ein Schreibtisch-Cop und daher permanent um Versetzung in den Außendienst bittet. Und gemeinsam stehen die beiden vor der Wahnsinnsaufgabe, die schöne Präsidententochter Mascha (Lisa Tomaschewsky) aus den Händen ihrer Entführer zu befreien, die durch ihr eigenes Verschulden in die Hände der Gagster gefallen ist. Unterstützt von der smarten Computerexpertin Nicki (Anne Schäfer) stürzt sich das ungleiche Duo sich in eine wilde Jagd voller Katastrophen – und dass Theo total in Mascha verknallt ist, macht die Sache nicht gerade einfacher! 

Als zweifesfrei professionell produzierte Komödie ist „Hot Dog“ zum Scheitern verurteilt. Als Actionkrimi mit kleinen humoristischen Spitzen funktioniert Torsten Künstlers Arbeit dann schon deutlich besser. Dazu tragen auch Til Schweiger und allen voran Matthias Schweighöfer bei, die wie so oft eine stimmige Chemie an den Tag legen.


 HILFE, ICH HAB MEINE ELTERN GESCHRUMPFT  | Regie: Tim Trageser | DE 2018

Es spukt wieder in der Schule von Felix. Diesmal treibt aber nicht der wohlwollende Schulgründer Otto Leonhard sein Unwesen, sondern die verhasste und vor langer Zeit verstorbene Direktorin Hulda Stechbarth. Ein Zufall lässt den seinerzeit geschrumpften und skelettierten Schülerschreck wieder auferstehen. Derweil ist Felix genervt von seinen Eltern. Denn kaum läuft es für ihn am Otto-Leonhard-Gymnasium unter der Leitung von Schuldirektorin Dr. Schmitt-Gössenwein so richtig gut, wollen seine Eltern mit ihm nach Dubai umziehen. Felix ist dagegen und wünscht sich, dass seine Eltern auch mal gezwungen sein sollten, das zu tun, was er will. Dieser Wunsch geht schneller in Erfüllung als Felix es erwartet hat, denn nach einem unfreiwilligen Aufeinandertreffen mit Hulda werden seine Eltern plötzlich geschrumpft. 

„Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft“ hat ein paar ganz nette Ideen, die sich zwangsläufig aus den verschobenen Größenverhältnissen geschrumpfter Menschen und ihrer Umgebung ergeben. Davon einmal abgesehen, irritieren die Gruselmomente, während die beschworene Harmonie vor allem langweilt.


DAS MILAN PROTOKOLL | Regie: Peter Ott | DE 2018

Erzählt wird die Geschichte der deutschen Ärztin Martina, die in der kurdischen Region im Norden Iraks an der Grenze zum „Islamischen Staat“ für eine deutsche Hilfsorganisation arbeitet. Bei einer Grenzfahrt wird Martina von einer mit dem IS verbundenen sunnitischen Gruppe gekidnappt, weil diese einen Waffentransport vermutet. Diese Geiselnahme entwickelt sich zu einem packenden Wechselspiel, in dem alle Akteure -IS, PKK, die sunnitischen Stämme und die deutschen und türkischen Geheimdienste – ihre eigenen politischen Interessen verfolgen und versuchen irgendwie durchzusetzen. Nach ihrer Befreiung durch Kontakte des BND wird sie von dem deutschen Geheimdienstmitarbeiter Moses über die Zeit in Gefangenschaft befragt, wobei wiederum nicht klar ist, welche Rolle Moses tatsächlich in dieser Geschichte spielt.


Heimkinotipp: IMMER NOCH EINE UNBEQUEME WAHRHEIT  | Regie: Bonni CohenJon Shenk | USA 2017

Etwas mehr als zehn Jahre sind vergangen, seit die unkonventionelle Dokumentation von und mit Al Gore, „Eine unbequeme Wahrheit“, die Klimakrise in die Köpfe und Herzen der Menschen gebracht hat. Jetzt zeigt die fesselnde und mitreißende Fortsetzung, dass eine technische Revolution bevorstehen könnte. Der ehemalige Vizepräsident der USA Al Gore setzt seinen unermüdlichen Kampf fort und reist um die Welt, um mit Vorreitern in Klimafragen zu arbeiten und Einfluss auf die internationale Klimapolitik zu nehmen. Bei seiner Suche nach Ideen undInspirationenfolgt ihm die Kamera hinter die Kulissen und zeigt ihn in privaten und öffentlichen Momenten, mal heiter, mal rührend. In einer Zeit, in der die Bedrohung größer ist als je zuvor,könnten die Menschen jetzt den Klimawandel durch Ideenreichtum und Leidenschaft überwinden.

Weniger Theorie, mehr Persönlichkeit: „Immer noch eine unbequeme Wahrheit“ führt das Thema Klimaerwärmung an der Stelle fort, an welcher der Vorgänger vor elf Jahren aufhörte und reichert die bekannten Thesen um neue, emotionale Facetten an, sodass dieser Film jene Zuschauer mehr ansprechen könnte, denen „Eine unbequeme Wahrheit“ zu trocken war.