Together – Unzertrennlich

Welches frisch verliebte Pärchen hat nicht mal davon geträumt, für immer miteinander verbunden zu sein? Der australische Regie-Newcomer Michael Shanks nimmt diese Vorstellung wörtlich und legt mit seinem Debüt TOGETHER – UNZERTRENNLICH einen der besten Horrorfilme des Jahres vor.

OT: Together (AUS/USA 2025)

Darum geht’s

Millie (Alison Brie) und Tim (Dave Franco) sind seit zehn Jahren ein Paar – doch ihre Beziehung ist festgefahren. Um einen Neuanfang zu wagen, ziehen sie gemeinsam in eine abgelegene ländliche Gegend. Während Millie als Lehrerin neuen Halt sucht und in ihrem Kollegen und Nachbarn Jamie (Damon Herriman) einen neuen Freund findet, hadert Tim als Musiker mit Selbstzweifeln und Orientierungslosigkeit. Die Liebe zwischen ihnen ist noch da, doch Unsicherheit und emotionale Abhängigkeit belasten sie zunehmend. Als sie bei einem Unwetter Schutz in einer geheimnisvollen Höhle suchen und aus einer dort entspringenden Quelle trinken, geschieht etwas Unbegreifliches: Am nächsten Morgen sind ihre Körper auf mysteriöse Weise miteinander verwachsen. Zwar können sich die beiden vorerst voneinander trennen, doch irgendetwas verändert sich zwischen den beiden – und zwar nicht nur auf körperliche Weise…

Kritik

Es gibt eine sonderbare Beobachtung beim Paarungsverhalten von Hunden. Nach dem Geschlechtsakt zwischen Rüde und Hündin hängen die beiden Tiere noch bis zu 30 Minuten Hinterteil an Hinterteil aneinander. Der stark angeschwollene Penis des Rüden verankert sich sozusagen im Inneren der Hündin, sodass sich die Tiere nicht voneinander lösen können. Doch in der Natur passiert nichts aus Versehen. Das „Hängen“ oder auch „Tieing“ genannte Phänomen sichert die Samenübertragung, regt die Gebärmutterkontraktion an und hält den verpaarten Tieren Konkurrenten vom Leib. Was das mit Michael Shanks‘ Langfilmdebüt „Together“ zu tun hat? Nun, der simple deutsche Untertitel „Unzertrennlich“ lässt es schon erahnen. Und ironischerweise beginnt auch der Film selbst mit zwei aneinanderhängenden Hunden. Ob Shanks von dem obengenannten Phänomen wusste, ist zwar nicht überliefert. Doch das Bild prägt sich so oder so ins Gedächtnis ein. Nun sind die beiden Tiere in „Together“ kein Bestandteil einer Tierdokumentation. Vielmehr erinnern sie an ein Motiv, das so oder ähnlich in einer Folge „Akte X“ auftauchen könnte. Die zwei an der Brust miteinander verschmolzenen Hunde, über die wir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wissen, als dass sie aus einem unterirdischen See getrunken haben – vermutlich die, im wahrsten Sinne des Wortes, Quelle allen Übels – bildet für „Together“ einen äußerst stimmungsvollen Auftakt.

Tim (Dave Franco) wünscht sich nichts sehnlicher, als mit seiner Musik endlich durchzustarten.

Die Horror-Anleihen in „Together – Unzertrennlich“ sind dank dieses einprägsamen Motivs vorgegeben und legen sich von Anfang an wie ein unheilvoller Schleier über die Szenerie. Dabei beginnt die eigentliche Filmhandlung in einer schmucken Stadtwohnung, in der ein Paar sich gerade von seiner versammelten Clique verabschiedet. Es geht aufs Land, wo Millie – überdeutlich die „Macherin“ unter den beiden – eine Stelle als Lehrerin antreten wird. Doch zwischen ihr und ihrem Freund Tim herrscht dicke Luft. Und zwar nicht auf die Art, die kurz davor ist, sich lautstark Bahn zu brechen. Regisseur und Autor Michael Shanks, der in das Skript seine Erfahrungen aus einer 16-jährigen Beziehung einfließen ließ, gelingt es mithilfe kleiner Beobachtungen und Gesprächsfetzen, die ungleichmäßige Rollenverteilung in dieser Beziehung zu skizzieren. Sie, die mit Job und Zukunftsvorstellungen fest im Leben stehende Frau, er, der zumeist planlose Lebemann und Hobby-Musiker, der selbst mit Mitte 30 noch auf seinen Durchbruch hofft. Neben den kurzen, spitzen Bemerkungen der beiden gegenüber ihren Freund:innen gelingt es Shanks aber immer auch, die einstige (und auch immer noch im Kern vorhandene) Liebe der beiden herauszuarbeiten. Dass Tim aus reiner Zuneigung zu seiner Freundin die Großstadt verlässt, ist offensichtlich. Der Widerhaken ist, dass er dafür alles aufgeben muss, während ihm Millie wieder einmal zu verstehen gibt, seine Aufopferungsbereitschaft zu schätzen, ihn aber gleichzeitig um mehr Eigenständigkeit bittet. Generell ist „Together – Unzertrennlich“ ein Film voller Widerhaken.

„Die Performance der beiden Hauptdarsteller:innen – einzeln sowie als Paar – ist durchgehend von einer gewissen Leidenschaft geprägt. Sie findet sich im körperlichen Austausch genauso wieder wie in den immer wieder hochkochenden Differenzen. Diese Energie ist wichtig.“

Aber so ist das eben in einer langjährigen Beziehung. Und je mehr man sich in den emotionalen Status Quo des Paares hineinversetzen kann, desto intensiver geraten vermutlich die darauffolgenden eineinhalb Stunden. Dazu steuern vor allem die beiden Hauptdarsteller:innen Alison Brie („Promising Young Woman“) und Dave Franco („Love Lies Bleeding“) einen gewichtigen Teil bei. Es ist Michael Shanks selbst zu verdanken, dass die auch im wahren Leben miteinander verheirateten Hollywoodstars in „Together“ die Hauptrollen übernommen haben. Er wollte damit sichergehen, dass die von ihm zentral behandelten Themen Intimität und Co-Abhängigkeit authentisch dargeboten werden. Ein Vorhaben, dass Brie und Franco zu einhundert Prozent einlösen. Die Performance der beiden – einzeln sowie als Paar – ist durchgehend von einer gewissen Leidenschaft geprägt. Sie findet sich im körperlichen Austausch genauso wieder wie in den immer wieder hochkochenden Differenzen. Diese Energie ist wichtig. Ist sie doch der Beweis dafür, dass Millie und Tim immer noch emotional miteinander verbunden sind. Doch aus der sich einschleichenden Gleichgültigkeit ergibt sich Lethargie, aus der Lethargie die Ignoranz und aus dieser nicht selten die Trennung. „Together“ handelt nicht von einer Trennung, sondern von dem lethargischen Zustand davor, aus dem die beiden jedoch immer wieder ausbrechen…

Millie (Alison Brie) versucht verzweifelt, Tim auf Abstand zu halten.

… und dann ist da ja auch noch das Bild mit den beiden Hunden vom Anfang des Films. Das lässt erahnen: „Together – Unzertrennlich“ ist keine reine Beziehungsstudie, sondern wird alsbald zum knallharten Bodyhorrorfilm, der sich ähnlich radikal entlädt wie vor einigen Jahren Alex Garlands „Men“ in seinem schockierend-drastischen Finale. Michael Shanks wartet damit allerdings nicht bis zum Ende, sondern setzt die schmerzhaften Nadelstiche im regelmäßigen Rhythmus. Ab dem Moment, in dem auch Millie und Tim aus dem geheimnisvollen Höhlensee trinken, wird aus „Together“ eine bildgewaltige Metapher auf Co-Abhängigkeit, indem der Film die Illusion der unzertrennlichen (körperlichen) Verbindung wörtlich nimmt. Die mit dieser Thematik im Hinterkopf entstandenen Bilder – übrigens von denselben Special-Effects-Machern betreut wie der ebenfalls dieser Tage im Kino startende Horrorschocker „Bring Her Back“ – gehen, im wahrsten Sinne des Wortes, unter die Haut. Am Ende wartet auf Millie und Tim eine gnadenlos grobe Kulmination alles dem Vorrausgegangenen. Inklusive richtig schön fieser Pointe, mit der – so viel sei spoilerfrei verraten – ein herausragender Castingcoup einhergeht.

„Ab dem Moment, in dem auch Millie und Tim aus dem geheimnisvollen Höhlensee trinken, wird aus ‚Together‘ eine bildgewaltige Metapher auf Co-Abhängigkeit, indem der Film die Illusion der unzertrennlichen (körperlichen) Verbindung wörtlich nimmt.“

Doch anstatt – wie zuletzt etwa die beiden Bodyhorror-Meisterstücke „The Substance“ und „The Ugly Stepsister“ – ähnlich orgiastisch vorzugehen, nutzt Michael Shanks vor allem eine ruhige, beklemmende Atmosphäre mitsamt augenscheinlich möglichst harmlosen Settings (eine hübsche kleine Hütte am Waldrand, eine Grundschule, ein kleiner Bahnhof), um das Optimum an emotionaler Wucht aus seiner Geschichte herauszukitzeln. Dadurch werden nicht bloß Momente des grafischen Grauens zu den Höhepunkten des Films. Auch deutlich unaufgeregtere Szenen wie Tims plötzliches Auftauchen in Millies Schule entwickeln einen größtmöglichen emotionalen Punch. Darüber hinaus machen sich immer wieder Shanks‘ Wurzeln in der Comedy bemerkbar. Ganz gleich ob nun ein aus dem Ruder geratener Geschlechtsakt auf der Schultoilette oder Millies und Tims radikale Vorstellungen einer (wortwörtlichen) „Trennung“: Immer wieder gelingt es dem Filmemacher, mithilfe tiefschwarzhumoriger Beobachtungen, das abgefuckte Szenario noch abwechslungsreicher, mitreißender und nahbarer zu gestalten. Zumal er sich traut, nicht jedes noch so kleine Geheimnis in „Together – Unzertrennlich“ am Ende aufzuklären. Vielleicht ein Stückweit frustrierend, im modernen Horrorkino aber längst nicht (mehr) selbstverständlich.

Tim und Millie beginnen, miteinander zu verschmelzen…

Fazit: Regie-Newcomer Michael Shanks gelingt mit seinem Debüt „Together – Unzertrennlich“ eine bildgewaltig-schaurige Metapher auf die Illusion der unzertrennlichen Verbindung zwischen zwei Menschen. Dafür wählt er radikale, so im Genrekino bislang ungesehene Motive und setzt auf ein Real-Life-Ehepaar als Besetzung, dessen emotionale Verbindung essentiell dazu beiträgt, dass man dem Schicksal dieses Paares bis zum Schluss gerne zusieht – egal, wie schmerzhaft es auch wird.

„Together – Unzertrennlich“ ist ab dem 31. Juli 2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

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