Dating Queen

Judd Apatow ist durch Komödien wie „Jungfrau (40), männlich, sucht…“, „Beim ersten Mal“ und „Immer Ärger mit 40“ dafür bekannt geworden, die Liebe in all ihren Facetten mit den (unzensierten) Alltagseskapaden der Erwachsenen zu kombinieren und zu herrlich unverkrampften Komödien aufzubereiten. Nun kommt mit DATING QUEEN der nächste Streich des Regisseurs ins Kino, der einmal mehr in dieselbe, erfolgversprechende Kerbe schlägt. Mehr zum Film in meiner Kritik.Dating Queen

Der Plot

„Monogamie ist unrealistisch“ – mit diesem Mantra wurde die kleine Amy (Amy Schumer) von ihrem Vater großgezogen und als erwachsene Reporterin eines Männermagazins lebt sie danach auf der Dauerparty-Überholspur. Sex, Drugs und Rock’n‘Roll – ungebunden, frei und ohne die einengende Langeweile romantischen Beziehungslebens. Doch als sie für einen Magazin-Artikel auf den charmanten Sportarzt Aaron Conners (Bill Hader) trifft, beginnt ihr langsam klarzuwerden, dass es da draußen vielleicht doch mehr, als nur einen Haufen Spaß und reihenweise Dates geben könnte.

Kritik

Der Ruf der US-Komödie bewegt sich schon seit Jahren in einer Abwärtsspirale immer weiter unter die Gürtellinie. Genau dort nämlich sollen sich – Kritikern zufolge – mittlerweile die meisten Gags und Kalauer abspielen. Um eine interessante Geschichte, geschweige denn um ausgefeilte Charaktere und dergleichen ginge es den Comedy-Regisseuren von heute gar nicht mehr. Der angebliche Beweis: Große Filmpreise wie der Oscar oder der Golden Globe konzentrieren sich bei ihren Nominierungen vorzugsweise auf das Genre des Dramas, selbst wenn es, wie im Falle des Goldenen Globus, gar eine eigene Kategorie für die leichtere Kost gibt. Zuletzt gelang lediglich Paul Feig im Jahr 2012 mit seiner Brautjungfer-Komödie „Brautalarm“ das Kunststück mehrerer Award-Nominierungen von Seiten der Academy und der Hollywood Foreign Press Association, davor war es „Hangover“ 2009, der es immerhin bis zu den Globes schaffte. Ansonsten bewegen sich der komische Massengeschmack des Publikums und die Erwartungen der professionellen Beobachter immer weiter auseinander. Diesem Trend wurde in den vergangenen Jahren auch Judd Apatow nicht ganz Herr. Wurden seine innovativ erzählten und thematisch abwechslungsreichen Projekte wie „Jungfrau (40), männlich, sucht…“ oder „Beim ersten Mal“ noch von sämtlichen Zuschauergruppen gefeiert, wurde er zuletzt immer kritischer beäugt, obwohl sich gerade „Immer Ärger mit 40“ in exakt derselben Fahrspur bewegte wie Apatows frühere Filme. Der Regisseur kombiniert in seinen Komödien eine durchaus derbe Filmsprache mit kühnen Alltagsbeobachtungen und fängt damit ebenso glaubhaft wie liebenswürdig die Probleme ganzer Generationen ein. Dass er dabei kein Blatt vor den Mund nimmt, ist da mehr ein Zugeständnis an die Tatsache, dass auch unser aller Leben ab einem bestimmten Alter keiner Zensur mehr unterlegen ist.

Dating Queen

In ebenjene Kerbe schlägt nun auch „Dating Queen“, der im Original den die Story ein wenig genauer beschreibenden Titel „Trainweck“ trägt. „Trainwreck“, also „Zugwrack“, bezieht sich in diesem Fall auf Hauptfigur Amy (Amy Schumer), die im heillos menschlichen Durcheinander des Lebens langsam aber stetig unter die Räder gerät. Die Figur der Amy, die sich die in den USA als Comedienne bekannte Amy Schumer auf den Leib geschrieben hat, frönt eines zwanglosen Lebensstils und steht mit Leib und Seele hinter ihrem Singledasein. Partyexzesse, Sex ohne Verpflichtungen und Alkoholeskapaden sind für sie kein Kompromiss, sondern ein wohlweislich eingeschlagener Weg. Ohne jenen zu verurteilen, begleitet das Skript die Protagonistin durch ihren Alltag, eh „Dating Queen“ eine in Richtung RomCom schielende Wendung einschlägt. Fortan geht es um die zwischenmenschliche Beziehung von Amy und Aaron (Bill Hader), dem gegenüber Amy erstmals mehr empfindet als körperliche Anziehungskraft. Apatow skizziert die aufkeimenden Gefühle, wie für seine Filme typisch, einmal mehr mit äußerstem Fingerspitzengefühl und hält sich in seiner Fokussierung auf die Liebeleien des Pärchens zurück. „Dating Queen“ handelt zwar von der Liebe in all ihren Facetten, doch der Regisseur macht es sich nicht leicht. Gleichsam eröffnet er unzählige Schauplätze, in die sich die stetig wachsende Beziehung der beiden einzugliedern hat. Da ist das schwierige Verhältnis zwischen Amy, Amys Schwester (Brie Larson) und ihres gemeinsamen Vaters, da ist Amys Arbeit bei einem erfolgreichen Männermagazin, da sind Zukunftsängste, das Gefühl, sich ständig für alles rechtfertigen zu müssen und da ist das Umdenken in Bezug darauf, ob man mit seinem eigentlich so bequemen Lebensstil tatsächlich richtig fährt.

In den falschen Händen wäre sowohl das Drehbuch heillos überfrachtet, als auch die Message hinter Amys Lebenswandels voll von unangenehmer Vorschlaghammermoral, doch einmal mehr erweist sich Apatow als elegant-selbstsicherer Strippenzieher hinter seinem Projekt. „Dating Queen“ schafft es mit viel feuchtfröhlichem Charme und einer Hauptdarstellerin mit Wiedererkennungswert ein Filmerlebnis zu kreieren, das sich mit einer Mischung aus Selbstdemaskierung und viel, viel Weisheit gekonnt vom aktuellen Comedy-Einheitsbrei abhebt. Standen bereits in „Jungfrau (40), männlich, sucht…!“ sowie den lose zusammenhängenden „Beim ersten Mal“ und „Immer Ärger mit 40“ keine makellosen Modeltypen sondern Alltagshelden im Mittelpunkt, setzt Amy Schumers Performance diese eingeschlagene Richtung nahtlos fort. Die Schauspielerin agiert in ihrer Rolle vollkommen losgelöst und verleiht ihrer Figur ein Profil, mit dem sich jeder in mal größeren, mal kleineren Ansätzen identifizieren kann. Selbiges trifft auf Bill Hader („Das Verschwinden der Eleanor Rigby“) zu, der weder als kompletter Gegensatz, noch als Ebenbild zu Amy funktioniert und damit vor allem eines tut: die Frau seiner Träume um jene Attribute ergänzen, die ihr fehlen. Durch das Bemühen dieser Grauzone, die in den herkömmlichen, nach Perfektion strebenden Hollywood-Romanzen normalerweise außen vor gelassen wird, eröffnen sich dem Publikum amouröse Sichtweisen, deren Alltagsweisheit sonst nur selten in derartigen Filmen zu finden ist.

Tllda Swinton

Wie gewiss sich Judd Apatow seiner Ausrichtung ist, erweist die stilsichere Inszenierung des Schlussakts, anhand dessen sich sämtliche Vorzüge von „Dating Queen“ auf einmal ergründen lassen. Wenn Amy für ihren Angebeteten eine Cheerleader-Performance einstudiert, um sein Herz zurückzugewinnen, wirkt jene Szene auf den ersten Blick vollkommen am ansonsten so herrlich unkitischigen Tonfall des Films vorbeiinszeniert. Blickt man hingegen auf die Details, auf das bewusste Hervorheben der Prämissen-Absurdität, auf die Attitüde der Figuren, die ebenfalls darum wissen, wie abgedreht das Bild nach außen gerade aussehen muss und setzt man über alles das Wissen darum, dass es sich bei „Dating Queen“ trotz allem Realismus immer noch um eine RomCom handelt, fasst dieser Szenenaufbau jenen des Films hervorragend zusammen. Dass sich schlussendlich auch die Nebenfiguren bestens in die Produktion fügen, ist da nur noch Formsache. Neben Gastauftritten einiger Sportler, die es mithilfe ihrer selbstironischen Auftritte rasch in die Herzen des Publikums schaffen, beeindruckt insbesondere die für exzentrische Performances bekannte Tilda Swinton („Grand Budapest Hotel“), die sich in ihrer Rolle der toughen Magazin-Chefredakteurin Dianna einmal mehr von einer ganz neuen Seite zeigt.

Fazit: „Dating Queen“ reiht sich nahtlos in das Œuvre von Judd Apatow ein und kombiniert eine geerdete Liebesgeschichte mit den unzensierten Irrungen und Wirrungen des Lebens.

„Dating Queen“ ist ab dem 13. August bundesweit in den Kinos zu sehen.

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