Within

Knapp 4000 Zuschauer konnte Phil Claydons Horrorthriller WITHIN hierzulande in die Lichtspielhäuser locken. Nun kommt der Film von „Es“-Autor Gary Dauberman ins Heimkino und macht dort eine überraschend solide Figur. Mehr zum Film verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Der Witwer John (Michael Vartan), seine Tochter Hannah (Erin Moriarty) und seine zweite Ehefrau Melanie (Nadine Velazquez) ziehen in einen friedlichen Vorort, um ein neues Leben zu beginnen. Doch schon bald kommt es zu merkwürdigen Vorfällen in ihrer Umgebung – es wird deutlich, dass irgendetwas in ihrem scheinbar perfekten Haus nicht stimmt. Haben übernatürliche Mächte Besitz von dem Anwesen ergriffen? Als sich nach und nach die tödlichen Geheimnisse des neuen Hauses offenbaren, riskieren die Bewohner, selbst zum neuen Kapitel in dessen grausiger Geschichte zu werden.

Kritik

Die Neuauflage von Stephen Kings Roman „Es“ bricht derzeit rund um den Globus Rekorde, sprengt Prognosen und gehört auch hierzulande mittlerweile zu den erfolgreichsten Filmen 2017. Mit dafür verantwortlich: Gary Dauberman. Der Drehbuchautor schrieb das Skript gemeinsam mit seinem Kollegen Chase Palmer und ließ Ideen von „True Detective“-Producer Cary Fukunaga mit einfließen.  Eine Kollaboration, die sich auszeichnet. Nach den beiden „Conjuring“-Spin-Offs „Annabelle“ und „Annabelle 2“ hat sich Dauberman also vollends im Horrorgenre etabliert; kaum zu glauben, wenn man sich anschaut, was aus seinen bisherigen Werken geworden ist. In den vergangenen zwölf Monaten hat der Schreiber nämlich ebenso viele Flops vorgelegt: Sein peinlich-blutleerer Home-Invasion-Schocker „Wolves at the Door“ wurde zu einem verdienten, während sein thematisch ähnlich gelagerten Horrorthriller „Within“ (in den USA unter dem Namen „Crawlspace“ erschienen) ein wenig zu Unrecht dermaßen unterging. Zugegeben: Das Genrerad erfinden Dauberman und Regisseur Phil Claydon („Lesbian Vampire Killers“) mit ihrem knackig inszenierten Gruselfilm nicht neu, doch trotz bekannter Formel gelingt es der Produktion überraschend lange, das Publikum in eine falsche Richtung zu locken, bis die ganze Geschichte am Ende mit arg viel Geschrei zu einem wenig befriedigenden Ende gebracht wird.

Ray (Ronnie Gene Blevins) entpuppt sich als unangenehmer Zeitgenosse.

Gerade im Horrorsegment stehen und fallen viele Filme mit der Darstellung ihres Bösewichts; wird dieser zu früh enttarnt, kann er dadurch, vor allem wenn es die Geschichte in übernatürliche Gefilde verschlägt, schnell an Aussagekraft und Atmosphäre einbüßen. An dieser Stelle lässt sich „Within“ schon einmal wenig vorwerfen: Gary Dauberman spult zwar vorab lediglich einen Durchschnittsplot ab, wenn er eine harmlose, in sich nicht ganz solide aufgestellte (Patchwork-)Familie in eine neue Nachbarschaft ziehen lässt und sie schnell feststellen muss, dass sich nicht bloß die Katze abweisend gegenüber ihres neuen Heims verhält, sondern immer mehr rätselhafte Dinge passieren. Doch obwohl zunächst alles so scheint, als wären hier übernatürliche Mächte am Werk (Bilder fallen wie von Geisterhand von der Wand, Möbel verrücken sich selbstständig und der Teenagerin Hannah zieht nachts irgendetwas die Decke vom Bett), ist der Moment, in welchem der Urheber dieses Übels enttarnt wird, noch lange nicht der Höhepunkt des Geschehens – und der Schurke damit ein ernst zu nehmender Konkurrent innerhalb dieses eigentlich so harmoniebedürftigen Konstrukts. So entfalten die wenigen Auftritte des Antagonisten genau jene bedrohliche Wirkung, die etwa Daubermans missglücktem Horrorthriller „Wolves at the Door“ vollends abging; dabei wird auch in „Within“ angenehm lange auf Effekthascherei verzichtet. Die Rollen innerhalb der Geschichte sind klar verteilt – und da man für Hannah und die beiden Erwachsenen durchaus eine Grundsympathie hegt, tut es einem schon irgendwie Leid, ihnen dabei zusehen zu müssen, wie aus dem Neuanfang nach und nach ein Albtraum wird.

Bis zur alles entscheidenden Auflösung, die sich in ihrem Grundgedanken wohl am besten als Mischung aus „House at the End of the Street“ und „The Boy“ bezeichnen ließe, gelingt es den Filmemachern angenehm lange, das Publikum in Unsicherheit zu wiegen. Die angewandten Methoden zum Schaffen einer unheimlichen Atmosphäre sind hier zwar weiß Gott nicht neu – immer wieder wird mit dem typischen Jump-Scare-Szenenaufbau gespielt, dass sich durch Spiegel im Hintergrund Umrisse einer Gestalt ausmachen lassen, dass hinter aufgesperrten Kühlschranktüren Jemand lauern könnte, sofern man sie wieder zumacht, oder dass Geräusche die ahnungslosen Hausbesucher in die verwinkeltsten Ecken des Hauses lotsen (was in den aller meisten Genrefilmen der Keller ist, ist in „Within“ immerhin der Dachboden). Doch zum Einen münden diese simplen Methoden nicht immer in einen erwartbaren Schock, zum Anderen lässt sich Gary Dauberman dazwischen auch immer wieder eigene, kleine Ideen einfallen. Als er etwa den von Ronnie Gene Blevins („The Dark Knight Rises“) abartig schmierig verkörperten Schlüsseldienstmitarbeiter Ray aufs Parkett treten lässt, ist dieser mit seiner aufdringlichen, einschüchternden Präsenz plötzlich viel bedrohlicher, als die Vorkommnisse im Haus, sodass sich der erzählerische Fokus erst einmal in eine ganz andere Richtung verschiebt.

Vater John (Michael Vartan) springt seiner Tochter zur Seite…

Darstellerisch ist „Within“ kein Meisterwerk, die zunächst angespannte, später jedoch immer harmonischere Chemie innerhalb der Familie erweist sich trotzdem als glaubhaft. Erin Moriarty („Captain Fantastic“) gefällt in ihrer Rolle als final (?) Girl, überzeugt allerdings vielmehr in den ruhigen Momenten und insbesondere dann, wenn sie sich im verbalen Schlagabtausch mit ihrem Vater versucht. „Bates Motel“-Star Michael Vartan spielt die Rolle des bemüht aufopferungsvollen Familienvaters solide, wenngleich sich der Fakt um seine verstorbene erste Ehefrau nur als Randnotiz ausmachen lässt; würde man es nicht gesagt bekommen, würde man nichts davon bemerken. Hannahs Verlust ihrer leiblichen Mutter spielt im weiteren Verlauf der Geschichte nämlich überhaupt keine Rolle. Nadine Velazquez („Flight“) muss sich entsprechend gar nicht auf ein naheliegendes, emotionales Kräftemessen mit ihrer Vorgängerin einlassen, was der ganzen Geschichte sicherlich noch einmal zusätzlichen Drive verliehen hätte – es gibt schlichtweg keines. Dafür überzeugt im Schlussakt der erneuerte Zusammenhalt der Gemeinschaft, auch wenn das Motiv der durch eine Katastrophe zusammenwachsenden, entfremdeten Familie nur ein weiteres von diversen aufgegriffenen Horrorklischees ist. Um sich hieraus zu befreien, gehen die Macher kurz vor dem Abspann übrigens einen ganz absurden Weg: Über eine Texttafel wird versucht, das fiktive Geschehen auf Biegen und Brechen in einen wirtschaftspolitischen Kontext zu setzen und so die Dramatik der Ereignisse zu erhöhen. Das hätten sie dann doch besser gelassen – mehr als ein angestrengtes Schmunzeln war da von unserer Seite dann doch nicht drin.

Fazit: „Within“ ist ein solide erzählter Horrorthriller, der lange Zeit gar nicht so vorhersehbar ist, wie man es vielleicht erwarten würde, sich gen Ende jedoch in einem abgedroschenen, hysterischen Finale verliert.

„Within“ ist seit dem 12. Oktober auf DVD erhältlich.

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