Gans im Glück

In der zuckersüßen Animationskomödie GANS IM GLÜCK müssen sich ein egomanischer Gänserich und zwei einsame Entenküken zusammenraufen. Das Ergebnis ist manchmal ein wenig zu albern, immer aufregend und hat das Herz am rechten Fleck. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Als eingefleischter Junggeselle mit leichten Macho-Allüren tendiert Gänserich Peng dazu sich permanent selbst zu überschätzen. Mit seinen waghalsigen Flugkunststücken sabotiert er immer wieder das Formationsflugtraining seiner Artgenossen, welche sich bald auf den langen Weg in den Süden aufmachen wollen. Doch dieses Mal hat es Peng etwas übertrieben und landet unsanft auf dem Boden der Realität: die Gänse haben den Abflug gemacht und Bruchpilot Peng bleibt mit lahmem Flügel zurück. Aber er ist nicht der einzige, der den Anschluss verloren hat: Zwei vorlaute Entenküken wurden ebenfalls von den Ihren getrennt und bitten ausgerechnet Peng um Hilfe. Das schmeckt diesem zunächst überhaupt nicht. Für die Winzlinge hat er nicht allzu viel übrig; die gehen ihm gehörig auf die Nerven. Doch Peng erkennt auch einen Vorteil in der unfreiwilligen Allianz: Die zwei Küken bieten einen hervorragenden Schutzschild auf der gefährlichen Reise, die die drei nun im Gänsemarsch antreten. Was Peng noch nicht ahnt: Er wird noch einige Federn lassen und erkennen, dass in seiner stolzgeschwellten Gänserich-Brust offenbar so etwas wie ein Vaterherz schlägt…
Kritik
Die Idee von der animierten, vermenschlichten Fauna ist so alt wie der Animationsfilm an sich. Und tatsächlich hat mittlerweile fast jeder Vierbeiner sein wahlweise dreidimensionales oder eben klassisch gezeichnetes Pendant vorzuweisen. Das gilt auch für Schuppen- („Findet Dorie“) und Federvieh; denn auch wenn ein Film wie „Angry Birds“ auf einer Spieleapp basiert, waren die Protagonisten darin nun mal Vögel. Aber auch Filme wie „Überflieger“ und „Zambezia“ hatten geflügelte Hauptfiguren vorzuweisen. Eine im Mittelpunkt einer Story stehende Gans gab es immerhin noch nicht. Diesen Umstand schaffen mit „Gans im Glück“ nun die Produzenten hinter Animationsfilmhits wie „Shrek“ aus dem Weg. Für ihr amüsantes Roadmovie rund um einen Entenvater wider Willen suchten sie sich mit China eine atemberaubende Kulisse aus und erzählen gleichermaßen eine länderübergreifend funktionierende Geschichte über ein friedliches Miteinander, das auch Art übergreifend funktionieren kann und sollte. Im Zusammenspiel mit der Message, dass man nur gemeinsam alles erreichen kann, begeben sich die Verantwortlichen zwar in allzu bekannte Gefilde allgemeingültiger Familienfilmbotschaften, doch „Gans im Glück“ optisch wunderschön angesehen und steckt obendrein voller süßer Ideen – ein kurzweiliger, amüsanter Spaß für Groß und Klein.
Vor seinem Regiedebüt war Christopher Jenkins an so ziemlich allen wegweisenden Zeichentrickfilmen jüngerer Disney-Geschichte mitgewirkt. So begleitete er unter anderem „Die Schöne und das Biest“, „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Hercules“ von der Position als Animator aus. Seinen Einstand gab er indes mit der Zeichentrick-Realfilm-Kombination „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“, während er seinen Einstand als Autor wiederum mit der dreidimensionalen Pinguin-Sause „Könige der Wellen“ feierte. Man sieht also: Jenkins kann auf einen Erfahrungsschatz aus sämtlichen Animationsfilmstilen zurückblicken. Dieser Einfluss ist auch „Gans im Glück“ anzumerken, denn auch wenn sein Film vollständig am Computer entstanden ist, ist es schon beachtlich, wie hier direkt mehrere Stilistiken aufeinander prallen und Jenkins‘ Arbeit vor allem optisch aufregend anders machen. Die detailreichen Hintergründe sind bisweilen von einer atemberaubenden Fotorealistik geprägt und das Design der Natur mit all ihren Blumen und Pflanzen erinnert in seiner Penibilität an den Naturalismus eines „Bambi“. Einen möglichst starken Kontrast dazu bilden die betont comichaft mit besonders großen Augen und Schnäbeln ausgestatteten Vögel, die zwar wie aus einem anderen Film zu stammen scheinen, in „Gans im Glück“ aber erst für die richtige Würze sorgen.
Die Story vom widerwillig miteinander zusammenarbeitenden Trio aus Gänse-Junggeselle Peng und „seinen beiden Entenküken Lissy und Lucky verläuft erst einmal in recht genrekonformen Bahnen. Ihren Anfang machen die drei im heimischen Wald, das Ziel: das Winterquartier und die Familienschar der beiden Baby-Enten. Die hierbei aneinander gereihten Stationen sind von unterschiedlicher Qualität, aus denen die vereinzelten Vulgär-Witze besonders negativ herausstechen. Fast scheint es so, als könne ein sich vorwiegend an ein sehr junges Publikum richtender Animationsfilm nicht mehr ohne derartige Szenen. Hier bilden sie zwar eine Ausnahme, so völlig ohne sie hinterließe „Gans im Glück“ aber noch einen weitaus besseren Eindruck. Weitaus wichtiger als das ist aber ohnehin die Familienzusammenführung. Es ist klar, dass sich Peng irgendwann mit seiner Vaterrolle anfreunden wird und mit seinen beiden Ziehküken gemeinsam das Winterquartier erreichen wird. Eigenen Angaben zufolge sind viele Szenen von Christopher Jenkins‘ eigene Erfahrungen als Familienvater inspiriert, sodass vor allem die ruhigen Familienmomente nie aufgesetzt wirken, sondern echt und dadurch besonders einprägsam. Damit es jedoch nie zu gefühlsduseig wird, sorgen eine rasante Wildwasserfahrt, die stete Flucht vor dem furchteinflößenden Kater Banzou und eine Rettungsaktion hunderter kleiner Entenküken aus einem China-Restaurant für ordentlich Spannung. Letzteres ist ganz schön gewagt.
In „Gans im Glück“ läuft eine riesige Gruppe aus kleinen, ahnungslosen Entenküken mitten hinein in die rot leuchtende Hölle eines Restaurants, dass die kleinen Federbälle allesamt zu Pekingente verarbeiten will. Einem erfahrenen Kinopublikum dürfte schnell klar sein, dass die bedrohliche Szenerie am Ende positiv aufgelöst wird, gleichzeitig springt das Skript (ebenfalls Christopher Jenkins) sehr radikal mit den Küken um und lässt es bis kurz vor Schluss äußerst ungewiss aussehen, ob diese das Restaurant tatsächlich lebend wieder verlassen werden. Auch die hektisch-aggressive Schnittweise, in der immer wieder von den lebenden zu den fertig zubereiteten Küken hin- und her gesprungen wird, trägt ihren Teil dazu bei, dass ganz junge Zuschauer hier durchaus verschreckt werden und den Kinosaal anschließend als Vegetarier verlassen könnten. Mit einem sehr versöhnlichen Finale im Winterquartier sorgt Jenkins dann allerdings rechtzeitig dafür, dass die aufregenden Minuten zuvor ganz schnell wieder vergessen sind. Hier gibt es dann auch ein Wiedersehen mit den zuvor immer mal wieder auftauchenden Sidekicks: Von einem exzentrischen Eichhörnchen über zwei steife Kraniche (Christian Tramitz und William Cohn als möglicherweise gar schwules Vogelpaar) bis hin zu Pengs großer Liebe zelebriert das Ende eine Vielfalt, die nicht bloß in der Vogel-, sondern auch der Menschenwelt Gang und Gäbe sein sollte. Es ist der rundum gelungene Abschluss eines sehr charmanten Films, der möglichst viel Aufmerksamkeit verdient.
Fazit: Das hervorragende animierte Vogel-Roadmovie „Gans im Glück“ erzählt sehr liebevoll von einem Vater wider Willen, der mit zwei tollpatschigen Entenküken sein größtes Abenteuer erlebt. Negativ ins Gewicht fallen nur manch fehlplatzierte Gags und ein Finale, das für die ganz kleinen Zuschauer einen Tick zu spannend sein dürfte.
„Gans im Glück“ ist ab dem 9. August in den deutschen Kinos zu sehen.