13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi

Nach seinen vier „Transformers“-Filmen besinnt sich Michael Bay mit 13 HOURS – THE SECRET SOLDIERS OF BENGHAZI nun einmal mehr auf das vermeintlich ernst zu nehmende Actionkino und bedient sich dafür an einem Ereignis jüngerer US-amerikanischer Kriegsgeschichte. Dabei feiert der Filmemacher wieder einmal sein Land, sein Militär und den Patriotismus selbst. So ist man wohl am besten bedient, wenn man die grenzwertige Message des Films gar nicht erst genauer hinterfragt und stattdessen lieber die Action selbst auf sich wirken lässt. Mehr dazu in meiner Kritik.
Der Plot
Es ist die Nacht des 11. Septembers 2012 – genau elf Jahre nach den verheerenden Anschlägen auf das World Trade Center – als das US-General-Konsulat in Bengasi, Libyen, überraschend mit schwerem Geschütz angegriffen wird. Als ein eindeutiger militärischer Rettungsbefehl aus Washington ausbleibt, entscheidet sich ein Team privater Sicherheitskräfte für den Alleingang. Sie, die in einem geheimen CIA-Stützpunkt in der Nähe stationiert sind, wollen die Botschaft den Angreifern nicht kampflos überlassen. Dabei riskieren die ehemaligen Soldaten Jack (John Krasinski), Rone (James Badge Dale), Tanto (Pablo Schreiber), Boon (David Denman), Oz (Max Martini) und Glen (Toby Stephens) nicht nur ihr Leben, sondern setzen sich auch über einen Befehl hinweg. Denn um die Existenz des geheimen CIA Stützpunkts zu sichern, wird ihnen ein Eingreifen strengstens von oberster Stelle untersagt. Ein 13-stündiger, selbstloser Einsatz gegen Befehl und Gehorsam und für das Leben ihrer Landsleute beginnt…
Kritik
Wenn Michael Bay nicht gerade in die nächste Runde seiner verspielten „Transformers“-Abenteuer geht, versucht sich der Regisseur, dessen bleihaltige Genreexplosionen regelmäßig der verkappten Logik von Filmmusicals folgen, an ernsten Stoffen. Solchen mit Inhalt, von Relevanz und im Idealfall sogar mit einem Fünkchen Hintersinn. Doch irgendwie läuft am Ende doch wieder alles darauf hinaus, dass der Action-Exzentriker eine US-amerikanische Flagge, von Gewehrkugeln durchbohrt, vor dem grellen Licht eines gleißenden Sonnenaufgangs in Szene setzt. Das macht den patriotischen Wert von Bays Filmen nicht unterschwelliger – im Gegenteil. Sie unterstreichen jedes seiner bisherigen Werke als vermeintlich poetische Ode an die aufopferungsvoll für ihr Vaterlang USA kämpfenden Soldaten, was sie für einen ernst zu nehmenden Beitrag innerhalb des Antikriegsfilmgenres automatisch disqualifiziert. Selbst dann, wenn die schwer bewaffneten Männer am Ende des Tages nicht mehr alle Gliedmaßen am Körper tragen. Was man Bays neuestem Film „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ einerseits zugute halten mag, ist die Tatsache, dass das zweieinhalbstündige Actionspektakel, anders als etwa „Pearl Harbour“, nicht von einer die Tränendrüsen provozierenden Lovestory verwässert wird. Andererseits erweckt gerade dieses vollkommene Lossagen von jedweden Entertainment-Faktoren wie die Rückbesinnung auf ein Actionkino, das in seiner Kompromisslosigkeit verstören will, um den Krieg als das darzustellen, was er ist: unerträglich. Zu diesem Anschein von Realismus soll schließlich auch die regelmäßige Einblendung der genauen Uhrzeit beitragen, die dem Zuschauer helfen soll, das Geschehen in den Tagesablauf der Ereignisse einzuordnen. Doch in genau diesem Punkt versagt Bay – leider wieder einmal.
Michael Bay scheint seine ganz besondere Sichtweise auf das US-amerikanische Militärwesen nach wie vor für die einzig richtige Art der Verbeugung vor demselben zu halten. Um das zu erkennen, braucht es keinen komplexen Plot: Drehbuchautor Chuck Hogan („The Strain“) schrieb den Roman von Mitchell Zuckoff leinwandtauglich um – und wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Skript es auf mehr als eine Seite brachte. Einmal mehr geht es um amerikanische Soldaten, die in diesem Fall einem angegriffenen US-Stützpunkt in Lybien zu Hilfe eilen sollen. Was folgt, sind gute zwei Stunden Ballerei zwischen den dem Publikum weitestgehend gleichgültig bleibenden Protagonisten und den eindimensional gezeichneten Feinden. Vermutlich wäre es unnötiger Ballast, sich genauer mit den Figuren zu befassen. Doch dass Bay sich alibimäßig dafür entscheidet, dem einen US-Soldaten immerhin das eine oder andere Telefonat mit der schwangeren Frau zuzugestehen, während der andere ein Foto der Familie bei sich tragen darf (das natürlich am Ende bedeutungsschwanger auf dem Boden der zerstörten Stadt seinen Platz findet), ist billige Effekthascherei. Entweder man zeichnet seine Figuren als halbwegs nahbare Charaktere, oder man stellt sie zweckmäßig ausschließlich in den Dienst seines Films. Das was Bay hier macht, ist irgendwas dazwischen und erweist sich für den Zuschauer als umso schwerer einzuordnen. Soll man das Gezeigte nun ernst nehmen, oder darin eine Überstilisierung sehen? Eine Frage, die uns Michael Bay in den üppigen zweieinhalb Stunden Lauflänge nicht beantworten wird.
„13 Hours“ ist in seinem Umgang mit der Kriegsthematik in etwa so ehrlich wie Peter Bergs gefährlich nah an der Verherrlichung befindliche Patriotismusschleuder „Lone Survivor“ und besitzt aufgrund der mangelnden Betrachtung der Charaktere auch jene dummdreiste Verklärung, wie viele sie im vergangenen Jahr Clint Eastwoods ambivalent inszeniertem Scharfschützen-Drama „American Sniper“ nachsagten. Doch anders als ebenjener Oscar-Kandidat der letzten Saison besitzt „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ keinerlei Möglichkeiten für den Zuschauer, um sich mit dem zu befassen, was für die Soldaten in Lybien als Triebfeder für das brutale Handeln fungiert. Die kaum existente Story setzt beim Zuschauer einfach gewisse Einstellungen zum Thema voraus, bei denen man besser nicht nach rechts oder links blicken sollte, um sich im Anbetracht des Gezeigten über die blinde Naivität Michael Bays zu ärgern. Es muss ausreichen, dass die Liebe für das Vaterland derart kompromisslos ist, dass selbst Frau und Kinder hinten anstehen. Es muss als legitim angesehen werden, dass Menschen, die die Situation lieber einmal öfter überdenken möchten, als intellektuelle Spinner abgetan werden. Und es muss gesagt werden dürfen, dass all jene, die auf all diese Voraussetzungen nicht mit einem affektierten Kopfnicken reagieren, keine „richtigen Amerikaner“ sind. Natürlich kann rückwirkend keiner nachprüfen, ob Michael Bay tatsächlich mit dieser eindimensionalen Intention an die Inszenierung seines Filmes herangegangen ist. Doch das stumpfsinnige Endergebnis ist eine Aneinanderreihung von Szenen, in denen junge Männer blinden Gehorsam ausüben, ohne ihr Handeln – und sei es in dem Moment noch so notwendig – auch nur im Ansatz zu hinterfragen.
Abgesehen davon, dass der den Film beendende Sonnenuntergang nach logischen Grundsätzen betrachtet tatsächlich mehrere Stunden andauern würde, würde man die von Dione Beebe („Edge of Tomorrow“) eingefangenen Bilder tatsächlich für bare Münze nehmen, macht „13 Hours“ immerhin auf der Ebene der technischen Ausstattung nichts verkehrt. Erschien es in der dieser Kritik zugrunde liegenden Pressevorführung zunächst sehr gewöhnungsbedürftig, erweist sich der mit Absicht an der Grenze zur Erträglichkeit aufgedrehte Sound als zusätzlicher Adrenalinkick für alle, die kein Problem damit haben, die Feuergefechte in „13 Hours“ ausschließlich zu Unterhaltungszwecken zu betrachten. Michael Bay nutzt hier nicht dem üblicherweise an den Tag gelegten Hochglanzlook, wie man ihn aus seinen Action-Blockbustern kennt. „13 Hours“ ist dreckig, hart und besonders in den Gewaltspitzen immer wieder schwer zu ertragen, ohne dabei voyeuristisch zu sein. Auch über die verschiedenen Taktiken behält Beebe mit seiner Kamera stets einen guten Überblick. Gerade zu später Stunde kommen immer wieder Nachtsichtgeräte zum Einsatz, die die Beklemmung in den umstellten Gebäuden unterstreichen und ein Ausrufezeichen hinter die unberechenbare Atmosphäre setzen. Hier knallt und qualmt es an allen Ecken und Enden und hat man die zweieinhalb Stunden Dauerballerei erst einmal hinter sich gebracht, glaubt man, die Qualen der Soldaten nun tatsächlich ein bisschen besser nachvollziehen zu können. Aber ginge es nach Michael Bay, dann darf man von Qualen natürlich nicht sprechen – man macht’s ja zum Schluss alles gerne. Für das geliebte Vaterland.
Fazit: Laut, rau, unbequem: Mit „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ präsentiert Michael Bay visuell spektakulär in Szene gesetzte Actionmomente, die über die verquere Message des patriotischen Poser-Gehabes nicht hinwegtäuschen können.
„13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ ist ab dem 3. März bundesweit in den Kinos zu sehen.
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